Vor einer Weile bekam ich das Angebot, in einem niegelnagelneuen Einfamilienhaus in der neuen Küche zu fotografieren.
Der Vorteil liegt auf der Hand: Mit der Zeit haben Küchen die Angewohnheit, sich wie von Zauberhand vollzurümpeln, überall stapeln sich halboffene Verpackungen von Tee, Kaffee, Müsli, Marmelade, Reis, Nudeln, Gewürzen und so weiter. Das sieht meist weder besonders fotogen aus noch mögen die Bildagenturen die Flut von Logos und Markennamen.
Der Nachteil einer neuen Küche ist das genaue Gegenteil: Damit sie nicht zu leer wirkt, muss sie mit passenden, unaufälligen Gegenständen dekoriert werden, welche die Küche bewohnt und gemütlich erscheinen lassen. Glücklicherweise wohnten meine Eltern nur wenige Straßen entfernt von dem Haus und ich ließ mir mehrere Kisten voll mit Requisiten und Geschirr ankarren. Am Tag des Shootings kaufte ich noch Brötchen, Brezeln, Obst, Gemüse, Kräuter und eine Tageszeitung. Das drapierte ich halbwegs so, dass hoffentlich ein harmonischer Effekt entstand.
Damit sich der Aufwand auch lohnt, plante ich zwei Shootings in der Küche. Einmal mit einem jüngeren Paar und dann noch mit einem Senioren-Paar (dazu später mehr im Blog). Mit den beiden jüngeren Models hatte ich schon zusammengearbeitet, ich wusste also, dass beide zuverlässig waren und optisch gut zusammen passen würden. Blöderweise herrschte an diesem Tag totales Verkehrschaos wegen eines Unwetters, sodaß beide etwas später kamen. Die Zeit nutzte ich, um einige Stilleben zu fotografieren, mit denen ich gleichzeitig die Belichtung und Lichtsetzung testen konnte.
Als Kamera kam wieder meine Canon 5D Mark II* zum Einsatz, als Objektiv das 24–70mm f2.8*. Leider hatte ich damit große Fokus-Probleme, weshalb ich irgendwann auf das 85mm f1.2‑Objektiv* wechselte und das Zoomobjektiv zur Nachjustierung an den Canon Professional Service schickte. Belichtet habe ich mit einem extern ausgelösten Speedlite 580 EX II* durch die kleine Lastolite Ezybox*. Zusätzlich hat ein Sunbounce-Mini-Reflektor* das Tageslicht etwas aufgehellt.
Obwohl ich mit den Ergebnissen ganz zufrieden war, muss ich gestehen, dass ich beim Umsatz mehr erwartet hätte. Zwar habe ich meine Kosten schnell wieder drin gehabt, aber die Investition war nicht so lohnend wie bei anderen Shooting mit vergleichbarem Aufwand. Vielleicht liegt es daran, dass Küchen doch eine vergleichsweise leicht zugängliche Location sind? Oder passten die Accessoires nicht ganz? Ich glaube nicht, dass es an den Models lag, denn auch das zweite Shooting mit ganz anderen Model-Typen brachte ähnliche Ergebnisse.
Wie schon manchmal bei anderen Shootings haben mich ironischerweise die Fotos finanziell gerettet, die nur aus der Not heraus entstanden sind: In diesem Fall einige der Stillleben, die sich vor allem bei Shutterstock sehr gut verkaufen. Das zeigt mal wieder, dass die Bildkäufer doch oft ganz anders ticken, als ich trotz viel Recherche vermuten würde.