Es klingt mal wieder zu gut, um wahr zu sein. Geld verdienen mit Fotos nicht nur als Fotograf und Bildagentur, sondern auch als Bildnutzer?
Die Firma Stipple kündigte gestern ihren neuen Dienst namens „Stipple Marketplace“ an.
Kern des Angebots ist, dass Bildnutzer entweder Fotos lizenzieren können, die mit Werbung und interaktiven Inhalten versehen sind oder selbst Fotos mit Informationen versehen können, durch diese dann Geld verdient werden kann.
Wie soll das genau funktionieren?
Die Bildnutzer registrieren sich auf der Stipple-Webseite und installieren ein kurzes Code-Snippet auf ihrer Webseite oder benutzen für CMS-Systeme wie WordPress, Drupal oder Tumblr fertige Plugins.
Dann können sie auf dem Marktplatz über eine Million Bilder durchstöbern. Über 10.000 neue Bilder sollen Firmenangaben zufolge täglich hinzukommen. Diese Bilder sind zur Zeit vor allem Celebrity-Bilder von Premieren, Presseterminen, Award-Shows und so weiter (siehe Screenshot).

Wenn der Bildnutzer das Foto in seinem Blog einbaut, erscheint ein blauer Kreis auf bestimmten Objekten. Der Webseiten-Besucher kann mit seiner Maus über den Kreis fahren, um mehr Informationen zum Bild zu erhalten. Das können kurze Kommentare sein, wie man das bei Flickr-Kommentaren im Bild kennt oder eben auch Links zu den gezeigten Produkten. Ein kurzes Video erklärt gut die Funktionsweise:
Man kann sich das ähnlich vorstellen wie bei Musikvideos auf Youtube, wo ein Link zum iTunes-Store eingeblendet wird, damit man die MP3 des gerade laufenden Songs kaufen kann. Bei den oben gezeigten Fotos wird beispielsweise auf die teuren Designer-Kleider oder die CD des Musikers verlinkt.
Jedes Mal, wenn ein Betrachter über einen Link etwas kauft, erhält der Bildnutzer eine Provision. Ein klassisches Affiliate-Modell also. Trotzdem muss der Bildnutzer das Foto jedoch erst lizenzieren. Das kostet nach einem ersten Test von mir anscheinend 25 US-Dollar. Das ist ungefähr halb so viel, wie Getty Images für sehr vergleichbare Bilder berechnen würde. Zum Vergleich mal ein Bild von Charlie Sheen bei der Emmy-Verleihung im Stipple Marketplace und bei Getty.
Hat das Modell Aussichten auf Erfolg?
Spontan fallen mir mehrere Argumente dagegen ein. Aber betrachten wir das System zuerst von der positiven Seite. In bestimmten Branchen ist das Modell sehr logisch. Das wären vor allem die Bereiche, wo Interessenten die Produkte sowieso gerne digital kaufen und die Produkte 1:1 auf dem Foto abgebildet sind, also zum Beispiel Bilder von CD- oder Buch-Covern, die zur Produktseite bei Amazon.com führen. Ich kann mir auch vorstellen, dass es genug wohlhabende Frauen gibt, die nur zu gern wissen würden, welche Handtasche ihre Lieblingsschauspielerin da auf dem roten Teppich trägt oder welches Parfüm sie benutzt, um sich dann das gleiche zu bestellen. Auch Modestrecken in Online-Magazinen könnten davon profitieren, da diese die Informationen zur getragenen Kleidung bisher immer neben dem Bild liefern müssen.
Aber: Das ist heute über normale Affiliate-Links fast ebenso einfach möglich, ohne die provision mit einer weiteren Firma teilen zu müssen. Die Abbildungen von Buchcovern in meinem Blog (und vielen anderen übrigens auch) führen mittels Affiliate-Links ja schon jetzt zur Verkaufsseite.
Bei YouTube sowie bei Flickr stört mich ja jetzt schon die häufige Verwendung von In-Bild-Kommentaren. Ein sehr extremes Beispiel zeigt das Problem deutlich:

Webseiten mit Stipple-Fotos könnten dann bald ähnlich aussehen, nur mit vielen blauen Punkten versehen, die den Betrachter vielleicht nerven könnten. Außerdem befürchte ich, dass die Medienkonsumenten irgendwann agressiv reagieren, wenn sie merken, dass sich die Werbung immer weiter in ihr Leben schleicht und Preisverleihungen, Award-Shows oder Filmpremieren im Grunde nichts anderes als eine Werbefläche für Modedesigner sind.
Ein weiterer Punkt ist das Markenrecht: Wenn Firmen selbst bestimmte Fotos „taggen“ und in den Marketplace stellen, mag es keine Probleme geben. Aber was würde passieren, wenn ein Blog Fotos von Straßenschlachten mit einem Link zu Nike verlinkt, weil die Protestler auf dem Foto Turnschuhe dieser Marke tragen? Oder wenn das Foto des sturzbetrunkenen David Hasselhoff den Link zur Firma der Jeansmarke enthält, die er auf dem Bild anhat? Ich bin mir nicht sicher, ob viele Firmen bereit wären, die Kontrolle über ihr Markenimage so einfach abzugeben.
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Firmen versuchen, über zum Bild oder Video passende Werbung Geld zu verdienen. Da gab es EyeAlike, Anvato, IPN, GumGum, Fotoglif und viele andere haben es versucht, so richtig populär ist keins der Modelle geworden.
Was sagt ihr dazu? Revolutionäre Idee oder alter Hut? Unter welchen Voraussetzungen würdet ihr als Fotograf oder Bildkäufer das Modell nutzen?
