Dieses Mal zu Gast ist Uli Staiger, der gelernter Fotograf ist, aber darüber hinaus schnell Photoshop und später 3D zu seinen beliebten Hilfsmitteln erkoren hat, um damit surrealistische Fotomontagen zu erstellen.
Wir reden ausführlich über seinen Werdegang, seine Art der Photoshop-Nutzung, die Vorteile des 3D-Renderings, die Unterschiede zwischen freien Arbeiten und Aufträgen und einiges mehr:
Heute gibt es eine spannende Folge von „Pimp My Stock“, weil der Einsender Holger ein gutes Händchen für Fotomontagen hat und von mir einige Tipps haben möchte.
Wer neu hier ist: In der Serie „Pimp My Stock“ beurteile ich eingesandte Bilder kostenlos auf ihre Verkäuflichkeit und gebe Tipps, wie man diese eventuell verbessern könnte. Wer selbst mitmachen will, findet hier alle notwendigen Informationen.
Holger schrieb mir diese längere Email:
“ Hallo Robert,
ich habe vor ein paar Tagen in deiner Rubrik „Pimp My Stock“ gelesen und bewerbe mich hiermit für eine Teilnahme dazu.
Ich stelle mich erst mal vor: Ich bin Holger aus Bremen. Ich mache seit den 80er Jahren Fotos. Meine erste Kamera war eine Rollei Cord, die quadratische 6x6 Fotos gemacht hat. 12 Fotos waren auf so einer Spule. Die Belichtungszeit wurde noch mit einem externen Handbelichtungsmesser bestimmt. Bald kaufte ich mir die erste Spiegelreflexkamera, die Minolta X‑300. Weitere Minoltas folgten: X‑GM und X‑700. Mit letzterer fotografiere noch heute ab und zu.
Ich machte viele Fotos auf meinen Reisen in die ganze Welt und experimentierte auch viel. Schwarz-Weiß-Fotos habe ich zu Hause im eigenen Fotolabor entwickelt. Eine Ausbildung machte ich als „Druckvorlagenhersteller“, welche heute als „Mediengestalter“ bezeichnet wird. Damals wurden die Fotos über Masken, Pinsel und unterschiedliche Belichtungszeiten bearbeitet. Die Repros wurden als Film hergestellt (separiert in die Druckfarben CMYK ). Entweder mit der Reprokamera oder dem Trommelscanner. Heute ist Photoshop mein Werkzeug.
In der Firma, in der ich heute arbeite, ist die Bildbearbeitung mein Schwerpunkt. Wir bearbeiten aber hauptsächlich Bilder, welche uns geliefert werden. Ich gebe den Daten sozusagen den letzten Schliff. Ich passe Farben an gelieferte Muster (Textilien, Kunststoffe, Metalle…) an und mache auch diverse Bildmontagen. Mit den Stockagenturen hatte ich eher selten zu tun und wußte nicht viel darüber.
Im Frühjahr 2017 habe ich an einem Photoshop Kurs von Lasse Behnke teilgenommen. Unter anderem erzählte er auch einiges zum Thema Stockfotografie. Dieser Tag war für mich der Auslöser mit der Stockfotografie zu beginnen. Ich wusste nun, dass ich mein fundiertes Wissen auch außerhalb meiner Arbeitsstelle, für mich selbst einsetzen kann. An dieser Stelle geht auch ein großer Dank an Lasse! Dieser Abend war meine Initialzündung!
Aber ich war immer noch analog unterwegs. Also musste eine Digitalkamera her. Zunächst habe ich mir die Kamera meiner Freundin ausgeliehen. Eine Canon EOS500 mit dem 18–55 Standard-Objektiv (schätzungsweise 10 Jahre alt). Ich fing an in meiner schönen Heimatstadt zu fotografieren: Bremen. Das erste Ergebnis waren schöne touristische Fotos. Die verkaufen sich auch ganz gut.
