Im Oktober 2020 veröffentlichte Adobe Stock eine Sammlung von über 70.000 kostenlosen Bildern und Videos, als Versuch, dem Vormarsch kostenloser Plattformen wie Unsplash und Pixabay Einhalt zu gebieten.
Hat das geklappt? Vielleicht etwas. Im Oktober 2020 noch hatte Unsplash 42 Downloads pro Sekunde, aktuell sind es „nur“ noch 37 Downloads/Sekunde.
Gestern Abend habe ich dann fast zeitgleich von zwei verschiedenen Fotografen die Nachricht bekommen, dass sie von Adobe eingeladen wurden, einige ihrer Bilder für die kostenlose Sammlung bei Adobe Stock zu nominieren.
Auch ich habe seit heute die Anzeige (siehe Screenshot oben) in meinem Benutzeraccount, mit der ich einstellen kann, ob und welche Bilder ich nominieren will.
Da von den Fotografen gleich einige Fragen aufkamen, will ich den Prozess etwas erklären.
Adobe wählt aus einigen Portfolios Bilder aus, die sie prinzipiell für geeignet für die kostenlose Kollektion halten. Bei mir sind es knapp ein Drittel, bei anderen Fotografen mehr als ein Viertel des Portfolios. Laut dieser Aussage des Adobe-Mitarbeiters Mat Hayward wurden nur Bilder berücksichtigt, welche weniger als vier Downloads in den letzten zwölf Monaten hatten.
Die Fotografen können nun im Portfolio die Erstauswahl von Adobe Stock entweder komplett bestätigen (mit dem Schieberegler „Alle geeigneten Stockmedien nominieren“ im blauen Feld oder einzeln. Als Übersichtshilfe gibt es neu in der Menüleiste den Filter „Nur für die kostenlose Sammlung geeignet“, wo man sich die betreffenden Bilder entweder nach Downloads oder Datum sortiert anzeigen lassen kann.
Entscheidet sich ein Fotograf, eins der Bilder oder alle zu nominieren, erscheint als Pop-Up ein Nachtrag zum Anbietervertrag, der die Details regelt:
Die Details in Kürze: Für jedes akzeptierte Foto erhält der Fotograf 5 Credits (also je nach Währung 5 Euro oder 5 USD o.ä.), aber Adobe entscheidet, welche der nominierten Bilder sie letztendlich auswählen. Die kostenlosen Bilder verbleiben für 12 Monate in der kostenlosen Sammlung und die Fotografen erhalten für diese Downloads keine zusätzliche Vergütung. Diese Downloads zählen auch nicht für das Creative Cloud Bonus-Programm. Die Bilder dürfen nicht vorzeitig gelöscht werden, bei anderen Agenturen dürfen sie aber weiterhin angeboten werden. Mehr Fragen beantwortet diese FAQ von Adobe.
Lohnt sich das?
Die brennende Frage, welche Fotografen sicher am meisten interessiert: Lohnt sich das Angebot von Adobe, 5 Euro je Bild zu erhalten, welches Adobe ein Jahr kostenlos anbieten darf?
Dafür müssen wir das Angebot im gesamten Marktumfeld betrachten. Zum einen gibt es wie schon erwähnt die Plattformen, welche prinzipiell kostenlos Bilder anbieten. Im Vergleich dazu ist Adobes Angebot ein toller Deal.
Auch im Vergleich zum „Instant Pay“-Deal von Wirestock, welche nur 4–5 USD pro Bild für zeitlich unbegrenzte kostenlose Nutzung zahlen, ist das Angebot recht attraktiv.
Es gibt jedoch auch andere Agenturen, welche deutlich mehr für solche „Buy-Outs“ zahlen, die jedoch individuell mit einzelnen Fotografen ausgehandelt werden und nicht für alle zugänglich sind.
Die langfristige Wirkung
Prinzipiell habe ich große Bauchschmerzen, dass Bildagenturen in letzter Zeit vermehrt dazu übergegangen sind, Bilder einzukaufen, um sie dann ohne Fotografenkommission verschenken oder verkaufen zu können.
Das aus mehreren Gründen: Zum einen ist Stockfotografie schon immer ein langfristiges Massengeschäft gewesen. Was zählt, ist ein großes, attraktives Portfolio, welches auch im „Long Tail“ noch Rendite einbringen kann. Dazu ein Beispiel aus meinem Portfolio:
Diese Stock Performer-Analyse zeigt ein Shooting, welches ich 2010, also vor elf Jahren gemacht habe. Der Großteil der Verkäufe fand zwar in den ersten beiden Jahren statt, aber trotzdem brachte das Shooting auch im zehnten Jahr noch über 300 USD Umsatz. Der RPI/m, also der Erlös pro Bild und Monat aus diesem Shooting beträgt aktuell übrigens 1,05 USD. Über jedes Jahr gerechnet hat also jedes der Bilder aus dem Shooting über 12 USD eingebracht statt nur 5 Euro, also nicht nur in der Anfangsphase und nicht nur die Bestseller.
Wer nun anfängt, einzelne, vermeintlich schlechter laufende Motive gegen eine Einmalzahlung aus dem Portfolio zu nehmen, und sei es nur für 12 Monate, piekst damit Löcher in sein Geschäftsmodell.
Außerdem entsteht durch die Einmalzahlungen eine Trennung im Agentur-Portfolio: Es gibt plötzlich viele Bilder, bei denen die Bildagentur Kommissionen für einen Download an die Fotografen zahlen müsste und Bilder, welche die Agentur ohne weitere Verpflichtungen verkaufen oder verschenken kann. Somit entsteht ein Ungleichgewicht, welches Agenturen leicht in Versuchung führen könnte, die Bildnutzer hin zu dem Material zu lenken, was sowieso schon im Voraus bezahlt wurde.
Beim zeitlich begrenzten Angebot von Adobe kommt noch die Frage hinzu, wie die Gratis-Downloads nach den 12 Monaten bewertet werden, wenn die Bilder wieder in der bezahlten Kollektion sind: Werden sie ignoriert oder verzerren die Bilder mit den deutlich höheren Downloads die Suchergebnisse?
Trotzdem glaube ich, dass diese bezahlten Angebote, sei es von Adobe oder Wirestock, geeignet sein könnten, den Gratis-Plattformen das Leben schwerer zu machen. Aber wenn schon der Kampf gegen Gratis-Downloads geführt wird mit noch mehr Gratis-Downloads, anstatt das Stockfotografie-Business langfristig für alle Akteure nachhaltiger zu gestalten, ist das ein Rückzugsgefecht, welches dem Markt als solches trotzdem langfristig schaden wird.
Vor einer Weile hatte ich hier versucht, das Geschäftsmodell der Firma Pixabay zu verstehen, welche mit kostenlosen Bildern Geld verdienen wollen.
Zerstört Unsplash die Stockfotografie? Kostenloses Bild aus der Unsplash Collection.
