Schon länger fasziniert mich das Geschäftsmodell „gratis“.
Wie kann man Geld mit etwas verdienen, was verschenkt wird? Dazu gibt es zum Beispiel das Buch „Free – Kostenlos: Geschäftsmodelle für die Herausforderungen des Internets“* von Chris Anderson (bekannt durch den „Long Tail“) oder die Juni-Ausgabe der Wirtschaftszeitschrift „brand eins“ mit den Themenschwerpunkt „Umsonst“.

Auch im Blog hatte ich hier schon mal beleuchtet, warum Fotografen kostenlose Bilder anbieten.
Heute soll es um die andere Seite gehen: Wie verdienen „Bildagenturen“ Geld, die ihre Bilder verschenken? Als Beispiel will ich die Webseite Pixabay nehmen, über die es vor einer Weile diesen längeren Artikel bei „Online Marketing Rockstars“ gab. Darin steht der sehr spannende Satz:
„Das Monetarisierungsmodell fußt dabei auf nur einer Säule. User, die pixabay.com nutzen, ohne sich anzumelden, bekommen auf jeder Suchergebnisseite und auf den Bilderdetailseiten selber eine Reihe von Stockfotos der börsennotierten Fotobörse Shutterstock angezeigt. Kauft ein Nutzer dort in der Folge ein Bild, gibt es eine Affiliate-Provision.“
Mit dieser Methode erzielt Pixabay laut dem Pixabay-CEO Hans Braxmeister mit nur vier Mitarbeitern über 100.000 Euro Umsatz im Jahr.
Wie wird der Umsatz genau erzielt?
Als erstes muss es genug Leute geben, die ihre Bilder Pixabay und deren Nutzern gratis zur Verfügung stellen. Das geschieht in diesem Fall nicht nur unter einer „Creative Commons“-BY-Lizenz, welche auch die kostenlose kommerzielle Nutzung bei Namensnennung erlaubt, sondern sogar unter der „Creative Commons CCO“-Lizenz. das bedeutet: Die Bilder werden in die „Public Domain“ gegeben, sind also gemeinfrei und die Fotografen verzichten weltweit auf alle urheberrechtlichen und verwandten Schutzrechte.
Über Suchmaschinen wie Google Images landen Nutzer, die kostenlose Bilder zur freien Verwendung suchen, auf Seiten wie Pixabay. Dort können sie wie bei Microstock-Agenturen nach Keywords suchen. Zusätzlich zu den kostenlosen Bildern werden als Ergebnis auch kostenpflichtige Bilder vom Affiliate-Partner Shutterstock angeboten, die meist viel attraktiver aussehen.
Entscheidet sich der Bildsucher dafür, doch kein kostenloses Bild zu nehmen, sondern eins bei Shutterstock zu lizenzieren, bekommt Pixabay eine Affiliate-Provision vom Kauf.
Auf der Affiliate-Seite von Shutterstock werden aktuell 20% als Kommission für geworbene Käufer genannt. Wenn wir den oben genannten Zahlen Glauben schenken, erzielt Shutterstock also ca. 500.000 Euro Umsatz durch Pixabay im Jahr, von denen Pixabay ein Fünftel abbekommt, bleiben 400.000 Euro pro Jahr für Shutterstock.
Das Problem für Kunden von Pixabay
So rosig die Zahlen für Pixabay auch klingt, die Leidtragenden sind die Nutzer und Fotografen von Pixabay.
Schauen wir uns mal drei Bildbeispiele von der Seite an:
Die sechs Bilder rechts sind die „kommerziellen Bilder“ von Shutterstock (noch am Wasserzeichen erkennbar). Darüber steht „CCO Public Domain. Freie kommerzielle Nutzung“. Damit suggiert Pixabay unwissenden Nutzern, dass das Bild ohne Probleme für kommerzielle Zwecke genutzt werden könne. Erst etwas versteckt in den Nutzungsbedingungen und den FAQ wird darauf hingewiesen, dass bei werblicher Nutzung eine zusätzliche Erlaubnis von Markeninhabern nötig ist. Im obigen Bild wäre das beispielsweise Apple, um Bild unten Porsche.
Für Leute, die mal schnell ein kostenloses Bild suchen und von den rechtlichen Aspekten wenig Ahnung haben, werden also widersprüchliche Signale gesendet, die schnell mal mißverstanden werden können und dann teuer werden könnten.
Angesichts dessen, dass bei der strengeren Creative Commons-CC-SA-Lizenz des Bundesarchivs die überwiegende Mehrheit der Nutzer sich nicht an die Lizenzbedingungen gehalten hat, kann bei Pixybay Ähnliches vermutet werden.
Fotografen hingegen haben ganz andere Probleme.
Das Problem der Pixabay-Fotografen
Es mag Gründe geben, warum Fotografen ihre Fotos verschenken. Acht Gründe hatte ich hier genannt.Da ich als jemand, der vom Verkauf seiner Fotos lebt, etwas voreingenommen bin, könnt ihr hier ein Interview mit Gerd Altmann lesen, einem Hobbyfotografen, der hier bei Pixabay mittlerweile mehr als 14.000 Bilder online hat, die in knapp fünf Jahren zusammen mehr als 12 Millionen (!) Downloads erzielt haben.
