In der vierten Folge von „Frag den Anwalt“ widmet sich der Anwalt folgender Frage von Frank:
Foto: Alexey Testov
„Ich habe von der Seebrücke im Ostseebad Heiligendamm dasGrand Hotel Heiligendamm aus fotografiert und bei Fotolia hochgeladen. Fotolia hat das Foto jedoch abgelehnt. Der Grund für die Ablehnung lautet: Urheberrechtsverletzung.
Das Foto wurde doch aber von der Seebrücke aus fotografiert. Dabei handelt es sich doch um einen öffentlichen Weg oder Platz. Kann ich mich also auf die Panoramafreiheit berufen oder handelt es sich wirklich um eine Urheberrechtsverletzung?“
Das betreffende Bild von Frank
Hier stellt sich zunächst die Frage, ob die Fassade des Grand Hotel überhaupt urheberrechtlich geschützt ist oder nicht. Wäre es nicht der Fall, würde die Panoramafreiheit schon keine Rolle spielen, da schon grundsätzlich keine Urheberrechtsverletzung vorliegen kann.
Nach einer kurzen Netzrecherche stellen wir fest, dass aufgrund der Errichtung der abgebildeten Architektur gut 200 Jahre zurückliegt. Daher dürfte das Urheberrecht des Architekten, welches nach deutschem Urheberrecht 70 Jahre nach dessen Tod erlischt, kaum mehr ein Problem sein.
Dennoch stellt sich die Frage, was wäre wenn…
Bezüglich des Platzes vor dem Grand Hotel besteht meiner Meinung nach wenig Zweifel daran, dass die Panoramafreiheit anwendbar und daher der Vertrieb von Bildern des Grandhotels, die von dort aus erstellt wurden, auch dann erlaubt ist, wenn die Architektur noch urheberrechtlich geschützt wäre. Also – keine Urheberrechtsverletzung.
Ob das auch für die Seebrücke gilt, kann allerdings nicht auf den ersten Blick durchgewunken werden. Derartige Brücken gehören in der Regel eher zum Hafengebiet und fallen – wie auch die Seebrücke Heiligendamm – unter die Hafenverordnung. Glücklicherweise gibt es hier eine Gruppe von Menschen, die sich hiermit noch genauer befasst, als Fotografen. Angler. Daher finden wir etwa hier ein Foto des Schildes, das an der Seebrücke hängt und die Benutzung regelt:
Sieht man sich das Schild mal in Ruhe an, erkenne ich nur ein temporäres Angelverbot, aber keine Zugangsbeschränkung, sodass die Panoramafreiheit hier einschlägig sein sollte, da für die Anwendbarkeit der Panoramafreiheit ausweislich der Kommentierung „allein die Widmung zum Gemeingebrauch und die sich daraus ergebende Zugänglichkeit für jedermann“ maßgeblich ist.
Wieso wurde die Aufnahme dennoch abgelehnt?
Niemand und gerade keine weltweit operierende Agentur mit Hauptsitz in San Jose wie Adobe wird eingehende Bilder nur danach beurteilen, ob diese nach dem deutschen Urheberrecht unbedenklich sind oder nicht. Und das völlig zurecht.
Meiner Erfahrung nach ist es gerade bei international aktiven Bildagenturen üblich und auch absolut angezeigt, dass man sich zunächst ein Bild davon macht, wie die einzelnen Themen des Fotorechts in den Ländern gehandhabt wird, in die man die Bilder nachher verkaufen möchte. Hiernach sollten man für die Standards zur Aufnahme von neuen Bildern in den eigenen Stock jeweils die Rechtsordnung des Landes heranziehen, die die höchsten Anforderungen hat.
Dies liegt daran, dass Fotolia beispielsweise auch us-amerikanischen Kunden eine ausreichende Rechtegarantie geben können muss. Wenn nun ein Kunde in USA ein Bild kauft und es beispielsweise für das Cover eines Buches verwendet, das dort erscheint, erfolgt die Klärung von rechtlichen Fragen hinsichtlich der Bildverwendung nach amerikanischem Recht. Gerade hinsichtlich Persönlichkeits- und Urheberrechten bestehen in den USA andere Kriterien als in Deutschland.