Eine ähnliche Firma, jedoch mit größerer internationaler Bekanntheit ist Unsplash. Diese betrat 2013 als einfacher Tumblr-Blog die Bühne, auf dem 10 kostenlose Bilder geteilt wurden. Aktuell sind über 806.000 kostenlose Bilder online, die insgesamt über 758 Mio. kostenlose Downloads erzielt haben. Diese und viele weitere spannende Zahlen sind hier auf der Statistik-Seite von Unsplash nachzulesen.
Im Schnitt werden aktuell ca. 18 Bilder pro Sekunde runtergeladen. Das wären über 46 Mio. kostenlose Downloads im Monat! Zum Vergleich: Shutterstock kam im 3. Quartal 2018 auf „nur“ ca. 14,6 Mio. bezahlte Downloads pro Monat. Namensnennung der Fotografen ist bei Unsplash übrigens auch keine Pflicht.
Eine Auswahl der öffentlichen Unsplash-Statistiken
Zum Team von Unsplash gehören mindestens 15 Leute, darunter die vier Gründer, das Ehepaar Mikael Cho und Stephanie Liverani, Luke Chesser und Angus Woodman sowie Entwickler, Designer, Programmierer und Kuratoren.
Im Januar 2017 wurde Unsplash, welche bis dahin ein „Hobbyprojekt“ von Mikael Cho und den anderen Gründern war, in die „Unsplash Inc.“ firmiert.
Die spannende Frage ist: Von was wird diese große Anzahl Mitarbeiter bezahlt? Wie verdient die kanadische Firma „Unsplash Inc.“ ihr Geld, wenn sie ihr Produkt kostenlos verteilt?
Wie hier ausführlich nachzulesen ist, bestand der Vorteil und Nutzen von Unsplash für die Gründer anfangs darin, dass dieses Nebenprojekt viel Aufmerksamkeit und neue Kunden auf ihre Hauptfirma „Crew“ lenkte. Unsplash war also nichts anderes als cleveres „Content Marketing“, wo mit wertvollen (weil kostenlosen) Inhalten Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt wurde.
Das wäre soweit ja in Ordnung, wenn die Unsplash-Fotos weiterhin ausschließlich von Crew-Mitarbeitern kämen. Nach eigenen Angaben ist aktuell zwar weiterhin die – bezahlte – Unsplash-Mitarbeiterin Annie Spratt die aktivste Fotografin auf Unsplash, trug mit ca. 4600 Bildern aber insgesamt weniger als 0,6% der über 795.000 Fotos bei.
In dieser Liebeserklärung an die Firma Unsplash erklärt der Hobbyfotograf Rahul Chowdhury, warum er neben Bildagenturen jetzt auch Unsplash beliefere:
„Obwohl ich nicht aufhören werde, Stockfotos zu verkaufen, werde ich von jetzt an sicherstellen, dass ich einen anständigen Teil meiner Arbeit mit der Welt gegen Lächeln und Dankbarkeit durch diese liebenswerte Gemeinschaft tausche.“
Der Haken dabei? Unsplash ist längt kein Marketing-Instrument mehr und schon gar keine uneigennützige Gemeinschaft, die nur das Wohl der finanzschwachen Grafiker und Webdesigner im Blick hat.
Dieser Quelle nach bekam Unsplash schon 2015 eine Investition von 8,5 Mio USD, von der ca. zwei Jahre später noch 5 Mio. USD übrig waren. Das bedeutet, dass Unplash 2015 und 2016 pro Jahr ca. 1,75 Mio. USD Ausgaben verschlang.
Im Februar 2018 gab Unsplash bekannt, dass sie 7,25 Mio. USD von insgesamt acht Investoren (Jason Goldberg/Simple Token, Accomplice, Betaworks, Mark Bonchek, Real Ventures, Roger Dickey/Gigster, Clark Valberg/InVision, Rahul Vohra/Superhuman) erhalten haben. Andere Quellen sprechen sogar von 10,3 Mio. USD. Den obigen Zahlen nach wäre damit die Finanzierung von Unsplash für weitere vier Jahre gesichert.
Die über 116.000 Fotografen bekommen davon aber keinen Cent ab, abgesehen von der Handvoll, die tatsächlich direkt bei Unsplash angestellt ist. Dabei wird ständig von der „Community“ geredet, die den Kern von Unsplash ausmache, die so wichtig und wertvoll sei. Ja, weil sie bescheiden ist, nichts von den Millionen abhaben zu wollen.
Unsplash wirbt immerhin damit, dass die Fotografen „Links zu ihrem eigenen Business anzeigen lassen und damit von Unsplash’s Traffic profitieren können“. Einer der weltweit größten Stockproduzenten, die britische Firma „Rawpixel Ltd“. hat das ausprobiert und bietet neben ca. 260.000 Stockfotos bei den üblichen Bildagenturen wie Adobe Stock oder Shutterstock auch über 2600 professionelle Stockfotos kostenlos auf Unplash an. Das sind ca. 1% der bezahlten Bilder.
Ich habe den Rawpixel-Gründer Rob Churchill zu seinen Beweggründen gefragt, warum er kostenlose Bilder anbiete. Hier seine übersetzte Antwort:
„Vor einigen Jahren haben wir uns entschieden, unsere eigene Website aufzubauen. Hauptsächlich, um unsere Aktivitäten kreativer zu gestalten und hoffentlich ein gutes Unternehmen für uns, die Kunden und die Gemeinschaft aufzubauen. Es gibt zwei Hauptgründe, warum wir einen Teil unseres Inhalts als kostenlose Bilder auf unserer eigenen Website und einigen anderen wie Unsplash anbieten.
Erstens, um den Verkehr auf unsere Website zu lenken. Anstatt die unmögliche Aufgabe zu versuchen, mit den bestehenden Agenturen durch bezahlte Werbung zu konkurrieren, ist es für uns viel sinnvoller, all unsere verfügbaren Ressourcen in die Erstellung von Inhalten zu investieren und dann einen Teil davon frei zu machen, um die Menschen für Rawpixel zu gewinnen.
Zweitens passt es gut zu unserem Manifest ‚Unsere Mission ist es, jedem, der die Menschen befähigt, Kreativität zum Guten einzusetzen, inspirierende Gestaltungsressourcen zur Verfügung zu stellen.‘ Es ist schön zu wissen, dass jeder Zugang zu einigen unserer Arbeiten unabhängig von seiner finanziellen Situation haben kann.
Funktioniert es? Ja, ich denke schon, wir haben zwar noch einen langen Weg vor uns, aber die Zeichen sind vielversprechend und wir freuen uns auf die Chancen, die sich in der Zukunft eröffnen werden.
Ich weiß, dass dies ein heikles Thema ist, und ich bin sicher, dass es die Microstock-Industrie bis zu einem gewissen Grad beeinflussen wird, aber das „kostenlose Bilder“-Modell ist hier und wird nicht gehen und ich glaube, wir müssen uns an die Situation um uns herum anpassen. Ich bin nicht zuversichtlich in Bezug auf die Zukunft der wichtigsten Microstock-Agenturen und glaube, dass sie in den letzten Jahren mehr hätten tun können, um Kontributoren wie uns zu unterstützen, und dadurch wären sie selbst in einer stärkeren Position.“
Auch hier spielt also der Marketing-Effekt eine Rolle. Ich bezweifle jedoch, dass dieser langfristig ausreicht, denn wer nach kostenlosen Bildern sucht, ist in der Regel wenig geneigt, plötzlich doch Geld für Fotos auszugeben.
