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Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 32

In den letz­ten Monaten habe ich vie­le Einsendungen für die „Pimp My Stock!“-Serie erhal­ten, wes­halb ich ver­su­chen möch­te, die Bilder etwas öfter zu bespre­chen, um den Rückstand auf­zu­ho­len. Wer eben­falls kos­ten­los teil­neh­men will, fin­det hier alle Details. Diesmal ist Michael an der Reihe, er schreibt:

Hallo Herr Kneschke, bit­te kri­ti­sie­ren Sie scho­nungs­los mei­ne bei­gefüg­ten Fotos. Ich habe alle bei Fotolia ein­ge­reicht und alle wur­den wegen tech­ni­scher Probleme abge­lehnt. Ich foto­gra­fie­re seit etwa einem hal­ben Jahr und erhof­fe mir von ihrer Kritik wei­te­re Fortschritte. Meine Bilder wer­den zwar von Freunden und Bekannten sehr gelobt, ich sel­ber bin da aber skep­ti­scher. Meine Ausrüstung: Canon EOS 600 D EFS 15–55 mm EFS 55–250 mm Bisher wur­de nur eins mei­ner Bilder von Fotolia ange­nom­men, was aber bis­her noch nicht ver­kauft wur­de. Vielen Dank und vie­le Grüße, Michael M.“

Kutter am Strand von Usedom
Ein Kutter am Sandstrand: Dieses Foto wird von den Bildagenturen wahr­schein­lich allein des­halb abge­lehnt wer­den, weil der Bootsname noch zu lesen ist. Außerdem kippt das Wasser leicht und den Menschen rechts am Boot hät­te ich weg­re­tu­schiert. Aber sei­en wir ehr­lich: Dieses Foto ist weder sel­ten noch schwer zu machen. Es ist tech­nisch ganz pas­sa­bel, aber von der Lichtstimmung, dem Himmel und so wei­ter nicht sehr beein­dru­ckend. Nicht schlecht, aber auch nicht umwer­fend. Verkäufe stel­len sich da sicher schwer ein.

Möwe auf Seebrücke
Ganz kurz und ehr­lich: Diese Möwe auf einer Seebrücke ist kein gutes Stockfoto. Zum einen gibt es kaum Nachfrage nach sol­chen Motiven, zuviel Angebot und spe­zi­ell die­ses Foto ist eher unge­nü­gend. Das Hauptmotiv, die Möwe, wird vom Pfahl umrahmt und fällt dadurch kaum auf, der Horizont kippt wie­der, das Licht ist lang­wei­lig und so wei­ter. Sorry.

Möwen am Strand
Für die­se Möwen am Strand gilt das glei­che: Langweilig und unin­spi­riert umge­setzt. Den Himmel und das Meer fin­de ich hier sogar ganz sehens­wert, aber da hät­te der Fotograf dann den Fokus drauf legen müs­sen, anstand einen Haufen Möwenärsche festzuhalten.

Schienenstrang
Leere Schienen
? Ähm, nein. Kein Stockfoto. Ausgelutscht, gibt es tau­send­fach bes­ser. Der Himmel ist hier wie­der kon­tur­los, die Landschaft nicht beein­dru­ckend genug, die Konkurrenz rie­sig. So sehen die per­fek­ten Fotos von die­sem Motiv aus…

Strand Usedom

Dieser Strand in Usedom hat für mich kei­ne Aussage, was immer eine schlech­te Voraussetzung für ein Stockfoto ist. Fragt euch: Würde eine Tourismuszentrale oder ein Reiseveranstalter die­ses Foto für einen Katalog nut­zen wol­len? Nein. Der Rettungsturm, kom­bi­niert mit dem dra­ma­ti­schen Himmel hät­te gute Fotos erge­ben kön­nen, wenn die Kamera so weit nach rechts geschwenkt wor­den wäre, dass der Turm links ins Bild rein­schaut und der Fotograf auch dich­ter ran­ge­gan­gen wäre, damit die­ser das Bild bes­ser ausfüllt.

Insgesamt wir­ken die Fotos auf mich wie Schnappschüsse aus dem Urlaub auf Rügen. Es spricht prin­zi­pi­ell nichts dage­gen, Urlaubsfotos an Bildagenturen zu ver­kau­fen, aber dann muss schon vor der Aufnahme an poten­ti­el­le Kunden gedacht wer­den. Als gro­be Orientierung soll­ten die Motive min­des­tens genau­so gut wie die Postkarten im ört­li­chen Souvenierladen sein. Das war heu­te lei­der eine depri­mie­ren­de Folge, aber Michael bat um scho­nungs­lo­se Kritik und wenn sei­ne Freunde nicht ehr­lich sein kön­nen, tue ich im den Gefallen.

