Wahrscheinlich ist zur Zeit das Bildportal Alamy die Quelle mit den meisten käuflichen Bildern weltweit: 14,59 Millionen Fotos! Korrigiert mich, wenn ich mich irre.
Aber was wäre, wenn die Online-Fotoplattform Flickr mit ihren mehr als 3,1 Milliarden Fotos (das sind über 3.100.000.000 Fotos!) seinen Nutzern anbieten würde, ihre Fotos ebenfalls verkaufen zu können? Sozusagen ein Flickr Stock? Dass das kein Hirngespinst ist, sondern Anfang 2008 fast genau so passiert wäre, beweist diese Meldung hier im Techcrunch-Blog.
Wahrscheinlich wäre folgendes passiert:
- Alamy wäre innerhalb weniger Wochen oder höchstens Monate nicht mehr die Quelle mit den meisten Fotos
- Die weltweit größte Bildagentur Getty Images hätte bei ihrer Microstock-Tochter istockphoto schlagartig große Umsatzeinbußen
- Urheberrechtsanwälte auf der ganzen Welt hätten sich die Hände gerieben (Warum? Dazu gleich mehr…)
Vor allem der zweite Punk missfiel Getty Images so sehr, dass sie in die Offensive gingen: Sie boten Mitte 2008 Flickr einen Deal an, durch den ausgewählte Fotos von Flickr-Fotografen über Getty Images verkauft werden könnten.
Das hat einige große Vorteile für Getty Images:
- der Marktführer der Bildbranche behält weiterhin die Kontrolle, welche Fotos von Flickr zum Verkauf stehen
- Getty kassiert gleich einen Anteil der Verkaufserlöse, den sich sonst nur Flickr und die Fotografen teilen würden
- der gesamte Bildermarkt wird nicht in der Flickr-Fotos-Flut ertränkt
Gleichzeitig sind aber auch Nachteile für Stockfotografen zu vermuten:
- Das Oligopol auf dem Bildermarkt mit Getty Images an der Spitze wäre durch Flickr Stock ins Wanken geraten und bleibt nun zum Nachteil von Bildkäufern und Fotografen stabil
- Getty kassiert gleich einen Anteil der Verkaufserlöse, den sich sonst nur Flickr und die Fotografen teilen würden
- Flickr Stock wäre eine großartige Gelegenheit gewesen, vielen Millionen Hobbyfotografen weltwelt klar zu machen, dass auch Digitalfotos einen Wert haben
Vor allem der letzte Punk ist spannend:
Es gibt mittlerweile genug Designer, Werbeagenturen, Zeitungen und andere Bildnutzer, die versuchen, keine Fotos von teuren Bildagenturen oder billigen Microstock-Agenturen kaufen zu müssen, sondern sie umsonst bei Flickr zu bekommen. Das ist auch gut möglich, da viele Fotos mit einer „Creative Commons“-Lizenz ausgestattet sind, auch wenn das rechtlich sehr unsicher ist. Auch wenn diese Lizenz fehlt, fragen die Nutzer gerne die Flickr-Fotografen, ob sie Fotos nicht kostenlos bekommen können. Der Hobbyfotograf, der noch nie ein Foto auf dem Titelbild einer Zeitschrift gesehen hat, freut sich und sagt oft ja.
Wenn es „Flickr Stock“ gegeben hätte, würden die gleichen Fotografen das Foto eher zum Verkauf anbieten, wenn es technisch mit nur wenigen Klicks umsetzbar ist und sie merken, dass die Nachfrage da ist. Nun kommen wir zu dem Punkt, an dem sich die Anwälte die Hände reiben. Beim Verkauf von Fotos gibt es so viele Rechte und Gesetze zu beachten, dass Anfänger damit oft überfordert sind. Model Releases, Property Releases, rights managed, lizenzfrei, fair use, Copyright, Nutzungsrecht, Urheberrecht, Panoramafreiheit, Designschutz, Markenrecht, Privatsphäre, Geschmacksmusterschutz etc. Klingt kompliziert? Ist es auch. Die Chancen sind groß, dass bei „Flickr Stock“ dann Unmengen an Fotos trotz vieler Hilfestellungen seitens Flickr angeboten würden, die rechtlich eben nicht einwandfrei sind.
Eine andere Überlegung ist, dass die Hobbyfotografen merken würden, dass ein Foto zum Verkauf nur so viel wert ist wie die Beschreibung und Suchwörter, die mitgeliefert werden. Wer sich an die Suchergebnisse von Getty Images gewöhnt hat, wird beim Versuch, mit den gleichen Begriffen ein passendes Foto bei Flickr zu finden, Kopfschmerzen bekommen. Hier mal als Beispiel die Foto-Ergebnisse mit den Suchbegriffen „Familie“ und „Frühstück“ bei Getty Images und bei Flickr. Seht ihr, was ich meine? (Tipp: Bei der Getty-Webseite muss als Sprache oben rechts „deutsch“ eingestellt werden).
Das Experiment „Flickr Stock“ wäre sehr spannend gewesen, aber die Ergebnisse hätten den Bildermarkt so stark verändern können, dass der Branchenprimus rechtzeitig eingriff.
Nun seid ihr dran. Was hätte noch passieren können, wenn Flicks die Möglichkeit geboten hätte, Fotos zu verkaufen?