Werbung auf Unsplash
Neben den Investoren gibt es noch andere Geldquellen für Unsplash: Zum einen gibt klassische Werbeeinblendungen auf der Webseite, zum Beispiel rechts unter dem Suchfeld (siehe Screenshot oben).
Darüber hinaus gibt es jedoch ethisch deutlich fragwürdigere Methoden. Sucht ein Nutzer beispielweise nach „shoes“, oder „juice“, werden neben normalen Fotos andere angezeigt, die Werbung sind. Im Schuh-Beispiel sind die ersten drei Treffer zum Beispiel kostenlose Fotos mit Schuhen „sponsored by Timberland“, beim Saft steht „sponsored by DOSE Juice“. Hier ist die Werbekennzeichnung noch erkennbar, aber sobald ein Nutzer ein solches Foto runterlädt und weiterverwendet, bleibt von der Kennzeichnung nichts mehr übrig. Andere Leute erkennen dann nicht mehr, dass das Bild mal bezahlte Werbung war. Ebenso spannend ist, dass es eine eigene Kollektion auf Unsplash mit dem Namen „Native Advertising on Unsplash“ gibt, kuratiert vom Unsplash-Co-Gründer Luke Chesser. Dort werden neben den Beispielen Timberland und DOSE Juice explizit auch „Google Chromebooks“ und „Maledives Tourism“ als Kunden genannt und dazugehörige Fotos gezeigt, aber diese sind schon bei Unsplash teilweise nicht als „sponsored by“ gekennzeichnet. Zufällig befinden sich immer auch einige dieser Fotos auf der Startseite von Unplash.
„Native Advertising ist eine dreiste Form von Schleichwerbung“,
Ein Fotograf solcher Bilder, der anonym bleiben will, beschreibt die Zusammenarbeit so:
„Unsplash kooperiert meines Wissens nach öfters mal mit etwas größeren Firmen. Ich war selber lange Zeit nicht mehr wirklich aktiv auf Unsplash, wenn es darum geht, selber Bildmaterial hochzuladen. Viel mehr benutze ich es sehr oft als Bildquelle für qualitativ gute und kostenlose Bilder, da ich Designer bin und oft mit sowas in Kontakt trete.
Eines Tages habe ich eine persönliche E‑Mail von einem Admin von Unsplash erhalten mit dem Angebot für eine Timberland-Kooperation Bilder zu schießen. Ursprünglich gab es eine Art ‚Wettbewerb‘, wo jeder mitmachen konnte. Dieser galt quasi als Bewerbung für das Projekt. Mich hat man völlig überraschend einfach mit ins Boot geholt, weil irgendwelchen dafür verantwortlichen Menschen von Timberland meine Bilder gut gefallen haben. Die Klamotten der neuen Winterkollektion wurden uns dann per Post gesendet. Es gab jeweils eine Herren- und Damenkollektion. Die Sachen hat nach zwei Wochen ein Kurier von Timberland wieder abgeholt. Das Ganze wurde ganz normal bezahlt wie ein richtiger Fotoauftrag. Ein erfahrener und anerkannter Fashionfotograf wäre mit dem Endgeld niemals zufrieden gewesen. Aber wenn man die Umstände beachtet, unter anderem dass ich absolut kein professioneller Fotograf bin und zuvor noch nie einen wirklichen Auftrag hatte (und so ergeht es dem Großteil der Teilnehmer), ist die Bezahlung mehr als fair. Alles in allem ist das Ganze eine tolle Sache, da man auch die ganzen Prozesse mitbekommt.“
Es gibt auch einige Accounts, die offensichtlich von den gezeigten Marken selbst betrieben werden, wie diese von Loewe Technologies, Modern Essentials oder Frame Kings. Angesichts der Debatte um die Werbekennzeichnungen bei Instagram kann es hier sicher nicht mehr lange dauern, bis es Probleme geben wird.
Es wird oft, wie beispielhaft hier, argumentiert, dass Unsplash keine Bedohung für Fotografen sei, weil diese durch den Unsplash-Traffic zu Aufträgen kommen würden. Ich glaube aber, dass Unsplash eine direkte Bedrohung für die Firmen ist, die ausschließlich von der Bildlizenzierung leben, zum Beispiel Shutterstock oder Adobe Stock.
Selbst wenn es für etliche Nischen bei den kommerziellen Bildagenturen deutlich mehr Bilder zur Auswahl gibt, entzieht Unsplash bei den generischen Motiven den Fotografen einen Grundumsatz, der nur mit selten nachgefragten Motiven logischerweise schwer aufgefangen werden kann. Zur Erinnerung: Wir reden von über 46 Mio. kostenlosen Downloads pro Monat.
Insofern finde ich es bedenklich, dass auch Adobe in seiner „Adobe Spark“-App den Nutzern kostenlose Unsplash-Bilder anbietet, statt eine eigene Kollektion solcher Bilder aufzubauen, von wo aus der Traffic zur bezahlten Adobe Stock-Kollektion gelenkt werden kann. Eine ähnliche Unterstützung kann bei Pixabay gefunden werden, wo die Seite erklärtermaßen von den Affiliate-Einnahmen durch Shutterstock überlebt.
Für Unsplash sind die Fotos nur ein Mittel zum Zweck. Es geht nicht um großartig kuratierte Fotografie, es geht um Traffic und Community-Building. Das sind die Werte, für die sich Investoren interessieren und für die sich Unsplash bezahlen lässt. Es wirkt ein bisschen wie ein Schneeballsystem, wenn bezahlte Fotografen wie Annie Spratt durch ihre Social-Media-Accounts Unsplash hypen, was wiederum die große Masse an anderen Fotografen anlockt, die dann nicht mehr bezahlt werden, aber den Traffic und das Community-Engagement liefern, für das dann die großen Firmen bezahlen. Nur Unsplash natürlich, nicht die einzelnen Fotografen.
Die Fotografen und auch Kunden tragen aber das rechtliche Risiko der Unsplash-Nutzung, denn Informationen über Markenrechte, Persönlichkeitsrechte, Designschutz und andere „Rechte Dritter“ sind bei Unsplash nur spärlich zu finden. Was für Kunden und Fotografen „nur“ rechtlich riskant ist, ist für Unsplash auch ein eingesparter Kostenfaktor: Im Gegensatz zu den Microstock-Agenturen, welche viele Mitarbeiter bezahlen, nur um eingereichte Fotos auf Rechte Dritter zu prüfen, spart sich Unsplash diese Ausgaben.
