Bücher mit Anleitungen für bessere Bilder gibt es wie Sand am Meer.
Bücher über die Business-Aspekte der Fotografie sind deutlich rarer, weshalb ich mir mit Interesse das neue Buch „Selbständigkeit als Fotograf(in)“* von Ralf und Nicole Obermann (erschienen im dpunkt.verlag) angesehen habe.
Der Untertitel verspricht, „ein Ratgeber für den Einstieg in Teil- und Vollzeit“ zu sein. Auf ca. 240 Seiten bespricht das erfahrene Hochzeitsfotografie-Paar Themen wie unterschiedliche Rechtsformen, Zielgruppen-Analyse, Kundengespräche, notwendige Versicherugen, den Businessplan, Preisgestaltung und mehr.
Das Buch geht stillschweigend davon aus, dass ihr schon fotografieren könnt, was aus meiner Sicht vollkommen okay ist. Das Buch ist auch kein Motivationsbuch im Sinne von „Du schaffst das, wenn Du nur fest an Dich glaubst!“, auch wenn auf den ersten Seiten leider einige Plattitüden wie „lebe Deinen Traum“ oder „Vertrau Dir, dann vertrauen dir auch andere“ zu lesen sind.
Ich wünschte, ich hätte zum Start meiner eigenen Selbständigkeit ein Buch wie dieses gelesen, dann wären mir einige Kopfschmerzen erspart geblieben. Themen wie „Was gehört auf eine richtige Rechnung“ oder „Welche Versicherungen brauche ich“ musste ich mir noch im Internet zusammensuchen, hier gibt es sie sortiert zwischen zwei Buchdeckeln gebündelt. Selbst wenn ich keine eigenen Kunden bediene, fand ich das Kapitel 10 über den Umgang mit Kunden sehr nachvollziehbar und für Anfänger sicher lehrreich.
An vielen Stellen im Buch finden sich lange Listen mit Fragen, welche sich der Einsteiger stellen sollte, um herauszufinden, wie und wo er sich positionieren soll. Das sind Fragen wie „Wie fotografiere ich?“, „Verdiene ich Respekt?“, „Hat meine Dienstleistung einen Mehrwert?“, „Ist euer Foto-Look zeitgemäß?“ oder „Seid ihr mental fit für die Selbständigkeit?“. Es ist legitim und auch hilfreich, solche Fragen zu stellen, aber gerade bei komplexeren Fragen hätte ich mir oft einige mögliche Antwortbeispiele gewünscht, um zu sehen, wasfür Antwortarten möglich sind und wie diese genau die eigene Tätigkeit beeinflußen.
Besonders deutlich wird das im Kapitel „Zielgruppe finden“. Hier soll man seine „Wunschkunden“ nach Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildung, Werten und Persönlichkeit definieren. Welche Schlußfolgerungen daraus folgen, bleiben für den Leser jedoch – bis auf Gemeinplätze wie „wer Kunden mit Niveau sucht, muss niveauvoll sein“ – unklar.
Hier hätten Ralf und Nicole Obermann mehr Beispiele aus ihrer Praxis einbringen können. An einer Stelle (Seite 46) im Buch erwähnen sie zum Beispiel, dass es selbst innerhalb der Ausrichtung „Hochzeitsfotografie“ fünf verschiedene Gruppen gäbe. Wie diese heißen, bleibt jedoch unerwähnt, obwohl genau das die richtige Stelle gewesen wäre, um anhand verschiedener Zielgruppe praxisnahe Unterschiedungen für das eigene Fotografie-Business zu geben.
Insgesamt ist das Buch für Leute, die sich mit ihrer Fotografie selbständig machen wollen, jedoch hilfreich genug, um zu eine Kauf zu raten. Leser dürfen aber nicht erwarten, komplette Praxisanleitungen „nachbauen“ zu können, sondern müssen damit rechnen, sich gedanklich viele Fragen zu beantworten. Wer sich die Zeit nimmt und darauf einlässt, sieht seinen Weg ins Fotografie-Business danach wahrscheinlich klarer.
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