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Bildagentur EyeEm beendet Subventionierung von Bildverkäufen bei Getty Images

Gestern war wie­der Zahltag bei der Bildagentur EyeEm. Die Freude dar­über war jedoch getrübt, weil etli­che Fotografen über nied­ri­ge Centbeträge in ihren Abrechnungen erstaunt waren.

Das waren Fotografen bei EyeEm nicht gewohnt, denn in der Vergangenheit gab es fes­te Mindestvergütungen für Verkäufe über die Partneragentur Getty Images.

Verkaufsmeldung von EyeEm über Getty Images für 0,06 USD

Diese wur­den nie irgend­wo öffent­lich bekannt­ge­ge­ben, aber mit genug Verkäufen kann man die Zeitpunkte leicht her­aus­fin­den, wann die­se Mindestvergütungen gesenkt wurden:

Mindestvergütungen an die Fotografen von Verkäufen aus der EyeEm-​Kollektion auf Getty Images:
bis ein­schließ­lich April 2016: 5 USD
ab Mai 2016: 3,50 USD
ab Juni 2016: 3 USD
ab November 2016: 2 USD
ab Juni 2018: 1 USD
ab Mai 2019: kei­ne Mindestvergütung

Das heißt, dass sich nun auch EyeEm-​Fotografen über die absurd nied­ri­gen Verkaufspreise bei Getty ärgern dür­fen. Mein neu­es Rekordtief liegt bei 0,06 USD pro Verkauf, ande­re Fotografen berich­te­ten gar von 0,03 USD-Verkäufen.

Das ist für Fotografen, die via iStock oder auf über ande­re Kanäle bei Getty Images ver­kau­fen, nichts Neues. Fotografen von Macrostock-​Verteilern wie Westend61 oder Imagebroker ärgern sich schon deut­lich län­ger über teils ein­stel­li­ge Centbeträge in den Abrechnungen von Getty Images.

Bemerkenswerter war bis­her viel­mehr, dass EyeEm als eine der weni­gen Agenturen in der Lage war, trotz die­ser Preispolitik Mindestvergütungen zu garan­tie­ren. Wie sie das schaff­ten, wuss­te kei­ner, aber es war in der Bilderbranche ein offe­nes Geheimnis, dass das nur über Zuzahlungen aus eige­ner Tasche gehen könnte.

So war es dann auch, wie EyeEm ges­tern in der inof­fi­zi­el­len Facebook-​Gruppe „EyeEm Market Worldwide“ durch deren CTO und Co-​Gründer Ramzi Rizk hier bekannt gab:

[…] Since the start, we made the decis­i­on to sub­si­di­ze any pho­tos that were sold through third-​party part­ners for less than $2. We did this from our belief that your work should be com­pen­sa­ted fair­ly. Starting this month, we will no lon­ger sub­si­di­ze part­ner sales (sales of images on part­ne­ring pho­to plat­forms). This means that some of you will see sales under $1. As our sales through Getty and other part­ners increase, stop­ping sub­si­dies is the only sus­tainable way to con­ti­nue licen­sing through third par­ties.

Just as we did at the start of our jour­ney, we con­ti­nue to see this as an equal part­ner­ship and are com­mit­ted to always pay you 50% of all reve­nues from your image sales. Our team’s main focus has been to impro­ve your oppor­tu­ni­ties on EyeEm Market, whe­re we are able to con­trol the pri­ces and gua­ran­tee fair com­pen­sa­ti­on. Our Market is gro­wing at a very healt­hy pace, and as it grows, so will your sales. Many of you have alre­a­dy seen royal­ties from tho­se sales gro­wing over the past months. […]“

Screenshot der infor­mel­len EyeEm-Mitteilung

Warum hat EyeEm die Subventionierung beendet?

Wie im obi­gen Zitat tref­fend erwähnt wird, ist es natür­lich nicht nach­hal­tig und lang­fris­tig öko­no­mi­scher Selbstmord, wenn man mehr Geld an die Fotografen wei­ter­reicht, als ein­ge­nom­men wur­de. Je mehr Bilder von EyeEm bei Getty Images online sind, des­to grö­ßer wird das Problem.