Es ist schon paradox: Bei den Microstock-Agenturen dürfen zum Beispiel der Produktname „iPhone“ oder der Firmenname „Apple“ nicht im Titel oder den Keywords genannt werden, selbst der charakteristische runde „Home“-Button darf nicht sichtbar sein. Bei Unplash gibt es mehr als 3300 kostenlose „iPhone“-Bilder, mit denen der Nutzer laut Lizenz sogar mehr machen darf als bei Shutterstock oder Adobe. Entweder ist Apple da deutlich lässiger als die Microstockagenturen behaupten oder die große Anwaltskeule wird später zuschlagen. Mehr drastische Beispiele für rechtliche Probleme bei Unsplash liefert Henrik Heigl hier.
iPhone-Fotos auf Unsplash ohne Hinweis auf Markenrechte
Geht es aber um die Fotos selbst, wird Unsplash plötzlich grantig. Anfangs wurden die Unsplash-Bilder unter einer „Creative Commons Zero/Public Domain“-Lizenz angeboten. Einige clevere Geschäftemacher begannen jedoch, sich viele Unsplash-Bilder runterzuladen und sie selbst gratis auf ihren eigenen Webseiten anzubieten und durch Werbeeinblendungen damit an Unsplash vorbei Geld zu verdienen. Deshalb wurde im Juni 2017 die Lizenz geändert, um explizit auszuschließen, mit den Bildern „konkurrierende oder ähnliche Dienstleistungen“ aufzubauen. Da hört dann die Gemeinnützigkeit auf.
Selbst als Unsplash 2016 ein Buch mit den kostenlosen Fotos und Essays rausgab, wurde das Buch nicht von Unsplash finanziert, sondern Unsplash-Gründer Mikael Cho startete eine Kickstarter-Kampagne, mit der über 100.000 USD von der Community eingesammelt wurden.
Die Diskussion um die Schädlichkeit oder Nützlichkeit von Unsplash erinnert mich sehr stark an die Debatte vor zehn Jahren beim Aufkommen der Microstock-Agenturen, welche die Existenz der Makrostock-Agenturen bedrohen würden. Heute wissen wir, dass es zwar noch welche gibt, aber viele tatsächlich das Handtuch geschmissen haben oder wirtschaftlich geschwächt sind.
Deshalb nehme ich an, dass ähnlich zur Situation vor zehn Jahren Microstock wohl nicht verschwinden wird, aber Unsplash trotzdem zu einer Konsolidierung der Branche beitragen wird.
Heute soll es um die andere Seite gehen: Wie verdienen „Bildagenturen“ Geld, die ihre Bilder verschenken? Als Beispiel will ich die Webseite Pixabay nehmen, über die es vor einer Weile diesen längeren Artikel bei „Online Marketing Rockstars“ gab. Darin steht der sehr spannende Satz:
„Das Monetarisierungsmodell fußt dabei auf nur einer Säule. User, die pixabay.com nutzen, ohne sich anzumelden, bekommen auf jeder Suchergebnisseite und auf den Bilderdetailseiten selber eine Reihe von Stockfotos der börsennotierten Fotobörse Shutterstock angezeigt. Kauft ein Nutzer dort in der Folge ein Bild, gibt es eine Affiliate-Provision.“
Mit dieser Methode erzielt Pixabay laut dem Pixabay-CEO Hans Braxmeister mit nur vier Mitarbeitern über 100.000 Euro Umsatz im Jahr.
Wie wird der Umsatz genau erzielt?
Als erstes muss es genug Leute geben, die ihre Bilder Pixabay und deren Nutzern gratis zur Verfügung stellen. Das geschieht in diesem Fall nicht nur unter einer „Creative Commons“-BY-Lizenz, welche auch die kostenlose kommerzielle Nutzung bei Namensnennung erlaubt, sondern sogar unter der „Creative Commons CCO“-Lizenz. das bedeutet: Die Bilder werden in die „Public Domain“ gegeben, sind also gemeinfrei und die Fotografen verzichten weltweit auf alle urheberrechtlichen und verwandten Schutzrechte.
Über Suchmaschinen wie Google Images landen Nutzer, die kostenlose Bilder zur freien Verwendung suchen, auf Seiten wie Pixabay. Dort können sie wie bei Microstock-Agenturen nach Keywords suchen. Zusätzlich zu den kostenlosen Bildern werden als Ergebnis auch kostenpflichtige Bilder vom Affiliate-Partner Shutterstock angeboten, die meist viel attraktiver aussehen.
Entscheidet sich der Bildsucher dafür, doch kein kostenloses Bild zu nehmen, sondern eins bei Shutterstock zu lizenzieren, bekommt Pixabay eine Affiliate-Provision vom Kauf.
Auf der Affiliate-Seite von Shutterstock werden aktuell 20% als Kommission für geworbene Käufer genannt. Wenn wir den oben genannten Zahlen Glauben schenken, erzielt Shutterstock also ca. 500.000 Euro Umsatz durch Pixabay im Jahr, von denen Pixabay ein Fünftel abbekommt, bleiben 400.000 Euro pro Jahr für Shutterstock.
Das Problem für Kunden von Pixabay
So rosig die Zahlen für Pixabay auch klingt, die Leidtragenden sind die Nutzer und Fotografen von Pixabay.
Schauen wir uns mal drei Bildbeispiele von der Seite an:
Die sechs Bilder rechts sind die „kommerziellen Bilder“ von Shutterstock (noch am Wasserzeichen erkennbar). Darüber steht „CCO Public Domain. Freie kommerzielle Nutzung“. Damit suggiert Pixabay unwissenden Nutzern, dass das Bild ohne Probleme für kommerzielle Zwecke genutzt werden könne. Erst etwas versteckt in den Nutzungsbedingungen und den FAQ wird darauf hingewiesen, dass bei werblicher Nutzung eine zusätzliche Erlaubnis von Markeninhabern nötig ist. Im obigen Bild wäre das beispielsweise Apple, um Bild unten Porsche.
Für Leute, die mal schnell ein kostenloses Bild suchen und von den rechtlichen Aspekten wenig Ahnung haben, werden also widersprüchliche Signale gesendet, die schnell mal mißverstanden werden können und dann teuer werden könnten.
Angesichts dessen, dass bei der strengeren Creative Commons-CC-SA-Lizenz des Bundesarchivs die überwiegende Mehrheit der Nutzer sich nicht an die Lizenzbedingungen gehalten hat, kann bei Pixybay Ähnliches vermutet werden.
Fotografen hingegen haben ganz andere Probleme.
Das Problem der Pixabay-Fotografen
Es mag Gründe geben, warum Fotografen ihre Fotos verschenken. Acht Gründe hatte ich hier genannt.Da ich als jemand, der vom Verkauf seiner Fotos lebt, etwas voreingenommen bin, könnt ihr hier ein Interview mit Gerd Altmann lesen, einem Hobbyfotografen, der hier bei Pixabay mittlerweile mehr als 14.000 Bilder online hat, die in knapp fünf Jahren zusammen mehr als 12 Millionen (!) Downloads erzielt haben.
