Es sollte nur ein kurzer Artikel werden. Doch mittlerweile ist mein Text über die Zukunft der Smartphone-Fotografie auf eine dreiteilige Artikelserie angewachsen. Und soviel kann ich verraten: Ein vierter Teil wird auch noch kommen. Hier könnt ihr den ersten und zweiten Teil lesen.
Heute soll es allgemein um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Smartphone-Apps zum Fotoverkauf gehen im Vergleich zu den aktuellen Wegen des Fotoverkaufs.
Eins vorweg: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Qualität von Handy-Kameras kein Argument gegen Fotoverkäufe über das Smartphone ist. Das sage ich einerseits, weil uns die Digitalfotografie das Gegenteil bewiesen hat. Vor ca. zehn Jahren begann die große Debatte unter Fotografen, ob Film oder Digitalfotos besser seien. Noch 2010 erklärte der Profi-Fotograf Ken Rockwell, warum Film seiner Meinung nach nicht aussterben werde. Klar, es gibt auch noch Vinyl-Schallplatten, aber die sind mittlerweile in einem normalen Geschäft genauso oft erhältlich wie 35mm-Filmrollen. Genauso, wie es noch Dampfeisenbahn-Enthusiasten gibt, wird es auch noch eine Weile Analog-Fotografen geben, aber jetzt wo es auch digitale Mittelformat-Kameras gibt, arbeiten Profis nun mal digital.
Die Technik macht sehr schnelle Fortschritte. Ein ganz einfaches Beispiel ist die Entwicklung der Kamera in den sechs iPhone-Generationen, die hier sehr anschaulich verglichen werden. Der gezeigte Qualitätssprung dauerte nur fünf Jahre! Die Ankündigung des Nokia Lumia 1020* mit einem 41-Megapixel-Sensor von Zeiss zeigt, dass die Entwicklung noch lange nicht das Ende erreicht hat. Für Prints bis 13 x 18 cm oder gar für Web-Anwendungen reicht selbst die aktuelle Smartphone-Qualität locker aus und deckt damit einen großen Teil der benötigten Bildanwendungen schon ab. Wer jetzt sagt, dass geringe Schärfentiefe zur bewussten Bildgestaltung oder Telezooms oder große Sensoren für geringes Bildrauschen eine Domäne der DSLRs sind, dem werden spätestens in paar Jahren die Argumente schwinden. Dazu kommen zwei Punkte, welche Smartphones den wuchtigen Digitalkameras voraus haben: Sie sind deutlich leichter und auch immer dabei.

Wenn wir also davon ausgehen, dass die Bildqualität (bald) nicht mehr entscheidend ist beim Vergleich von Smartphone-Kameras und DSLRs, was bedeutet das für das Geschäftsmodell?
Microstock hat den Markt stark verändert, weil die Bildpreise deutlich billiger waren. Smartphone-Apps zum Fotoverkauf können mit der Bildqualität nicht punkten, denn egal, was ich eben über den Fortschritt der Technik geschrieben habe: Besser werden die Bilder nie werden können, höchstens genauso gut. Es bleiben also entweder niedrigere Preise oder Schnelligkeit. Wer Preisdrücker sein will, muss noch die Microstock-Agenturen unterbieten. Das ist schwer, denn nach den drastischen Preissenkungen bei iStockphoto und der Preisreduzierung für selten verkaufte Fotos bei Fotolia gibt es darunter kaum noch Luft.
„1 Euro“ oder auch „1 Dollar“ sind Preise, hinter denen nicht nur betriebswirtschaftliche Überlegungen stehen, sondern auch psychologische. „Das Foto ist dann Euro wert“, sagt so ein Preis aus. Wer als Bildagentur Fotos für 90 Cent verkaufen will, verankert sowohl beim Fotografen als auch beim Bildkäufer die Aussage, dass die Fotos Centartikel sind, Wegwerfware. Das ist auch einer der Gründe für die Nutzung von „Credits“ als Kunstwährung, weil dann die Preise im Centbereich bei Abos oder nach Mengenrabatt nicht so auffallen.
Ein anderer Vorteil bliebe die Geschwindigkeit. Diese ist bei typischen Microstock-Fotos, die durch generische Motive auf Langlebigkeit getrimmt sind, unwichtig. Eine sehr große Rolle spielt die Geschwindigkeit bei Nachrichtenfotos, weshalb in der Vergangenheit einige Anbieter versucht haben, in diese Nische zu stoßen. Die Idee klang ja einleuchtend: Leute mit ihren immer verfügbaren Smartphone-Kameras sollten als Bürger-Reporter den Nachrichtenmedien billige Fotos liefern.
