Die Aufregung in den sozialen Netzwerken gestern Nacht war groß: Der Kurznachrichtendienst Twitter hat bekannt gegeben, dass der Account von Donald J. Trump dauerhaft gesperrt wurde.
Während die Rechten von „Unterdrückung der Meinungsfreiheit“ reden und die Linken sich freuen, ist die Sperrung aus einem ganz anderen Grund längst überfällig gewesen.
Schon im Oktober 2019 hatte ich hier darauf hingewiesen, dass Trump auf Twitter allein 2019 mindestens neun Urheberrechtsverletzungen auf Twitter begangen habe. 2020 sind noch mal einige (1, 2, 3, 4) dazu gekommen und auch davor gab es einige (1).
An anderer Stelle berichtet ein Twitter-Nutzer, dass ihm sein Account wegen 6 Urheberrechtsverletzungen (genauer DMCA Claims) gesperrt wurde. Trump konnte anscheinend so viele DMCA Claims sammeln wie er wollte.
Das heißt anders formuliert: Der US-Präsident Trump stand vielleicht nicht über dem Gesetz, aber mindestens über den Twitter-Nutzungsbedingungen. Von seiner hasserfüllten, zur Gewalt animierenden Sprache noch ganz zu schweigen.
Die Begründung von Twitter lautete bis gestern immer: Einige Personen hätten aufgrund des hohen Nachrichtenwertes einen „Sonderstatus“. Dass das Brechen des Urheberrechts anscheinend dazu gehörte, scheinen viele gar nicht richtig wahrzunehmen.
Natürlich kann debattiert werden, ob das Social Media-Oligopol Twitter, Facebook, Google und Apple zu große Macht hat. Das sollte aber nicht ablenken davon, dass zu lange mit zweierlei Maß gemessen wurde und Twitter gerne Regelverstöße (und Gesetzesverstöße) ignoriert hat, so lange sich mit den Tweets von Donald J. Trump Geld verdienen ließ. Jetzt auf der Zielgeraden wurde es dem Medienunternehmen anscheinend zu heiß und sie ließen die schon längst abgekühlte Kartoffel fallen. Das politische Risiko ist gering, das öffentliche Ansehen gerettet.
Statt der Sperrung Trumps war das doch der eigentliche Skandal: Dass Twitter wissentlich und selektiv jahrelang für bestimmte Personen die eigenen Nutzungsbedingungen ignoriert hat (und weiterhin ignoriert, wenn man sich einige Tweets mit Kriegsrhetorik anderer Staatsoberhäupter anschaut).
Das Jahr 2020 ist endlich vorbei, der Corona-Impfstoff ist da und es ist Zeit für einen kurzen Rückblick auf die Blogaktivitäten. Im letzten Jahr habe ich 38 Blogartikel veröffentlicht, manche länger recherchiert, andere wurden mir quasi durch die Änderungen bei Bildagenturen aufgedrückt.
Falls ihr einige News aus der Bilderbranche verpasst haben solltet, eignet sich die Liste sehr gut für einen ersten Überblick.
Hier die Liste der zwölf beliebtsten Blogartikel aus dem Jahr 2020:
Interessant ist auch zu sehen, über welche Suchanfragen die Leser_innen zum Blog kamen. Leider hat das Feature in den Jahren an Aussagekraft verloren, weil immer mehr Browser Privatsphäre-Einstellungen aktiv haben, welche die Suchbegriffe nicht mehr mit übergeben.
Trotzdem sind die Ergebnisse einen Blick wert: Die 10 häufigsten Suchanfragen*, die zu meinem Blog führten, sowie der meiner Ansicht nach dazu passendste Artikel:
* ausgenommen habe ich hier meinen Namen sowie den Blogtitel, die naturgemäß sonst die ersten beiden Plätze belegt hätten
Viele meiner Artikel leben auch vom fachlichen und/oder kritischen Input meiner Leser_innen, die im Blog oder auf meinen Social Media Kanälen wie meiner Facebook-Seite kommentieren. Dafür mal Danke!
Deshalb hier noch die 10 Blogartikel aus dem Jahr 2020 mit den meisten Kommentaren:
In wenigen Tagen starte ich übrigens wieder meine große Bildagentur-Umfrage (siehe zweiter Platz der beliebtesten Blogartikel) auf meiner Facebook-Seite. Ich freue mich auf eure rege Teilnahme.