Im Interview heißt es unter anderem:
„In meinem Beruf als Altenpfleger fehlt es leider oft an dem Applaus, den ich jedenfalls für meine tägliche Ego-Stabilität brauche. […] Natürlich würde ich auch Geld mit meinen Bildern verdienen wollen, aber leider habe ich nie gelernt, wie man das macht. Ich besitze einfach diese Fähigkeit nicht, aus meinen Talenten Kapital zu schlagen. Kaufmännische Eigenschaften fehlen mir gänzlich, ebenso die Gabe, andere von meiner eigenen Richtigkeit zu überzeugen und für diese überzeugte Richtigkeit zu kassieren.“
Es gibt aber auch gewichtige Gründe dagegen, denn das Geldverdienen ist der Knackpunkt. Etliche neue Fotografen nutzen die Gratisplattformen als Einstieg, weil sie unsicher sind ob ihre Bilder verkäuflich sind. Wenn sie dort gengend Downloads erzielt haben, wollen sie meist versuchen, ihre Bilder woanders zu verkaufen.
Das geht zumindest mit den gleichen Bildern meist nicht mehr. So sagt Adobe Stock (als Antwort auf eine Support-Anfrage) zum Beispiel ganz klar:
„Bilder die auf einer weiteren Platform zum kostenlosen Download angeboten werden, sind von Adobe Stock ausgeschlossen.“
„Public domain content cannot be submitted under any circumstances.“
Das Gleiche gilt auch für fast alle anderen Bildagenturen, weil sich jede Agentur in der Regel versichern lässt, dass der Fotograf der Inhaber aller notwendigen Urheber- und anderer Schutzrechte sind. Genau diese geben Fotografen aber ab, wenn sie ihre Bilder bei Pixabay in die „Public Domain“ entlassen.
Der Pixybay-Anbieter Harald Landsrath musste das schmerzlich am eigenen Leib erfahren. Er wollte seine Bilder nach einem knappen Jahr bei Pixabay über Microstock-Agenturen anbieten, was diese jedoch nicht erlaubten.
Ich fragte ihn via Facebook, warum er bei Pixabay angeboten hatte und was ihn zum Wechselwunsch veranlasst hatte. Er schrieb mir:
„Der Grund lag darin, dass ich nicht mit kommerzieller Absicht angefangen habe und meine Bilder von einer Community bewerten lassen wollte. Anhand der Statistiken bei PIXABAY (Downloads, Aufrufe, Daumen). Außerdem hörte man von anderen dass dort immer wieder mal ein „Kaffee“ spendiert wird (Spende). Die Spendenbereitschaft bei PIXABAY ist allerdings äußerst gering. So verzeichnete ich mit über 200 Bildern, 8 Monaten bisher 38.000 Downloads und ca. 6 € Spenden von 3 Spendern. Daher dann der Gedanke, diese nun doch zu verkaufen. Klar ist es ärgerlich, dass ich diese Bilder nicht mehr verwerten kann – allerdings ist man hinterher immer schlauer.“
Wenn wir diese Zahlen zugrunde legen und die ca. 315fachen Downloads von Gerd Altmann auf die Geldspenden umrechnen, können wir ca. 2.000 Euro Einnahmen (in fünf Jahren) für dessen 12 Millionen Downloads vermuten.
Versuchen wir mal, dass zu Downloads bei Microstock-Agenturen zu setzen. Angenommen, er würde nur 0,1% der Downloads bei Fotolia haben, hätte er dort ca. 12.000 Downloads erzielt. Selbst wenn alle in der kleinsten Bildgröße XS stattgefunden hätten, wären das immer noch ca. 3000 Euro Einnahmen gewesen.
Harald wies mich auch darauf hin, dass andere Seiten wie diese hier einige seiner Fotos zum kostenlosen Download anbieten und ebenfalls Spendengelder einsammeln, die jedoch (entgegen anderslautender Information auf der Webseite) beim Seitenbetreiber verbleiben würden. Alles legal soweit, weil es Public-Domain-Bilder sind. Es verdienen also Pixabay, Shutterstock und ggf. andere Webseiten an den Fotos, nur der Fotograf so gut wie nichts.
Warum machen Microstock-Agenturen da mit?
Ich habe ehrlich gesagt meine Probleme, zu verstehen, warum Microstock-Agenturen, die vom Bilderverkauf leben, bei diesem System mitspielen. Es heißt in der Branche, dass es sehr teuer sei, Neukunden zu generieren, weshalb diese Millionen Gratisdownloads sozusagen zähneknirschend akzeptiert werden, wenn dadurch einige neue Käufer zur Bildagentur finden.
Offensichtlich kann Shutterstock damit ja ca. eine halbe Million Euro Umsatz im Jahr generieren, von denen jedoch 20% gleich wieder abfließen. Unklar ist leider, wie hoch der Umsatzverlust ist, der durch die großen Gratisplattformen verursacht wird. In diesem Interview von 2016 spricht der Pixabay-CEO von über 5 Millionen Seitenabrufen pro Tag. Wenn wir annehmen, dass nur 0,1% dieser Abrufe zu einem Download führen würden, wären das immer noch 50.000 Downloads pro Tag. Das wären mehr als 18 Millionen entgangene Bildnutzungen pro Jahr, die Shutterstock oder eine andere Agentur nicht monetarisieren könnten.
Was sagt ihr dazu? Welche Erfahrungen habt ihr mit Pixabay gemacht?
In der Microstockgroup veröffentlichte gestern ein Fotograf diese Email von Dreamstime, in der ein neues „Beta-Test-Programm“ vorgestellt wurde.
Darin ist von einem kleinen Test die Rede, bei dem Dreamstime-Bilder für Online-Werbung genutzt werden. Die teilnehmenden „Kunden“ sollen Bilder in kleinen Auflösungen auswählen können für die Verwendung in Online-Werbeanzeigen, die – vermutlich – über Werbenetzwerke auf anderen Webseiten eingeblendet werden.
Die Bilder bei Dreamstime kommen von den Fotografen, welche die Funktion „Alliances and Partnerships“ (oder sperriger im Deutschen „Bündnisse und Teilhaberschaften“) aktiviert haben. Hier könnt ihr schauen, ob die Funktion bei euch an- oder ausgeschaltet ist:
Die spannende Frage ist nun: Wie viel bekommt der Fotograf für die Nutzung seiner Bilder?
Ich versuche mal, den Satz aus der Dreamstime-Mail so genau wie möglich zu übersetzen
„Obwohl es keine Kompensation an Dreamstime oder die beteiligten Fotografen geben wird in der Testphase, sollte diese neue Partnerschaft in zusätzlicher Sichtbarkeit und Einnahmen für Sie und Dreamstime resultieren, wenn der Beta-Test gut läuft. Es gibt zur Zeit keine weiteren Details.“
Also kurz: Die Fotografen erhalten kein Geld für die Verwendung ihrer Bilder. In einem Folgebeitrag schreibt Serban Enache, der Gründer von Dreamstime, unter seinem Alias „Achilles“, dass Dreamstime versuchen will, nachträglich Bildhonorare für die Verwendung zu zahlen. Nach einem Versprechen klingt das nicht. Unklar ist auch die Länge des Testprogramms. Das klingt nach einer Fortsetzung des Google Drive-Deals.