Noch ein kur­zes Wort zur Technik: Mit sei­nen bei­den Objektiven deckt Michael eine Spannbreite von 15 bis 250 mm ab. Das ist mehr dop­pelt so viel Brennweite wie die 24 bis 105mm, die ich übli­cher­wei­se mit einer Kombination aus ver­schie­de­nen Objektiven ein­set­ze. Meine Empfehlung, Michael: Kaufe dir eine güns­ti­ge 50mm-​Festbrennweite* und ler­ne, durch die Beschränkung auf den fes­ten Bildausschnitt sorg­fäl­ti­ger an Komposition und Bildaussage zu arbei­ten. Außerdem las­sen sich bei den moder­nen DSLRs Hilfslinien im Display ein­blen­den, um Horizonte garan­tiert gera­de aus­rich­ten zu kön­nen. Alternativ soll­te das spä­tes­tens in Photoshop gesche­hen, wenn es nicht absicht­lich der Bildaussage die­nen soll.

Was sagt ihr? Welche Tipps könnt ihr Michael geben?

* Affiliate

Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 30

Weiter geht es mit einer wei­te­ren Folge von „Pimp My Stock!“, bei der ich Fotos bespre­che mit dem Fokus, ob sich die­se gut über Bildagenturen ver­kau­fen las­sen würden.

Michael schrieb mir:

Sehr geehr­ter Herr Kneschke,

mit gro­ßen Interesse habe ich auf Ihrer Homepage die Beiträge zur Stockfotografie verfolgt.

Ich bin seit kur­zer Zeit selbst bei Fotolia tätig und wun­de­re mich über die Vielzahl an abge­lehn­ten Fotos. Leider sind die Begründungen (meist „tech­ni­sche Probleme“) nicht genau genug defi­niert, um dar­aus den exak­ten Grund her­aus lesen zu können.

Es wäre toll, wenn Sie einen Blick auf die ange­häng­ten Fotos wer­fen könn­ten, die alle abge­lehnt wur­den, obwohl ich nach wie vor von deren Qualität über­zeugt bin. Vielleicht kön­nen Sie mir ja in Bezug auf die­se Fotos mit­tei­len, was ich bes­ser machen kann/​muss, um eine höhe­re Trefferquote zu errei­chen. Die Schlagworte habe ich bis­lang in der deut­schen Sprache ein­ge­ge­ben. Wäre es Ihrer Erfahrung nach von Vorteil, dies auf eng­lisch zu tun?

Die Auflösung der Fotos habe ich redu­ziert, um die Größe des Mail-​Anhangs redu­zie­ren zu können.

Ich wür­de mich sehr über eine Antwort von Ihnen freuen!

Beste Grüße
Michael“

Dann sehen wir uns die Fotos mal an:


Eine glück­li­che Ein-​Kind-​Familie auf einer Parkbank? Dieses Foto wur­de abge­lehnt? Dem ver­ant­wort­li­chen Bildredakteur gebührt dafür ein Klaps auf den Hinterkopf, denn das sind die Motive, mit denen pri­ma Geld ver­dient wird. Okay, in der Vollansicht ist es etwas mat­schig, da müss­te bei der RAW-​Konvertierung etwas sorg­fäl­ti­ger vor­ge­gan­gen wer­den. Außerdem stö­ren mich die Insekten über dem Kopf der Frau und paar Rostflecken rechts an der Bank, aber das alles könn­te beho­ben werden.


Das nächs­te Foto einer Burg oder von einem Schloss zeugt jedoch deut­li­che Artefakte („Halos“) am Übergang von den Turmspitzen zum Himmel. Sieht mir auf den ers­ten Blick nach Überschärfung aus, ansons­ten fin­de ich die Komposition ganz ansprechend.


Oh, wie nied­lich! Küken sind zwar zuhauf in Bildagenturen vor­han­den, aber weil sie so unglaub­lich nied­lich sind, sind die immer für eini­ge Verkäufe gut. Hier jedoch ist in der 100%-Ansicht wie­der zu erken­nen, dass das Bild mat­schig ist und chro­ma­ti­sche Aberrationen vor­han­den sind. Außerdem wür­de ich das Foto enger beschnei­den, damit der unru­hi­ge Rand oben nicht vom flau­schi­gen Knudeltier ablen­ken kann.