Ich habe ähnlich gute Fotos in London und Porto gemacht. Diese verkaufen sich aber nur selten. Wahrscheinlich hat man doch einen „Heimvorteil“, da man seine eigene Stadt noch am besten kennt und auch weiß, zu welcher Tageszeit das Licht geeignet ist. Gerne erstelle ich auch „wilde“ Montagen. Wenn ich aus dem Flugzeug die Tragfläche fotografiere, fällt mir in diesem Moment bereits ein, dass ich mich selbst als „Superheld“ durch die Wolken im Hintergrund fliegen lassen kann. Den Vollmond, den ein Freund Fotografiert hat und mir netterweise überlassen hat, nutzte ich für für eine Bildmontage über dem nächtlichen Meer (welches bei Tageslicht fotografiert wurde).
In Cinema 4D erstelle ich Objekte, welche ich in der Realität schwer vor die Linse bekommen könnte. Ein U‑Boot unter Wasser, oder eine Rakete. Diese baue ich dann auch wiederum in Montagen ein. Zum Beispiel reite ich selbst auf der Rakete wie Münchhausen durch die Lüfte. Manchmal arbeite ich auch mit Spielzeugmodellen, wie im Fall des Passagierflugzeuges. Teilweise driften meine Montagen auch etwas in eine „Comicrichtung“ ab. Vielleicht hebt es sie deshalb aber wiederum von den vielen, sehr realistischen Darstellungen ab. Mein Portfolio ist also bunt gemischt und nicht spezialisiert.
Letztes Jahr habe ich mir dann einen eigene Kamera zugelegt. Eine Fuji X‑T3, mit einem 18–55 Objektiv. Weitere Objektive gibt es, sobald ich mehr verkaufe ;-). Die Sony Alpha gefiel mir auch sehr gut. Das ist eine Vollformat-Kamera, aber die Fuji lag besser in der Hand – jedenfalls in meiner.
Die neue Kamera war auf jeden Fall ein Qualitätssprung. Zum Beispiel gibt es bei diesem Objektiv nicht das Problem der sphärischen Aberration, welches bei der Canon Kamera des öfteren zu mehr Nachbearbeitung geführt hat.
Ich lade seit knapp zwei Jahren Fotos bei Adobe Stock hoch und nicht ganz so lange bei Shutterstock und 123rf. Mein Portfolio umfaßt bei Adobe 400 Bilder und bei Shutterstock 300. Bei 123rf könnten es auch schon 350 sein, aber leider moderiert 123rf momentan nur ca. eine Abbildung im Monat.
Da ich meistens Bilder anfertige, die viel Retusche und Montage erfordern, wächst mein Bestand nur langsam, dafür kontinuierlich. Ablehnungen habe ich eher selten. Wenn, dann geht es meistens um den Urheberschutz, weniger um die Qualität. Bei Adobe verdiene ich, im Monat (in 2019) ca. 50 Euro. Bei Shutterstock sind es bisher ca. 100 Dollar in diesem Jahr. 123rf kann man vernachlässigen. Im Sommer gingen die Verkaufszahlen etwas runter, aber momentan geht es wieder bergauf. Bei Shutterstock sind es mittlerweile 1–3 Verkäufe pro Tag. Leider meistens nur für 25cent/Bild.
Da mir die ganze Sache sehr viel Spaß macht hoffe ich, dass sich der Verdienst weiter steigert. Momentan freue ich mich über ein kleines Nebeneinkommen. Langfristig wünsche ich mir, dass die Fotografie so viel abwirft, dass ich meine reguläre Stelle von 40 auf 30 Stunden reduzieren kann, um noch intensiver an meinem Portfolio zu arbeiten. Die Frage ist, ob so etwas heute noch möglich ist. Ich bin auch gespannt, wie du mein Portfolio bewertest. Ich freue mich über jede Art von Kritik!
Ich wüsste gerne was ich noch verbessern könnte und wie ich rechtzeitig aktuelle Themen erkennen kann. Vielleicht gibt es auch eine ganz andere Agentur, für die meine Fotos sehr geeignet wären?
Und eine Frage habe ich noch. Ich habe ein Archiv mit Dias, welches tausende von Fotos beinhaltet. Fotos aus Neuseeland und den USA, Ägypten, … Lohnt es sich diese zu digitalisieren und zum Verkauf anzubieten? Oder sollte man darauf von vornherein verzichten?
Mein Name bei Adobe Stock ist „pixelschoen“. Du kannst an dieser Stelle gerne zu Adobe verlinken. Vielen Dank fürs Lesen! Vielleicht kannst du meine Infos ja für deinen Blog verwenden. Ich würde mich sehr freuen!
