Im Juli veröffentlichte Steve Gibson in seinem „Microstock Insider“-Blog einen lesenswerten Artikel, in dem er – jetzt gut festhalten – eine Lanze für niedrige Fotografenhonorare bricht. Mit seiner Erlaubnis habe ich diesen Artikel übersetzt und ich bin gespannt, ob ihr seine Ausführungen unterstreichen würdet. Los geht’s, Steve:

Wie wird das Geld, was ein Bildkäufer ausgibt, zwischen Fotografen, der Bildagentur und einigen Mittelsmännern aufgeteilt?
Die Antwort ist relativ einfach: Manchmal ist es einfach nicht klar.
Als erstes eine Begriffsklärung:
- Honorar (Royalty) – Die Bezahlung, die ein Fotograf oder Illustrator erhält, wenn eins seiner Werke verkauft wurde.
- Kommission – Das Geld, das eine Bildagentur vom Verkauf erhält für die Ausführung der Transaktion und um Kosten abzudecken. Kommissionen werden auch an Wiederverkäufer (Verteiler) und Vermittler, die Käufer bringen, ausgeschüttet. (Traditionelle Bildagenturen bzw. Macrostock-Agenturen nennen oft ihre Kommissionsrate, also den Betrag, den sie einbehalten, im Gegensatz zur Honorarrate.
Oft wird auch das Wort „royalty“ für Kommissionen benutzt. Ich bin nicht sicher, wie das zustande kam, denn es sorgt auf jeden Fall für Konfusionen und ein kurzer Blick auf die großen Microstock-Seiten zeigt, dass vor allem Begriffe wie „Einnahmen“ oder „Auszahlungsbetrag“ verwendet werden, um die Situation zu klären. Es ist nicht hilfreich, dass wir in einer Industrie arbeiten, deren Geschäftsmodell auf Amateurfotografen gegründet wurde und in die uns „royalties“ auszahlt für unsere „royalty-free“-Fotos (natürlich sind diese nur royalty-free für den Käufer).
Der Unterschied zwischen Kommissionen und Honorar kann auch wichtige Steuerunterschiede bringen, denn als Fotograf, der an einem Affiliate-Programm teilnimmt, verdient man sowohl Kommissionen für empfohlene Käufer als auch Honorar für die verkauften Bilder.
Wie wird der Honorar-Kuchen aufgeteilt?
Es gibt drei Hauptausgaben zu berücksichtigen, wenn die Dienste betrachtet werden, die digitale Downloads anbieten und bei der Aufteilung der Honorare:
- Geld zum Betrieb des Dienstes und für die Finanztransaktionen
- Marketing- und Werbungskosten
- Honorare für die Urheber
Jeder dieser Ausgaben enthält Kosten und eine Gewinnspanne. Zum Beispiel könnte es einen Dollar kosten, ein Foto zu machen, aber um im Geschäft zu bleiben, musst Du zwei Dollar beim Verkauf dafür berechnen, wenn Du auch die nächste Kamera, das Dach über dem Kopf und Deinen Gewinn bezahlen willst.
Wiederverkäufe (Syndikation) & Affiliate-Verkäufe
Diese Verkäufe haben unterschiedliche Kosten für eine Bildagentur, denn eine dritte Partei fand den Käufer, womit die direkten Marketingkosten null sind (das Branding ausgenommen) und im Falle eines Wiederverkäufers muss die Agentur nicht dessen Webseite betreiben oder Kundenservice anbieten. Andererseits generieren solche Verkäufe zusätzliche Kosten durch die Affiliate- oder Wiederveräufer-Kommissionen.
Beim Thema „Wiederverkauf“ machen wir ein ganz anderes Fass aus: Einige Agenturen zahlen einen höheren Preis für Wiederverkäufer-Verkäufe (obwohl man nicht wirklich mehr pro Verkauf erhält), da die Agentur selbst weniger pro Verkauf verdient – der Wiederverkäufer behält seinen Teil der Kommission. Wiederverkäufer-Verkäufe sind etwas anderes als Affiliate-Verkäufe, da die Agentur bei letzteren trotzdem Kundendienst, Zahlungsabrechnung, Seitenzugriff für den Download und so weiter anbieten muss. Bei den Wiederkäufern sorgen diese selbst dafür.