Beim Pinguin brau­che ich nicht mal die 100%-Ansicht zu bemü­hen, um den tech­ni­schen Fehler zu erken­nen. Das Schwarz säuft ab, das Weiß am Kopf ist über­strahlt und dazu gesellt sich wie­der die chro­ma­ti­sche Aberration. Außerdem ist am Wasser zu sehen, dass es in einem Zoo auf­ge­nom­men wur­de. Pinguine in frei­er Natur wür­den sich bes­ser verkaufen.


Die Ablehnung des Sonnenuntergangs hat sicher einen ande­ren Grund. Das ist eins der Motive, die – mit Abstand – am häu­figs­ten bei Bildagenturen ein­ge­reicht wer­den und da muss die Sonne schon an einem beson­ders spek­ta­ku­lä­ren Ort unter­ge­hen, damit so ein Motiv über­haupt eine Chance hat, ange­nom­men zu wer­den. Das ist hier nicht der Fall und mir fällt auch nichts ein, wie das bei die­sem Motiv geän­dert wer­den könnte.

Was ist eure Meinung? Wie ver­hin­dert ihre mat­schi­ge Motive und chro­ma­ti­sche Aberration bei euren Fotos?

Wer eben­falls eine ehr­li­che Meinung und Tipps zur Verbesserung sei­ner Stockfotos haben will, kann hier nach­le­sen, wie man bei der “Pimp My Stock!”-Serie mit­ma­chen kann.

Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 19

Wow, fast haben wir die 20 voll. Heute kommt aber erst die 19. Folge mei­ner Serie „Pimp My Stock!“ Wer mit­ma­chen will, fin­det hier alle not­wen­di­gen Informationen.

Diesmal möch­te Felix Wenzl, dass ich mir sei­ne Bilder anschaue. Er schrieb:

Guten Tag,

gleich als ers­tes, ja ich will, dass mei­ne Fotos für „Pimp My Stock“ ver­wen­det werden.

Mein Name ist Felix Wenzl. Ich bin Contributor auf istock, und zwar erst seit September 2011. Ich bin 16 (es gibt einen Minor Contract) und foto­gra­fie­re seit etwa 3 Jahren hobbymäßig.

Derzeitige Ausrüstung ist: Canon 40D, Tamron 28–75 2.8, Sigma 70–200 2.8 und Canon 50 1.8 und natür­lich die Standard CS5.5 und LR3. Als nächs­tes fol­gen nach und nach Systemblitze, wahr­schein­lich Yongnuo. Ich schi­cke ihnen hier nur Fotos, die ich bereits auf istock habe, um von ihnen zu wis­sen, wel­che Chancen sie die­sen ein­räu­men bzw. was ich hät­te ver­bes­sern kön­nen. Vieleicht könn­ten sie mir auch Tipps zum Keywording geben?

Ich wäre über eine Verlinkung zu mei­nem Portfolio sehr erfreut, viel­leicht wür­de dass alles etwas ankurbeln.“

Okay, heu­te haben wir unse­ren Nachwuchs am Start. Finde ich gut, dass er mit der rich­ti­gen Einstellung ans Werk geht und bereit ist, etwas zu ler­nen. Hoffen wir, dass ich ihm dabei hel­fen kann. Fangen wir mit dem ers­ten Bild an:
Ein sich dre­hen­der Globus: Ganz nett gemacht, aller­dings liegt mir der Schwerpunkt auch zu sehr auf der Halterung als auf der dre­hen­den Kugel. Außerdem sind Globen in Zeiten von Google Maps ein leicht ana­chro­nis­ti­scher Gegenstand, der noch zusätz­lich ein Konzept braucht, um für Bildkäufer inter­es­sant zu sein. Bei den Suchbegriffen sind die gan­zen Schiff-​Begriffe über­flüs­sig, da nir­gends ein sol­ches zu erken­nen ist.


Das Bild des Bleistiftanspitzers hal­te ich für ein sehr gutes Stockfoto: Gute Beleuchtung, gute Komposition und redu­zier­te Farben. Auch hier könn­te jedoch ein zusätz­li­ches Konzept dem Bild mehr Gebrauchswert ver­lei­hen, z.B. indem links im Bild mit dem Bleistift skiz­zier­te Diagramme zu sehen wären oder vie­le Zahlenkolonnen.


