Heute war Zahltag bei der Bildagentur iStock. Was sonst für die beteiligten Fotografen eher ein Grund zur Aufregung oder gar Freude ist, führte heute vor allem zu Kummer und Frust.
Grund waren sehr viele Rückbuchungen von Verkäufen im Mai und Juni 2019, einige Rückbuchungen betreffen aber auch Käufe im jahr 2018(!).
Auszug aus meinen Rückbuchungen
Hauptsächlich betreffen die Rückbuchungen Verkäufe nach Australien, gefolgt von vielen in Maryland. In diesem Forum-Thread bei Getty Images wird nahegelegt, dass die „australischen Verkäufe“ Nutzungen durch die Bildagentur Canva sind.
Einige Nutzer berichten von mehr als 500 Rückbuchungen im August, ich selbst finde insgesamt sechs in meiner Abrechnung, obwohl ich bei iStock seit Jahren nur noch wenige hundert Bilder habe. Diese Rückbuchungen führen bei einigen Fotografen zu einem negativen Kontostand.
Viele Fotografen haben schnell festgestellt, dass diese Rückbuchungen ein Muster haben. Von der geografischen Herkunft abgesehen, scheinen die Bilder meist im Mai/Juni gekauft und nun rückgebucht und dann oft zu einem niedrigeren Preis nachgekauft worden zu sein.
Wer Probleme hat, seine Abrechnungen bei iStock nachzuvollziehen, findet hier bei Getty Images eine Erklärung der „Royalty Statements“. Da Getty nur rudimentäre Statistik-Funktionen anbietet, empfehle ich externe Anbieter zur Auswertung wie Todayis20.com oder Stock Performer*.
„With regards to the posts listing returns from Australia / Canva etc. Refunds are part and parcel of doing business, but we appreciate your concerns and are looking closely at these.“
Im oben verlinkten Forum wurde die Vermutung geäußert, dass die massenhaften Rückbuchungen mit der Einführung des „Photos Unlimited“ Abo-Plans bei Canva im Juni 2019 zusammenhängen könnten.
Was genau die Erklärung ist wird Getty Images hoffentlich bald darlegen können. Bis dahin wäre eine zeitliche Begrenzung von Rückbuchungen auf vier Wochen nach dem Kauf ein sinnvoller Vorschlag.
Seid ihr auch von den Rückbuchungen betroffen?
Update 21.09.2019: Gestern hat iStock eine Email rumgeschickt, um die Rückbuchungen zu erklären. Demnach seien gleich zwei Fehler korrigiert worden: „Einige“ Canva-Verkäufe im Juni 2019 wurden mit falscher Währung (USD statt AUD) gemeldet, was eine zu hohe Kommission zu Folge hatte und im August 2019 korrigiert wurde. Der zweite Fehler trat von 2018 bis Juli 2019 auf und dabei wurden anscheinend Canva-Verkäufe an Getty mit dem inkorrekten doppelten Erlös gemeldet. Sowohl die Fehler selbst als auch der Umgang damit sind leider wenig vertrauenserweckend.
Gestern war wieder Zahltag bei der Bildagentur EyeEm. Die Freude darüber war jedoch getrübt, weil etliche Fotografen über niedrige Centbeträge in ihren Abrechnungen erstaunt waren.
Das waren Fotografen bei EyeEm nicht gewohnt, denn in der Vergangenheit gab es feste Mindestvergütungen für Verkäufe über die Partneragentur Getty Images.
Verkaufsmeldung von EyeEm über Getty Images für 0,06 USD
Diese wurden nie irgendwo öffentlich bekanntgegeben, aber mit genug Verkäufen kann man die Zeitpunkte leicht herausfinden, wann diese Mindestvergütungen gesenkt wurden:
Mindestvergütungen an die Fotografen von Verkäufen aus der EyeEm-Kollektion auf Getty Images: bis einschließlich April 2016: 5 USD ab Mai 2016: 3,50 USD ab Juni 2016: 3 USD ab November 2016: 2 USD ab Juni 2018: 1 USD ab Mai 2019: keine Mindestvergütung
Das heißt, dass sich nun auch EyeEm-Fotografen über die absurd niedrigen Verkaufspreise bei Getty ärgern dürfen. Mein neues Rekordtief liegt bei 0,06 USD pro Verkauf, andere Fotografen berichteten gar von 0,03 USD-Verkäufen.