Grob gesprochen gibt es drei verschiedene Typen von Microstock-Käufern, die den Agenturen unterschiedliche Einnahmen bringen und unterschiedliche Ausgaben erfordern:
Ausgaben Käufertyp |
Direktverkauf |
Affiliate-Kauf |
Wiederverkäufer |
Such-API |
Ja |
Ja |
Ja |
Hosting und Bandbreite |
Ja |
Ja |
Ja |
Fotografenverwaltung |
Ja |
Ja |
Ja |
Bildredaktion |
Ja |
Ja |
Ja |
Fotografenhonorar |
Ja |
Ja |
Ja |
Webseiten-Frontend |
Ja |
Ja |
Nein |
Kundenservice |
Ja |
Ja |
Nein |
Zahlungsabwicklung |
Ja |
Ja |
Nein |
Marketing und PR |
Ja |
Nein |
Nein |
Kommissionen an Dritte |
Nein |
Ja |
Ja |
Darüber hinaus haben alle Agenturen zusätzliche Kosten wie sie andere Firmen auch haben, zum Beispiel Buchhaltung, Personalkosten, Management und so weiter.
Wie viel Geld wird nun dafür ausgegeben?
Das ist die Eine-Million-Dollar-Frage. Mit Ausnahme der Honorarsätze und Kommissionen halten die Agenturen diese Informationen sehr geheim. Shutterstock jedoch hat einige dieser Informationen im Rahmen des geplanten Börsengangs veröffentlicht. Dadurch bekommen wir eine ungefähre Vorstellung, wie die Top-Microstockagenturen ihre Einnahmen ausgeben:

Zu den Betriebskosten zählen die Fotografenhonorare, Kreditkartengebühren, Bildredaktion, Kundendienstkosten, Infrastrukturkosten für das Betreiben der Webseite und den dazugehörigen Angestellten, Raummieten und andere Kosten. Im oben verlinkten IPO werden die gezeigten Segmente noch genauer definiert.
Wie steht Microstock im Vergleich zu anderen Industrien da?
Im Microstock-Bereich bleibt das meiste Geld bei den Agenturen. Es gibt verschiedene Gründe dafür, unter anderem den Fakt, dass bei niedrigen Verkaufspreisen die Kosten des Verkaufs verhältnismäßig hoch sind. Wie du sicher weißt, muss man viele billige Fotos verkaufen, um die Kosten für deren Erstellung wieder einzuspielen.

Was ist mit anderen virtuellen Gütern wie iTunes und Apps?
Microstock scheint dem Vergleich ganz gut standzuhalten. Bei iTunes verdient ein Musiker ca. 9 Cent bei einem Verkaufspreis von 1,29 USD. Das ist der Betrag, der übrig bleibt, nachdem die Plattenfirma ihren (großen) Anteil an den ca. 70 Cent genommen hat, die Apple ihnen gibt (Zahlen gelten nur für die USA).
Unabhängige Musiker können die gesamten 70 Cent behalten, werden aber oft für das Hosting, Setup-Kosten und jährliche Gebühren etc. zur Kasse gebeten. Du siehst, welcher große Teil durch die Betriebskosten (Apple) und das Marketing (Plattenfirma) anfällt. Ich habe gelesen, dass die Musiker bis zu 50% des Plattenfirma-Anteils verdienen können, wenn die Kosten der Plattenfirma eingespielt wurden. Diese Teilung der Einnahmen ist nichts Neues, auch vor den digitalen Downloads bekamen Musiker nur einen kleinen Prozentsatz vom Preis der Platte ab.

Für den „Apps Store“ nimmt Apple eine Kommission von 30%, damit verbleiben 70% bei den Entwicklern der Software. Diese müssen für den Zugriff auf die Entwicklungssoftware bezahlen (ca. 99 – 299 USD pro Jahr). Diese Verteilung ist ähnlich wie bei iTunes, nur ohne den Marketing-Anteil der Plattenfirma. Der Entwickler bekommt die vollen 70%, muss jedoch das komplette Marketing übernehmen und sich um die Kundenbetreuung kümmern. Wie wir am Beispiel von Shutterstock gesehen haben, waren das dort fast 30% der Einnahmen. Der Android-Marktplatz hat ebenfalls den 70%-Anteil für seine Entwickler.
