Willkommen zur aktuellen Folge von „Pimp My Stock!“, der Serie, wo ich Stockfotos auf ihre Verkäuflichkeit hin bewerte. Diesmal meldet sich Herbert bei mir, der seine Fotos bei EyeEm anbietet. Er schreibt mir:
„Hallo Robert,
Mein Name ist Herbert. Vor zwei Jahren hab ich zum ersten Mal Fotos bei Shutterstock, Fotolia, iStock und Alamy hochgeladen. Die Gnade der frühen Geburt und der sicheren Rente hat aber den Nachteil, dass mein Schulenglisch nur ein Wahl- bzw. Nebenfach war. Die letzten 40 Jahre habe ich das selten benötigt und es völlig ist verkümmert. Da aber bei allen Agenturen englisch Voraussetzung ist, ist mein Stockfotobetrieb aus Zeitgründen wieder in den Hintergrund getreten.
Zurzeit biete ich meine Fotografien unter dem Namen Herbb nur auf EeEym an. Dort sind ca. 1200 Fotos hingelegt. 820 haben es in den Markt geschafft, 350 sind bei Partneragenturen untergekommen. Damit hab ich einen sagenhaften Gewinn von 9.50 Dollar erwirtschaftet.
Die Ablehnung der ca. 400 Fotos entzieht sich allerdings oftmals meinem Verständnis. Der intelligente Algorithmus, der die Bilder scannt, bringt immer wieder sonderbaren Ausschuss, bzw. fordert Genehmigungen, die einfach nicht erforderlich oder nicht zu bekommen sind.
Zurzeit bearbeite ich die Fotos mit ACDsee10Pro. Hier schärfe ich nach und ändere meistens den Kontrast, die Sättigung und die Helligkeit. Ich hab mit dem Programm vor ca. 20 Jahren angefangen und bin immer noch zufrieden. Natürlich kann es dem Platzhirsch Adobe nicht das Wasser reichen. Mein Ziel mit dem Stockfotoverkauf wären die jährlichen Abo-Kosten von Adobe zu verdienen.
Die ausgewählten Bilder wurden von EyeEm abgelehnt, weil sie nicht ihren Anforderungen entsprechen. Mich würde interessieren, wie das der Experte sieht.
Foto Nr 1 – 7 wurden wegen Qualitätsmängel abgelehnt. Die Bilder 8- 10 wegen fehlender Eigentümerbescheinigung.
Ein kleiner fotografischer Lebenslauf:
Nach 45 Jahr einzahlen in die Rentenkasse, bin ich jetzt in der Phase, in der ein Bruchteil wieder zurückkommt. Ich bin Rentner, der Garten ist inzwischen poliert, in meiner Hobby- Werkstatt sind alle Schrauben gezählt. Nur zum Fenster rausschauen ist zu langweilig. Nach den Schrauben wurden die Fotos sortiert und bei EeEym hochgeladen.
Ich fotografiere seit den 70er Jahren. Meine erste Knipse, Kamera wäre zu verwegen, war eine Agfa Pocket. Danach hab ich eine Gedächtnislücke bis zur Minolta X700. Um die zu erwerben musste ich mehrere Wochen zusätzlich nach Feierabend und am Wochenende einen Nebenjob annehmen. Leider wurde sie mir nach ein paar Jahren im Urlaub in Italien aus dem Auto geklaut Die folgende Kindererziehung und der Hausbau erforderten eine kleine schöpferische Pause. Geknipst wurde da mit einer kleinen Canon. Typ unbekannt.
Als dann die ersten digitale Kameras in den Medien auftauchten war ich wieder Feuer und Flamme. Für unseren ersten Südafrika-Urlaub im Jahr 2002 erwarb ich nach langem abwägen eine Nikon Coolpix 775 mit dem damaligen Spitzenwert 2,1 Megapix für 700DM. Damals eine stolze Summe. Die Einschaltzeit betrug so um die 7 Sekunden. Ein Dilemma, wenn man im Nationalpark Tiere fotografieren wollte. Bis Kamera betriebsbereit war, war im schlimmsten Fall das Zebra vom Löwen nicht nur erlegt, sondern mit Haut und Haaren gefressen. 😊. Ein zweiter Akku war damals einfach zu teuer. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Die Kamera eingeschaltet zu lassen, dann war am Nachmitag Schicht im Schacht. Die zweite Variante war zu hoffen, dass besagter Löwe fotogeil war und wartete, bis ich meine Kamera schussbereit hatte. Auch dies Kamera hatte eine kurze Halbwertszeit. Kurz vor Ende der Reise rutschte ich bei einem Spaziergang am Meer auf einem glitschigen Felsen aus und fiel ins Wasser. Obwohl die Kamera nur für max. eine Sekunde mit dem Wasser in Berührung gekommen war, bedeutete das das Todesurteil für sie.
Jetzt folgte eine Sanyo AZ3. Damals eine unbekannte und völlig unterschätzte Kamera. Alle höherpreisige Canons und Sonys von Bekannten waren ihr unterlegen. Leider hatte Sanyo gegen die aggressive Werbepolitik der beiden ersteren keine Chance und verschwand nach ein paar Jahren wieder vom Markt.
Nachdem ich viel auf Reisen war, sollte auch der Nachfolger bei guter Qualität in die Hosentasche passen. Es war Zeit für eine Panasonic Lumix TZ 3. Diesem Typ blieb ich dann, hoch bis zur Tz 10 treu. Einmal in den Einstellungen und den Menüs eines Herstellers gewohnt, wollte ich die Marke nicht wechseln und fotografiere bis jetzt mit der Lumix FZ1000. Der Abschied von der Hosentaschengröße fiel mir nicht leicht. Inzwischen bin ich das aber so gewohnt, dass ich mir nicht mehr anders vorstellen kann. Ob der nächste Schritt nochmals eine Brigdekamera wird oder ich dann doch mal zum Vollformat wechsle, weiß ich noch nicht.
Danke und schönen Gruß, Herbert“
Bevor wir uns nach dieser ausführlichen Einleitung seinen Fotos widmen, vorweg zwei Hinweise zu seiner Mail.
Erstens sind Ablehnungen, vor allem bei EyeEm gerne willkürlich begründet und sollten nicht als Maßstab für das eigene Fotografieren genommen werden. Andere Agenturen mögen die Bilder ganz anders beurteilen. Viel wichtiger ist meines Erachtens, dass man selbst realistisch einschätzen kann, ob die eingereichten Motive kommerziell genug sind, um Käufer zu finden.
Zweitens gibt es eine weitere gute Möglichkeit, in den Genuss von Adobe Photoshop zu kommen: In den letzten zwei Jahren bekommen alle Fotografen, die bei Adobe Stock mehr als 300 Bilder online gestellt haben und dabei weniger als 50% Ablehnungen erzielten, das Adobe Foto-Abo (Photoshop + Lightroom) kostenlos für ein Jahr. Die Chance ist hoch, dass Adobe auch 2020 dieses Angebot wieder ankündigen wird, erfahrungsgemäß eher in der zweiten Jahreshälfe. Wer mitmachen will, einfach hier klicken* und oben rechts auf „Verkaufen“ gehen.
Nun aber zu den Fotos:

