Nach einer turbulenten Woche wieder eine bekannte Art von Artikel: Die nächste Folge von „Pimp My Stock!“, in der ich Fotos auf ihre Verkäuflichkeit hin beurteile. Wer ebenfalls kostenlos mitmachen will, findet hier alle Informationen.
Diesmal schrieb mir Olaf:
„Hallo Robert, erstmal einen schönen guten Abend.
Mein Name ist Olaf Barth, ich wohne in Mainz und bin 49 Jahre alt.
Tja, warum ich dir schreibe, dürfte auf der Hand liegen. Ich interessiere mich seit neustem für die Stockfotografie. Warum nicht seine Bilder, die man macht, versuchen zu verkaufen … aber bis jetzt bin ich noch nicht sehr weit gekommen, heißt ich habe noch gar nicht angefangen, da ich einfach nicht weiß, ob meine Bilder dazu taugen, verkauft zu werden. Ich finde es toll, dass es Menschen gibt, die auch nur mal so ohne gleich etwas zu verlangen, Hilfe anbieten 🙂
Fotografieren tue ich seit ca. 15 Monaten, aber wenn man keinen kennt, der dir sagt, das und das könntest du verbessern oder das hast du gut gemacht, weiß man eben nicht, wo man genau mit seinen Bildern steht. Spezialisiert (wenn man davon überhaupt sprechen kann) hab ich mich auf Makrofotografie, es macht mir einfach Spaß, kleine Dinge groß rauszubringen 😉
Fotografieren tue ich mit Nikon (3200) zwei Sigma Objektiven (ein Makro ein Tele) und dem Kit Objektiv von Nikon (18–105). Nichts Spektakuläres, aber der Geldbeutel muß es ja auch hergeben können … nach oben geht immer (vorausgesetzt man kann es sich leisten)
Ich würde mich freuen wenn du meine Bilder beurteilen würdest, kannst auch ruhig meinen Namen nennen … ich freu mich von dir zu lesen.
So, ich häng dann mal was an 😉
Liebe Grüße, Olaf“
Schauen wir uns seine Bilder an:
Das erste Bild zeigt ein Low-Key-Portrait einer roten Rose. Da glaube ich nicht, dass es sich als Stockfoto gut verkaufen wird, weil es erstens zu dunkel ist, um genug für eine Aussage zu erkennen und zweitens Rosen ein eher sehr gut abgedeckter Motivbereich sind. Als „Fine Art“-Print für Poster oder andere „In-Demand“-Produkte könnte das Bild vielleicht geeignet sein, wobei mich auch da das grüne Blatt als dünner Streifen oben links stört.
Das zweite Bild zeigt eine Orchidee. Hier würde ich das Bild spiegeln, weil es dann besser an die Blickrichtung angepasst ist. Mir gefällt, dass das Bild reduziert ist und die Blüte betont. Außerdem hat das Bild oben genug Textfreiraum. Kann man anbieten, zu den Blumenbildern später aber noch mehr.
Das kaputte Ei im Eierbecher ist eine witzige Idee. Gab es zwar auch schon, ist aber egal. Auf den ersten Blick stört hier oben rechts die Tischdecke, die jedoch leicht retuschiert werden kann. Die Beleuchtung ist etwas (zu) hart und ich wäre eher auf „Augenhöhe“ mit dem Ei gegangen. Ein dicker Filzstift hätte sich für das Gesicht angeboten, weil dann die Mimik schneller und leichter erkennbar wäre. Von der Aussage ein brauchbares Stockfoto mit der richtigen Verschlagwortung, in der jetzigen Ausführung jedoch verbesserungswürdig.
Das dritte Foto zeigt ebenfalls eine Orchideenblüte, diesmal sehr symmetrisch. Technisch okay, wobei ich das Weiß der Blüte mehr mittels einer Tonwertkorrektur herausgearbeitet hätte. Kann als Stockfoto angeboten werden, die möglichen Nutzungszwecke sind jedoch begrenzt.
Das nächste Bild zeigt vermutlich die gleiche Orchideenblüte wie am Anfang. Hier ist oben rechts in Teil des Lichtaufbaus zu sehen, was vermieden werden sollte. Unten ist auch ein Teil der Orchidee abgeschnitten, was hier negativ auffällt. Zusätzlich kommt hinzu, dass dunkle Stockfotos nicht so gerne gekauft werden wie helle. Dem Bild rechne ich also nicht so viele Chancen aus.
Das letzte Bild zeigt ein Feld mit vielen Blumen. Als Hintergrund zum Thema Frühling ist das Bild sicher geeignet, die Unschärfe im oberen Teil kann als Textfreiraum dienen und die Komposition ist ausgewogen. Gefällt mir. Hier wird aber auch sichtbar, wie winzige Änderungen in der Nachbearbeitung die Chancen des Bildes noch deutlich steigern können.
Im Original sieht das Bild etwas verwaschen und kontrastarm aus. Ich habe innerhalb einer Minute die drei Standardwerkzeuge Tonwertkorrektur, Sättigung und Gradationskurve angewandt, um das Bild deutlich „knackiger“ aussehen zu lassen. So verkauft es sich als Stockfoto deutlich besser.
Da fünf der sechs eingereichten Fotos Blumenbilder waren, möchte ich kurz auf einen alten, aber immer noch aktuellen Artikel von mir hinweisen. Unter dem Titel „4 typische Anfänger-Fehler bei Blumenfotos“ gibt es einige Tipps, um seine Blumenfotos besser zu gestalten.
Blumenfotos sind insgesamt schwer als Stockfotos zu verkaufen, weil sie zum einen von sehr vielen Leuten fotografiert werden. Andererseits sind die Nutzungsmöglichkeiten solcher Bilder etwas beschränkt. Das absolute Minimum sollte deshalb eine korrekte Beschriftung der Pflanze – auch mit ihrem lateinischen Namen – sein, um zumindest einige Lehrbuch-Verkäufe mitnehmen zu können. Am besten verkaufen sich Blumen, wenn sie eine zusätzliche Aussage haben, sei es als Industriepflanze (Raps), Symbol für Jahreszeiten (Tulpen, Sommerblumen) oder für bestimmte Feiertage (Blumensträuße zum Geburtstag usw.).
In dieser früheren Folge ging es auch schon darum, dass sich Bilder mit einem dunklen, düsteren Look nicht so gut verkaufen lassen. Das ist immer noch aktuell und trifft auch hier zu.
Was sagt ihr zu den Bildern?