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Wie hat Covid-​19 die Verkäufe bei Bildagenturen verändert?

Die Covid-​19-​Pandemie ist das domi­nie­ren­de Thema welt­weit seit über einem hal­ben Jahr. Das wirkt sich auch auf die Bildsprache der Bildagenturen aus.

Wie genau die­se Veränderungen aus­se­hen, wol­len wir uns heu­te ansehen.

Schon am 1. April (ohne Scherz) habe ich in die­sem Artikel von mir eini­ge Prognosen auf­ge­stellt: Der Bildbedarf wer­de sin­ken und es wür­den haupt­säch­lich Motive mit direk­tem oder indi­rek­tem Coronavirus-​Bezug verkauft.

Ersteres wür­de ich nicht mehr behaup­ten, denn zumin­dest in mei­nem Portfolio konn­te ich kei­nen Rückgang der Downloadzahlen bemer­ken, im Gegenteil: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stie­gen mei­ne Downloads um 8% an.

Die zwei­te Vorhersage ist aber ein­ge­tre­ten, und wie. Schon Anfang September hat­te ich hier bei Facebook gepos­tet, dass sich 18 Bilder mei­ner Top-​20-​Bestseller des letz­ten Halbjahres rund um Covid-​19 drehen:

Seien es Medizin-​Bilder, Videokonferenzen oder 3D-​Renderings, immer war der Corona-​Bezug deut­lich bemerkbar.

Das betraf nicht nur mein Portfolio, son­dern gan­ze Agenturen.
Adobe Stock hat kürz­lich die­sen „Creativity Insights“-Report ver­öf­fent­licht mit vie­len span­nen­den Zahlen (aus den USA).

Die Bildsuchen nach dem Begriff „vir­tu­al“ sind nach dem 14. März 2020 im Vergleich zum Zeitraum seit Jahresbeginn um das 5,7fache gestie­gen. Virtuelle Welten sind dem­nach deut­lich belieb­ter gewor­den als per­sön­li­che Treffen.

Wandel bei den Bestsellern

Sichtbar wird die­ser Corona-​Wandel sehr gut im Vergleich der monat­li­chen Adobe-​Stock-Bestseller von 2019 und 2020 in der Kategorie „People“:

Bestseller der Kategorie „People“ bei Adobe Stock nach Monaten sortiert

Wie ihr seht, sind seit März fast aus­schließ­lich Videokonferenzen bzw. Leute mit Mundschutz als Bildthema der Bestseller im Vergleich zu den glück­li­chen Gruppen oder gesta­pel­ten Händen.

Ein Ausreißer ist der Juni, wo die „Black Lives Matter“-Bewegung stark im Fokus der Nachrichten war.

Ähnlich sieht es in der Kategorie „Business“ aus: 

Bestseller der Kategorie „Business“ bei Adobe Stock nach Monaten sortiert

Seit März gibt es fast nur „Home Office“-Bilder in den Bestsellern, ger­ne kom­bi­niert mit der Videokonferenz, wäh­rend vor­her der Handschlag das belieb­tes­te Motiv war.

Auch in der „Wissenschaft“-Kategorie gab es im März 2020 nur Corona-​bezogene Bilder in den Top 10 Bestsellern, was sich aktu­ell auf „nur“ 6 von 10 Bildern der Top 10 abge­senkt hat.

Im Rahmen der „Black Lives Matter“-Proteste konn­te Adobe auch einen sehr deut­li­chen Anstieg der Suchbegriffe „diver­si­ty“„African American“, “Black Lives Matter“ und „pro­test“ verzeichnen.

Vor weni­gen Tagen ver­öf­fent­lich­te auch die Bildagentur EyeEm ihren „Visual Trends 2021“-Report und kommt zu ähn­li­chen Erkenntnissen wie Adobe.

Sie pro­gnos­ti­zie­ren einen Zuwachs bei den Themen „Social Rebellion“ und „Environmental Urgency“ und erwar­ten eine erhöh­te Nachfrage nach Natur- und Reise-​Bildern. Hier zäh­len jedoch nicht Massentourismus am Ballermann, son­dern ein­sa­me Orte, aus­ge­tre­te­ne Wanderwege und bei Personen im Bild natür­lich Abstand und ggf. Gesichtsmaske.

Covid-​19 und Coronavirus: Die Stockfotografie in der Krise

Seit eini­gen Wochen hält das Coronavirus nicht nur Deutschland, son­dern die gesam­te Welt in Atem. Die Medien ken­nen kaum noch ande­re Themen, Ausgangssperren, Kontaktverbote und Quarantäne-​Maßnahmen ver­än­dern Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur.

Welche Auswirkungen hat der Coronavirus und des­sen Folgen auf die Fotografie, spe­zi­ell natür­lich die Stockfotografie?

Dieses Foto eines Ärzte-​OP-​Teams im Einsatz kann hier lizen­ziert wer­den*

Ich wer­de die Situation von zwei Seiten betrach­ten: Der Angebotsseite und der Nachfrageseite.