Das Bild des Esels ist eben­falls ganz gelun­gen, wenn ich auch die Fliege direkt auf dem Kopf retu­schiert hät­te. Die länd­li­che Umgebung eig­net sich gut für idyl­li­sche Kinderbücher oder „Ferien auf dem Bauernhof“-Werbung. Beim nächs­ten Mal hät­te ich die Kamera jedoch so nach rechts geschwenkt, dass der Esel links steht und ins Bild rein­schaut anstatt aus dem Bild raus.


Das Feuerwerk sieht auf den ers­ten Blick tech­nisch sehr gut aus. Nur wird es das Motiv ange­sichts vie­ler gran­dio­ser Feuerwerksfotos in den Bildagenturen sicher schwer haben, weil es nicht „genug“ ist. In der Regel wer­den für Feuerwerksfotos meh­re­re sol­cher Motive per Bildbearbeitung zu einem Foto zusam­men­ge­pappt. Wenn Du also mehr davon hast, kannst Du das eben­falls pro­bie­ren. Bei den Suchbegriffen hät­te ich noch „Party, Unabhängigkeitstag, dun­kel“ hinzugefügt.


Bei dem Buchfoto muss ich lei­der kur­zen Prozess machen: Die Linien kip­pen links ab, man erkennt kaum, was zu sehen sein soll und der Einbank sieht zu alt­mo­disch aus, aber nicht alt genug für rich­tig anti­qua­ri­sche Bücher. Wird sich wohl nicht verkaufen.


Der Ansatz beim Weinberg-Foto ist rich­tig, aber die Ausarbeitung ist noch man­gel­haft. Zum einen frisst der Himmel oben rechts aus, was ver­mie­den wer­den kann, indem das Bild absicht­lich auf den Himmel (unter-)belichtet wird und der zu dunk­le Vordergrund mit einem leich­ten Blitz (oder einem Reflektor) auf­ge­hellt wird. Außerdem ist links zu viel unnö­ti­ge Rinde im Weg. Zufälligerweise habe ich letz­ten Herbst ähn­li­che Fotos im Weinberg gemacht, das sah bei mir dann so aus:

Aber wei­ter mit Felix‘ Fotos:


Auch die Gräser behand­le ich nur kurz: Für sol­che Motive ohne Aussage und kla­re Komposition gibt es im Bildermarkt kaum eine Nachfrage. Außerdem wirkt der rechts fast senk­recht ver­lau­fen­de Halm als wür­de das Bild eigent­lich da schon zu Ende sein.


Der Sonnenuntergang sieht schön aus, aber gera­de bei sol­chen Motiven ist die Konkurrenz auch rie­sig. Bei den Suchbegriffen sind defi­ni­tiv Italien und See zuviel, denn auch falls das Foto in Italien an einem See gemacht wur­de, sieht man es dem Bild nicht an und Bildkäufer erwar­ten ande­re Motive als Wolken, wenn sie nach „Italien“ suchen.


Von der Komposition sieht das Geschenkbild gut aus und auch das Motiv ist prin­zi­pi­ell sehr gefragt. Vor allem bei die­sen Stillleben ist aber Liebe zum Detail gefragt. Das gewähl­te Papier ist etwas zu unru­hig, eine ein­far­bi­ge oder nur grob gemus­ter­te Verpackung wäre bes­ser gewe­sen. Die Klebestreifen unten an den Ecken sind unsau­ber ange­bracht und rechts sind Knicke im Papier sicht­bar. Das Licht ist für das Motiv ein biß­chen zu hart und die Tannenzweige wir­ken alt und aus­ge­trock­net, die müss­ten grü­ner sein. Als Suchbegriffe feh­len zum Beispiel noch „Verpackung, Box, Dekoration“.

Was meint ihr? Teilt ihr mei­ne Einschätzung? Oder was seht ihr anders?

Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 18

Heute gibt es wie­der eine der heiß ersehn­ten Folgen von „Pimp My Stock!“. In der acht­zehn­ten Folge tritt der Fotograf Helmut Hess ins Rampenlicht. Er schrieb mir:

Hallo Robert,

nach­dem ich mir dein Buch zur Stockfotografie gekauft habe, bin ich auf dei­nen sehr inter­es­san­ten Blog gekommen.