Wer nicht möchte, dass seine Bilder bei diesem Test dabei sind, muss sich spätestens bis zum 2.6.2014 komplett von dem oben gezeigten „Alliances“-Programm abmelden. Wer wie ich schon abgemeldet war, wird die oben genannte Email nicht erhalten. Wer dort angemeldet ist, erhält diese Email, wenn einige seiner Bilder für die Teilnahme ausgewählt wurden.
Fotografen verschenken Bilder? Bieten sie kostenlos an? Warum?
In den Kommentaren zu einigen meiner letzten Artikel führte die Diskussion oft auf den Preisverfall, der damit ende, wenn Fotografen ihre Fotos gratis anbieten würden. Faktisch ist dieser Punkt längst erreicht. Viele Bildagenturen bieten ihren „Ausschuss“ kostenlos an. Aber auch ganze Webseiten wie Pixelio, Aboutpixel oder Photocase bieten kostenlos lizenzfreie Fotos an. Die beiden letztgenannten nur, wenn die Nutzer selbst aktiv kostenlose Fotos beisteuern, bei Pixelio hingegen ist alles gratis.
Anstatt jetzt aber zu spekulieren, was jemanden motiviert, seine Fotos zu verschenken, habe ich nachgefragt. Ich habe sechs Leute angeschrieben, warum sie ihre Fotos bei Pixelio verschenken, anstatt sie zum Beispiel zu verkaufen. Alle haben geantwortet, zwei wollen aber anonym bleiben. Bevor wir zu den Gründen kommen, warum Fotografen ihre Bilder gratis abgeben, schauen wir uns kurz die Eckdaten an.
Die Menge der Bilder
Von diesen sechs Personen haben vier jeweils ca. 5000 (in Worten: fünftausend) Bilder bei Pixelio online. Das ist weit mehr als viele – auch erfolgreiche – Microstock-Fotografen in ihrem Portfolio haben, mich eingeschlossen. Ein beeindruckendes Ergebnis, was unter anderen zustande kommen kann, weil die Selektionskriterien bei Pixelio weniger streng sind als bei kommerziellen Agenturen. Aber eine Mindestgröße von 1000 x 1000 Pixeln (= 1 MP) wird trotzdem verlangt.
Insgesamt hat Pixelio über 470.000 Bilder in der Datenbank, Photocase hat über 200.000 im Angebot und Aboutpixel liegt bei über 50.000 Fotos.
Die Motive
Ein Argument gegen diese kostenlosen Bilddatenbanken ist oft, dass die Fotos von der technischen Umsetzung und von den Motiven unter der Qualität der kommerziellen Bildagenturen liegen. Da ist was dran. Vor allem die Kostenlos-Sektion* der kommerziellen Bildagenturen speist sich fast immer aus den Fotos, welche aus technischen oder ästhetischen Gründen von der Bildredaktion für den kommerziellen Bereich abgelehnt wurden.
Aber bei Pixelio & Co. ist das nicht immer so. Von den befragten Personen haben viele die „üblichen Amateurfotografen“-Themen abgegrast: Blumen, Tiere, Food und Reisefotos. Aber einige Fotografen sind dicht am üblichen „Stock-Niveau“.
RainerSturm / pixelio.de
Der User „RainerSturm“ beispielsweise hat in seinem Pixelio-Account knapp 5000 Fotos, darunter viele Motive, die auch locker microstock-tauglich wären, wie diese Solarzellen zum Beispiel. Zu den Fotos mit den meisten Downloads zählen bei ihm Konzept-Bilder mit Puzzle-Teilen, wie sie auch bei den kommerziellen Agenturen zu den Bestsellern gehören:
RainerSturm / pixelio.de
Die Suche nach Personen, vor allem nach Geschäftsleuten gestaltet sich aber schon deutlich schwieriger. Hier ist der Unterschied zum Angebot kommerzieller Bildagenturen deutlich zu spüren. Selbst das wohl beste Foto eines Geschäftsmanns bei Pixelio liegt sichtbar unter dem Microstock-Standard:
RainerSturm / Pixelio.de
Wer hingegen Fotos von Blumen oder Lebensmitteln sucht, wird diese in Hülle und Fülle finden:
wrw / Pixelio.de
Die Einschränkungen
Wer seine Fotos bei Pixelio anbietet, kann sich aussuchen, ob die Fotos nur für die redaktionelle Nutzung freigegeben sind oder auch für die kommerzielle Nutzung. Standardmäßig sind beim Upload jedoch beide Nutzungen markiert, wer nicht aufpasst, gibt demnach seine Bilder für beides frei. Eine Merchandising-Lizenz wird nicht angeboten. Außerdem müssen nicht nur bei redaktioneller, sondern auch bei kommerzieller Nutzung der Urheber und Pixelio als Quelle genannt und bei einer Nutzung im Internet ein Link zu Pixelio gesetzt werden. Wer hier verschleiern will, wo er seine Fotos kostenlos her hat, riskiert schnell eine Abmahnung, doch dazu unten mehr.
Die Gründe – Warum verschenken Fotografen ihre Bilder?
1. Bestätigung
Was ich bei vielen Antworten herauslesen konnte, ist der Drang nach Bestätigung. Der Wunsch, seine Bilder nicht ungesehen verstauben zu lassen, sondern sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sich daran zu erfreuen, dass diese tatsächlich Verwendung finden. Der oben erwähnte RainerSturm beschreibt das in diesem Interview so:
„Damals wäre mir auch nie in den Sinn gekommen, kostenlos für andere zu fotografieren. Dazu hatte ich erstens keine Zeit und musste zweitens sehen, wie ich mit meiner 5‑Mann-Agentur Monat für Monat die Agentur-Ziele erreichte. Heute ist das anders. Die Agentur wurde 2005 verkauft und jetzt kann ich ganz anders handeln. Vor allen Dingen, weil ich es schade fand, dass mein digitales Archiv immer praller wurde (fing mit den Golffotos an) und doch nur selten „zum Vorschein/Anschauen“ kam. So machte es mir dann zusehends Spaß, die Bilder anderen zur Nutzung kostenlos zu überlassen.“
Auch Willibald Wagner antwortete auf meine Frage in diese Richtung, strebt jedoch zunehmend den Verkauf der Bilder an:
„Als ich mich 2007 wieder mehr der (digitalen) Fotografie widmete und anfing, neben den obligatorischen Urlaubsfotos, auch in andere Bereiche einzusteigen, boten sich Internetplattformen einfach als Ausstellungsfläche an. Dort traf ich Gleichgesinnte die Kommentare zu meinen Fotos abgaben, ich fand interessante Fotos und Anregungen. Hin und wieder verkaufte ich sogar ein Foto. Inzwischen ist „pixelio.de“, obwohl dort 5594 Fotos, darunter auch viel Schrott, von mir eingestellt sind, nicht mehr meine Hauptplattform. Mir ging es wie wahrscheinlich wie vielen anderen. De Kommentare und Punkte Punkte „irgendwelcher Hobbyfotografen“ haben mich immer weniger interessiert. Ich gebe bei pixelio.de deshalb heute gar keine Kommentare mehr ab, stelle allerdings noch, in der Qualität reduzierte, Fotos ein.
