Seit einigen Wochen hält das Coronavirus nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Welt in Atem. Die Medien kennen kaum noch andere Themen, Ausgangssperren, Kontaktverbote und Quarantäne-Maßnahmen verändern Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur.
Welche Auswirkungen hat der Coronavirus und dessen Folgen auf die Fotografie, speziell natürlich die Stockfotografie?

Ich werde die Situation von zwei Seiten betrachten: Der Angebotsseite und der Nachfrageseite.
Stockfotografie-Angebot in der Coronakrise
Auf der Angebotsseite haben Stockfotografen einerseits das große „Glück“, dass sich hier kurzfristig ein Thema präsentiert, was vorher noch nicht tausendfach fotografisch umgesetzt wurde.
Teilweise sogar im Gegenteil: Statt Business-Handshakes ist nun der „Corona-Bump“* angesagt, statt glücklichen Gruppen konzentriert arbeitende Einzelpersonen im Home Office. Das ist im Grunde der Traum jedes Stockfotografen: Ein neu zu beackerndes Thema, welches gleichzeitig eine hohe Nachfrage hat, doch dazu später mehr.
Blöd ist nur, dass man aufgrund von Kontaktverboten und Ausgangsbeschränkungen kaum noch rausgehen kann, um neue Bilder zu machen. Einige Stockfotografen beschränken sich auf Tabletop-Bilder und versuchen, Konzepte zu illustrieren. Andere retuschieren einfach nachträglich einen Mundschutz über ihre bisherigen Bürobilder (wie mein Kollege Lev hier*). Einige tragen einfach aktuelle Suchbegriffe bei passenden alten Bildern nach und wieder andere horten wertvolle FFP3-Schutzmasken als Requisiten, die dann in Krankenhäusern fehlen.
Für Auftragsfotografen, denen gerade die Jobs wegbrechen, bietet sich die Stockfotografie aktuell als willkommene Alternative an. Zeit zum Bearbeiten alter Aufnahmen ist genug vorhanden und die Bildagenturen können weiterhin beliefert werden. Angesichts der bei fast allen Agenturen spürbar längeren Freischaltzeit gehe ich von einem gestiegenen Bildervolumen aus.
Stockfotografie-Nachfrage in der Coronakrise
Auf der Nachfrageseite sieht es ähnlich gemischt aus. Da viele Geschäfte geschlossen sind, fallen notwendige Werbemaßnahmen weg, andererseits besteht ein großer Bedarf an neuen Motiven, weil die üblichen „Heile-Welt-Motive“ aktuell nicht ganz passen.
Einige Agenturen wir Panthermedia nutzen die Situation, um eine „Marketing-Soforthilfe“ für kleine Unternehmen anzubieten, die 5 Bilder kostenlos erhalten können (limitiert auf 100.000 Bilder). Klingt für mich eher nach einer Umbenennung der üblichen Gratis-Bilder für Neukunden.
Bei den Auftragsfotografen brechen gebuchte Shootings gerade reihenweise weg, diese fehlenden Bilder werden immerhin zum Teil bei Bildagenturen lizenziert. Angesichts der finanziellen Risiken, welche Unternehmen gerade spüren, besteht in der Stockfotografie jedoch die Gefahr, dass vor allem die Kostenlos-Portale davon profitieren. So stiegen die Downloads bei Unsplash um ca. 10% vom Februar zum März von 72 auf 79 Mio. Downloads.
Insgesamt werden aber sehr viel mehr Coronavirus-verwandte Motive gekauft, welche sich in drei Gruppen aufteilen lassen:
- Darstellungen des Coronavirus selbst*
- korrekte Verhaltensweisen (Hände waschen*, Ellenbogen-Gruß, Mundschutz tragen*, kontaktlos bezahlen etc.)
- Folgen der Krise (Ärzte*, Krankenhäuser*, Videokonferenzen, Home Office)
Der Monat März war von den Verkäufen hier noch ganz okay, ich vermute aber, den Einbruch werden wir im April stärker beobachten können. Wer denn keine aktuell relevanten Motive hat, wird das noch stärker spüren, weil der Platz in den Medien (Printfläche/Sendezeit) beschränkt ist und viel davon dem Covid-19-Thema gewidmet wird. Es wird insgesamt weniger gekauft und dann eher die neuen Corona-Motive.
Corona-Soforthilfe
Freischaffende Künstlerinnen und Künstler können in NRW zwar ab sofort hier 2.000 Euro Soforthilfe beantragen, wenn sie wegen „abgesagter Engagements“ in finanzielle Notlage geraten, aber diesen Nachweis können Stockfotografen leider schwer erbringen.
Bundesweit gibt es ein ähnliches Hilfsprogramm für Selbständige, Freiberufler und kleine Unternehmen. Wer als Fotograf aktuell unter Umsatzausfällen zu leiden hat, sollte sich das Programm genauer ansehen.
Außerdem gilt, an die Zeit nach dem Coronavirus zu denken: Was kommt danach? Wie kann ich das bebildern?
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