Aber Alamy kann 60% (40% Kommission) bei Fotos auszahlen?
Sie machen das bei ihren Bildern mit Standardpreisen, aber sie haben eine 50–50 Verteilung für ihre „Novel Use“-Bilder, was meines Erachtens ein besserer Vergleich mit Microstock ist. 60% Kommission nimmt Alamy auch für Vertriebs(partner)-Verkäufe.

Bis jetzt war es nicht Alamys Hauptgeschäftsfeld, ein Marktplatz im Microstock-Stil zu sein. Außerdem hat Alamy eine Geschichte von Änderungen an der Kommissionsstruktur, wenn sich die Geschäfte ändern und ich denke, das sollte jede Firma tun – es sind nicht nur die Microstock-Agenturen, die gezwungen sind, ihre Kommissionen zu ändern. Ich denke auch nicht, dass es fair ist, Alamy direkt mit Microstock-Agenturen zu vergleichen.
Ich kenne nicht die internen Details von Microstock- oder Macrostock-Agenturen, aber ich denke, es ist nachvollziehbar zu sagen, dass Alamy nur eine Handvoll Verkäufe braucht, um eine Zeitschriftenwerbung in Auftrag geben zu können, während eine Microstock-Agentur vermutlich über 1000 Bilder verkaufen muss, um sich die gleiche Anzeige leisten zu können. Die Kosten, um 1000 Kunden zu gewinnen, sind deutlich höher als nur einen Kunden zu gewinnen (Ich habe den Fakt ignoriert, dass durch niedrigere Bildpreise es einfacher sein kann, mehrere Verkäufe zu generieren wie auch den Fakt, dass es wahrscheinlich teurer ist, einen Macrostock-Kunden zu gewinnen als einen Microstock-Kunden).
Gib 5 Dollar über Paypal oder eine Kreditkarte aus und ca. 10% des Geldes werden von den Transaktionskosten aufgefressen. Gib einige hundert Dollar aus und die Kosten sinken auf einige Cent. Das ist der Grund, warum Agenturen Rabatte auf große Credit-Verkäufe geben. Auf einer Microstock-Seite können die Kosten, die entstehen, wenn jemand fünf Minuten auf eine Email antwortet oder der IT-Mitarbeiter einige Minuten an einem Serverproblem arbeitet, schnell den Gewinn eines Bildverkaufs vernichten.
Beweise der Geschichte
Clustershot war ein gutes Beispiel einer Bildagentur, die den Markt betrat, um Umsätze zu erzielen, aber nicht die Arbeit der Fotografen beworben hat. Deren Kommission vor nur 12%, was 88% für die Fotografen bedeutete (die auch die Paypal-Bearbeitungsgebühren zahlen mussten), lasst uns also 15% Kommission sagen. Mit diesem Level konnten sie ihre Kosten decken und damit meine ich, sie gingen bankrott. „Kosten decken“ heißt, kein Geld, keine Zeit oder sonstige Anreize zu haben, in den Service zu investieren. Es sieht so aus als wären 15% nicht genug Geld, um Downloads und Zahlungen zu bearbeiten.
Alamy beendete ihr „Alamy Red“-Kommissionssystem, bei dem sie nur 20% Kommission nahmen, aber eine Annahmegebühr von 2 Dollar verlangten und eine monatliche Hosting-Gebühr.
50% Honorar mag als attraktiv gelten, aber ich glaube, es gibt genug Beweise, dass Microstock-Agenturen, die 50% Honorar bieten, generell stagnieren, ich vermute, weil die Agenturen nicht genügend Ressourcen haben, um ins Wachstum zu investieren. Schaut man sich die Honorare bei den Top-Agenturen an (und ich mir die Agenturen mit den höchsten Umsätzen), fällt auf, dass alle deutlich weniger als 50% Honorar zahlen. Die verlinkte Tabelle ist grob sortiert nach Einnahmen und meist stimmt das mit der Sortierung des Honoraranteils überein – in anderen Worten: Ein hoher Honoraranteil ist für Fotografen nichts wert, du bist besser dran, über eine Agentur mit einem niedrigeren Honoraranteil zu verkaufen, die in der Lage sind, deutlich mehr zu verkaufen (und das eben auch machen!).