Vor ca. 2 Jahren habe ich mich bei „fotocommunity.de“ angemeldet. M.E. werden dort anspruchvollere Fotos gezeigt und stelle dort Fotos unter dem Usernamen „der Flaneur“ ein, im Prinzip läuft es dort aber auch nicht anders als bei pixelio.de.
Seit November 2010 bin ich bei „Shotshop“ vertreten, einer reinen Verkaufsplattform mit einem sehr hohen Qualitätsanspruch. Mal sehen was hier passiert.
So viel zu meiner Entwicklung seit 2007. Heute sehe ich eher im Verkauf eines Fotos die Anerkennung meiner fotografischen Leistung als in irgendeinem Kommentar. Daneben macht’s natürlich auch Spaß, für ein Foto ein paar Euro zu bekommen.“
2. Weniger Zwänge
Seien wir realistisch: Wer mit Fotos Geld verdienen will, muss arbeiten. Dazu gehören neben dem technischen Qualitätsanspruch der Bildagenturen auch die rechtlichen Hürden und eine gute Verschlagwortung, die oft zeitaufwändig und langweilig ist. Keyword-Spamming wird deshalb bei Pixelio z.B. kaum geahndet und verwässert die Suchergebnisse.
Viele Amateurfotografen, die ihre Fotos zeigen wollen, können oder wollen sich diese Hürden nicht zumuten. Schön formuliert hat das die Userin JOUJOU auf meine Frage:
„Anfragen von Kartenverlagen habe ich immer abgelehnt, denn ich will nicht MÜSSEN – ich will meinen Spass an der Arbeit haben und anderen mit meinen Bildern eine Freude machen. Im Pixelio geht es problemlos – ohne grosse Diskussionen über die Bilder.
Ich begreife die Sorgen der Profifotografen sehr gut. Mit der Digitalfotografie hat sich für euch ja viel geändert. Fotofachgeschäfte sind auch in der Schweiz massenhaft verschwunden, doch man kann das Rad nicht zurückdrehen.“
RainerSturm begründet das ähnlich:
„Ich fotografiere gerne, immer und überall. Aber ich will nicht – als Privatier Jahrgang 42 – den Aufwand übertreiben.
Da aber istockphoto.com und fotolia die qualitative Hürde recht hoch ansetzen, hat man dort viel Leerlauf. Also Arbeit zum Hochladen und dann doch öfter Ablehnungen. Besonders bei istockphoto ging mir dann auf den Geist, wenn immer wieder von Abberation, Lichtsäume etc. geschrieben wurde. Also wenn ich ein Motiv auf volle Bildschirmgröße (22 Zoll) vergrößere, dann kommen halt immer nur die besten durch. Dazu müsste ich aber immer mit großer Ausrüstung, möglichst mit Stativ, durch die Lande ziehen. Das ist mir zuviel.
Auch aufwändige Ausleuchtarbeiten mag ich nicht. Das Equipment ist zu dürftig, der Aufwand – auch zeitlich – ist zu groß.“
3. Dankbarkeit
Ebenso wie bei Microstock-Bildagenturen sind die Kunden oft auch Fotografen und umgekehrt. Bei Pixelio ist das ähnlich. Einige der Leute, die dort Bilder runterladen, geben als Dank ebenfalls welche kostenlos ab. So funktioniert Wikipedia und anscheinend auch Pixelio. So schrieb mir ein Pixelio-User:
„Auf pixelio bin ich gestoßen als Gemeindebriefredaktuer auf der Suche nach kostenlosem Bildmaterial. […] Ich sehe meine Bereitstellung von Bildern auch als kleinen gesellschaftlichen Beitrag, ohne gleich Geld dafür zu verlangen. An vielen Stellen im Internet werden Bilder benötigt, und nicht jeder User kann oder möchte Geld dafür ausgeben (z.B. in Blogs). Festzustellen an wie vielen Stellen meine Bilder eingesetzt werden, ist für mich „Lohn“ und Ermutigung genug.“
Interessant finde ich auch den Werdegang eines anderen Pixelio-Mitglieds, der anonym bleiben will:
„Im Prinzip habe ich durch Agenturen wie pixelio.de, aber vor allem aboutpixel.de zu meiner Berufung und Selbstständigkeit gefunden.
Gerade die Community damals vor 4–5 Jahren bei aboutpixel.de hat einen angeregt und angetrieben sich weiter zu entwickeln, neue Sachen auszuprobieren etc. – natürlich sind auch neue Freundschaften entstanden.
Irgendwann dachte ich mir dann auch, warum die eigenen Bilder verschenken und nicht verkaufen, also habe ich angefangen Fotos in Mid-Stock Agenturen (panthermedia, digitalstock, adpic, pitopia) zu verkaufen (Fotos, die nicht bei pixelio oder ap zu finden sind).
In der Blütezeit hatte ich da ungefähr einen Gewinnanteil von 500€ im Monat (bei 50:50 – Aufteilung) – irgendwann habe ich dann kaum noch Fotos für Bildagenturen produzieren können, weil das eigene Kerngeschäft, die Fotografie durch meinen wachsenden Kundenstamm (vor allem gewerbliche Kunden) stetig wuchs – so dass keine Zeit mehr für Stockfotos blieb. Dadurch gingen natürlich auch die Umsätze wieder runter – worüber ich jetzt nicht sauer bin, denn wenn mich ein Kunde den ganzen Tag bucht, habe ich auch meine 500 € und noch 29 Tage im Monat übrig.
Tatsache ist, dass ich z.B. mit meinen aktuellen Business-Fotos [bei Pixelio; Anm. R.K.] in Bezahl-Agenturen nur einer von ganz vielen bin, damit also kaum Umsatz zu erzielen ist. Also gebe ich den Wurzeln, wodurch ich meine Profession erkannt habe, einfach was zurück, in dem ich die Bilder kostenlos zur Verfügung stelle. Und man erntet dafür auch viel Dankbarkeit und das ist in Ordnung so – da ich manchmal auch das ein oder andere Screendesign für Kunden mache, bin ich selbst glücklich darüber, Quellen wie aboutpixel.de, pixelio.de oder photocase.de nutzen zu können.“
4. Externe Festplatte
Auf den ersten Blick kurios erscheint die Antwort eines Pixelio-Mitglieds, dass er die Webseite auch als „externe Festplatte“ für seine besten Fotos nutze. Dabei ist es nicht mehr so abwegig, wenn man etwas darüber nachdenkt: Die meisten Online-Dienste, welche eine Datensicherung anbieten, verlangen je nach Menge oder Speicherplatz eine bestimmte Gebühr pro Monat. Wer sich entscheidet, seine Fotos stattdessen lieber kostenlos anderen anzubieten, spart sich diese Gebühr.