Müsste ich die Frage also mit einem Satz beantworten, würde dieser lauen:
Zumindest nach deutschem Urheberrecht dürfte hier keine Urheberrechtsverletzung vorliegen, was allerdings für die Entscheidung über die Annahme der Aufnahme keine Rolle spielt, da diese auf Basis einer anderen Rechtsordnung gefällt wird.
Über den Autor: Sebastian Deubelli ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in der Nähe von München.
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„Dann darf ich ja gar nichts mehr fotografieren“, lautet eine oft gehörte Klage frustrierter (Hobby-)Fotografen, wenn sie das erste Mal lernen, was alles nicht ohne Genehmigung veröffentlicht werden darf: Fotos von geschützten Bauwerken, Designer-Möbeln, mit Logos, Markennamen und so weiter.
Ausgespart davon blieben bisher Fotos, die zum Beispiel auf öffentlichem Grund von bleibenden Kunstwerken oder Gebäuden ohne Hilfsmittel wie Leitern o.ä. gemacht wurden. Das Stichwort dazu heißt „Panoramafreiheit“.
Die Gefahr ist groß, dass sich das im Rahmen der Debatte um Google Street View ändern kann. Im Sommerloch gibt es wenig zu tun, deshalb stürzen sich Politiker gerne auf den Großkonzern, der manchem angesichts der gesammelten Datenmengen langsam unheimlich wird.
An sich ist es unproblematisch, mit seiner Kamera durch (öffentliche) Straßen zu laufen und Fotos der Hausfassaden zu machen. Wer dann noch geltende Datenschutz- und andere Rechte berücksichtigt und zum Beispiel Personen und andere personenbezogene Daten (wie Klingelschilder oder Autokennzeichen), Logos und Markennamen anonymisiert, darf solche Fotos veröffentlichen.
Google macht im Grunde nichts anderes, mit zwei kleinen Unterschieden:
Professionell wie die Firma ist, scheucht sie nicht Studenten mit Kameras als Nebenjob durch sämtliche Straßen der Republik, sondern montiert Kameras auf Autos, die die fotografische Arbeit vollautomatisch übernehmen. Muss nur jemand das Auto fahren. Hier gibt es die erste Diskussion, ob die Nutzung des erhöhten Auto-Aufbaus nicht schon ein unerlaubtes Hilfsmittel sei, was die Panoramafreiheit verletzen würde.
Zudem verknüpft Google die Fotos mit geografischen Daten (GPS), der Betrachter ist demnach immer in der Lage, nicht nur das Haus zu sehen, sondern auch zu verfolgen, wo es steht. Das gefällt Datenschützern gar nicht und ich kann deren Bedenken verstehen. Auch in der professionellen Fotografie halten GPS-Daten Einzug, weshalb zum Beispiel die größte Bildagentur der Welt, Getty Images, 2009 in ihren neuen Property Releases folgenden Passus entfernt hat:
„Sofern keine schriftliche Genehmigung im Voraus erteilt wurde, stimmen der Fotograf/Filmemacher und seine Rechtsnachfolger zu, dass der Inhaber, Mieter und/oder der Standort des Objekts (mit Ausnahme einer allgemeinen Bezugnahme auf die Region, das Land oder den Staat) nicht in der Bildunterschrift oder in anderen, gemeinsam mit dem Bild zu Lizenzzwecken zur Verfügung gestellten Informationen ausgewiesen werden dürfen […]“. Begründung: Durch die Zunahme von Geo-Daten in Fotos könne nicht mehr garantiert werden, dass der Aufnahmeort von Fotos unbekannt bleibe.
Der erste Einwand lässt sich leicht beheben, indem Google zum Beispiel die Kameras tiefer montieren würde.
Der zweite und wichtigere Einwand jedoch bleibt offen, wobei unklar ist, warum sich der Protest vor allem gegen Google richtet, obwohl andere Firmen wie Sightwalk genau das gleiche machen. Und warum posieren Bürger als Protest gegen Google Street View in der Zeitung mit großen Fotos vor genau den Häusern, die sie aus Google Street View entfernen wollen? Mit vollen Namen natürlich…
Die Gefahr ist jetzt, dass die Politiker im Eifer des Gefechts die Panoramafreiheit so stark einschneiden, dass Google Street View zwar ungefährlich wird, aber Fotografen ebendiese Freiheit auch nicht mehr nutzen können, vor allem dann, wenn sie ihre Fotos mit GPS-Daten verknüpfen. Hier gilt es aufzupassen…
Was meint ihr zu der Diskussion? Inwieweit könnte die Debatte Fotografen, die GPS-Daten nutzen, beeinflussen?
