Mal abgesehen von der Abstufung bei Shutterstock ist Depositphotos 2021 die erste Bildagentur, welche eine Senkung der Anbieter-Kommissionen bekannt gibt.
Die Fotograf_innen und Designer_innen bei Depositphotos erhielten heute diese Email:
„Liebe Mitwirkende,
Als internationale Community müssen wir uns an den globalen Marktstandards orientieren und uns den Veränderungen anpassen, die im Hinblick auf das Jahr 2020 stattfinden. Wir mussten als Unternehmen Anpassungen vornehmen und möchten Sie über Aktualisierungen der Royaltys für Mitwirkende bei Depositphotos informieren, die ab dem 18. Januar 2021 in Kraft treten. Details zu den neuen Sätzen können Sie unter folgendem link einsehen
Es war kein einfaches Jahr, aber wir planen, weiterhin in den Erfolg der Depositphotos-Community zu investieren, um Ihnen zu helfen, Ihre Portfolios auszubauen und die Umsätze zu steigern. In diesem Jahr planen wir auch, weiterhin in die Verbesserung unserer Plattform mit neuen Funktionen zu investieren und Updates für unsere Suchmaschine einzuführen. Unser Ziel ist es, Ihre Arbeiten leicht findbar zu machen und Ihnen letztendlich zu helfen, mehr zu verkaufen. Darüber hinaus arbeiten wir ständig daran, den Kundenstamm von Depositphotos zu erweitern, als Teil unserer Bestrebungen, mehr Absatzmöglichkeiten für alle unsere Mitwirkenden zu schaffen.
Falls Sie Fragen haben, können Sie sich gerne an uns wenden: support@depositphotos.com
Freundliche Grüße ‚ Ihr Depositphotos-Team“
Damit die Details nicht untergehen, hier ein Screenshot der neu geltenden Kommissionen (Klicken zum Vergrößern):
Demnach erhalten Anbieter für Fotos und Vektoren ab dem 18.1.2021 nur noch 30–38% des Verkaufspreises (je nach Anbieter-Level). Vorher waren es 34–42%, vor dem 1.09.2015 waren es sogar noch 44–52%.
Für Abo-Downloads gab es bisher 30 bis 35 US-Cent, nun nur noch 25–33 Cent.
Details siehe dieser Screenshot:
Vergleich der Anbieter-Kommissionen bei Depositphotos vom 1.9.2015 bis 18.1.2021 (oben) und davor (unten)
Die Honorarkürzung entspricht demnach ca. 10% weniger.
Immerhin scheinen die notwendigen Verkäufe für das Erreichen eines höheren Anbieter-Levels gleich zu bleiben.
Die Geschichte der Depositphotos-Skandale
Auch mit der aktuellen Ankündigung reiht sich Depositphotos wieder weit hinten ein, was die Anbieter-Kommissionen angeht. Während die anderen Agenturen bei ihren Honorarsenkungen zumindest pro forma den Top-Verkäufern einen wie auch immer gearteten kleinen Bonus gönnen, werden hier pauschal durch die Bank jedem Anbieter-Level vier Prozentpunkte abgezogen.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Selbst der beste Verkäufer bei Depositphotos erhielt nun nur noch etwas mehr als ein Drittel des gesamten Verkaufspreises.
Aber an Kreativität zur Senkung der Fotografenhonorare hat es Depositphotos ja noch nie gemangelt. Ich erinnere da an das „Reseller-Programm“ von Depositphotos, welches ich 2014 mit aufgedeckt habe und was immer noch aktiv ist.
Gestern abend erhielten alle Shutterstock-Lieferanten eine Email, in der die Bildagentur eine neue Honorarstruktur ab dem 1. Juni 2020 ankündigte.