Stockfotografie-​Angebot in der Coronakrise

Auf der Angebotsseite haben Stockfotografen einer­seits das gro­ße „Glück“, dass sich hier kurz­fris­tig ein Thema prä­sen­tiert, was vor­her noch nicht tau­send­fach foto­gra­fisch umge­setzt wurde.

Teilweise sogar im Gegenteil: Statt Business-​Handshakes ist nun der „Corona-​Bump“* ange­sagt, statt glück­li­chen Gruppen kon­zen­triert arbei­ten­de Einzelpersonen im Home Office. Das ist im Grunde der Traum jedes Stockfotografen: Ein neu zu beackern­des Thema, wel­ches gleich­zei­tig eine hohe Nachfrage hat, doch dazu spä­ter mehr.

Blöd ist nur, dass man auf­grund von Kontaktverboten und Ausgangsbeschränkungen kaum noch raus­ge­hen kann, um neue Bilder zu machen. Einige Stockfotografen beschrän­ken sich auf Tabletop-​Bilder und ver­su­chen, Konzepte zu illus­trie­ren. Andere retu­schie­ren ein­fach nach­träg­lich einen Mundschutz über ihre bis­he­ri­gen Bürobilder (wie mein Kollege Lev hier*). Einige tra­gen ein­fach aktu­el­le Suchbegriffe bei pas­sen­den alten Bildern nach und wie­der ande­re hor­ten wert­vol­le FFP3-​Schutzmasken als Requisiten, die dann in Krankenhäusern fehlen.

Für Auftragsfotografen, denen gera­de die Jobs weg­bre­chen, bie­tet sich die Stockfotografie aktu­ell als will­kom­me­ne Alternative an. Zeit zum Bearbeiten alter Aufnahmen ist genug vor­han­den und die Bildagenturen kön­nen wei­ter­hin belie­fert wer­den. Angesichts der bei fast allen Agenturen spür­bar län­ge­ren Freischaltzeit gehe ich von einem gestie­ge­nen Bildervolumen aus.

Stockfotografie-​Nachfrage in der Coronakrise

Auf der Nachfrageseite sieht es ähn­lich gemischt aus. Da vie­le Geschäfte geschlos­sen sind, fal­len not­wen­di­ge Werbemaßnahmen weg, ande­rer­seits besteht ein gro­ßer Bedarf an neu­en Motiven, weil die übli­chen „Heile-​Welt-​Motive“ aktu­ell nicht ganz passen.

Einige Agenturen wir Panthermedia nut­zen die Situation, um eine „Marketing-​Soforthilfe“ für klei­ne Unternehmen anzu­bie­ten, die 5 Bilder kos­ten­los erhal­ten kön­nen (limi­tiert auf 100.000 Bilder). Klingt für mich eher nach einer Umbenennung der übli­chen Gratis-​Bilder für Neukunden.

Bei den Auftragsfotografen bre­chen gebuch­te Shootings gera­de rei­hen­wei­se weg, die­se feh­len­den Bilder wer­den immer­hin zum Teil bei Bildagenturen lizen­ziert. Angesichts der finan­zi­el­len Risiken, wel­che Unternehmen gera­de spü­ren, besteht in der Stockfotografie jedoch die Gefahr, dass vor allem die Kostenlos-​Portale davon pro­fi­tie­ren. So stie­gen die Downloads bei Unsplash um ca. 10% vom Februar zum März von 72 auf 79 Mio. Downloads.

Insgesamt wer­den aber sehr viel mehr Coronavirus-​verwandte Motive gekauft, wel­che sich in drei Gruppen auf­tei­len lassen:

  1. Darstellungen des Coronavirus selbst*
  2. kor­rek­te Verhaltensweisen (Hände waschen*, Ellenbogen-​Gruß, Mundschutz tra­gen*, kon­takt­los bezah­len etc.)
  3. Folgen der Krise (Ärzte*, Krankenhäuser*, Videokonferenzen, Home Office)

Der Monat März war von den Verkäufen hier noch ganz okay, ich ver­mu­te aber, den Einbruch wer­den wir im April stär­ker beob­ach­ten kön­nen. Wer denn kei­ne aktu­ell rele­van­ten Motive hat, wird das noch stär­ker spü­ren, weil der Platz in den Medien (Printfläche/​Sendezeit) beschränkt ist und viel davon dem Covid-​19-​Thema gewid­met wird. Es wird ins­ge­samt weni­ger gekauft und dann eher die neu­en Corona-Motive.

Corona-​Soforthilfe

Freischaffende Künstlerinnen und Künstler kön­nen in NRW zwar ab sofort hier 2.000 Euro Soforthilfe bean­tra­gen, wenn sie wegen „abge­sag­ter Engagements“ in finan­zi­el­le Notlage gera­ten, aber die­sen Nachweis kön­nen Stockfotografen lei­der schwer erbringen.

Bundesweit gibt es ein ähn­li­ches Hilfsprogramm für Selbständige, Freiberufler und klei­ne Unternehmen. Wer als Fotograf aktu­ell unter Umsatzausfällen zu lei­den hat, soll­te sich das Programm genau­er ansehen.

Außerdem gilt, an die Zeit nach dem Coronavirus zu den­ken: Was kommt danach? Wie kann ich das bebildern?

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