Viele Grüße aus Bremen, Holger“
Schauen wir uns mal seine eingesandten Bilder an:
Das erste Bild zeigt einen Mann auf einer Rakete fliegend. Das lässt sich bestimmt irgendwo gewinnbringend einsetzen. Ich finde, der Rakete und dem Feuerstrahl sieht man ihre digitale Herkunft noch etwas zu deutlich an, aber da ich es nicht besser machen könnte, will ich mich an dieser Stelle nicht zu weit aus dem Fenster hängen. Insgesamt ein geeignetes Stockfoto.
Das zweite Bild zeigt einen lila Oldtimer bei Nacht auf einer Straße. Hier reichen meine Autokenntnisse leider nicht, um beurteilen zu können, von welcher Marke das Auto ist und ob das Design deshalb geschützt sein könnte oder ob es ein fiktives Design ist. Abgesehen davon ist das Auto etwas zu weit rechts, da es so mehr aus dem Bild „rausfährt“ als „reinfährt“, was vermieden werden sollte. Ansonsten ist das Bild aber stimmig und auch als Stockfoto nützlich.
Hier sehen wir zwei abstrakte Köpfe, die durch einen Laserstrahl zwischen den Augen verbunden sind. Laut Bildtitel soll die Aussage „Zwillinge“ und „Verbundenheit“ sein, für mich wirkt es eher wie der Versuch einer futuristischen Vision. Ich glaube, wenn der Laserstrahl blau gewesen wäre und der Hintergrund statt schwarz auch einen bläulichen Hintergrund bekommen hätte, wäre das die bessere Wahl gewesen. So wirkt es etwas düster und bedrohlich.
Hier sehen wir eine Boje auf dem Meer. Dieses Bild ist super, der Himmel ist perfekt, das Wasser mit den Wellen auch und die Boje ist gut platziert. Ein super Stockfoto zum Thema „Seereise“ oder „Sicherheit“. Ohne die Boje wäre das Bild ebenfalls universell einsetzbar.
Hier sehen wir die Weser in Bremen. Nüchtern betrachtet ist es ein gutes, gelungenes Foto, aber in Zeiten der Hochglanz-HDR-Reisefotos wird so ein „normaleres“ Bild eher untergehen bei den Bildagenturen. Ich empfehle, den HDR-Regler etwas mehr auszureizen und die Sättigung hochzudrehen.
Ein Flugzeug mit brennenden Triebwerken im Gewitter: Als Thema sicher gut geeignet als Stockfotos, weil es davon kaum Bilder gibt. Die Umsetzung der Fotomontage könnte beim Feuer sicher verbessert werden, das ist mir etwas zu gelb und der Rauch müsste deutlich dunkler sein.
Ein abendlicher Blick auf die Stadt Kassel: Im Gegensatz zum Bremen-Foto oben finde ich hier die Farben deutlich ansprechender und halte es für ein sehr gutes Stockfoto. Gut, Kassel wird von Kunden sicher weniger nachgefragt werden als andere europäische Großstädte, aber dafür gibt es von Kassel auch weniger Bilder.
Das Foto zeigt Kräne am Hafen von Bremerhaven. Eine schöne Abendstimmung mit (vermutlich) künstlichem Lens Flare, was dem Bild aber zuträglich ist. Eine gelungene Hafenaufnahme, die auch als Stockfoto ihre Zwecke erfüllt.
Ein riesiger Mond über dem Meer: Die Größenverhältnisse stimmen natürlich nicht, aber das soll vermutlich Absicht sein und passt hier auch, um die Wirkung zu unterstreichen. Vielleicht lehne ich mich physikalisch etwas aus dem Fenster, aber da der Mond selbst nicht leuchtet, sollte er keine Reflexion auf dem Wasser erzeugen, nehme ich an. Um die märchenhafte Stimmung des Bildes zu unterstreichen, hätte ich einen Holsteg unten statt des Betons passender gefunden, aber insgesamt trotzdem ein Bild, was sich gut verkaufen lassen sollte.
Als letztes Bild Plastikmüll im Meer: Definitv ein aktuelles Konzept, hier technisch gut und plakativ umgesetzt. Kann man nix gegen sagen, auf jeden Fall ein gelungenes Stockfoto!