Bei diesen beiden Oldtimern ist zwar schon ein Teil des Nummernschildes retuschiert worden, ich empfehle jedoch, auch den restlichen Teil zu entfernen. Außerdem würde ich das Bild oben enger beschneiden bis kurz über die rot-weiß gestreifte Markise, damit dieser Bereich weniger ablenkt. Ansonsten halte ich das Bild für stock-geeignet, wenn es mit den richtigen Begriffen wie „Vintage, Retro, etc.“ verschlagwortet ist.

Dieses Bild zeigt ein Heiligenhäuschen an einem Feld. Diese Häuschen sind an sich schon nicht der Renner bei Bildkäufern und hier helfen die angeschnittenen Bäume an den Rändern und die wilden Gräser im Vordergrund nicht, die Verkäuflichkeit zu verbessern. Ich sehe da wenig Verkaufschancen.

Das nächste Bild zeigt ein ähnliches Motiv, ein Wegkreuz an einer Bank. Auch wenn das Motiv generell ähnlich geringe Verkaufschancen hat, ist hier die Komposition zumindest deutlich ansprechender mit Textfreiraum, welche das Bild zumindest für religiöse Kunden attraktiver macht.

Das Foto zeigt einen verschneiten Weg im Winter. Hier stört mich, dass der Weg links etwas abgeschnitten ist und insgesamt wirkt es, als wäre bei der Bildbearbeitung zuviel HDR angewendet worden. Diese Jahreszeitenmotive sind prinzipiell beliebte Kalendermotive, dieses ist hier aber nicht plakativ genug, um in die engere Auswahl zu kommen.

Weiter mit den Jahreszeiten geht es bei diesem Herbstbild mit Herbstlaub. Auch hier gilt leider, dass das Laub nicht plakativ genug in Szene gesetzt wurde, um genügend Anklang bei Käufern zu finden.

Weingläser vor einem Ozean: Dieses Urlaubsmotiv ist von der Aussage sicher gefragt bei Käufern, in der Umsetzung hier jedoch verbesserungswürdig. Der Fokus muss mehr auf den Gläsern liegen, die sauberer aussehen müssten und der Hintergrund hätte mehr in der Unschärfe verschwinden müssen. Hier zum Vergleich ein Bestseller bei Adobe Stock*, der genau die erwähnten Unterschiede aufweist.

Ein altes verwittertes Fenster: Solche Motive gehören zu den Lieblingsmotiven von Hobby-Fotografen, insofern ist das Angebot entsprechend hoch. Um da überhaupt Chancen zu haben, würde ich bei diesem Motiv den Anschnitt rechts besser retuschieren und die perspektivische Verzerrung entfernen.

Bei diesem Bild einer Kuh im Stall fehlt die Eigentumsfreigabe, da diese anhand der Marke links im Ohr identifizierbar ist. Aber selbst wenn die Marke retuschiert würde, bliebe die Frage offen, ob ein Landwirt mit so einem Foto für seinen Betrieb werben würde? Ich bezweifle es.

Bei diesem Vogelfoto, vermutlich mit einer Alpendohle, kann ich nicht genau sagen, warum ein Property Release verlangt wird. Vermutlich wegen der teils lesbaren Schautafel. Diese lenkt auch etwas vom eigentlichen Motiv, dem Vogelfüttern ab.

Kleiderverkauf am Strand: Die Farben sind harmonisch im Bild und Einzelhandel-Themen sind generell gute Stockmotive. In der 100%-Ansicht ist vielleicht noch irgendwo ein Logo oder Label an der Kleidung erkennbar, was dazu geführt hat, dass die Agentur einen Property Release verlangt. Oder sie ist einfach nur streng und will einen wegen der eventuell geschützten Stoffmuster.
Allgemein kann ich die Entscheidungen von EyeEm in den vorliegenden Fällen schon nachvollziehen. Bei einigen Motiven lässt sich mit etwas mehr Bildbearbeitung vielleicht das Foto durch die Bildredaktion schummeln, aber wirkliche Bestseller-Chancen haben die Motive leider alle nicht.
Falls ihr wissen wollt, wie sich eure Fotos schlagen, könnt ihr gerne ebenfalls kostenlos in einer „Pimp My Stock“-Folge mitmachen. Alle Details findet ihr hier.
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