Das ist für Fotografen, die via iStock oder auf über andere Kanäle bei Getty Images verkaufen, nichts Neues. Fotografen von Macrostock-Verteilern wie Westend61 oder Imagebroker ärgern sich schon deutlich länger über teils einstellige Centbeträge in den Abrechnungen von Getty Images.
Bemerkenswerter war bisher vielmehr, dass EyeEm als eine der wenigen Agenturen in der Lage war, trotz dieser Preispolitik Mindestvergütungen zu garantieren. Wie sie das schafften, wusste keiner, aber es war in der Bilderbranche ein offenes Geheimnis, dass das nur über Zuzahlungen aus eigener Tasche gehen könnte.
So war es dann auch, wie EyeEm gestern in der inoffiziellen Facebook-Gruppe „EyeEm Market Worldwide“ durch deren CTO und Co-Gründer Ramzi Rizkhier bekannt gab:
„[…] Since the start, we made the decision to subsidize any photos that were sold through third-party partners for less than $2. We did this from our belief that your work should be compensated fairly. Starting this month, we will no longer subsidize partner sales (sales of images on partnering photo platforms). This means that some of you will see sales under $1. As our sales through Getty and other partners increase, stopping subsidies is the only sustainable way to continue licensing through third parties.
Just as we did at the start of our journey, we continue to see this as an equal partnership and are committed to always pay you 50% of all revenues from your image sales. Our team’s main focus has been to improve your opportunities on EyeEm Market, where we are able to control the prices and guarantee fair compensation. Our Market is growing at a very healthy pace, and as it grows, so will your sales. Many of you have already seen royalties from those sales growing over the past months. […]“
Screenshot der informellen EyeEm-Mitteilung
Warum hat EyeEm die Subventionierung beendet?
Wie im obigen Zitat treffend erwähnt wird, ist es natürlich nicht nachhaltig und langfristig ökonomischer Selbstmord, wenn man mehr Geld an die Fotografen weiterreicht, als eingenommen wurde. Je mehr Bilder von EyeEm bei Getty Images online sind, desto größer wird das Problem.
Die Partnerschaft mit Getty Images wurde im März 2014 kurz nach Bekanntgabe des eigenen „EyeEm Market“ unter anderem hier angekündigt, ebenso der Fotografenanteil von 50%. Dass vor diesen Einnahmen jedoch noch der Getty-Anteil abgezogen wurde, war vielen Hobby-Fotografen jedoch sehr lange nicht bewusst. Der Getty-Anteil ist nicht bekannt, wird branchenintern jedoch auf 60–80% geschätzt.
Aktuell sind über 6,2 Mio. EyeEm-Bilder bei Getty Images online (von aktuell ca. 25 Mio. Creative-Bildern bei Getty Images insgesamt), das sind schon 25% des gesamten Creative-Bildbestands bei Getty und mit Abstand die größte Kollektion. Allein im letzten Jahr ist sie um fast zwei Mio. Bilder gewachsen. Klar, dass da nicht mehr jeder Verkauf subventioniert werden kann. Viel spannender ist jedoch die Frage:
Warum hat EyeEm überhaupt Verkäufe subventioniert?
EyeEm hat sich seit der Gründung Mitte 2011 hauptsächlich als „Foto-Community“ gesehen und verglichen sich eher mit Plattformen wie Flickr, Instagram oder 500px statt mit Shutterstock oder Fotolia. Der Verkaufsaspekt kam erst später und wurde (und wird immer noch) eher stiefmütterlich behandelt.
Verkäufe waren für EyeEm vor allem ein weiteres Mittel, mehr Benutzer auf die Plattform zu locken, denn in der Tech-Start-Up-Ökonomie sind die Kennzahlen vor allem Nutzer(-Zuwachs), Uploads und „Engagement“. Das Hashtag dafür war #EyeEmPaid, was sich jahrelang gut bei Twitter und Konsorten machte, solange der Verkaufspreis nie niedriger als 5 (bzw. später 2) US-Dollar war.
Man könnte fast zynisch sagen, die Subventionierung der Verkäufe mit den daraus resultierenden Jubelmeldungen war nichts anderes als cleveres Marketing.