Insgesamt zeichnen sich die Bilder von Holger durch gut erkennbare Konzepte und brauchbare Motive aus, die in der Ausführung ggf. etwas optimiert werden könnten. Ich bin aber zuversichtlich, dass das nur eine Frage der Übung und eventuell einigen Tutorials ist, dann passt das. Insofern: Weiter so!
Wer ebenfalls einige seiner Fotos für eine kostenlose Bildbesprechung einreichen will, findet auf dieser Seite alle Informationen zur Teilnahme.
Auf dem Rückweg von Hamburg nach Köln hielt ich in Bremen an, um mich dort ausgiebig mit meinem geschätzten Kollegen und sehr fähigen Bildbearbeiter/Composer Lasse Behnke, besser bekannt unter dem Namen lassedesignen, zu unterhalten.
Wir reden darüber, worauf man bei Fotomontagen achten muss, damit diese realistisch aussehen, wie er sein Ausgangsmaterial fotografiert und findet, welche Rolle 3D-Renderings in seinem Workflow spielen und vieles mehr:
Wer nicht nur „fertige Fotos“ über Bildagenturen verkauft, sondern öfter auch mal Composings und Fotomontagen erstellt, wird früher oder später über ein Problem stolpern.
Viele nützliche Bilder-Quellen scheiden aus, wenn man die fertigen Bilder bei Bildagenturen zum Verkauf anbieten will. Material von den üblichen Bildagenturen wie Adobe Stock oder Shutterstock darf dafür nicht verwendet werden, weil die runtergeladenen Bilder nicht für den Weiterverkauf bestimmt sind und nicht als eigene Arbeiten ausgegeben werden dürfen.
Viele Elemente von RAWexchange sind in diesem Bild versteckt.
Andere, meist kostenlose, Bilddatenbanken verbieten schlicht die kommerzielle Nutzung ihrer Bilder oder schränken diese Nutzung zumindest stark ein. Andere Anbieter verlangen einen Urheberhinweis, welchen man bei Bildagenturen nicht unterbringen kann und so weiter.
Deshalb verbringe ich bei der Suche nach Ausgangsmaterial für Fotomontagen viel Zeit mit dem Lesen kleingedruckter Lizenzbedingungen. Leider sind einige so schwammig formuliert, dass unklar ist, ob die von mir geplante Nutzung erlaubt ist oder nicht.
Im Zweifel muss ich eben beim Anbieter nachfragen und mir per Mail bestätigen lassen, dass ich deren Material für Werke verwenden kann, welche ich bei Bildagenturen verkaufe.
Einer der Anbieter, der erstens sehr nützliches Material anbietet, zweitens sehr günstig ist und drittens ziemlich entspannt ist, was die Nutzung der fertigen Werke bei Bildagenturen angeht, ist RAWexchange*.
Deren Nutzungslizenz* ist ziemlich kurz, liest sich verständlich und erlaubt, dass deren Material „als Teil eines neuen Werkes unbegrenzt vervielfältigt und veräußert werden darf“.
Da ich es genau wissen wollte, schrieb ich eine Email und bekam diese ausführliche Antwort:
„Ja, Du kannst unsere Produkte verwenden um Composings zu kreiieren und zu verkaufen.
Unsere Texturen-Pakete sind ja keine fertigen Bilder, sondern die Basis für Bildkompositionen. Wenn Künstler also mithilfe unserer Texturen neue Produkte schaffen, dann ist dies das Werk des Künstlers. Wir liefern „nur“ das Werkzeug, die kreative Leistung erbringt der Künstler selber.
Wenn Du also eines unserer Pakete kaufst um ein Composing zu erstellen und dies wiederum zu verkaufen, dann ist völlig in Ordnung!
Das ist einfach aus der Natur der Sache etwas schwammig und muss im Ernstfall dann im Einzelfall geprüft werden, ob eben ein „neues Werk“ vorliegt oder nicht.
Faustregel bleibt aber: Machst du was neues, ist’s ok. Veränderst du nur ein bisschen unser Zeugs und unser „Rohmaterial“ bleibt mehr oder weniger unverändert Hauptteil deines „Werkes“ (Hintergrund umfärben, neuer Schnitt etc.), ist’s nicht ok.“
RAWexchange hat zum einen viele coole Hintergründe, zum Beispiel aus vielen Städten*, selbstgemalte Backdrops* und – spezielles Highlight – die Multilight-Hintergründe*, wo ihr viele Ebenen bekommt, mit denen ihr einzelne Lichter an- und ausschalten sowie sogar nachträglich die Tiefenschärfe verändern könnt.
