Im Mai 2017 hatte Frankreich das Dekret Nummer „2017–738“ erlassen, nachdem darüber ca. acht Jahre lang diskutiert wurde. Das Dekret tritt ab dem 1. Oktober 2017 in Kraft. Es beruft sich auf diesen Gesetzestext im „Code of Public Health“, darin steht (laut Google Translate und von mir sinngemäß gekürzt):
„Artikel L2133‑2 Die Fotografien für die kommerzielle Verwendung von Models […], deren Körperaussehen durch Bildverarbeitungssoftware modifiziert wurde, um die Silhouette zu verfeinern oder zu verdicken, müssen von den Worten begleitet werden: „Foto retuschiert“.“
Im Dekret 738 steht:
„Art. R. 2133–4
Die Verpflichtung nach Artikel L. 2133–2 gilt für Fotografien für die kommerzielle Verwendung von Models, die in Werbebotschaften eingefügt werden, die durch Plakate verteilt werden oder online […], in Presseveröffentlichungen […], Werbe-Korrespondenz für Einzelpersonen und Werbe-Drucksachen.“
[…]
Art. R. 2133–6
Der Werbetreibende stellt die Einhaltung der Verpflichtungen dieses Kodex sicher. […]“
Weiterhin heißt es, dass der ergänzende Text „zugänglich, gut lesbar und klar differenziert in der Werbebotschaft“ angebracht werden muss.
Übrigens gibt es seit kurzem ebenfalls ein Gesetz in Frankreich, welches Models einen ungesunden BMI verbietet.
Was heißt das auf gut deutsch?
Das bedeutet im Klartext, dass Bilder mit Personen, welche in Frankreich für Werbezwecke verwendet werden, egal ob auf Plakaten, Flyern oder im Internet, mit dem Zusatz „Foto retuschiert“ versehen werden müssen.
Was bedeutet das für Stockfotografen?
Gestern gab es einen Rundbrief der weltweit größten Bildagentur Getty Images, dass sie aufgrund dieses französischen Gesetzes ihre Annahme-Bedingungen geändert haben.
Ab dem 1. Oktober 2017 dürfen keine Bilder mehr bei Getty Images oder iStock eingereicht werden, auf denen Models so retuschiert wurden, dass sie dünner oder dicker wirken.
Ausdrücklich erlaubt laut Getty Images sind weiterhin Veränderungen an den Personen wie
– andere Haarfarbe
– Nasenkorrektur
– Retusche der Haut und von „Schönheitsfehlern“ (Leberflecke, Pickel, Sommersprossen).
Sehr vermutlich wird diese Regel auch alle Partneragenturen treffen, welche Getty Images beliefern, zum Beispiel Westend61, EyeEm, F1 Online oder Imagebroker.
Ebenfalls zu vermuten ist, dass andere Bildagenturen nachziehen werden. Möglich wäre es jedoch, dass nicht alle Agenturen pauschal diese Art von Fotos verbieten, sondern zum Beispiel eine Checkbox einführen, bei der der Fotograf angeben kann, ob die Kontur eines Models verändert wurde.
Für mich selbst ändert sich nichts, da ich bisher noch nie die Silhouette eines Models vergrößert oder verkleinert habe.
Viele wissen, dass bei der Microstock-Bildagentur Fotolia die bestverkauftesten 50 Bilder angezeigt werden können, sortiert nach den Zeiträumen „heute, Woche, Monat, seit Beginn“. Deutlich sichtbar wird so, dass zum einen Gruppen oder Familien sehr beliebt sind, wie diese beiden Fotos:
Aber auch 3D-Grafiken mit Konzeptmotiven verkaufen sich wie geschnitten Brot. Bestes Beispiel ist Ioannes Kounadeas, dessen anonyme Männchen bestimmt jeder schon mal gesehen hat:
Weniger bekannt ist, dass diese Bestseller auch nach den elf länderspezifischen Seiten der Agentur (plus die EU) sortiert werden können. Das ermöglicht, zu erkennen, welche Bildvorlieben die Käufer in verschiedenen Ländern haben.
Ich habe mal einige Auffälligkeiten zusammengetragen.
Das Foto ist ein gutes Beispiel, wie lokale Besonderheiten die Verkäuflichkeit eines Motivs bestimmen können. Da die Straßenschilder eindeutig erkennbar den US-Standards nachempfunden sind, ist das Foto dort der Renner, auf allen anderen Länderseiten von Fotolia zählt das Foto jedoch nicht zu den bestverkauftesten. In dem Fall ist es dem Produzenten bei trotzdem über 700 Downloads sicher egal, aber es zeigt, was eine Rolle spielen kann.