Im April 2015 erhielt EyeEm von Finanzinvestoren insgesamt 18 Mio. USD, was das großzügige Aufrunden von Mini-Beträgen natürlich erleichtert, aber auch so eine Summe ist irgendwann aufgebraucht.
Übrigens: Auch die sehr umständliche Handhabung der Modelverträge erscheint so in einem neuen Licht: Beim Verschicken von Links an die Models wurden diese ebenfalls motiviert, sich bei EyeEm anzumelden, um so das Wachstum zu nähren.
(Anynomisierte) automatische Email an ein Model nach Unterzeichnen des Modelvertrags (Pfeil von mir eingefügt)
Wie geht es weiter?
Die EyeEm-Fotografen wurden jetzt aus ihrer Traumblase geholt und landen auf dem harten Boden der Stock-Realität. Sie sehen jetzt, für wie viel (bzw. genauer gesagt: für wie wenig) Geld Getty Images ihre Bilder wirklich verkauft, trotz Listenpreisen von bis zu 475 Euro pro Bild.
Wenn wir die niedrigste gemeldete Kommission von 0,03 USD als Rechenbeispiel nehmen, wäre das bei geschätzten 60–80% Getty-Anteil ein Verkaufspreis von 15–30 US-Cent pro Verkauf! Da fragt man sich schon, was für „maßgeschneiderte“ Abo-Pakete Getty Images da den Großkunden als „Premium Access“ anbietet.
Lange galten Bildagenturen als reaktionärer Hort veralteter Bildklischees, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Wir sparen uns jetzt mal den Link auf den Haufen Tumblr-Blogs, die nichts anderes machen, als „awkward stock photos“ oder „Stock Photo Clichés“ zu sammeln.
Der klassische Handschlag. Geht immer.
In letzter Zeit jedoch versuchen Bildagenturen vermehrt, ihr Image als Hüter veralteter Bildsprache abzustreifen. Das geschieht auf zwei Arten.
Einerseits gibt es Bestrebungen, zu reaktionäre oder offensive Bildsprache nicht neu in das Agentur-Portfolio aufzunehmen, andererseits werden Kampagnen gestartet, mit denen Bilder kreiert werden sollen, die näher an der Lebenswirklichkeit sind. Authentisch halt.
Als Beispiele für den ersten Trend kann zum Beispiel der Vorstoß von Shutterstock gelten, keine Affenbilder in unnatürlichen Posen mehr anzunehmen. Dazu zählt zum Beispiel das Tragen von Kleidung, Hüten oder Sonnenbrillen durch Menschenaffen, Aufnahmen dieser Tiere in Studioumgebung oder aus dem Zirkus, das Zeigen unnatürlicher Verhaltensweisen wie Tanzen oder das Händchenhalten mit Menschen.
Getty Images und iStock lehnen seit einer Weile Nacktbilder ab, wenn sie zu klischeehaft, obszön, stereotypisch oder sexistisch sind. Der volle Wortlaut der Ablehnungen lautet:
„Getty Images and iStock by Getty Images does accept artistic partial and full nudity in photography. However, we reserve the right to reject/deactivate any image, including images that we feel are clichéd, overtly stereotypical, too explicit, verge on the pornographic, obscene or represents gender roles in a sexist manner. We may also reject/deactivate images in these categories that we feel are not commercially viable.“
Aus den Forumsberichten von Fotografen lässt sich schließen, dass damit zum Beispiel Bilder gemeint sind, auf denen Frauen unterwürfig dargestellt sind oder wo die Nacktheit nichts mit dem sonstigen Bildinhalt zu tun hat. Beispielhaft sei hier das „Sexy Santa“-Klischee genannt, wo halbnackte Frauen mit Weihnachtsmütze auf dem Kopf einen Weihnachtsmann oder Weihnachtsengel darstellen sollen.