Ich foto­gra­fie­re seit über 40 Jahren –  seit 2004 aus­schließ­lich digi­tal. Bis 2011 habe ich über­wie­gend mit DSLRs von Canon gear­bei­tet (40D, 5DMII, 7D etc.). Inzwischen habe ich mei­ne Ausrüstung aus Transport- und Gewichtsgründen auf Systemkameras von Panasonic „geschrumpft“.
Ich habe bis­her kei­ne Fotos über Agenturen ver­kauft, betrei­be aber mit eini­gem Erfolg seit rund 5 Jahren Wettbewerbsfotografie. Da ich immer öfter bezüg­lich des Verkaufs mei­ner Bilder ange­spro­chen wer­de, befas­se ich mich jetzt mit dem Thema etwas inten­si­ver. Daher möch­te ich dein Angebot zu kon­struk­ti­ver Kritik ger­ne annehmen 😉

Ich habe mal 10 unter­schied­li­che Bilder aus mei­ner Sammlung ange­hängt und freue mich auf dei­ne Einschätzung, ob mei­ne Art zu foto­gra­fie­ren für Stockfoto- oder gene­rell Agenturen geeig­net ist. Die Bilder dür­fen ger­ne in dei­nem Blog ver­öf­fent­licht wer­den und gegen eine Verlinkung zu mei­ner Homepage habe ich auch nichts ein­zu­wen­den: www.galerie-ef.de

Ich freue mich auf dei­ne Meinung -
vie­le Grüße aus Erfurt
Helmut Hess“

Dann mal Ärmel hoch­ge­krem­pelt und los geht’s:


Das ers­te Foto scheint ein HDR-​Bild zu sein: Ein Sofa auf einem rus­ti­ka­len Dachboden.

Ich grei­fe etwas vor, aber man man merkt den ein­ge­sand­ten Bildern an, dass Helmut Erfahrungen mit Fotowettbewerben hat. Seine Motive sind pla­ka­tiv, tech­nisch gut aus­ge­ar­bei­tet und manch­mal etwas skur­ril oder humor­voll. Ich kann mir gut vor­stel­len, dass Jurys dar­an Gefallen fin­den. Die Ausleuchtung ist ein­drucks­voll, der HDR-​Effekt nicht über­trie­ben und der sicht­ba­re Lichtstrahl durch das Fenster erzeugt eine schö­ne Stimmung. Nur: Wozu soll so ein Foto benutzt wer­den? Wenn der Fotograf sich mit der glei­chen Technik auf den hin­te­ren Teil des Bildes kon­zen­triert hät­te mit den Säcken oder viel­leicht sogar ein Model als Bäcker mit einem Sack Mehl auf der Schulter por­trä­tiert hät­te, wäre das Foto sehr begehrt gewe­sen. Oder wenn statt des Sofas dort eine rus­ti­ka­le alte (Schatz-)Kiste stünde…

Wasserfarben erge­ben ein Prozentzeichen: Originelle Idee, die gut umge­setzt wür­de. Aber: Rahmen gehen ers­tens gar nicht, was aber kein Problem dar­stellt, die­sen zu ent­fer­nen. Störender ist schon die Vignettierung. Hier wäre es bes­ser gewe­sen, ent­we­der gleich hel­ler zu foto­gra­fie­ren oder den grau­en Hintergrund so zu las­sen wie er ist.


Eine coo­le Fotomontage, skur­ril und amü­sant. Aber auch hier gilt wie­der die Frage: Wofür soll­ten wel­che Kunden so ein Motiv benötigen?


Das ist schon bes­ser. Schnecken über­que­ren die Straße, eine hat dabei eine zwei­te klei­ne Schnecke auf dem Häuschen. Hier gibt es vie­le Einsatzmöglichkeiten: Schnelligkeit, Verkehrssicherheit, Faulheit, Familie und so wei­ter. Besser wäre viel­leicht noch ein blau­er Wolkenhimmel gewe­sen, der jedoch auch die Aussage etwas geän­dert hät­te von „bedroh­lich“ zu „sor­gen­frei“. Falls das Bild eine Fotomontage ist oder wer­den könn­te, wäre es eine Überlegung, die Schnecke über eine asphal­tier­te Autobahn krie­chen zu lassen.


Leuchtende Paprika
sieht man auch nicht alle Tage. Als Produktfoto im Stockfotografie-​Bereich wäre eine ande­re Beleuchtung sicher hilf­rei­cher gewe­sen. Zum einen bevor­zu­gen Käufer Motive auf wei­ßem Hintergrund und zum ande­ren stö­ren die doch auf­fäl­li­gen Kerne der Paprika. Und so rich­tig frisch sieht der lin­ke Teil auch nicht mehr aus. Als Tipp noch für Euch: Beim Recherchieren habe ich gemerkt, dass es nur weni­ge rich­tig gute Freisteller von Paprika in Microstock-​Agenturen gibt. Chillis ja, aber die­se Art von Paprika deut­lich weni­ger. Da ist also noch eine Lücke, die foto­gra­fiert wer­den könnte.