Diese sieht wie folgt aus für Bilder (Fotos, Illustrationen, Vektoren):
Image Level
Verkaufte Lizenzen im Jahr
Auszahlungsrate
Level 1
weniger als 101
15%
Level 2
101 – 250
20%
Level 3
251 – 500
25%
Level 4
501 – 2,500
30%
Level 5
2,501 – 25,000
35%
Level 6
mehr als 25,000
40%
und so für Videos:
Image Level
Verkaufte Lizenzen im Jahr
Auszahlungsrate
Level 1
weniger als 11
15%
Level 2
11 – 50
20%
Level 3
51 – 250
25%
Level 4
251 – 5,000
30%
Level 5
5,001 – 25,000
35%
Level 6
mehr als 25,000
40%
Neu ist demnach, dass der Honoraranteil abhängig ist von der Menge der jeweiligen Verkäufe des aktuellen Jahres, statt wie bisher von den gesamten Verkäufen seit Beginn der Mitgliedschaft.
Am 1. Januar eines jeden Jahres wird jeder Anbieter auf Level 1 zurückgesetzt und muss sich durch viele Verkäufe in den Leveln hocharbeiten, um mehr Prozentpunkte zu erhalten.
Die Level für Bilder und Videos werden getrennt berechnet, können also unterschiedlich für den gleichen Anbieter ausfallen.
Was bedeuten diese Änderungen für die Anbieter?
Um einschätzen zu können, wie sich die Änderung an der Vergütungsstruktur auf die Anbieter auswirkt, müssen wir zuerst wissen, wie die Honorarverteilung aktuell geregelt wird.
Demnach erhalten Anbieter je nach bisherigem Gesamtumsatz 25–38 US-Cent pro Abo-Download, 0,81–2,85USD für On-Demand-Verkäufe je nach Größe und Umsatz und 20–30% für jede erweiterte Lizenz. Für Video-Verkäufe gibt es pauschal 30%.
Im Dezember 2019 hatte Shutterstock bekannt gegeben, wie viel Geld sie bisher an ihre Anbieter ausgeschüttet hatten. Mit deren öffentlichen Quartalszahlen kombiniert konnte man daraus die durchschnittliche Anbieter-Kommission errechnen. Diese liegt demnach bei ca. 25,5%. Da Videos mit deren 30%-Anteil sowie höherpreisige Dienste wie Offset schon mit eingerechnet sind, dürfte die durchschnittliche Anbieter-Kommission für Bilder darunter liegen, vermutlich bei ca. 20%.
Mit diesem Wissen lässt sich die Änderung besser einordnen. Wer es also schafft, das Level 3 zu erreichen, sollte vermutlich ähnlich viel Umsatz erzielen wie bisher. Wer es darüber hinaus schafft, vielleicht sogar mehr.
Nur für die Leute, die sich auf Videos spezialisiert haben, ist das eine sehr schlechte Nachricht, denn diese müssen erst (jedes Jahr!) 250 Videos verkaufen, bevor sie wieder in Level 4 auf ihren alten Prozentsatz kommen.
Leider gibt eine große Unsicherheit. Denn die festen Vergütungen für die Abo-Verkäufen fallen weg. Auch dort wird nun prozentual abgerechnet, es gibt aber ein minimale Vergütung von 10 US-Cent. Zum Vergleich: Die Minimalvergütung bei Adobe Stock beträgt 33 US-Cent!
Da sich die wenigsten vorstellen können, wie viel sie nun pro Verkauf erhalten werden, habe ich basierend auf dieser Vorlage von Dinesh Hukmani eine Liste über die potentiell möglichen Verkaufserlöse erstellt (Klicken zum Vergrößern):
Die roten Zahlen sind die Werte, die ohne die minimale Vergütungsgrenze von 10 US-Cent darunter liegen würden.
Darin wird deutlich, dass man selbst im höchsten Level 6 im schlimmsten Fall deutlich weniger bekommen kann als bisher, wenn man die 10.000 US „Lifetime-Earnings“ erreicht hatte, um 38-US-Cent pro Abo-Download zu erhalten.
Bei einem 750-Bilder-Paket mit jährlicher Zahlung bekäme man statt 38 US-Cent nur noch 10 US-Cent, also fast ein Viertel!
Auch aktive Anfänger erhalten in der Regel weniger. Wer noch nicht die erste Hürde von 500 US-Dollar Umsatz erreicht hat, bekam bisher 25 US-Cent pro Abo-Download, ab Juni werden es in sechs Fällen 10–24 US-Cent sein, nur bei zwei Abo-Modellen bekäme man mit 30 bzw. 38 US-Cent mehr.
