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Photocase startet Kampagne gegen kostenlose Bilder – und erkennt die Ironie nicht

Die deut­sche Bildagentur Photocase hat kürz­lich eine Kampagne für bezahl­ten Content gestar­tet unter dem Hashtag #NotForFree.

Auf der Kampagnen-​Webseite der Bildagentur gibt es ca. 30 Bilder, wel­che Fotografinnen und Fotografen der Agentur zusam­men mit dem oben genann­ten Hashtag zeigen.

Damit will die Bildagentur demons­trie­ren, dass auch kos­ten­lo­se Fotos von Menschen erstellt wer­den, wel­che unter ande­rem ihre Miete und Lebensmittel bezah­len müs­sen, was nur mit Likes und Klicks lei­der noch nicht mög­lich ist.

So, toll die Grundidee ist, wirkt die Aktion doch sehr zahn­los. Außer paar net­ten Bildchen auf der Kampagnen-​Webseite sind dort kei­ne Inhalte, Argumente, Daten oder Fakten zu fin­den sind, um die Ziel-​Aussage zu unter­mau­ern. Dabei gäbe es etli­che Dinge über kos­ten­lo­se Angebote zu berich­ten, wie ich es bei­spiels­wei­se hier oder hier oder hier getan habe.

Dazu kommt, dass die Geschichte dop­pelt iro­nisch ist.

Zum einen sind die 30 Kampagnen-​Fotos selbst kos­ten­los:

Die Fotos in die­ser Kollektion kön­nen kos­ten­los im Rahmen der #NotForFree-Kampagne ver­wen­det wer­den, dür­fen aber nicht ver­än­dert werden.“

Außerdem ist einer der bei­den Geschäftsführer der Photocase Addicts GmbH, der Firma hin­ter der Bildagentur Photocase, Christopher Kraft. Dieser Herr ist unter ande­rem auch Geschäftsführer der Idenio GmbH, wel­che etli­che dubio­se Affiliate-​Marketing-​Webseiten zum Thema Stockfotos, Stockvideos und ähn­li­chen Themen betreibt.

Diese Webseite hat den glei­chen Geschäftsführer wie Photocase

Darunter auch die Webseite fotoskaufen.de, auf der es etli­che Artikel wie „Die 27 bes­ten Webseiten für kos­ten­lo­se Fotos in 2022!“ gibt und gan­ze Kategorien zum Thema „Kostenlose Bilder“. Auch auf der Idenio-​Webseite videoskaufen.de wer­den den Lesern als kos­ten­lo­se Videoquellen Pixabay, Videvo etc. emp­foh­len.

Herr Kraft ist auch Geschäftsführer der Stockphotos.com GmbH, wel­che die eng­lisch­spra­chi­ge Webseite stockphotos.com betreibt. Auch da gibt es Artikel wie „32 Best Sites for Free Stock Photos – The Secret List!“.

Da scheint die rech­te Hand nicht zu wis­sen, was die lin­ke Hand macht. Oder Photocase hält Fotografinnen und Fotografen für etwas beschränkt?

Photocase: Schuldenschnitt, neues Beteiligungssystem und neue Preise

Vor eini­gen Wochen kün­dig­te Photocase weit­rei­chen­de Änderungen an, dar­un­ter eine Umstellung des Honorarsystems.

Heute wur­den nun die Details per Email an die Fotografen bekannt­ge­ge­ben:
Kai Schneider gibt die Geschäftsführung von Photocase an Dittmar Frohmann und Christopher Kraft ab. Dittmar Frohmann war vor­her bei iStock, Fotolia, Getty Images, 500px und Eyeem beschäf­tigt. Nun soll er die Agentur auf Vordermann brin­gen. Wie und war­um? Dittmar Frohmann erklärt es in der Mail:

Ich hei­ße Dittmar Frohmann und habe schon vie­le Bildagenturen gese­hen. Doch hier bei Photocase fin­de ich das ers­te Mal ein fast per­fek­tes und vor allem sehr sym­pa­thi­sches Set-​Up vor: pri­ma Website, tol­le Künstlerportfolios, eine star­ke Community! Manche Korrekturen sind zwar schon erfor­der­lich, aber das meis­te wird hin­ter den Kulissen statt­fin­den und des­halb kaum auffallen.

Eine Sache lässt sich aller­dings weder ver­ber­gen noch schön schmin­ken, daher nen­nen wir das Kind doch gleich beim Namen: Die finan­zi­el­le Schieflage der Firma macht dras­ti­sche Maßnahmen erforderlich:

Schuldenschnitt
Für alle bis heu­te nicht aus­ge­zahl­ten Einnahmen bie­ten wir 50% an. Diese Maßnahme ist Grundvoraussetzung für das Überleben der Agentur. Ja, alle ver­lie­ren 50% der nicht abge­ru­fe­nen Einnahmen, aber bedenkt bit­te auch, wie viel Ihr bis­lang mit Photocase ver­dient habt und auch noch ver­die­nen wer­det. Das aktu­el­le Guthaben wird hier angezeigt.

