Ein Gerücht machte Samstagmorgen die Runde: Der berühmteste Microstock-Fotograf der Welt, Yuri Arcurs, wird exklusiver Fotograf bei iStockphoto. Auslöser war die kleine goldene Krone, welche auf seiner Profilseite zu sehen ist und das Symbol für Exklusivität ist. Dazu kommt, dass alle seine Bilder bei Shutterstock verschwunden sind.
Nachdem in der Microstockgroup danach die Spekulationen anfingen, bestätigte Yuri Arcurs die Tatsache mit diesen Worten:
„Hi Guys.
We have found a good distribution partner (Getty Images) for the kind of content we produce. We will be removing all images from microstock doing the next few weeks. Microstock, especially subscription sites, are not suited for the kind of high production cost images we produce.
Best Yuri“
Die Reaktionen auf diese Ankündigung fallen sehr gemischt aus: Einige rufen das Ende von Microstock aus, andere vermuten finanzielle Motive hinter der Entscheidung und der Fotograf David Clark verglich diese Aktion mit „dem Buchen eines Erste-Klasse-Tickets auf der bereits sinkenden Titanic“.
Zur Zeit gibt es nur das obige Zitat als Aussage, aber einige Dinge lassen sich aus Erfahrung vermuten:
Die eigene Verkaufseite peopleimages.com von Yuri Arcurs, die seit ziemlich genau einem Jahr online ist, hatte nach fünf Monaten zwar nach Aussagen Yuris fünfstellige Umsätze, aber erzielte bei weitem noch keinen Gewinn. Außerdem hatte Yuri ebenfalls nach eigenen Aussagen geplant, weitere Fotografen über seine Webseite verkaufen zu lassen, also quasi eine eigene Bildagentur zu gründen. Das wäre für iStockphoto und Getty Images sicher gefährlich gewesen, weil Yuri Arcus bestimmt in der Lage gewesen wäre, viele talentierte Fotografen auf seine Seite zu ziehen, vielleicht sogar mehr, als es Stocksy jetzt schon mit Sean Locke, Rob Sylvan und vielen anderen geschafft hat. Vielleicht wollte Getty Images das wortwörtlich um jeden Preis verhindern.
Das zweite Thema, was sich in der Diskussion zur Ankündung herauskristallisiert hat, sind die „zu hohen Produktionskosten“, von denen Yuri spricht. Das ist vielleicht ein Fehler, dem Yuri (und andere große Bildfabriken wie CandyBox, Monkeybusiness oder Africa Studio) aufgesessen sind. Man braucht keine Hasselblad und Profoto Equipment, um für Microstock-Agenturen zu produzieren. Ein großes Team hilft, große Mengen in kurzer Zeit zu produzieren, aber oft kannibalisiert man sich damit eher selbst als andere, weil man zwangsläufig mehr Bilder hat, die durch die schiere Menge in den Suchalgorithmen der Bildagenturen hinten runter fallen. Durch eine eigene Bildagentur (Serverkosten, Service-Personal), ein großes Studio und viele Mitarbeiter gibt es hohe Deckungskosten, die ein einzelner Fotograf nicht hat. Konkret hat Yuri anscheinend über 100 Mitarbeiter und er braucht ca. 30 Monate, bis sich eines seiner Shootings durchschnittlich wieder rentiert. Das ist (zu?) viel.
Der dritte Punkt ist, die Sache als ein spannendes Live-Experiment zu sehen: Wird es Yuri Arcurs tatsächlich gelingen, seine Bilder aus den garantiert über 50 (vermutlich eher über 200) Bildagenturen weltweit zu löschen? Ich bezweifle das, aber das führt zum vierten Punkt:
Sind einige Exklusivfotografen gleicher als gleich? Normalerweise bedeutet „Exklusivität“ bei iStockphoto Fotografenexklusivität. Der Fotograf darf also keine anderen Bilder bei anderen RF-Agenturen verkaufen. Blend Images ist aber zum Beispiel eine Bildagentur, die es geschafft hat, diesen „Exklusivstatus“ bei iStockphoto zu erhalten und trotzdem unter eigenem Namen Bilder bei Fotolia, Shutterstock und so weiter verkaufen darf. Es wird vermutet, dass auch Yuri Arcurs eine nach ihm benannte „Getty-Kollektion“ beliefern könnte und damit das enge Exklusivität-Korsett lockert. Warum sollte er auch seine millionenteure Verkaufsseite nach einem Jahr wieder dichtmachen? Dass Yuri im obigen Zitat von Getty statt von iStockphoto spricht, deutet in diese Richtung.
Generell halte ich es für jemanden, der ausschließlich von dem Verkauf seiner Bilder lebt, weiterhin für sehr riskant, seine Bilder nur exklusiv anzubieten. Aber Yuri Arcurs ist kein träumender Künstler, sondern ein Geschäftsmann, der hart kalkulieren und verhandeln kann und vermutlich aus seiner Sicht gute Gründe für diesen Schritt hat. Deswegen wird es interessant sein zu beobachten, wie sich diese Sache entwickelt.
Wie sieht ihr das? Was könnten Gründe für seine Entscheidung sein?