Hier wie­der­um beim Foto der Kapstachelbeeren pas­sen sowohl Beleuchtung als auch Aufbau gut zusam­men, da das Licht von hin­ten den fra­gi­len Charakter der Früchte unter­streicht. Zwar sind Motive vor dunk­lem Hintergrund bei Käufern gene­rell nicht so beliebt wie vor hel­lem Hintergrund, aber in die­sem Fall eig­net sich das Foto sicher gut zur Abgrenzung gegen­über den vie­len Freistellern auf Weiß.


Beim Foto des Volleyball-​Netzes am Strand wur­de wie­der eine span­nen­de Komposition gewählt. Im Microstock-​Bereich wird man damit sicher nicht reich wer­den, aber in einer „Rights Managed“-Kollektion könn­te ich mir das gut vorstellen.


Die Anordnung des Hügels, des Baums und der Wolken sind bei die­sem Foto groß­ar­tig. Wieder ein groß­ar­ti­ger Blick für Komposition. Trotzdem gibt es auch hier eini­ge Dinge anzu­mer­ken. Erstens das Bildformat: Statt 2:3 wie bei den meis­ten ande­ren Bildern wur­de hier das 4:3‑Format ver­wen­det, was unpro­fes­sio­nel­ler wirkt, weil eher Consumer-​Kameras 4:3 nut­zen, wäh­rend Profi-​Kameras mit 2:3 arbei­ten. Das sagt über­haupt nichts über das Bild oder die Bildqualität aus, aber auch sol­che Details wir­ken unter­schwel­lig. Und wer ein Foto ganz­sei­tig dru­cken will, braucht es eh im 2:3‑Format. Zweitens die Mohnblüten: Die sind lei­der im Vordergrund schon etwas zu ver­welkt, um das Foto als Werbebild nut­zen zu kön­nen. Drittens die Farben: Diese könn­ten deut­lich gesät­tig­ter und etwas hel­ler sein. Hier mal zwei Vergleichsbilder: Wiese* und Untersicht*. Da sich bis auf die Blüten aber die ande­ren bei­den Kritikpunkte noch gut in Photoshop ändern las­sen, wür­de sich das Motiv sicher gut verkaufen.


Ich bin nicht sicher, was hier dar­ge­stellt wer­den soll: Seifenbläschen von unten? Trotzdem hat das Motiv das Zeug zu einem guten Stockfoto. Dafür wür­de ich aber das run­de Ding links ein­fach weg­las­sen und mich auf die Struktur der Bläschen kon­zen­trie­ren. Außerdem soll­te der Hintergrund im rech­ten und unte­ren Bereich nicht so ins Schwarze aus­lau­fen, das Blau wäre eine geeig­ne­te­re Hintergrundfarbe.

Eine Schwarz-​Weiß-​Aufnahme einer Pusteblume im Gegenlicht. Sieht schick aus und kann ich mir gut als Poster oder Fine-​Art-​Print vor­stel­len. Bildagenturen mögen gene­rell schwarz-​weiße Motive nicht so ger­ne, aber hier könn­ten sie viel­leicht eine Ausnahme machen. Aber als RM-​Bild ist es eben­falls bes­ser auf­ge­ho­ben als im Microstock-Bereich.

Insgesamt wür­de ich sagen, dass die Fotos von einem guten Verständnis für Aufnahmetechnik und Bildaufteilung zeu­gen. Was für die Verkäuflichkeit der Bilder noch fehlt ist eine kla­re­re, kon­zep­tio­nel­le­re Bildsprache, die schnel­ler lukra­ti­ve Themen und gefrag­te Aussagen erken­nen lässt.

Was meint ihr zu mei­ner Beurteilung? Wo stimmt ihr zu, was seht ihr anders?

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Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 12

Es gibt wie­der was zum Pimpen! Joachim Opelka hat mich gebe­ten, in der zwölf­ten Folge von „Pimp My Stock!“ mal sei­ne Fotos unter die (Stockfotografie-)Lupe zu neh­men. Kein Problem.

Aber zuerst stellt Joachim sich kurz vor:

Ich foto­gra­fie­re seit ca. 15 Jahren „ernst­haft“. Habe spo­ra­disch ca. 1 mal im Jahr ein paar Aufnahmen an den MEV-​Verlag, Augsburg verkauft.

