Manchmal werde ich gefragt, nach welchen Kriterien ich entscheide, bei welchen Bildagenturen ich meine Fotos anbiete. Neben einigen objektiven Faktoren wie Preis, Kommissionen, Uploadprozess und so weiter gehört dazu auch immer eine gehörige Funktion Bauchgefühl. Bei der Agentur Depositphotos hat mein Bauch immer unangenehm gegrummelt. Die Agentur hat mehrfach versucht, mich mit vorteilhaften „Deals“ ins Boot zu holen und eine nüchterne Analyse ließ die Deals auch sehr verlockend aussehen. Aber dann kam wieder das Bauchgrummeln.

Es hatte verschiedene Ursachen:
Es fängt damit an, dass Depositphotos nach eigenen Aussagen mit der Firma Depositfiles verbunden ist und von ihr finanziert wird. Depositfiles ist ein Online-Datenspeicher, der von vielen auch dazu genutzt wird, illegal urheberrechtlich geschütztes Material zu verteilen.
Vor fast genau drei Jahren schrieb ich hier im Blog über deren unsägliches SMS-Download-Angebot. Andere Fotografen regten sich vor paar Monaten auch über Bildverkäufe mit einer „erweiterten Lizenz“ auf, die auf der Depositphotos-Seite für 80 $ angeboten wird, von der Fotografen aber teilweise nur 2,64 $ abbekamen. Es scheint, als versuche Depositphotos jetzt, die Fotografenhonorare mit einer interessanten, wenn auch mehr als fragwürdigen Methode weiter nach unten zu drücken.
Partnerprogramme/Reseller bei Depositphotos
Einige Fotografen hatten in diesem Thread im Stockfotografie-Forum entdeckt, dass Bilder von ihnen bei der deutschen Agentur Shotshop angeboten werden, die von Depositphotos (DP) geliefert werden mussten. Wer es selbst überprüfen will, ob seine Depositphotos-Bilder auch bei Shotshop zu finden sind, muss dort einfach nach einer Bildnummer von DP-Fotos suchen.
Das Agenturen Material von anderen Bildagenturen verkaufen, ist nichts Neues. Spannend ist hier jedoch das Lizenz- und Abrechnungsmodell. Testkäufe von mir und anderen Fotografen ergaben folgendes: Wenn ein Kunde bei Shotshop ein Foto in voller Auflösung für 29,90 Euro kauft, was über Depositphotos geliefert wurde, erhält der Fotograf bei Depositphotos nur die Meldung, dass das Foto als „Abo-Download“ erworben wurde und der Fotograf dafür (je nach Ranking) zwischen 0,22 bis 0,26 Euro (0,30–0,36 $) erhält! Das wären weniger als 1% Fotografenanteil! Wie ist das möglich?
Auf meine Anfrage an Shotshop antwortete der Geschäftsführer Stephan Krömer nur:
„[…] Wir nutzen das Reseller Programm von Depositphotos und ich kann leider auch wirklich nur zu sämtlichen internen Abrechnungsfragen von Deposit nur an Deposit selbst verweisen. Bei Agenturverträgen gibt es immer ein „Non-disclosure Agreement“, welches man unterschreiben muss und an das wir uns halten müssen. […]“
Meine Anfrage an Depositphotos brachte mir nur eine Copy & Paste-Standardantwort von Depositphotos ein, welche alle Fotografen erhielten, die in den letzten bei DP nach Details fragten:
„Hello Robert,
Our Partnership programs have been created to boost contributors’s sales via new markets. Our contributors were opted out of our Extended license partner sales upon their requests, so their files are no longer sold via our Extended license partner sales. Shotshop is our API reseller. Shotshop purchases our subscriptions to resell our images under the Standard license.
Depositphotos reserves the right to determine the conditions of its coöperation with Partner companies. We sell those files by subscriptions (under the standard license), but it is up to our partners to set their prices and the way to sell them as long as they stick to license terms.
It is stated in our Supply Agreement:
“Depositphotos reserves the rights to distribute Files not only on the Website directly, but also through Partners. Contributor agrees that Depositphotos has the right to grant or pass along to Partners under separate agreements specific rights, constraints, obligations, licenses and other legal and business matters regarding Files. Depositphotos has the implicit right to provide Partners with access to the Files accepted at the Website via its own program interfaces (API) or any other means sanctioned and approved by Depositphotos, provided such access does not breach the provisions of the Standard and Extended License Agreements. “If contributors want to opt out of our partnership programs, we will exclude their portfolios from all our partnership programs upon their requests and their images will be sold solely on depositphotos.com
Kind regards,
Vicky.“
Diese Erklärung wirft leider mehr Fragen auf als das sie Antworten liefert.
