Man kann von Getty Images halten, was man will, aber eins trauen sie sich: Entscheidungen zu treffen. Auch wenn diese nicht immer so richtig durchdacht wirken.
Im November 2019 beendete Getty Images das „right managed“-Lizenzmodell, mit dem Bildkäufer sich unter anderem exklusive Bildrechte für bestimmte Regionen, Branchen etc. kaufen konnten, was sie als Feature „Market Freeze“ nannten.
Paul Banwell (Senior Director, Contributor Relations von Getty Images) pries noch im März 2019 „Market Freeze“ so an:
„We will soon begin including a base level of Exclusivity into RM licenses called Market Freeze, which will allow customers exclusive use of an image for the combination of use, industry, geography, and duration of any commercial use license. This is sometimes known as “spot” Exclusivity but we’re calling it Market Freeze since this term is well understood in the industry. Market Freeze would not apply to editorial use licenses.“
Nun gibt es keine RM-Bilder bei Getty Images mehr, aber den saftigen Aufpreis für die Möglichkeit, Bilder vom Verkauf zu sperren, wollte sich Getty nicht entgehen lassen und führt deshalb „Market Freeze“ auch für „royalty free“-Bilder (RF) ein:

Wer das Feature aktiviert, bekommt einen großen lilafarbenen „Mehr erfahren“-Button zu sehen und wer da draufklickt, kann folgendes lesen:

Wer sich in der Bilderbranche auskennt, beginnt das Problem zu ahnen: Wie kann Getty Images „Exklusivität“ für RF-Bilder garantieren, die gar nicht exklusiv sind? Bestes Beispiel sind die mehr als 7 Mio. Bilder aus der EyeEm-Collection, wie im Screenshot oben zu sehen. Getty Images hat ja anscheind schon Probleme, Duplikate auf ihrer eigenen Webseite zu filtern.
Die korrekte Antwort ist deshalb:
Getty kann KEINE Exklusivität für alle Bilder garantieren!
Deswegen wird auch tunlichst das Wort „Exklusivität“ vermieden, sondern nur davon gesprochen, dass das Bild auf DEREN (also der Getty-)Webseite nicht mehr erhältlich ist. Das tröstet Bildnutzer aber nur wenig, wenn die Konkurrenz das gleiche Material weiterhin auf etlichen anderen Webseiten erhält. Besonders weh tut das beim Preis, den Getty Images für den „Market Freeze“ aufruft:

Ein „Buyout“ soll 25.000 Euro kosten, die Sperrung für ein ganzes Jahr immerhin 9.000 Euro. Auch für Bilder wohlgemerkt, die weiterhin über andere Bildagenturen käuflich erhältlich sind.
Natürlich könnte Getty Images das Problem ganz einfach lösen, indem sie das „Market Freeze“-Feature nur für Material anbieten, welches sie exklusiv anbieten. Dass sie darauf verzichten, zeigt, für wie klug sie ihre Kunden halten.
Immerhin behalten sie den Namen eines Features bei, welches bei RM-Material damals von Paul Banwell noch so beworben wurde:
„By embedding exclusivity into RM, we are taking advantage of usage histories and limited licensing volumes to provide distinct reasons why certain customers would choose rights-managed over royalty-free and commissioned shoots.
Market Freeze will showcase content which is ready for exclusive, commercial licensing. Creative content where we are unable to offer Market Freeze will continue to be available, but only to customers with Premium Access agreements.“
Während bei RM-Material noch offensiv von Exklusivität geredet wurde, wird nun bei RF-Material darauf verzichtet, nur der Name „Market Freeze“ bleibt.
Für die Kunden bleibt unter dem Strich: Sie kaufen mit dem Feature für viel Geld eine wertlose Garantie, wenn sie nicht selbst aktiv kontrollieren, ob ihr gewünschtes Bild wirklich exklusiv bei Getty Images angeboten wird.
Wie Getty Images einen „Buyout“, also eigentlich den Komplettverkauf eines Bildes, welches es nicht exklusiv anbietet, durchsetzen will, bleibt das große Geheimnis von Getty Images.
UPDATE 11.08.2020:
Getty Images äußert sich hier auf die englische Version meines Artikels mit einigen weiterführenden Erklärungen.