Die weltweit führende Bildagentur, Getty Images, ist immer für eine Überraschung gut. Erst vor paar Wochen brüskierte sie Fotografen mit einem Deal, bei dem Fotos fast verschenkt wurden. Jetzt stellt sich heraus: Getty ist schon einen Schritt weiter und verschenkt die Bilder wirklich! Oder na ja, die Agentur bekommt was, aber die Fotografen nicht.
Doch schauen wir uns die Details an:
Es geht um die API-Schnittstelle „Getty Connect“. Eine API ist eine Programmierschnittstelle, mit der webseitenübergreifend automatisiert einfach Inhalte ausgetauscht werden können. Im Falle von Getty Connect können Kunden zum Beispiel automatisiert Bildstrecken zu bestimmten Themen für ihre News-Webseiten generieren lassen, um so mehr Klicks zu bekommen. Schon im Juni 2012 stellte Getty Images „Connect“ vor und gleichzeitig eine Partnerschaft mit Yahoo, welche die Getty-Bilder gleich nutzen will. In diesem Artikel bei iStockphoto wird die Zusammenarbeit halbwegs erklärt.

Einige – sehr wichtige – Fragen bleiben jedoch unklar, auch nach der Lektüre der FAQ auf der Getty-Webseite.
- Zum Beispiel scheint es, als ob auch RM-Bilder dafür genutzt werden können. Das würde sich zwar mit einer eventuellen Exklusivnutzung überschneiden, aber bisher konnte ich nichts finden, wo RM-Bilder explizit von der API-Nutzung ausgeschlossen werden.
- Außerdem redet Getty Images davon, dass „neue Märkte“ erschlossen werden würden und so weiter, aber solche Bildermarkt-Phrasen glaube ich schon lange nicht mehr.
- Es ist als Fotograf auch nicht möglich, die Teilnahme am Connect-Programm zu verweigern. Das heißt, jeder, der Bilder bei Getty Images hat, kann davon betroffen sein. Das betrift zum Beispiel auch iStock-Bilder aus der Vetta- oder E+-Kollektion.
- Die Fotografen sehen auf der Abrechnung nicht, welche Bilder gezeigt wurden, da zur Zeit nur die „Yahoo order number“ als Identifikationsmerkmal angezeigt wird. Es besteht aber die Möglichkeit, sich mehr Informationen als unformatierte Textdatei runterzuladen, wo dann unter anderem auch die Fotonummer und der Bildtitel erwähnt werden.
Viel wichtiger ist aber die Frage der Bezahlung: Was kriegen die Fotografen dafür? Spannenderweise wird es genau hier mysteriös. Das „Getty Connect“-Programm soll neben den Bildern Werbung einblenden und je nach Anzahl der Klicks auf die benutzten Bilder sollen sich die Agentur und die Fotografen die erzielten Werbeeinnahmen teilen. Erster Kritikpunkt: Nach welchem Prozentschlüssel die Einnahmen verteilt werden, wird nicht genannt, bei „royalty rate“ wird nur „varies“ angegeben. Die Vermutung liegt nahe, dass die ansonsten üblichen Kommissionen verwendet werden, also z.B. 20% Fotografenanteil bei der Flickr-Kollektion oder RF-Bildern je nach Vertrag und so weiter, aber es würde mich auch nicht wundern, wenn Getty einfach entscheidet, z.B. nur 10% auszuschütten.
Ein mutmaßliches Beispiel für den Connect-Deal mit Yahoo: Eine Klickstrecke mit Bildern von Getty Images, neben denen Werbung eingeblendet wird:

Jetzt, nach ca. sieben Monaten, sind bei den Getty-Fotografen die ersten Abrechnungen eingegangen mit Einnahmen aus „Getty Connect“. In einer geschlossenen iStockphoto-Facebook-Gruppe berichteten Fotografen, dass sie haufenweise Abrechnungen pro Bild für ca. 0.01 $ sehen, ganz wenige haben auch 0.02 $ auf der Abrechnung, der bisher höchste gemeldete Betrag ist 4 US-Cent. Viel schlimmer ist aber, dass zwischen den ganzen 0.01 $-Meldungen oft ebensoviele 0.00 $-Meldungen auftauchen. Im Contributors-Forum von Getty berichten einige, dass sie über 100 dieser Null-Cent-Meldungen auf ihren Abrechnungen gehabt hätten. Ja, Null! Das scheint kein Technik-Fehler zu sein, denn in einer Getty-Email heißt es:
„[…] the images that are showing an 0 amount were were not viewed enough times to reach the .01 cent minimum threshold.“
Das heißt grob übersetzt: „Ja, wir haben deine Bilder benutzt, aber bezahlen dich nicht!“ Oder anders formuliert: Getty Images hat endlich einen Weg gefunden, um Geld mit Fotos zu verdienen, während die Fotografen nur mit einem Cent oder im Extremfall eben gar nicht bezahlt werden. Damit das fast unmöglich zu kontrollieren ist, werden auch die Klicks und eben die Kommissionsrate nicht angegeben.