Seit Jahresbeginn beschäf­ti­ge ich mich inten­siv mit Stockfotografie und habe seit­dem ca. 1500 Bilder online bei: Panthermedia, Chromorange, Zoonar, Pitopia und Bildmaschine. Das möch­te ich inten­si­vie­ren und wei­ter ausbauen.

Annahmequote bei die­sen ca. 40–50% und die Kommentare sind breit­ge­streut von „Redaktioneller Tip“ bei Panthermedia bis zur Drohung der Account-​Kündigung bei Chromorange (obwohl die bis­her schon über 300 Bilder ange­nom­men hat­ten von mir). Außerdem ca. 100 Bilder bei neue­bild­an­stalt, Hamburg. Diese Bildsprache macht mir eigent­lich am meis­ten Spaß, wird von den ande­ren Agenturen aber wohl nicht so ganz verstanden?!

Ausrüstung: Bis vor ca. einem Jahr ana­log: Canon EOS 10, EOS 5, EOS 3, Zenza Bronica SQ-​Ai, seit­dem digi­tal: EOS 450D, 550D.

Was mir auf­fällt: Selbst gescann­te Dias wer­den kaum ange­nom­men (Canon CanoScan 8800F).“

Nun zu sei­nen Fotos:

Eine roman­ti­sche Kirche vor einem abend­ro­ten Himmel, ver­mut­lich mit einem Farbverlaufsfilter auf­ge­nom­men (oder in die­ser Art digi­tal bear­bei­tet). Das ist gut, denn ohne die­sen Effekt wäre das Foto zu belie­big. Sättigung und Kontrast hät­ten jedoch noch ver­stärkt wer­den kön­nen und die grü­nen Büschel im Vordergrund hät­te ich retu­schiert. Insgesamt sähe das Foto dann zwar stock­fo­to­taug­lich aus, aber die Konkurrenz an Landschaftsaufnahmen mit Kirchen ist sehr groß und der Bedarf gering.

Das Foto sieht aus wie das Negativ der Silvester-​Bestseller mit einem pri­ckeln­den vol­len Sektglas und knal­len­dem Korken vor schwar­zem Hintergrund: Wir sehen den Fuß eines Sektglases und den lee­ren Metallverschluss vor wei­ßem Hintergrund. Verkaufen wird sich das nicht gut, denn es ist zu schwer zu erken­nen, was abge­bil­det wer­den soll. Glas auf Weiß ist oft schwie­rig. Als Symbolbild eig­net es sich des­halb nicht.

Vier Bäumstämme lie­gen im Wald. Unspektakulär. In Folge 07 von „Pimp My Stock“ habe ich schon gesagt, was immer noch gilt: Dieses Motiv gibt es zu oft und die Nachfrage ist kaum vorhanden.

Eine rote Cocktailtomate, gefan­gen in, äh, hm, ach ja, einem Schneebesen. Das Motiv hat Potenzial, aber wie an einem ers­ten Satz erkenn­bar ist, fehlt etwas. Der Bezug könn­te schnel­ler her­ge­stellt wer­den, wenn etwas „weg­ge­zoomt“ wird und die Ränder der Stäbe zu erken­nen sind. Kombiniert wer­den könn­te das Foto mit ande­ren Symbolen, die das „Eingesperrtsein“ recht­fer­ti­gen, zum Beispiel ein Gentechnik-​Aufkleber auf oder eine Spritze in der Tomate.

Das Motiv liegt – im Wortsinn – auf der Hand und ist auch in vie­len Varianten umge­setzt wor­den: Der Schriftzug „Euro“ aus Euro-​Cent-​Stücken gelegt. Das Foto hier unter­schei­det sich durch die ver­än­der­te Brennweite, wel­che zu einem Geschwindigkeitseffekt führt und dem Bild Dynamik ver­leiht. Dadurch hat das Foto Symbolcharakter (Flüchtige Stärke/​Schwäche des Euro), Kaufkraft, etc.). Bei so einem insze­nier­ten Foto wun­dert es aber, dass die unte­ren Enden des U und O aus der Reihe tan­zen. Auch könn­te das Bild mehr Schärfe ver­tra­gen und Kontrast ver­tra­gen. Es wirkt wie ein Dia-​Scan und das wäre auch der Grund, war­um die­se ungern genom­men wer­den: Selbst mit guten Scannern gibt es trotz­dem vie­le Abbildungschwächen durch die Übertragung in die „zwei­te Generation“, die bei guten Digitalsensoren heu­te nicht mehr auftreten.