Im Interview heißt es unter anderem:
„In meinem Beruf als Altenpfleger fehlt es leider oft an dem Applaus, den ich jedenfalls für meine tägliche Ego-Stabilität brauche. […] Natürlich würde ich auch Geld mit meinen Bildern verdienen wollen, aber leider habe ich nie gelernt, wie man das macht. Ich besitze einfach diese Fähigkeit nicht, aus meinen Talenten Kapital zu schlagen. Kaufmännische Eigenschaften fehlen mir gänzlich, ebenso die Gabe, andere von meiner eigenen Richtigkeit zu überzeugen und für diese überzeugte Richtigkeit zu kassieren.“
Es gibt aber auch gewichtige Gründe dagegen, denn das Geldverdienen ist der Knackpunkt. Etliche neue Fotografen nutzen die Gratisplattformen als Einstieg, weil sie unsicher sind ob ihre Bilder verkäuflich sind. Wenn sie dort gengend Downloads erzielt haben, wollen sie meist versuchen, ihre Bilder woanders zu verkaufen.
Das geht zumindest mit den gleichen Bildern meist nicht mehr. So sagt Adobe Stock (als Antwort auf eine Support-Anfrage) zum Beispiel ganz klar:
„Bilder die auf einer weiteren Platform zum kostenlosen Download angeboten werden, sind von Adobe Stock ausgeschlossen.“
Auch bei Shutterstock heißt es hier eindeutig:
„Public domain content cannot be submitted under any circumstances.“
Das Gleiche gilt auch für fast alle anderen Bildagenturen, weil sich jede Agentur in der Regel versichern lässt, dass der Fotograf der Inhaber aller notwendigen Urheber- und anderer Schutzrechte sind. Genau diese geben Fotografen aber ab, wenn sie ihre Bilder bei Pixabay in die „Public Domain“ entlassen.
Der Pixybay-Anbieter Harald Landsrath musste das schmerzlich am eigenen Leib erfahren. Er wollte seine Bilder nach einem knappen Jahr bei Pixabay über Microstock-Agenturen anbieten, was diese jedoch nicht erlaubten.
Ich fragte ihn via Facebook, warum er bei Pixabay angeboten hatte und was ihn zum Wechselwunsch veranlasst hatte. Er schrieb mir:
„Der Grund lag darin, dass ich nicht mit kommerzieller Absicht angefangen habe und meine Bilder von einer Community bewerten lassen wollte. Anhand der Statistiken bei PIXABAY (Downloads, Aufrufe, Daumen). Außerdem hörte man von anderen dass dort immer wieder mal ein „Kaffee“ spendiert wird (Spende). Die Spendenbereitschaft bei PIXABAY ist allerdings äußerst gering. So verzeichnete ich mit über 200 Bildern, 8 Monaten bisher 38.000 Downloads und ca. 6 € Spenden von 3 Spendern. Daher dann der Gedanke, diese nun doch zu verkaufen. Klar ist es ärgerlich, dass ich diese Bilder nicht mehr verwerten kann – allerdings ist man hinterher immer schlauer.“
Wenn wir diese Zahlen zugrunde legen und die ca. 315fachen Downloads von Gerd Altmann auf die Geldspenden umrechnen, können wir ca. 2.000 Euro Einnahmen (in fünf Jahren) für dessen 12 Millionen Downloads vermuten.
Versuchen wir mal, dass zu Downloads bei Microstock-Agenturen zu setzen. Angenommen, er würde nur 0,1% der Downloads bei Fotolia haben, hätte er dort ca. 12.000 Downloads erzielt. Selbst wenn alle in der kleinsten Bildgröße XS stattgefunden hätten, wären das immer noch ca. 3000 Euro Einnahmen gewesen.
Harald wies mich auch darauf hin, dass andere Seiten wie diese hier einige seiner Fotos zum kostenlosen Download anbieten und ebenfalls Spendengelder einsammeln, die jedoch (entgegen anderslautender Information auf der Webseite) beim Seitenbetreiber verbleiben würden. Alles legal soweit, weil es Public-Domain-Bilder sind. Es verdienen also Pixabay, Shutterstock und ggf. andere Webseiten an den Fotos, nur der Fotograf so gut wie nichts.
Warum machen Microstock-Agenturen da mit?
Ich habe ehrlich gesagt meine Probleme, zu verstehen, warum Microstock-Agenturen, die vom Bilderverkauf leben, bei diesem System mitspielen. Es heißt in der Branche, dass es sehr teuer sei, Neukunden zu generieren, weshalb diese Millionen Gratisdownloads sozusagen zähneknirschend akzeptiert werden, wenn dadurch einige neue Käufer zur Bildagentur finden.
Offensichtlich kann Shutterstock damit ja ca. eine halbe Million Euro Umsatz im Jahr generieren, von denen jedoch 20% gleich wieder abfließen. Unklar ist leider, wie hoch der Umsatzverlust ist, der durch die großen Gratisplattformen verursacht wird. In diesem Interview von 2016 spricht der Pixabay-CEO von über 5 Millionen Seitenabrufen pro Tag. Wenn wir annehmen, dass nur 0,1% dieser Abrufe zu einem Download führen würden, wären das immer noch 50.000 Downloads pro Tag. Das wären mehr als 18 Millionen entgangene Bildnutzungen pro Jahr, die Shutterstock oder eine andere Agentur nicht monetarisieren könnten.
Was sagt ihr dazu? Welche Erfahrungen habt ihr mit Pixabay gemacht?
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