Fast schon müßig zu erwähnen ist es, dass Shutterstock natürlich bei der Honorarberechnung davon ausgeht, dass ein Bildkunde alle Bilder seines Abos ausnutzt. Tut der das nicht, streicht Shutterstock – wie aber auch schon bisher – die Differenz ein.
Die Abo-Verkäufe machen entgegen der landläufigen Meinung jedoch nur einen Teil der Gesamtumsätze bei Shutterstock aus. Laut dem Analyse-Tool Stock Performer habe ich zum Beispiel in den letzten Jahren halbwegs konstant ca. 44% Abo-Umsätze gehabt, der Rest waren 30% On-Demand-Downloads, 20% Single&Other und 6% Erweiterte Lizenzen. Für einige dieser Lizenzen gibt es ggf. mehr Prozente, für andere wiederum weniger.
Das Rätselraten also bleibt, wie sich die Umsätze entwickeln. Die Vermutung ist jedoch, dass auch Shutterstock rechnen kann und die möglichen Folgen basierend auf deren konkreten Zahlen vorausgehen hat, um sicherzugehen, dass sie unter dem Schnitt weniger zahlen werden als bisher.
Die veränderte Honorarstruktur ist deshalb vermutlich als Reaktion auf die stagnierende Umsatzentwicklung des Unternehmens zu sehen, um weiterhin – für eine Weile zumindest – mehr Gewinn ausweisen zu können.
Da jeder Anbieter sich jedes Jahr aufs neue ein hohes Level erst erarbeiten muss, wird das erste Quartal eines jeden Jahres für Shutterstock nun besonders lukrativ werden. Vor allem diese Regel empfinden viele alteingesessene Anbieter als ein Schlag ins Gesicht, weil sie jedes Jahr aufs Neue wie Anfänger behandelt werden.
Weitere Honorarkürzungen durch die Hintertür möglich
iStock und 123rf haben es vorgemacht. Die Bindung der Anbieterkommissionen an jährliche Verkaufszahlen ist ein guter Weg (aus Agentursicht), um eher unauffällig Honorarkürzungen vornehmen zu können. So hatte 123rf im Februar 2018 leise einige Level ersatzlos gestrichen und so einigen Anbietern Honorarkürzungen von bis zu 14% beschert.
Der Vorreiter in dieser Hinsicht ist jedoch iStock. Diese haben schon 2010 die Anbieterhonorare pauschal auf 15% gesenkt, nur für die Exklusivfotografen wurde ein ähnliches Ranking-System eingeführt, wo jedoch die das erreichte Ranking des Vorjahres ins nächste Jahr mit übernommen wird. Erfahrungsgemäß schaffen es exklusive Anbieter bei iStock ganz gut, ihr Level zu halten, auch wenn iStock ab und zu die Downloadzahlen für die Level erhöht.
Auch Preissenkungen der Abo-Pakete wirken sich bei Shutterstock nun im Gegensatz zu vorher direkt auf die Anbieter aus.
Was belohnt das neue Level-System?
Bisher galt bei Shutterstock: Je länger du dabei bist, desto mehr verdienst Du. Ähnlich war die Vergütungsstruktur bei Fotolia, die Adobe Stock ebenfalls Schritt für Schritt zurückgefahren hatte.
Der Nachteil für die Agenturen bei solchen Modellen ist, dass alte Anbieter, die gar nicht mehr aktiv Material liefern, weiterhin eine hohe Bezahlung bekommen, während neue Anbieter, die noch kein großes Portfolio haben, aber regelmäßig produzieren, weniger erhalten.
Mit dem neuen Level-System, welches Aktivität belohnt und Loyalität ignoriert, ist die Motivation für Anfänger und alte Hasen gleich groß, neues Material zu produzieren. Außerdem spielt das neue System die Fotografen mehr gegeneinander aus, weil das gesamte Agentur-Portfolio immer größer wird, es für den einzelnen Fotografen allein rechnerisch jedes Jahr schwieriger wird, die festgelegte Downloadgrenze zu erreichen.