Fangen wir oben an: Shotshop ist ein Wiederverkäufer von Depositphotos mit einer API-Anbindung. Laut der Mail kauft Shotshop die Bilder mit einem Abo unter der Standardlizenz. Im Vertrag zum API-Programm steht bei Depositphotos jedoch folgendes:
„[…] Der Anbieter bietet dem Wiederverkäufer Dateien zu Standardpreisen oder über ein Abonnement an. Der Wiederverkäufer legt den Preis, den ihm seine Käufer für die Dateien bezahlen, selbst fest. […]“
Weiterhin steht dort:
„7. UNTERSAGTE HANDLUNGEN
[…] Der Verkauf von Dateien des Anbieters, ohne an ihn die ihm vertraglich zustehende Gebühr zu entrichten. […]“
Die erste große Frage ist: Wieso darf Shotshop Fotos zu hohen Preisen verkaufen, diese aber zu den niedrigen Abo-Preisen bei Depositphotos abrechnen? Unter der erwähnten Standardlizenz ist ein Weiterverkauf auch ausdrücklich ausgeschlossen.
Die zweite Frage ist: Wenn von einem Verkaufspreis von 29,90 Euro nur ca. 0,25 Euro beim Fotografen ankommen, wie teilen sich die restlichen 29,65 Euro zwischen Shotshop und Depositphotos auf? Wer steckt sich den Löwenanteil ein?
Unten in der Mail von Depositphotos wird erwähnt, dass ein Ausschluss der eigenen Bilder aus dem „Partnerprogramm“ möglich sei (wenn man eine Mail an support@depositphotos.com schreibt) und die Bilder dann nur über Depositphotos verkauft würden. Mir liegen jedoch Screenshots vor, die beweisen, dass das nicht ganz korrekt ist. Einige Fotografen hatten schon vor Monaten um die Deaktivierung ihrer Bilder vom Partnerprogramm gebeten, deren Fotos sind aber weiterhin bei Shotshop zu finden. Auch Sean Locke hat in der Microstockgroup geäußert, dass ihm per Mail ausdrücklich zugesichert wurde, seine Bilder würden nur über die Seite von Depositphotos verkauft, er aber trotzdem seine Fotos bei Shotshop findet.
Vielleicht liegt das an dem feinen sprachlichen Unterschied zwischen „Partnerprogramm“ und „Wiederverkaufer (Reseller)“, der in der Mail aufgemacht wird. Ein Fotograf bot folgenden Erklärungsversuch an: Die Agentur Shotshop kauft die Bilder von Depositphotos als Abo, deswegen würden sie ja über Depositphotos verkauf werden. Zufriedenstellend wäre diese gehirnquetschende Logik jedoch nicht.
Der Vorteil von Shotshop
Für Fotografen besonders ärgerlich ist auch das Verhalten von Shotshop. Die Berliner Agentur galt schon lange als eine Agentur mit einem der kompliziertesten Upload-Verfahren und gleichzeitig sehr vielen Ablehnungen. Besonders beliebt bei Shotshop ist der Ablehnungsspruch: „Für die Vermarktung durch Shotshop nicht geeignet“. Der ergibt endlich Sinn, denn natürlich ist es für die Agentur lukrativer, das gleiche Material von Depositphotos zu beziehen und dort deutlich weniger als die 35–67% Fotografenanteil für nichtexklusives Material zahlen zu müssen.
Nur die Spitze des Eisbergs?
Shotshop ist nicht die einzige Agentur, welche Material von Depositphotos verkauft. Eine andere Agentur ist beispielsweise die indische Agentur ibudgetphoto.com. (Deposit-Bilder werden dort unter dem Kürzel „DPPS_BILDNUMMER“ geführt) Testkäufe wurden schon getätigt, aber Abrechnungen bei Depositphotos sind bisher nicht erfolgt. Nachdem Depositphotos auf wiederholte Fragen nach einer Liste von Vertriebspartnern nicht reagiert hat, steht die bange Frage im Raum: Wie viele Agenturen vertreiben noch Bilder von Depositphotos mit einem billigen Abo? Das würde vielleicht endlich erklären, warum der Abo-Anteil bei Depositphotos so verdammt hoch ist.
Vertrauen in Partner
Üblicherweise läuft ein Deal zwischen mehreren Bildagenturen so: Wenn eine Bildagentur das Bild einer anderen Bildagentur verkauft, teilen sich beide Agenturen die Einnahmen 50:50 und der Fotograf bekommt von den 50% seinen vertraglich vereinbarten Anteil ab. Läuft die Vertriebskette über mehrere Agenturen, verlängert sich das und der Fotograf bekommt seinen Anteil nur von 25% oder 12,5%. Aber weniger als 1% ist schon eine starke Leistung.
Da wir als Fotografen kaum Kontrollmöglichkeiten haben, welche Agentur welche Bilder wann verkauft hat, müssen wir Vertrauen in die Bildagenturen haben. Depositphotos verspielt dieses Vertrauen gerade massiv. Und mein Bauch grummelt schon wieder.
Habt ihr auch Bilder bei Depositphotos? Findet ihr diese auch bei anderen Agenturen wie Shotshop wieder?