Außerdem gibt es viele Texturen*, Brushes, Looks und Presets* und fertig freigestellte (oder auf schwarz isolierte) Elemente wie Vögel, Schmetterlinge, Feuer, Rauch, Schnee, Regen, Nebel, Schleim, Staub, Glas, Seifenblasen, Stoff, Blut und so weiter.
Wer nich weiß, was er damit alles anfangen soll, findet in den leicht verständlichen Video-Tutorials* Hilfestellung und Anregungen.
Ich nutze am liebsten die „Special Effects“ wie Rauch, Feuer und Lichter, um einem Composing mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Bei dem Gabelstapler-Bild oben sind das zum Beispiel die Lichter vorne, die Feuerspur, der Rauch hinten und die fliegenden Staub-Partikel.
Auch das Bild mit dem startenden Bürostuhl lebt von den RAWexchange-Effekten: Das Feuer, der Rauch, die Partikel, alles aus deren Bundles.
RAWexchange hört bald auf, Texturen zu verkaufen
Vor wenigen Tagen gab RAWexchange* bekannt, dass sie ab dem 28. Februar 2018 keine Texturen mehr verkaufen werden, weil sich die Geschäftsausrichtung ändert.
Die letzten Tage gibt es jetzt den Coupon-Code “EndeGutAllesGut”, mit dem ihr 15% Rabatt im Shop erhaltet.
Das heißt, wenn ihr an diesen qualitativ sehr hochwertigen Texturen, Overlays oder Backdrops interessiert seid, solltet ihr noch diesen Monat zuschlagen, sonst kann es sein, dass die Texturen nicht mehr vorhanden sind. Die gekauften Downloads sind dann noch bis zum 30.6.2018 verfügbar.
Ich erinnere mich an einen Fotografenstammtisch vor ca. drei Jahren. Die dort anwesenden Stockfotografen debattierten leidenschaftlich darüber, warum einige Fotografen angefangen haben, Foto-Collagen zu verkaufen. Da würden sie doch viele Bilder auf einmal zum Preis von einem verschleudern. Und das zu den ohnehin schon niedrigen Microstock-Preisen.
Aber einen Schritt zurück: Was meine ich mit „Foto-Collagen“?
Foto-Collagen im Sinne dieses Artikels sind verschiedene Fotos, die thematisch (und meist auch farblich) zusammen passen und verschiedene Aspekte eines Themas abdecken und zusammen als einzelne Datei bei Bildagenturen angeboten werden. Ein klassisches Beispiel ist so eine Collage:
Die ersten Collagen, die richtig in das genannte Schema passen und über 100 Downloads erzielten, waren – von einigen Blumen-Collagen abgesehen – Hochzeitsstillleben wie das hier von Anne Kitzman oder das hier* von Esther Hildebrandt, die Anfang 2006 auftauchten. Als dann Ende 2007 der bekannteste und erfolgreichste Stockfotograf Yuri Arcurs ebenfalls im großen Stil anfing, Foto-Collagen mit Business-Themen* zu erstellen, gab es kein Halten mehr und zahlreiche Fotografen erstellten Collagen, von denen sich viele auch hundertfach verkaufen.
Die Vorteile von Foto-Collagen
Was für Beweggründe gab es für Fotografen, viele Fotos zum Preis von einem anzubieten? Aus Sicht der Käufer ist das Angebot verlockend: Ein Foto kaufen, aber gleich mehrere nutzen können, zum Beispiel für eine Broschüre oder Webseite. Viele Käufer setzen das Bild aber auch direkt als Collage ein und ersparen sich die Bildmontage. Doch wo liegt der Vorteil für die Fotografen? Verlieren sie nicht Geld im Vergleich zum einzelnen Verkauf der Bilder?
