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Umfrage zu Berufsfotografen: Umsätze, Corona-​Auswirkungen, Auftragslage und mehr

Die Webseite berufsfotografen.com ver­öf­fent­licht jähr­lich eine gro­ße Umfrage, wel­che sie unter ihren Mitgliedern gemacht haben, um aktu­el­le Zahlen zur Lage der pro­fes­sio­nel­len Fotografen in Deutschland zu erhalten.

Für das Jahr 2020 dreh­ten sich vie­le Fragen natür­lich um Corona: Welche Auswirkungen hat­ten der Lockdown, die Kontaktbeschränkungen und so wei­ter auf die Auftragslage und das Finanzpolster der Fotografen?

60% der befrag­ten Fotografen gaben an, star­ke oder sehr star­ke Auswirkungen der Corona-​Krise auf deren Beruf zu spü­ren. 73% der Fotografen hat­ten „sehr vie­le“ Auftragsstornierungen bis April 2020:

(alle Grafiken sind der ver­link­ten PDF von berufsfotografen.com entnommen)

Immerhin gaben nur 10% der Fotografen an, „sehr vie­le“ Zahlungsausfälle durch Corona zu haben, jedoch sag­te ca. ein Drittel der Fotografen, dass Aufträge „sehr oft“ ver­scho­ben wer­den mussten.

Die Anzahl der Fotografen, wel­che weder beruf­li­che noch pri­va­te Rücklagen hat, hat sich Anfang 2021 im Vergleich zum April 2020 auf 24% erhöht.

Die Fotografen nut­zen ver­schie­de­ne Möglichkeiten, um ihre Betriebsausgaben zu reduzieren:

39% mahn­ten offe­ne Rechnungen an, eben­so­vie­le Fotografen redu­zier­ten ihre Steuervorauszahlungen. Fast ein Viertel der Fotografen redu­zier­te die Krankenversicherung, 22% senk­ten ihren Betrag an die Künstlersozialkasse. Fast jeder fünf­te Fotograf muss­te einen Zweitjob annehmen.

Knapp die Hälfte der befrag­ten Fotografen hat eine Corona-​Unterstützung in Anspruch genom­men, 18% davon muss­ten das erhal­te­ne Geld jedooch teil­wei­se oder voll­stän­dig wie­der zurückzahlen.

Sehr span­nend ist auch der Bereich „Geld ver­die­nen“ ab Seite 26 im PDF. Dort ist zu sehen, dass die Fotografen statt Hochzeiten nun Portraits als den Bereich mit den meis­ten Jobs sehen, wäh­rend die Verdienstmöglichkeiten im Industrie-​Bereich als am größ­ten ein­ge­schätzt wer­den. Vor der Corona-​Krise lagen Hochzeiten noch auf dem ers­ten Platz.

Die Umsatzmöglichkeiten von Fotografen beschrän­ken sich nicht nur auf Fotoshootings, wenn auch die­se mit 88% mit Abstand der größ­te Bereich sind. Die Bildbearbeitung als Einnahmequelle folgt auf dem zwei­ten Platz mit 42%, den drit­ten Platz sichert sich der Verkauf von Davon muss­ten. Die Stockfotografie wird nur von 4% als Einnahmequelle gesehen:

Die Tagessätze für freie Fotografen haben sich durch die Corona-​Krise kaum ver­än­dert. Im Werbebereich lag der Tagessatz 2020 meist bei 100‑1499 €, im redak­tio­nel­len Bereich und bei Privatkunden gerin­ger bei 600–899 €.

In der Umfrage gibt es auch noch etli­che Antworten zur Auftragskalkulation, zur Ausbildung, zur Fotografie als Nebenerwerb und zu den Zukunfsaussichten.

Die gesam­te Umfrage kann hier auf der Webseite von berufsfotografen.com als PDF ange­se­hen und her­un­ter­ge­la­den werden.

Covid-​19 und Coronavirus: Die Stockfotografie in der Krise

Seit eini­gen Wochen hält das Coronavirus nicht nur Deutschland, son­dern die gesam­te Welt in Atem. Die Medien ken­nen kaum noch ande­re Themen, Ausgangssperren, Kontaktverbote und Quarantäne-​Maßnahmen ver­än­dern Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur.

Welche Auswirkungen hat der Coronavirus und des­sen Folgen auf die Fotografie, spe­zi­ell natür­lich die Stockfotografie?

Dieses Foto eines Ärzte-​OP-​Teams im Einsatz kann hier lizen­ziert wer­den*

Ich wer­de die Situation von zwei Seiten betrach­ten: Der Angebotsseite und der Nachfrageseite.

Stockfotografie-​Angebot in der Coronakrise

Auf der Angebotsseite haben Stockfotografen einer­seits das gro­ße „Glück“, dass sich hier kurz­fris­tig ein Thema prä­sen­tiert, was vor­her noch nicht tau­send­fach foto­gra­fisch umge­setzt wurde.