Getty Images hatte das schon 2007 mit Scoopt versucht, aber 2009 wieder aufgegeben. Vielleicht war Getty da der Zeit zu weit voraus. Auch Yahoo und Reuters starteten 2006 mit „You Witness“ und „Your View“ den Versuch, Bürger(bild)journalismus zu etablieren, gaben aber ebenfalls nach paar Jahren auf. Seit 2009 dann versucht CNN, mit der „iMobile“-App, die Leser zur Meldung nachrichtenrelevanter Inhalte aufzufordern. Der Hauptgrund, warum diese sowie einige ähnliche Dienste langfristig wenig Erfolg haben werden, hat Paul Melcher hier gut analysiert: Den eingesandten Bildern mangelt es nicht an technischer Qualität, sondern ihnen fehlt die „journalistische Bildgestaltung“, die Fähigkeit, mit einem Bild eine ganze Geschichte zu erzählen.
Was bleibt nun übrig? Scoopshot ist im Grunde der Versuch, Auftragsarbeiten für Fotos absichtlich an Leute zu vergeben, die keine Ahnung von der Branche haben, damit sie für viel zu wenig Geld arbeiten. Und selbst das wenige Geld ist nicht immer garantiert. Die Arbeit ist garantiert, der Verdienst nicht. Ähnliche Versuche, nur ohne Smartphone-App, gab es in der Vergangenheit zuhauf. Ein Beispiel ist OnRequest Images, die 2011 aufgehört haben, andere sind microshooting.de oder focalpop.com, beide ebenfalls seit paar Jahren nicht mehr existent.
Wenn solche Portale reihenweise gestorben sind, macht vielleicht die Smartphone-App den Unterschied? Vielleicht. Immerhin ist ja eben der Vorteil, dass das Handy immer dabei ist und man sich bequem in Bus oder Bahn die neuen Anfragen durchlesen kann und falls man gerade paar Minuten Zeit hat und in der richtigen Gegend ist, kann man auch kurz was knipsen. Oder einfach ein Foto hochladen, was eh im Handy gespeichert ist. Die Chancen stehen also besser, aber ab sie für das Überleben ausreichen, weiß ich nicht.
Bisher habe ich zwei verschiedene Geschäftsmodelle erwähnt: Fotojournalismus und Auftragsarbeiten. Das dritte Geschäftsmodell bei Smartphone-Apps, die mit dem Verkauf von Fotos Geld verdienen wollen, ist das ganz klassische Bildagentur-Geschäft. Hier werden einfach Fotos verkauft, oft über die Webseite, die von der Handy-App aus eingeschickt werden. Der einzige Unterschied zu klassischen Microstock-Agenturen ist hier der Anlieferungsweg und die schicke App. Deswegen liegt es nahe, dass diese Agenturen langsam ebenfalls den Weg einschlagen. 123rf hat mit „On-The-Go“ eine solche App zum Hochladen von Handyfotos in den normalen Agenturbestand, iStockphoto akzeptiert seit einem Jahr Handyfotos auf normalen Wege und ich bin sicher, einige andere Bildagenturen arbeiten an ähnlichen Apps.
Eine der wenigen Firmen, die sich ohne einen Hintergrund im Bildermarkt an den Verkauf von Smartphone-Fotos wagten, sind Pictorama und Foap. Pictorama startete Mitte 2012 und vermeldete Anfang 2013 schon das Aus, weil „nicht genügend Leute unsere Bilder kauften“. Foap hingegen lebt noch. Die Preise dort liegen bei 10 Dollar pro Bild. Wer sich auf der App die zuletzt verkauften Bilder anschaut, wird feststellen, dass trotz des Hypes um die Handyfotos viele DSLR-Fotos verkauft werden.

Weil der Preis jedoch je nach gewünschter Größe deutlich über denen der Microstock-Agenturen liegt und das Hochladen von DSLR-Fotos über den Umweg der App umständlicher ist als direkt eine Microstock-Agentur zu beliefern, sieht auch hier die Zukunft düster aus, je mehr Microstock-Agenturen mit ihren eigenen Apps den Markt entdecken werden. Die Unterschiede, ob ein Foto dann mit einem Handy oder einer Spiegelreflexkamera aufgenommen wurde oder ob es über die Webseite oder eine App hochgeladen wurde, werden dann immer weniger eine Rolle spielen.
Was zählt, ist dann nur der Preis und das passende Motiv.
Im – hoffentlich letzten – vierten Teil werde ich dann alle mir bekannten Apps zum Fotoverkauf auflisten.
Wie seht ihr die Zukunft der Smartphone-Fotografie?
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