Es ist üblich für neue Start-Up-Agenturen, einen hohen Honoraranteil zu versprechen, um Fotografen anzulocken, egal, ob das ein weises Geschäftsmodell ist oder nicht. Es ist definitiv kein Signal, was als „wenn die das können, könnten es die anderen auch machen“ gelesen werden sollte. Als absolutes Minimum muss eine Agentur nachhaltig wirtschaften, aber sie brauchen mehr als das, sie müssen profitabel sein, um weiter investieren zu können, um wachsen zu können oder Risikokapital anzulocken.
Es scheint als wären ca. 30% Kommission ein üblicher Standard, den man nehmen sollte für das Hosting, die Downloadverwaltung und die Zahlungsabwicklung für irgendeine Transaktion virtueller Güter. Man könnte noch ergänzen, dass beim Bilderverkauf noch einige weitere Kosten anfallen, da zum Beispiel die Suche deutlich komplexer ist.
Subventionierung höherer Honorare
Einige Agenturen bieten mehr Honorar für exklusive Bilder (die zum gleichen Preis verkauft werden) und/oder höhere Honorare für umsatzstarke Fotografen. Während diese Fotografen qualitativ hochwertige Bilder haben, die zu reduzierten Kosten in der Bildredaktion führen, ist es mit Blick auf die Honorartabellen sehr offensichtlich, dass die Agenturen mit gestaffelten Honoraren den umsatzschwachen Fotografen deutlich niedrigere Honorare zahlen im Vergleich zu den Agenturen, die ein Honorar für alle anbieten. Während gestaffelte Honorare einen Anreiz schaffen, qualitativ bessere Bilder hochzuladen und mehr Verkäufe zu generieren, werden gleichzeitig die umsatzschwachen Fotografen bestraft, indem sie die höheren Honorare der Top-Fotografen subventionieren.
Doppeldeutige Worte: Worauf man beim Vergleich von Honoraranteilen achten sollte
Man könnte leicht annehmen, dass, wenn eine Agentur 25% Honoraranteil zahlt, man bei einem Bildverkauf für 5 Dollar 1,25 Dollar abbekommen würde. Das kann aber falsch sein. Wer die Vertragsbedingungen genau durchliest, merkt, dass er meist nur Anspruch auf 25% der „tatsächlichen Umsätze“, der „Nettoerlöse“ o.ä. hat. Einige Agenturen bieten einen festen Betrag pro Verkauf oder gekaufter Bildgröße, andere Agenturen bieten eine Prozentzahl, bei der es wichtig ist, dass das Verkaufssystem genau verstanden wird. Bietet die Agenturen zum Beispiel Rabatte bei Großeinkäufen an und werden diese Rabatte an den Fotografen weitergegeben?
Schlussfolgerung
Vor fünf Jahren lag der typische Microstock-Honoraranteil bei 30–50% und wurde seitdem niedriger und niedriger, weil die Agenturen immer mehr der Einnahmen für sich behalten.
Wo geht das ganze Geld hin? Das meiste Geld wird für das Marketing ausgegeben, aber ich vermute, dass große Teile auch in die Bilanz wandern, um sich als Agentur attraktiver für Investoren zu machen. iStockphoto gab hinter vorhgealtener Hand auch zu, dass sie nicht genug Profit mit ihrem Unternehmen machen würden, als sie zuletzt ihre Honorarstruktur änderten.
Es scheint eine gute Idee zu sein, als Fotografen „mit unseren Füßen abzustimmen“ und nur dort unsere Bilder hochzuladen, wo die Agenturen sich mit niedrigen Kommissionen zufrieden geben, aber die (vielleicht traurige) Wahrheit ist: Die Agenturen, die erfolgreich sind, wie die Plattenfirmen im Beispiel, sind die, welche den Großteil der Einnahmen wieder in Promotion und Marketing stecken. 50% von wenigen oder keinen Verkäufen ist weit weniger wünschenswert als 17% von etlichen Verkäufen.