Persönlich verarscht komme ich mir aber vor, wenn Shutterstock mehrmals das Wort „fair“ in den Mund nimmt, um die neue Änderung zu begründen:
„We aim to provide an avenue for contributors to be fairly rewarded for content that is performing well at the current time. The adjustments are being made to align with changes we have been seeing in the global market for creative content. They also help to create fair opportunities for all our contributors, and reward performance with greater earnings potential.“
Es gibt Modelle wie „BlackBox“, bei der verschiedene Anbieter zusammen in einen großen Account hochladen. Dafür müssen sie einige Prozentpunkte an den Accountverwalter abgeben, profitieren aber durch das höhere Verkaufsvolumen des Accounts von einem schnelleren Aufstieg innerhalb des Level-Systems.
Ob sich das mit den fehlenden Prozentpunkten und dem Kontrollverlust über die eigenen Bilder ausgleicht, muss jeder selbst entscheiden.
Warten auf Zahlen
Ob sich das neue Shutterstock-Modell für den einzelnen Anbieter eine Verbesserung oder Verschlechterung ist, werden wir frühestens Anfang Juli sehen, wenn die die Juni-Verkäufe im neuen System ausgewertet werden können.
Bis dahin vermute ich jedoch, dass Shutterstock das Level-System als Chance sieht, sich auf Kosten der Anbieter Geld für deren Aktionäre zu sparen.
Vor einer Woche stellten Mitglieder des Microstock-Forums microstockgroup in diesem Thread fest, dass sich deren Anbieter-Level bei der Bildagentur 123rf geändert habe und damit auch deren Honoraranteil.
Spannenderweise gibt es selbst jetzt, eine Woche nach der Änderung, keine offizielle Information seitens 123rf, sodass sich die Mitglieder des Forums mühsam selbst zusammenrechnen mussten, wie genau die Honorarkürzung stattfand und was die neuen Kommissionen sind.
Es scheint als wurden von den bisher zehn Anbieter-Leveln die beiden Level 2 (35% Kommission) und 4 (45% Kommission) ersatzlos gestrichen. Leute in diesen Leveln erhalten nun 30% bzw. 40% Kommission, was einer Honorarkürzung von ca. 14% bzw. ca. 11% entspricht.
Die neue Kommissionsstruktur findet sich versteckt hier auf der Seite von 123rf, die alte ist mittels der Wayback-Machine abrufbar. Der Einfachheit halber habe ich beide Kommissionsstrukturen hier grafisch gegenüber gestellt, weil 123rf vermutlich absichtlich im obigen Link die Credit-Ziele nicht mehr nennt:
Alte und (vermutete) neue Honorarstruktur bei 123rf. Änderung an den „Credit Totals“ bisher nicht von 123rf bestätigt. (Klicken zum Vergrößern)
Die letzte Kommissionänderung fand vor ziemlich genau sechs Jahren statt, damals hatte ich hier darüber berichtet.
Genau wie damals bei iStock, deren Honorarmodell hier offensichtlich Pate stand, wird das undurchsichtigere System nun genutzt, um klammheimlich mehr Gewinn auf Kosten etlicher Fotografen zu machen.
Besorgniserregend ist, dass selbst eine Woche nach Einführung der Honorarkürzung keine Nachricht von 123rf an die Fotografen ging. Vielleicht muss noch an der Argumentation gearbeitet werden, warum die Honorarkürzung die Agentur konkurrenzfähiger und damit attraktiver für die Fotografen mache.
Wer nicht weiß, ob er von der Honorarkürzung betroffen ist, muss hier als Anbieter eingeloggt in die „Einnahmen“-Übersicht gehen, und einen Abo-Verkauf in einer Tagesübersicht vom Februar mit einem vom Januar oder Dezember vergleichen.
Was sagt ihr dazu? Seid ihr ebenfalls betroffen?
Update 7.2.2018, 12:23:
Auf Nachfrage gab 123rf nun per Email bekannt: „As part of an initial phase, the 2nd and 4th Tier has been removed from the previous Contributor Commission Structure. We understand that these changes have caused a lot of concern among Contributors but rest assured, the coming phase would be good news for Contributors. All the changes will be conveyed in full in an official announcement once all the phases are deployed, which is estimated to be around the end of March 2018. Please bear with us in the meantime and do look out for the official announcement from us.“