Lange galten Bildagenturen als reaktionärer Hort veralteter Bildklischees, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Wir sparen uns jetzt mal den Link auf den Haufen Tumblr-Blogs, die nichts anderes machen, als „awkward stock photos“ oder „Stock Photo Clichés“ zu sammeln.

In letzter Zeit jedoch versuchen Bildagenturen vermehrt, ihr Image als Hüter veralteter Bildsprache abzustreifen. Das geschieht auf zwei Arten.
Einerseits gibt es Bestrebungen, zu reaktionäre oder offensive Bildsprache nicht neu in das Agentur-Portfolio aufzunehmen, andererseits werden Kampagnen gestartet, mit denen Bilder kreiert werden sollen, die näher an der Lebenswirklichkeit sind. Authentisch halt.
Als Beispiele für den ersten Trend kann zum Beispiel der Vorstoß von Shutterstock gelten, keine Affenbilder in unnatürlichen Posen mehr anzunehmen. Dazu zählt zum Beispiel das Tragen von Kleidung, Hüten oder Sonnenbrillen durch Menschenaffen, Aufnahmen dieser Tiere in Studioumgebung oder aus dem Zirkus, das Zeigen unnatürlicher Verhaltensweisen wie Tanzen oder das Händchenhalten mit Menschen.
Getty Images und iStock lehnen seit einer Weile Nacktbilder ab, wenn sie zu klischeehaft, obszön, stereotypisch oder sexistisch sind. Der volle Wortlaut der Ablehnungen lautet:
„Getty Images and iStock by Getty Images does accept artistic partial and full nudity in photography. However, we reserve the right to reject/deactivate any image, including images that we feel are clichéd, overtly stereotypical, too explicit, verge on the pornographic, obscene or represents gender roles in a sexist manner. We may also reject/deactivate images in these categories that we feel are not commercially viable.“
Aus den Forumsberichten von Fotografen lässt sich schließen, dass damit zum Beispiel Bilder gemeint sind, auf denen Frauen unterwürfig dargestellt sind oder wo die Nacktheit nichts mit dem sonstigen Bildinhalt zu tun hat. Beispielhaft sei hier das „Sexy Santa“-Klischee genannt, wo halbnackte Frauen mit Weihnachtsmütze auf dem Kopf einen Weihnachtsmann oder Weihnachtsengel darstellen sollen.
Um Bilder mit modernerer Bildsprache und diskriminierungsfreien Inhalten zu erhalten, gibt oder gab es einige Kampagnen seitens der Bildagenturen. Getty Images startete das Projekt „Repicturing Homelessness“, bei der Obdachlose als Models for Stockfotos herhalten und die Verkaufserlöse gespendet werden. Dem Branchenmagazin Horizont gegenüber sagte Paul Foster, Senior Director Creative Content bei Getty Images:
„Wir wissen, wie sehr Bilder zur Schaffung, aber auch zum Abbau von Stereotypen beitragen können und sehen diese Zusammenarbeit als Chance, die derzeitige Wahrnehmung zu hinterfragen und das Bewusstsein für Obdachlose zu stärken.“
Außerdem arbeitete Getty Images 2017 mit der Campaign Against Living Miserably (CALM) zusammen, um die Bildwelten rund um „mentale Krankheiten“ neu zu denken.
Der letzte Workshop von Adobe Stock in Berlin im November 2017 stand unter dem Motto „Frauen/Bilder“. Dort wurden mehrere Plus Size-Models für das Shooting gebucht, um der „Body Positivy“ Rechnung zu tragen.

Auch Shutterstock hat den Kampf um Frauenrechte und frische Bilder dazu als einen der „Creative Trends“ für 2018 ausgemacht. Passend dazu ist „Masculinity Undone“ einer der visuellen Trends 2018 laut Getty Images.
Die Münchner Bildagentur Westend61 feiert für dieses Jahr die Rückkehr der „Lohas“ (Lifestyles of Health and Sustainability) mit sauberer Technik und ethischem Konsum in ihrem Trendreport.
Die Zeiten, in denen ein Motiv als „out“ galt, sobald es sich in den Bildagenturen durchgesetzt hat, sind vorbei. Die Agenturen achten darauf, den Anschluss an moderne Bildsprachen nicht zu verlieren oder diese sogar gleich selbst mitzuprägen. Ob das gelingt, wird sich zeigen.