Um Bilder mit modernerer Bildsprache und diskriminierungsfreien Inhalten zu erhalten, gibt oder gab es einige Kampagnen seitens der Bildagenturen. Getty Images startete das Projekt „Repicturing Homelessness“, bei der Obdachlose als Models for Stockfotos herhalten und die Verkaufserlöse gespendet werden. Dem Branchenmagazin Horizont gegenüber sagte Paul Foster, Senior Director Creative Content bei Getty Images:
„Wir wissen, wie sehr Bilder zur Schaffung, aber auch zum Abbau von Stereotypen beitragen können und sehen diese Zusammenarbeit als Chance, die derzeitige Wahrnehmung zu hinterfragen und das Bewusstsein für Obdachlose zu stärken.“
Der letzte Workshop von Adobe Stock in Berlin im November 2017 stand unter dem Motto „Frauen/Bilder“. Dort wurden mehrere Plus Size-Models für das Shooting gebucht, um der „Body Positivy“ Rechnung zu tragen.
Eins der fertigen Bilder aus dem Frauen|Bilder-Workshop von Adobe Stock (Foto: Fabio/Adobe Stock)
Auch Shutterstock hat den Kampf um Frauenrechte und frische Bilder dazu als einen der „Creative Trends“ für 2018 ausgemacht. Passend dazu ist „Masculinity Undone“ einer der visuellen Trends 2018 laut Getty Images.
Die Münchner Bildagentur Westend61 feiert für dieses Jahr die Rückkehr der „Lohas“ (Lifestyles of Health and Sustainability) mit sauberer Technik und ethischem Konsum in ihrem Trendreport.
Die Zeiten, in denen ein Motiv als „out“ galt, sobald es sich in den Bildagenturen durchgesetzt hat, sind vorbei. Die Agenturen achten darauf, den Anschluss an moderne Bildsprachen nicht zu verlieren oder diese sogar gleich selbst mitzuprägen. Ob das gelingt, wird sich zeigen.
In kurzer Zeit gab es in letzter Zeit einige beachtenswerte Meldungen.
Fangen wir mit der größten Bildagentur an: Getty Images kündigte in einer Mitteilung an deren Mitarbeiter Kündigungen an im Bereich der Technologie- und Produktabteilung.
Außerdem gab Getty Images bekannt, dass Mitte 2019 deren Tochteragentur Thinkstock geschlossen wird und die Kunden zu Getty oder iStock migrieren sollen. Thinkstock war der Versuch, sich besser im Microstock-Abo-Bereich aufzustellen, um vor allem gegen Shutterstock konkurrieren zu können.
Eine der beliebtesten Kollektionen bei Getty Images, „Blend Images“ gab ebenfalls bekannt, in den nächsten Monaten ihre Agentur zu schließen. Blend Images wurde vom Fotografen Jonathan Ross (hier ein älteres ausführliches Interview mit ihm) gegründet und war lange Marktführer im Bereich multikultureller und ethnisch gemischter Stockfotos.
Eine weitere große Macrostock-Agentur, Masterfile, hat diesem Bericht zufolge, weiterhin Schwierigkeiten mit der Bezahlung der Fotografen. Gleiches gilt übrigens für die deutsche Bildagentur Clipdealer, deren hier beschriebene Situation sich seit über einem Jahr nicht gebessert hat.
Wenn gleich drei der Branchen-Schwergewichte schließen oder Geld sparen müssen, heißt das vermutlich: Es sieht nicht gut aus im Macrostock-Bereich.
Wobei es auch im unteren Preissegment Kürzungen gibt, siehe diese Honorarkürzung bei 123rf im Februar. Auch Dreamstime beschwert sich: Google hatte einen Deal mit Getty Images abgeschlossen, um eine Klage von Getty gegen Google zu beenden. Dieser Deal sowie ein Deal mit Shutterstock führten laut Dreamstime zu einer Benachteiligung von Dreamstime bei der Google-Suche, was zu Umsatzeinbrüchen führe. Die Klageschrift kann hier im Detail nachgelesen werden.
Der Markt ist offensichtlich nicht mehr am Expandieren, er schrumpft. Mit etwas Optimismus könnte man sagen: Er schrumpft sich hoffentlich gesund.
In der dritten Folge meines „Podcast eines Fotoproduzenten“ trefft ihr einen alten Bekannten, falls ihr die dritte oder vierte Ausgabe meines Buches „Stockfotografie“* habt.
Dort interviewe ich den Informatiker und Stockfotografen Luis Alvarez, der seit ca. zehn Jahren schon exklusiv iStock und Getty Images beliefert.
Im aktuellen Podcast gehen wir noch etwas mehr in die Tiefe und reden über seine Erfahrungen, sein Team und seine fotografische Entwicklung.
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