5. Unwissenheit
Manchmal ist es aber schlichte Unwissenheit, die Leute dazu bringt, ihre Fotos zu verschenken. Wer liest sich schon immer das ganze Kleingedruckte durch, bevor er seine Fotos bei einer Fotocommunity hochlädt? So schrieb mir die Pixelio-Nutzerin Lillyfee1976, die erst seit paar Wochen angemeldet ist:
„Ich hatte keine Ahnung, wie das hier geht. Ich wusste nicht, dass man sich die kostenlos runterladen kann. […] Vielen Dank, dass du mich nochmal darauf hingewiesen hast, man sollte sich doch immer erst alles genau durchlesen, auch das Kleingeschriebene.“
Kommen wir jetzt zu den spannendsten Gründen: Mit kostenlosen Fotos Geld verdienen.
6. Einnahmequelle
Paradox, aber wahr: Es ist möglich, mit kostenlosen Inhalten Geld zu verdienen. Leicht ist es jedoch nicht. Ein Gewinngeschäft sind die kostenlosen Fotos immer für die Seitenbetreiber, die damit Traffic generieren, den sie entweder dazu nutzen, Werbung zu schalten (die Zielgruppe ist immerhin klar definiert: kostenbewußte Grafiker und Webdesigner) oder Nutzer auf ihre kostenpflichtigen Angebote weiterzuleiten. Pixelio macht beides. Microstock-Agenturen und andere Firmen machen dort Werbung und Pixelio selbst gehört der Bildagentur Clipdealer, die auf jeder Seite mehrere Aufforderungen postet, bei Clipdealer ebenfalls nach Bildmaterial zu suchen.
Ein empfehlenswertes – und kostenloses – Buch über die Marketingidee hinter „kostenlosen Produkten“ ist „Free“ von Chris Anderson.
Aber nicht immer profitieren nur die Betreiber dieser Plattformen. Manchmal schaffen es auch die Anbieter kostenloser Fotos, damit Geld zu verdienen. Pixelio-Nutzer haben vor allem zwei Möglichkeiten. Zum einen können sie ihre Fotos nur für die redaktionelle Nutzung freigeben. Wenn jemand das Foto auf diesem Weg findet, es aber kommerziell nutzen will, kann er vom Fotografen eine kommerzielle Lizenz erwerben. Ein Pixelio-Nutzer erklärt:
„Ab und an gibt es auch finanzielle Angebote, oder ich frage bei kommerzieller Nutzung nach. Da war einige Male schon 30€ oder mehr drin für ein Bild.“
Die zweite Möglichkeit zum Geld verdienen ist der Verzicht auf eine Namensnennung. Die kostenlosen Bilder dürfen immer nur mit einer Angabe des Fotografennamens, der Pixelio-Webseite und – bei Webnutzung – einem Link zu Pixelio genutzt werden. Manche Bildsucher wollen das aber nicht und bieten dem Fotografen Geld, wenn er auf eine Namensnennung verzichtet. Der oben erwähnte RainerSturm nutzt das beispielsweise:
„Die einzige sich ergebende Geldquelle ist manchmal dann gegeben, wenn jemand ein Motiv ohne Bildquelle nutzen will. Das kostet dann zwischen 45 und 60 Euro und er bekommt dann auch eine ordentliche Rechnung mit Mehrwertsteuer etc.“
Die Umwandlung von kostenlosen Medien in Umsätze funktioniert nicht nur bei Fotos, sondern manchmal auch bei geklauten Songs, wie das Stefan Niggemeier anhand dieses Beispiels illustriert.
7. Werbeffekt
Eine Variante des sechsten Grundes für kostenlose Fotos ist der Werbeffekt. Hier wird vom Bildanbieter wieder die Tatsache genutzt, dass die Bildnutzer kostenloser Fotos die Bildquelle angeben müssen. Da die Fotografen bestimmen dürfen, welcher Name als Urheberhinweis benutzt werden soll, eröffnet sich die Möglichkeit, seinen Firmennamen oder seine Webadresse häufig gedruckt oder verlinkt zu sehen. Das kann zu mehr Kunden führen, zu mehr Traffic oder zu einem besseren Ranking in Suchmaschinen, was ebenfalls Geld Wert ist.
Beispiele gibt es bei Pixelio einige. Der Fotograf Alexander Hauk lässt als Quelle „Alexander Hauk / www.alexander-hauk.de / pixelio.de“ angeben und verlinkt damit auf sein Medienarchiv. Eine Firma verlangt als Bildnachweis die Angabe ihrer Domain „www.foto-fine-art.de / pixelio.de“ und sorgt so für die Verbreitung ihrer Internetseite für Leinwanddrucke. Der User Christoph Aron möchte als Namen „Christoph Aron (www.pixelmaster‑x.de) / pixelio.de“ angegeben wissen und verlinkt so auf seine private Fotoseite.
8. Abmahnungen
Es gibt vor allem bei den kostenlosen Fotodatenbanken auch eine dunkle Seite. Wenn die Fotos schon nix kosten, legen die Fotografen gesteigerten Wert darauf, dass die oben mehrfach erwähnte Namensnennung auch wirklich erfolgt. Ignorieren Nutzer diese Bedingung, gibt es schnell eine – kostenpflichtige – Abmahnung.
Ein Pixelio-Nutzer schrieb mir:
„Es gibt leider auch immer wieder Unternehmen, die selbst bei kostenlosen Fotos das Mindestmaß an Anstand nicht einhalten und die Fotos ohne die vorgeschriebene Nennung von Quelle und Fotografen nutzen. Sowas macht mich dann natürlich wütend und die bekommen von mir auf die Finger.“
Es ist klar, dass einige Fotografen die Geduld verlieren, wenn sie regelmäßig ihre Fotos ohne Urhebernennung finden. Nun aber einige Worte der Warnung: Es scheint jedoch auch Leute zu geben, die es genau darauf anlegen und dann schnell durch eine drei- bis vierstellige Abmahnsumme in Zusammenarbeit mit einem Anwalt Geld verdienen wollen. Zwei Fälle sind hier und hier im Pixelio-Forum beschrieben. Eine weitere – schon betrügerische – Masche ist hier beschrieben, bei der Fotos anonym zu kostenlosen Bilddatenbanken hochgeladen werden, diese dann nach einer Weile gelöscht werden und den Nutzern auf einmal Abmahnungen ins Haus flattern, weil die Bilder urheberrechtlich geschützt seien. Da die Anmeldedaten bei der kostenlosen Datenbank nicht überprüfbar sind, kann der Nutzer nicht nachweisen, dass das Bild zum Zeitpunkt des Downloads wirklich frei von Rechten Dritter war.
Eine ähnliche Betrugsmasche – nur mit der Creative Commons-Lizenz – für kostenlose Bilder beschreibt ausführlich der Fotograf Dan Heller in seinem Blog.
Nur zur Klarstellung: Den meisten Pixelio-Nutzern liegt es fern, diese letzte Methode zu nutzen, aber es ist schon vorgekommen und einige wenige Fotografen scheinen – formulieren wir es vorsichtig – dem Gedanken nicht abgeneigt zu sein.
Nun zu Euch: Bietet ihr manchmal kostenlose Fotos an? Wenn ja, warum? Und habt ihr damit auch schon direkt oder indirekt Geld verdienen können? Wie? * Affiliate-Link