Die meisten Bildagenturen belohnen Bilder mit vielen Downloads durch bessere Platzierung bei den Suchergebnissen. Vor allem bei Themen mit einem sehr großen Bildangebot wie Business oder Wellness ist es wichtig, überhaupt gesehen zu werden. Das klappte lange sehr gut mit den Collagen, weil die Käufer ein Schnäppchen machten und das Bild öfter verkauft wurde. Außerdem erregen die wuseligen „Suchbilder“ Aufmerksamkeit und werden öfter angeklickt, damit der potentielle Käufer sich die Bilder größer anschauen kann. Wenn er dann erst mal auf der Detailseite ist, besteht die Möglichkeit, sich ähnliche Bilder, Bilder der gleichen Serie, Bilder mit dem gleichen Model oder andere Bilder des Fotografen anzeigen lassen. Alles Optionen, die in der Regel zu zusätzlichen Verkäufen für den Fotografen führen.
Außerdem lohnt es sich für die Käufer, das Bild eine Nummer größer zu kaufen, wenn sie einzelne Motive aus der Collage ausschneiden wollen. Da die Preise für verschiedene Größen aber nicht linear, sondern eher exponentiell ansteigen, verdient der Fotograf dann ebenfalls mehr. Beispiel: Wenn der Kunde bei Fotolia in Größe S ein Bild kauft, erhalte ich soviel Geld wie für drei Verkäufe einer XS-Lizenz, der nächstkleineren Größe. Eine XXL-Größe ist schon zehn XS-Verkäufe wert. So wird die Collage vielleicht insgesamt weniger verkauft als sich die einzelnen Motive zusammengerechnet verkauft hätten, aber dafür ist der Erlös pro Verkauf höher und entschädigt für entgangene Downloads. Bei der Bildagentur Dreamstime ist dieses Verhältnis noch stärker ausgeprägt, weil ein Bild umso teurer wird, je öfter es verkauft wurde. Dazu kommt die bessere Suchmaschinenplatzierung, die ebenfalls Gold wert ist, auch wenn sie nur schwer zu beziffern ist.
Zusätzlich können die Fotografen auch leichter „minderwertige“ Motive in eine Collage schmuggeln, die bei Bildkäufern sonst vielleicht kaum Anklang gefunden hätten.
Die Nachteile von Foto-Collagen
Wenn Collagen so toll sind, warum machen das dann nicht alle Fotografen? Zum einen werden natürlich genug passende Motive als Ausgangsmaterial benötigt. Eine andere Entwicklung ist jedoch viel gravierender, die meines Erachtens zu einem Rückgang neuer Foto-Collagen führen wird. Alle Microstock-Agenturen verkaufen mehr und mehr Abonnements an Bildkäufer. Damit können diese meist zu einem Festpreis eine bestimmte Bildanzahl in voller Auflösung runterladen.
Die Rechnung, dass der Fotograf für höhere Auflösungen mehr Geld bekommt, geht dann nicht mehr auf und es gibt – bis auf die Platzierung in den Suchergebnissen – keine Motivation für Fotografen mehr, hochauflösende Collagen zu erstellen, wenn sie dafür das gleiche Honorar bekommen wie für das Einzelbild.
Bis vor einigen Wochen hatte Fotolia Abo-Downloads in XL-Größe immerhin höher vergütet als Downloads in L‑Größe, aber nachdem das abgeschafft wurde, gibt es kaum noch Gründe, höhere Auflösungen anzubieten. Selbst bei Dreamstime mit der progressiven Preissteigerung gilt das in gewissen Maßen, weil die Vergütung für Abo-Downloads nur geringfügig ansteigt. Bei Shutterstock als reiner Abo-Agentur handhaben das viele Fotografen seit Jahren so, dass sie nur in der kleinsten erlaubten Auflösung hochladen (momentan 4 MP), damit die Bildkäufer das Motiv in höherer Auflösung bei Bedarf gefälligst zu einem höheren Preis bei anderen Agenturen einkaufen.
Anhand meiner eigenen Verkaufsabrechnungen sehe ich, dass Abo-Verkäufe bei allen Microstock-Agenturen ständig an Bedeutung gewinnen. Damit sinkt gleichzeitig immer mehr der Anreiz, Foto-Collagen zu verkaufen.
Wie seht ihr das? Was ist eure Motivation, Foto-Collagen anzubieten oder es bleiben zu lassen? Und welche Entwicklung beobachtet ihr? * Affiliate-Link