Während der Photokina 2008 in Köln wird es einige Vorträge geben, die besonders für Fotografen mit dem Schwerpunkt Stockfotografie interessant sind. Einige davon können sogar ohne Eintritt in der Halle 1 besucht werden.
Mittwoch, 24.9., 11 Uhr:„The Future Of Microstcock“(Halle 1)
Referent wird Bruce Livingstone sein, Gründer und CEO von istockphoto. In seinem Vortrag geht es unter anderem um eine Übersicht über den aktuellen Microstock-Markt, erfolgreiche Geschäftsmodelle, die Käufer von Microstock-Bildern und welche Trends in Zukunft erwartet werden – als Vergleich Microstock/Macrostock, aber auch welche anderen Medienarten interessant werden.
Mittwoch, 24.9., 14:30 Uhr: „So kommen sie an gute Modelle“ (Halle 9, fotocommunity-Stand B54/D55)
Der Foto-Designer Georg Banek erklärt, wie man gute Models findet.
Mittwoch 24.9., 16 Uhr: „Panoramafreiheit, Prominentenfotografie und der Appell von Perpignan: Fotojournalismus im Paragraphenkorsett?“ (Halle 1)
Referent ist Michael Hirschler vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV). In seinem Vortrag geht es vor allem um rechtliche Einschränkungen, denen Fotojournalisten häufig ausgesetzt sind.
Donnerstag, 25.9., 12 Uhr: „Von der Bildercommunity zu Gettys Bauchladen – Bildvermarkung in Zeiten des digitalen Lifestyle“ (Halle 1) (Wiederholung am Samstag, 27.9., 11 Uhr)
Referent ist Thomas Schmidt, Geschäftsführer der Bildagentur medicalpictures. Die Fragen seines Vortrags: Wie sieht der Bildermarkt der Zukunft aus? Wie entwickeln sich die weltweiten Bilderströme? Wer verdient an und mit Fotos? Wie sehen die unterschiedlichen Geschäftsmodelle im Zeitalter des Web 2.0 aus?
Donnerstag, 25.9., 13 Uhr: „Produktmarketing in Social Media – ohne Fotos geht es nicht“ (Halle 1)
Referent ist Kai Strieder, Geschäftsführer von pixelboxx, einer Fotoverwaltungsfirma. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie Fotos im Web 2.0 eingesetzt werden und was für Chancen und Gefahren in diesem digitalen Lifestyle liegen.
Freitag, 26.9., 12 Uhr: „Bilder der Forschung – Wissenschaftsfotografie in den Medien“ (Halle 1)
Eine Diskussionsrunde mit dem Leiter der FOCUS-Bildredaktion, Rüdiger Schrader, dem Bildchef der Deutschen Presse-Agentur (dpa), Bernd von Jutrczenka und Fotografen. Hier geht es darum, was Fotografen beachten müssen, damit sie in Laboren und Forschungseinrichtungen erfolgreich Fotos machen können und worauf geachtet werden muss, damit die Bilder in Medien Verwendung finden.
Freitag, 26.9., 17 Uhr: „Berufsfotografie heute. Chance und Risiken. Was können Berufsverbände leisten?“ (Halle 1)
Ein Gespräch mit Lutz Fischmann, Geschäftsführer des Fotografenverbandes FreeLens und Bernd Weise, Geschäftsführer des Bundesverband der Pressebild-Agenturen und Bildarchive e.V. (BVPA).
Samstag, 27.9., 17:30 Uhr: „ ‚Mein Foto, dein Recht?‘ Die Urheberrechte des Fotografen“ (Halle 9, fotocommunity-Stand B54/D55)
Der Rechtsanwalt Amin Negm führt durch rechtliche Fallstricke der Fotografie.