Die Partnerschaft mit Getty Images wur­de im März 2014 kurz nach Bekanntgabe des eige­nen „EyeEm Market“ unter ande­rem hier ange­kün­digt, eben­so der Fotografenanteil von 50%. Dass vor die­sen Einnahmen jedoch noch der Getty-​Anteil abge­zo­gen wur­de, war vie­len Hobby-​Fotografen jedoch sehr lan­ge nicht bewusst. Der Getty-​Anteil ist nicht bekannt, wird bran­chen­in­tern jedoch auf 60–80% geschätzt.

Aktuell sind über 6,2 Mio. EyeEm-​Bilder bei Getty Images online (von aktu­ell ca. 25 Mio. Creative-​Bildern bei Getty Images ins­ge­samt), das sind schon 25% des gesam­ten Creative-​Bildbestands bei Getty und mit Abstand die größ­te Kollektion. Allein im letz­ten Jahr ist sie um fast zwei Mio. Bilder gewach­sen. Klar, dass da nicht mehr jeder Verkauf sub­ven­tio­niert wer­den kann. Viel span­nen­der ist jedoch die Frage:

Warum hat EyeEm überhaupt Verkäufe subventioniert?

EyeEm hat sich seit der Gründung Mitte 2011 haupt­säch­lich als „Foto-​Community“ gese­hen und ver­gli­chen sich eher mit Plattformen wie Flickr, Instagram oder 500px statt mit Shutterstock oder Fotolia. Der Verkaufsaspekt kam erst spä­ter und wur­de (und wird immer noch) eher stief­müt­ter­lich behandelt.

Verkäufe waren für EyeEm vor allem ein wei­te­res Mittel, mehr Benutzer auf die Plattform zu locken, denn in der Tech-​Start-​Up-​Ökonomie sind die Kennzahlen vor allem Nutzer(-Zuwachs), Uploads und „Engagement“. Das Hashtag dafür war #EyeEmPaid, was sich jah­re­lang gut bei Twitter und Konsorten mach­te, solan­ge der Verkaufspreis nie nied­ri­ger als 5 (bzw. spä­ter 2) US-​Dollar war.

Man könn­te fast zynisch sagen, die Subventionierung der Verkäufe mit den dar­aus resul­tie­ren­den Jubelmeldungen war nichts ande­res als cle­ve­res Marketing.

Auch Artikel wie „How I made $10,000 on Eyeem Market“ oder „I made $1,254.93 in four months with #EyeEmPaid, do you want to know how?“, wel­che so oder ähn­lich jah­re­lang in der EyeEm App pro­mi­nent plat­ziert wur­den, lesen sich ange­sichts der Subventionierung gleich mit ganz ande­ren Augen.

Im April 2015 erhielt EyeEm von Finanzinvestoren ins­ge­samt 18 Mio. USD, was das groß­zü­gi­ge Aufrunden von Mini-​Beträgen natür­lich erleich­tert, aber auch so eine Summe ist irgend­wann aufgebraucht.

Übrigens: Auch die sehr umständ­li­che Handhabung der Modelverträge erscheint so in einem neu­en Licht: Beim Verschicken von Links an die Models wur­den die­se eben­falls moti­viert, sich bei EyeEm anzu­mel­den, um so das Wachstum zu nähren.

(Anynomisierte) auto­ma­ti­sche Email an ein Model nach Unterzeichnen des Modelvertrags (Pfeil von mir eingefügt)

Wie geht es weiter?

Die EyeEm-​Fotografen wur­den jetzt aus ihrer Traumblase geholt und lan­den auf dem har­ten Boden der Stock-​Realität. Sie sehen jetzt, für wie viel (bzw. genau­er gesagt: für wie wenig) Geld Getty Images ihre Bilder wirk­lich ver­kauft, trotz Listenpreisen von bis zu 475 Euro pro Bild.

Wenn wir die nied­rigs­te gemel­de­te Kommission von 0,03 USD als Rechenbeispiel neh­men, wäre das bei geschätz­ten 60–80% Getty-​Anteil ein Verkaufspreis von 15–30 US-​Cent pro Verkauf! Da fragt man sich schon, was für „maß­ge­schnei­der­te“ Abo-​Pakete Getty Images da den Großkunden als „Premium Access“ anbie­tet.

Was sagt ihr zu dem Ganzen?