Neues Beteiligungssystem
Bislang zah­len wir bis zu 60 % Beteiligung aus. Das ist nicht nur weit über dem Industriedurchschnitt,  son­dern ange­sichts der hohen Kosten für den Betrieb einer Agentur sowie der geplan­ten Marketingausgaben lei­der auch nicht rea­lis­tisch. Es wird statt­des­sen zukünf­tig ein erfolgs­ori­en­tier­tes Royalty-​System geben, in dem neue Künstler bei 20 % anfan­gen und dann suk­zes­si­ve über meh­re­re Stufen bis zu 50 % Umsatzbeteiligung erhalten. 

Neues Ranking-​System bei Photocase

Für Bestandskünstler wer­den die Aktivitäten der letz­ten bei­den Jahre nach einem Punktesystem ange­rech­net, das auf den Verkäufen und der Anzahl der in den letz­ten zwölf Monaten ange­nom­me­nen Bildern basiert. Das System beinhal­tet neun Stufen, die jeweils einem höhe­ren Anteil ent­spre­chen. Das aktu­el­le Ranking und der Punktestand wer­den im Account angezeigt. 

Neue Preise
Gleichzeitig sen­ken wir die Rabatte und erhö­hen in einem Monat auch noch die Bildpreise – teil­wei­se sogar dras­tisch, was dann wie­der euch, den Urhebern zugu­te kommt. Niedrigere Beteiligung, aber an einem höhe­ren Preis ergibt in vie­len Konstellationen eine attrak­ti­ve­re Ausschüttung pro Bildverkauf.

Beispielrechnung 1AltNeu
Standard-​Größe                                  15€25€
Künstleranteil in %50%30%
Künstleranteil in €7,50 €7,50 €
Beispielrechnung 2AltNeu
Standard-​Größe15€25€
Nutzung ohne Bildnachweis50€100€
Bildpreis65€125€
Künstleranteil in %50%30%
Künstleranteil in €33€38€

Das Zusammenspiel der neu­en Bildpreise mit den neu­en Royalties

Keine Frage, ich hät­te gern als ers­tes eine posi­ti­ve­re Botschaft über­bracht. Der Schuldenschnitt ist dras­tisch und wird sicher­lich vie­len weh­tun, doch er ist not­wen­dig. Nur so lässt sich lang­fris­tig der Bestand der Agentur sichern. Die ange­kün­dig­ten Maßnahmen erfor­dern auch einer Änderung der Upload-​Bedingungen. Wer nicht mehr dabei sein will, kann das per E‑Mail mit­tei­len. Alle Änderungen grei­fen in vier Wochen, also am 16. Juli 2019. Die Upload-​Bedingungen, der Schuldenschnitt und die ande­ren Änderungen gel­ten als ange­nom­men, wenn vom Widerspruch kei­nen Gebrauch gemacht wird.
Ich bit­te alle Künstler*innen, uns trotz oder viel­leicht sogar wegen obi­ger Maßnahmen wei­ter die Treue zu halten. 

Photocase bleibt grund­sätz­lich wie es ist und wird sich zukünf­tig sogar noch mehr in Richtung Qualität und Premium-​Markt bewe­gen. Wir wer­den uns inter­na­tio­na­ler und auch pro­fes­sio­nel­ler auf­stel­len, akti­ver in der Vermarktung und noch anspruchs­vol­ler im Repertoire wer­den. Die Community wird wie­der gestärkt, u.a. mit Forumsmoderator*innen, einer Event-Koordinator*in und mehr Teilhabe an der Bildauswahl.

Neue Selektionsstrategie
Nicht zu früh freu­en. Die Tür bleibt hart, aber wir wer­den weni­ger nach ein­zel­nen Bildern im Heuhaufen suchen, son­dern nach Künstler*innen, die dem Photocase-​Gedanken und ‑Anspruch ent­spre­chen. Unsere Vision ist es, ein plau­si­bles und attrak­ti­ves Gegenmodell zu all den belie­bi­gen Stock-​Sites zu wer­den, indem wir ohne Tamtam die gesell­schaft­li­che Vielfalt und ein dif­fe­ren­zier­tes Bild die­ser Erde darstellen.“

Das ist eine sel­ten ehr­li­che Mail mit viel Klartext, der trotz allem für Fotografen eines bedeu­tet: Weniger Umsatzbeteiligung (bei mir 33%-Kürzung von 45 auf 30%) und eine Halbierung der nicht abge­ru­fe­nen Einnahmen. Ob die­se Maßnahmen, kom­bi­niert mit höhe­ren Bildpreisen den Umsatz der Fotografen und der Agentur sichern wer­den, bleibt abzu­war­ten. Ähnliches haben in der Vergangenheit auch Alamy, Pond5, 123rf, Imagebroker und Clipcanvas versucht.

Die Meinungen hier im Forum von Photocase sind durch­aus gespalten.