Ein schlich­tes, aber wir­kungs­vol­les Foto. Drei ein­fa­che Lorbeerblätter neben­ein­an­der, als Freisteller vor Weiß. Ist gut ver­käuf­lich, könn­te aber trotz­dem ver­bes­sert wer­den. Zum einen könn­te das rech­te Blatt mit dem mitt­le­ren ver­tauscht wer­den, da es klei­ner ist und so mehr Symmetrie ins Bild käme. Das Blatt in der Mitte hat am unte­ren Ende auch einen Fleck, der retu­schiert wer­den soll­te. Dann wür­de das Foto noch bes­ser wir­ken. Diese Änderungen las­sen sich digi­tal auch nach­träg­lich noch gut umset­zen. Zwei wei­te­re emp­feh­lens­wer­te Varianten wären: Noch mehr Lorbeerblätter, z.B. 4 Reihen x 5 Blätter. Blätter vie­ler ver­schie­de­ner Kräuter-​/​Baumarten neben­ein­an­der. Wichtig ist auch, dass das Foto gut ver­schlag­wor­tet und die Bedeutung von Lorbeer als Gewürz und Küchenkräuter erwähnt wird.

Eine Peperoni wird von einer Schere zer­schnit­ten. Das soll die sym­bo­li­sche Umsetzung für, na?, rich­tig: „scharf“ sein. Aber ers­tens ist die Idee nicht neu und zwei­tens gibt es viel hei­ße­re Aufnahmen die­ses Themas. Für die Illustration der schärfs­ten Peperoni oder Chili-​Gerichte der Welt wäre es zu fade und eine ande­re Verwendung fällt mir bei die­sem Motiv nicht ein.

Ein vol­ler Mond strahlt über einem See. Photoshop-​Experten könn­ten aus die­sem Foto viel Material für beein­dru­cken­de Montagen holen, aber so „roh“ wirkt das Foto lei­der zu blass. Das liegt einer­seits am kip­pen­den Horizont, durch den der See nach rechts aus­zu­lau­fen scheint und durch das kah­le Gestrüpp im Vordergrund, was lei­der nicht zu der mys­te­riö­sen Vollmondstimmung pas­sen will. Je nach Lage vor Ort hät­te viel­leicht ein Perspektiv- oder Objektivwechsel stim­mi­ge­re Ergebnisse gebracht.

Drei Würfel auf einem grü­nen Untergrund. Schlicht, aber tech­nisch gut umge­setzt. Nicht spek­ta­ku­lär, aber für sol­che ein­fa­chen Motive gibt es immer mal Abnehmer. Einzig links am Würfel hät­te etwas mehr Platz sein dürfen.

Die pro­fes­sio­nel­len Food-​Fotografen sehe ich bei die­sem Foto schon hef­tig mit ihren Köpfen schüt­teln. Während sie in stun­den­lan­ger Arbeit die Zucchinischeiben mit der Pinzette in die rich­ti­ge Position brin­gen wür­den, wirkt hier das Sammelsurium aus Zucchini, Peperoni und sau­re Gurken (?) belie­big und dahin­ge­wür­felt. So wird sich das Foto nicht ver­kau­fen, zumal ich auch kein belieb­tes Rezept wüss­te, bei der die Hauptzutaten aus die­ser Kombination bestünden.

Was sagt ihr? Stimmt ihr der Einschätzung zu?

Wer von mir auch kos­ten­los Tipps haben will, ob sei­ne Fotos „stock­taug­lich“ sind, kann ger­ne eben­falls mitmachen.

Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kur­ze Mail, in der ihr Euch vor­stellt, z. B. wie lan­ge ihr Fotos macht, mit wel­cher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos ver­kauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-​Branche vorhabt.
– Wenn ich aus­rei­chend Zeit habe für Bildbesprechungen, bit­te ich Euch, mir 5–10 Bilder in klei­ner Auflösung zu schicken.
– Diese wer­de ich dann in einem Blogbeitrag wie die­sem ver­öf­fent­li­chen (auf Wunsch auch anonym) und mei­ne Kommentare abge­ben aus Business-​Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, son­dern wie ver­käuf­lich das Foto sein könn­te oder wie es ver­käuf­li­cher gemacht wer­den könnte.
– Mit Wartezeit von eini­gen Wochen ist bis zur Veröffentlichung lei­der zu rechnen.

Kritisch, ehr­lich, subjektiv.