Teilweise sogar im Gegenteil: Statt Business-​Handshakes ist nun der „Corona-​Bump“* ange­sagt, statt glück­li­chen Gruppen kon­zen­triert arbei­ten­de Einzelpersonen im Home Office. Das ist im Grunde der Traum jedes Stockfotografen: Ein neu zu beackern­des Thema, wel­ches gleich­zei­tig eine hohe Nachfrage hat, doch dazu spä­ter mehr.

Blöd ist nur, dass man auf­grund von Kontaktverboten und Ausgangsbeschränkungen kaum noch raus­ge­hen kann, um neue Bilder zu machen. Einige Stockfotografen beschrän­ken sich auf Tabletop-​Bilder und ver­su­chen, Konzepte zu illus­trie­ren. Andere retu­schie­ren ein­fach nach­träg­lich einen Mundschutz über ihre bis­he­ri­gen Bürobilder (wie mein Kollege Lev hier*). Einige tra­gen ein­fach aktu­el­le Suchbegriffe bei pas­sen­den alten Bildern nach und wie­der ande­re hor­ten wert­vol­le FFP3-​Schutzmasken als Requisiten, die dann in Krankenhäusern fehlen.

Für Auftragsfotografen, denen gera­de die Jobs weg­bre­chen, bie­tet sich die Stockfotografie aktu­ell als will­kom­me­ne Alternative an. Zeit zum Bearbeiten alter Aufnahmen ist genug vor­han­den und die Bildagenturen kön­nen wei­ter­hin belie­fert wer­den. Angesichts der bei fast allen Agenturen spür­bar län­ge­ren Freischaltzeit gehe ich von einem gestie­ge­nen Bildervolumen aus.

Stockfotografie-​Nachfrage in der Coronakrise

Auf der Nachfrageseite sieht es ähn­lich gemischt aus. Da vie­le Geschäfte geschlos­sen sind, fal­len not­wen­di­ge Werbemaßnahmen weg, ande­rer­seits besteht ein gro­ßer Bedarf an neu­en Motiven, weil die übli­chen „Heile-​Welt-​Motive“ aktu­ell nicht ganz passen.

Einige Agenturen wir Panthermedia nut­zen die Situation, um eine „Marketing-​Soforthilfe“ für klei­ne Unternehmen anzu­bie­ten, die 5 Bilder kos­ten­los erhal­ten kön­nen (limi­tiert auf 100.000 Bilder). Klingt für mich eher nach einer Umbenennung der übli­chen Gratis-​Bilder für Neukunden.

Bei den Auftragsfotografen bre­chen gebuch­te Shootings gera­de rei­hen­wei­se weg, die­se feh­len­den Bilder wer­den immer­hin zum Teil bei Bildagenturen lizen­ziert. Angesichts der finan­zi­el­len Risiken, wel­che Unternehmen gera­de spü­ren, besteht in der Stockfotografie jedoch die Gefahr, dass vor allem die Kostenlos-​Portale davon pro­fi­tie­ren. So stie­gen die Downloads bei Unsplash um ca. 10% vom Februar zum März von 72 auf 79 Mio. Downloads.

Insgesamt wer­den aber sehr viel mehr Coronavirus-​verwandte Motive gekauft, wel­che sich in drei Gruppen auf­tei­len lassen:

  1. Darstellungen des Coronavirus selbst*
  2. kor­rek­te Verhaltensweisen (Hände waschen*, Ellenbogen-​Gruß, Mundschutz tra­gen*, kon­takt­los bezah­len etc.)
  3. Folgen der Krise (Ärzte*, Krankenhäuser*, Videokonferenzen, Home Office)

Der Monat März war von den Verkäufen hier noch ganz okay, ich ver­mu­te aber, den Einbruch wer­den wir im April stär­ker beob­ach­ten kön­nen. Wer denn kei­ne aktu­ell rele­van­ten Motive hat, wird das noch stär­ker spü­ren, weil der Platz in den Medien (Printfläche/​Sendezeit) beschränkt ist und viel davon dem Covid-​19-​Thema gewid­met wird. Es wird ins­ge­samt weni­ger gekauft und dann eher die neu­en Corona-Motive.

Corona-​Soforthilfe

Freischaffende Künstlerinnen und Künstler kön­nen in NRW zwar ab sofort hier 2.000 Euro Soforthilfe bean­tra­gen, wenn sie wegen „abge­sag­ter Engagements“ in finan­zi­el­le Notlage gera­ten, aber die­sen Nachweis kön­nen Stockfotografen lei­der schwer erbringen.

Bundesweit gibt es ein ähn­li­ches Hilfsprogramm für Selbständige, Freiberufler und klei­ne Unternehmen. Wer als Fotograf aktu­ell unter Umsatzausfällen zu lei­den hat, soll­te sich das Programm genau­er ansehen.

Außerdem gilt, an die Zeit nach dem Coronavirus zu den­ken: Was kommt danach? Wie kann ich das bebildern?

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