Ultimago verschenkt auch Bilder
Weil es so schön passt, gleich eine Nachricht, welche in eine ähnliche Kerbe schlägt: PantherMedia hat in Zusammenarbeit mit Fineartprint die Plattform Ultimago angekündigt, bei der Fotos verschenkt werden. Auch hier ist die Rede von „Zweitverwertung“, „Upselling“ und „Cross-Selling“, aber unter dem Strich werden die Bilder verschenkt. Das mag für die beteiligten Agenturen lukrativ sein, für Fotografen vermutlich nicht. Panthermedia sagt, dass Fotografen anteilig je nach Anzahl der Downloads an eventuellen Werbeeinnahmen und anderen Umsatzmöglichkeiten beteiligt werden. Ich schreibe bewusst nicht „mit 50%“ beteiligt, denn wir alle wissen, wie gerne diese Kommissionen in der Vergangenheit nach unten korrigiert wurden. Diese „anderen Umsätze“ sollen zum Beispiel durch „Premium-Mitgliedschaften“ reinkommen, mit denen Firmen sich die kommerziellen Nutzungsrechte für die kostenlosen Bilder kaufen können (Ja, mir ist die Ironie von „kostenlose Bilder kaufen“ bewusst). Die Bilder müssen selbst von Fotografen dort hochgeladen werden, eine Zwangsteilnahme für bisher nicht verkaufte PantherMedia-Bilder ist momentan nicht geplant.
Der geplante Preis liegt aktuell bei 49 Euro pro Monat oder 499 Euro im Jahr. Für den Preis könnte man sich bei Shutterstock über 12 Bilder im Monat in mittlerer Größe runterladen oder 25 Bilder pro Monat bei Fotolia. Insofern verstehe ich nicht, welche Firmen blöd genug sind, das Geld für Ramsch-Fotos auszugeben, die „nicht gut genug für den Verkauf über Bildagenturen“ (Zitat PantherMedia) sind? Fotografen, die freiwillig bei Ultimago teilnehmen, sollten berücksichtigen, dass sie mit ihrem „Schrottbildern“ dann auch in der Google-Suche erscheinen, wenn nach dem Fotografennamen suchen. Ohne Alias ist sicher nicht die beste Werbung für einen Fotografen.
Zu bedenken ist, dass die Privatkunden auf der Seite nichts zahlen müssen und damit eine weitere Konkurrenz zu den Bezahlangeboten im Internet aufgebaut wird. Die Qualität wird anfangs sicher deutlich niedriger als bei den Bezahlagenturen liegen, aber genauso hatte Microstock auch angefangen. PantherMedia argumentiert, dass Kunden, die ein gewünschtes Bild nicht finden, es dann wahrscheinlich bei PantherMedia kaufen, aber andersrum gäbe es genug Leute, die sich dort den Kauf sparen können, wenn sie ein passendes Bild gratis finden.
Man könnte auch diese Meldung anders formulieren: Im Grunde ist das der Versuch, eine Abo-Webseite aufzubauen, bei dem den Fotografen keine minimale Download-Honorare garantiert werden, sondern diese im Gegenteil an den Risiken der Geschäftsplattform mit beteiligt werden. Läuft sie schlecht, gibt es kein Geld – trotz verwendeter Fotos. Das scheint wohl der neue Agentur-Trend zu sein.
Der nächste Schritt wäre das Bezahlen für bessere Position in den Suchergebnissen oder pro Bild-Upload. Ach was, das gibt’s es auch schon: Um Bilder in die Kollektion „Photographer’s Choice“ hochzuladen, müssen Fotografen pro Bild 50 US-Dollar bezahlen. Welche Agentur dahinter steht? Getty Images natürlich!
Was sagt ihr? Wohin wird die Reise gehen?
