In den letzten zwei Jahren habe ich insgesamt elf Kickstarter-Projekte finanziert.
Bevor ich weitermache, sollte ich einigen vielleicht kurz erklären, was „Kickstarter“ überhaupt ist.
Kickstarter ist der Name einer Webseite, welche „Crowdfunding“ betreibt. Das heißt, Unternehmer, Gründer oder Kreative können auf der Kickstarter-Plattform ihre Idee vorstellen und das Publikum um Geld für die Finanzierung und Realisierung ihrer Idee zu bitten. Als Gegenleistung erhalten die „Backer“, wie die Investoren auf der Seite genannt werden, meist das fertige Produkt zu einem vergünstigten Preis und/oder andere Gimmicks. Ausführlicher wird das Prinzip hier erklärt.
Was hat das mit Fotografie zu tun?
Von den elf unterstützten Projekten hatten zehn im weiteren Sinne und acht im engeren Sinne mit meiner Arbeit zu tun. Da war zum Beispiel Zubehör zur besseren Erstellung von Timelapse-Aufnahmen dabei über ein Mini-Stativ für Smartphones bis hin zu einem Lichtmesser für das iPhone und andere Spielereien.
Zehn der elf unterstützten Projekte haben die Finanzierungsphase abgeschlossen. Das heißt, der Unternehmer hat die geforderte Summe (meist sogar mehr) erhalten und kann sich daran machen, die Idee in die Realität umzusetzen.
Meine Erfahrungen mit Kickstarter
Trotz der guten Quote sind meine Erlebnisse mit Kickstarter ernüchternd. Auch wenn die Finanzierung für ein Projekt steht, heißt das noch lange nicht, dass auch das Endprodukt je das Licht der Welt erblicken wird. Oft unterschätzen Kreative den Aufwand und auch die Kosten, der hinter der Erstellung eines Prototypen stehen oder berücksichtigen bestimmte Materialeigenschaften nicht. Wenn das Produkt nicht fertig wird, ist in der Regel das investierte Geld weg. Damit unterscheidet sich Kickstarter aber nicht von anderen Business-Investitionen, wo der Investor ebenfalls ein Risiko bis zum Totalverlust trägt.
Von den zehn finanzierten Projekten haben bisher zwei nicht liefern können, das wäre eine Ausfallquote von 20%. Glücklicherweise waren es beide Male nur Beträge unter 20 Euro.
Fast die Regel hingegen ist es, dass die versprochene Dauer bis zur Umsetzung immer überschritten wird. Manchmal sind es „nur“ zwei bis drei Monate Verzögerung, aber manchmal dauert es ein halbes Jahr länger als geplant oder mehr. Beispielsweise habe ich eine Hülle für das iPhone 5 finanziert, die auch jetzt, wo ich schon das nächste Modell habe, noch nicht fertiggestellt ist.
Ein weiterer Punkt ist, dass sich die Wunschvorstellung manchmal doch stark von der Praxis unterscheidet. So habe ich einige Gadgets hier, die sich doch komplizierter bedienen lassen als ich mir das vorgestellt habe oder ich einfach nicht so oft den Bedarf habe, damit arbeiten zu müssen oder zu wollen. Sprich: Sie liegen bei mir im Regal und stauben voll. Vier der zehn Produkte habe ich noch nicht ein einziges Mal benutzen können, zwei davon liegen sogar unangetastet in der Originalverpackung rum.
Da habe ich mich manchmal durch die enthusiastischen Beispielvideos blenden lassen. Kombiniert mit dem „Countdown“, bis wann ein Projekt finanziert werden muss, löste das manchmal eine Torschlusspanik bei mir aus.
Wenn ein Produkt dann auf dem Versandweg ist, fangen die nächsten Probleme an. In der Regel haben die Unternehmer keine Ahnung von internationaler Logistik und erst recht nicht von den komplizierten zollrechtlichen Bestimmungen in Deutschland. Das führt so gut wie immer dazu, dass die fertigen Produkte ohne Rechnung außen am Paket geliefert werden. Aus deren Sicht auch verständlich, weil es ja keine Bestellung ist, sondern ein „Geschenk“ für eine erfolgreiche Finanzierung.
Solche Details interessieren den deutschen Zoll aber nicht. Der Zoll fischt sich das Paket einfach raus und schickt stattdessen eine Aufforderung, sich beim zuständigen Zollamt einzufinden, um zu erklären, was für einen Schnickschnack man da importieren will. Da werden dann dicke Listen gewälzt, um herauszufinden, was genau das exotische Teil da ist. Oft ergebnislos, weil es ja eine neue Erfindung ist, die es nicht überall zu kaufen gibt. Im Zweifel einigen wir uns dann auf „sonstiges Fotozubehör“ und ich werde noch mal ordentlich zur Kasse gebeten, denn der Zoll will Einfuhrumsatzsteuer.

Auf der Plus-Seite meiner Kickstarter-Erfahrungen steht, dass ich spannende Einblicke in die Entwicklung von Prototypen und die Schwierigkeiten beim Produktdesign und der Umsetzung einer technischen Skizze in ein fertiges Produkt erhalten habe.
Das wiegt aber den oben genannten Ärger für mich nicht auf, weswegen ich seit mindestens einem halben Jahr keine Kickstarter-Projekte finanziert habe. Sehe ich ein neues Kickstarter-Projekt, was mich wirklich reizt, füge ich es stattdessen zu meinen Internet-Lesezeichen hinzu, um alle paar Monate mal nachzuschauen, ob das Projekt realisiert werden konnte. Denn wenn das Projekt die Serienreife erreicht, kann es fast immer direkt über die Webseite oder einen Online-Shop gekauft werden. Zwar etwas teurer als bei Kickstarter, aber dafür sofort.
Einige mögen einwenden, dass ohne eine erfolgreiche Kickstarter-Finanzierung das Produkt vielleicht nie erschaffen würde. Das mag sein. Aber in der Praxis waren alle meine von mir finanzierten Projekte überfinanziert, hätten also das notwendige Geld auch ohne meinen Anteil eingesammelt.
Manchmal habe ich Kickstarter sicher zu sehr mit einer Einkaufsplattform verwechselt. Das ist sie nicht. Kickstarter ist eine Plattform zur Anschubfinanzierung. Wenn wir sie aber als solche betrachten, fällt die Dividende bei einer erfolgreichen Investition relativ gering aus: Eine einmalige Ersparnis beim Produktkauf, das sind vielleicht 20% Rabatt, maximal 50%, aber immer mit langer Wartezeit, Stress mit dem Zoll und zusätzlicher Einfuhrumsatzsteuer. Klassische Investoren hingegen sichern sich Prozente an der Firma und verdienen damit langfristiger deutlich mehr, haben aber durch hohen Kapiteleinsatz mehr Risiko.
Was sind eure Erfahrungen mit Kickstarter? Habt ihr coole Fotografie-Produkte gefunden, die ihr empfehlen könnt?