Generell ähneln die Bestseller in der UK denen in den USA. Viel Business, noch mehr von Kounadeas‘ Männchen. Aber auch hier gibt es das eine regionale Top-Foto, was in anderen Ländern weniger gut läuft:
Der Grund liegt wieder in den typischen Eigenheiten des Landes. Diese Art der Bebauung ist dort am verbreitetsten, das Foto entstand auch in Großbritannien und dort wird es dann benutzt. Für Reiseführer ist es nicht spannend genug, aber für Broschüren von Immobilienmaklern oder zur Illustration von Artikeln über die Immobilienkrise ist das Foto ideal.
Deutschland wird alt. Bei keinem der anderen Länder sind Seniorenfotos in den Top 50. Auf der deutschen Seite jedoch gibt es gleich drei Fotos von alten Menschen, zum Beispiel diese beiden:
Auch stilisierte Öko-Fotos von total unberührter Natur sind hier häufiger zu finden. Das Foto wurde über 1200 mal runtergeladen, aber vor allem in Deutschland:
Was für eine Überraschung: Das Land im Süden Europas ist das einzige, welches eine Südfrucht als Topseller präsentiert. Diese Orange findet sich bei den anderen Ländern nicht in der Liste:
Woran das liegt? Wahrscheinlich benutzen viele Orangen-Anbauer so ein Foto für ihre Werbebroschüren und Webseiten, mit denen sie ihre Früchte an Großhändler oder Endkunden verkaufen.
Das inoffizielle Motto des Landes „Laissez Faire“ (Machen lassen) spiegel sich in der Beliebtheit der Bilder wieder. Gefragt sind in Frankreich sehr ruhige, grüne Fotos, aber auch meditative, ja zen-artige Fotos wie dieses:
Achtung, Klischees! Woran denkst Du beim Wort „Italien“? Richtig! Gutes Essen. Darum sind auch diese beiden Fotos in Italien so beliebt, die auf keiner der anderen Länder-Top-Listen erscheinen:
Viele verschiedene Lebensmittel, liebevoll arrangiert, üppig und appetitlich fotografiert. Ich frage mich, wie viele Restaurants dort mit diesen Fotos werben?
Bei Portugal gibt es drei Motive, die sich sehr gut verkaufen: Gesunde Lebensmittel, das heißt, solche Fotos wie bei Italien, nur mit Obst und Gemüse, große Menschengruppen und Wellness/Strand-Motive. Letzteres hängt sicher mit der örtlichen Tourismus-Industrie zusammen. Ihr wißt schon: Den ganzen Tag am Strand liegen und sich danach massieren lassen.
In Brasilien sind strahlende Zahnreihen in lachenden Mündern und Gesichter von brünetten Frauen der Renner. Gleich fünf Fotos davon finden sich hier in den Top 50. Fast alle davon tauchen auf den anderen Länderseiten nicht auf:
Nun gut, es ist keine Überraschung, dass in Japan eher japanisch aussehende Frauen verkauft werden. Die vielen Blumenbilder sind jedoch nicht ganz so naheliegend.
Ganz befremdlich hingegen finde ich die fliegende Kuh, die in Japan der Hit ist. Hat da jemand eine Erklärung? Gibt es einen populären Manga damit?
Wer nach Japan denkt, er wüsste, was nun kommt, hat sich getäuscht. Fotos von Chinesen finden sich nicht in der chinesischen Top-Verkaufsliste. Dafür ein Foto von Menschen beim Oktoberfest. Außerdem Geschenke, Schleifen, Schoko-Täfelchen. Und Schuhe. Viele Schuhe:
Außerdem ist der Öko-Gedanke stark ausgeprägt. Es gibt viele Fotos von Weltkugeln und grünen Konzepten in der Liste. Oder eine Kombination aus beidem:
Yep, Europa wächst zusammen und heraus kommt ein bürokratisches Ungetüm. Fotolia hat im Zuge des Erstarkens des Europäischen Parlaments eine eigene „Landing-Page“ für die Europäer erstellt. Und was kaufen die? Fast nur Kounadeas‘ Männchen:
Oder notfalls andere Business-Konzepte. Diese anonymen 3D-Figuren haben den großen Vorteil, dass sich keine europäische Nation benachteiligt fühlen kann, wie es bei zu hellen oder zu dunklen Hautfarben der Fall wäre. So gesehen schon clever.
Was für regionale Unterschiede habt ihr feststellen können?