Es vergeht anscheinend kaum ein Quartal, ohne dass eine Bildagentur auf die Idee kommt, die Fotografenhonorare zu kürzen. Diesmal ist EyeEm an der Reihe.
Gestern verschickten sie Emails an ihre Fotografen und posteten das hier in der „EyeEm Market Worldwide“-Facebookgruppe:
„Hi everyone, this is Matthias from the EyeEm team! We wanted to let you know that we just informed our users that we will be updating our Terms of Service for Photographers in February 2021 and introduce a new payout structure designed to reward our top-selling photographers.
We recognize this change means a reduction in the license revenue share for some of our photographers and we hope that you can understand why we have had to reluctantly, make these changes. Our team has put years of hard work into building EyeEm to become a financially sustainable organization that will serve our community for the long term. However, despite our efforts and some tough decisions, we are not there yet.
To make the switch to the new payout structure as smooth as possible, our team is working hard to make sure every community member is well informed and can find out which payout level and license revenue share they will receive for images sold after February 1st, 2021.
We have started by emailing those of you that have sold an image license on our platform in the previous 12 months and have updated FAQs to explain the new payout structure → https://eyeem.zendesk.com/…/115000520145-Managing-Your…
Please reach out to terms@eyeem.com if you have any question specific to your account and we will make sure to answer as soon as possible.
Please also bear with us if we cannot answer every of your comments in this group directly.“
Bisher zahlte EyeEm 50% der Einnahmen, welche sie selbst oder von Partneragenturen erzielten. Ab dem 1.2.2021 gibt dann folgendes System:
Es gibt dann vier Auszahlungsstufen, die nach Umsatz gestaffelt sind. Wer bis zu 299 USD Umsatz in den letzten 12 Monaten mit seinen Bildern erzielt, erhält dann nur 25% statt der 50% Umsatzbeteiligung. Wer es schafft, mehr als 7.000 USD Umsatz in diesem Zeitraum zu generieren, erhält mit 55% dann etwas mehr als bisher.
Der Umsatz bezieht sich auf den Verkaufspreis der Bilder bzw. auf den Anteil, den EyeEm von der Partneragentur erhält.
Der Anteil an den Lizenzeinnahmen kann sich ändern. Die Auszahlungsstufe wird 1x im Quartal neu berechnet. Wer eine höhere Auszahlungsstufe erreicht hat, verbleibt in dieser mindestens für die nächsten 12 Monate und kann erst nach einem Jahr in eine niedrigere Auszahlungsstufe versetzt werden.
Die Begründung für die Kürzung
Der EyeEm-Mitarbeiter Matthias Schäfer schrieb in der oben verlinkten Facebook-Gruppe, dass die Honorarkürzungen erfolgen müssen, damit EyeEm endlich „finanziell nachhaltig“ werde:
Das ist angesichts der jahrelangen wissentlichen Subventionierung der Bilderverkäufe sowie des fehlenden Gehaltsverzichts der EyeEm-Mitarbeiter blanker Hohn.
Was bedeuten diese Änderungen in der Praxis?
Immer mehr Bildagenturen wechseln auf diese flexiblen Auszahlungssysteme, die sich im Detail jedoch etwas unterscheiden.
Für die Agenturen hat das System mehrere Vorteile:
Sie verdienen unter dem Strich mehr Geld.
Innerhalb der Fotografen wird das Geld aber auch etwas umverteilt weg von den Hobby-Fotografen, die wenige und weniger verkäufliche Bilder liefern hin zu den Profi-Fotografen, welche für einen Großteil vom Umsatz verantwortlich sind. Das hat den Vorteil, dass die wenigen Profi-Fotografen teilweise gar nicht von den Honorarkürzungen betroffen sind und sich seltener an Protesten gegen die Bildagenturen beteiligen, während sich die von den Kürzungen betroffenen Fotografen mehr über die anderen Fotografen als über die Bildagentur aufregen. Das ist im Grunde eine Spielart der Jahrhunderte alten „Teile und Herrsche“-Taktik.
Bei so einem flexiblen System lassen sich (für den Fotografen nachteilige) Änderungen leichter und unauffälliger einführen, weil dann nicht mehr die Prozentpunkte reduziert werden müssen, sondern einfach die Zielvorgaben erhöht werden. So zum Beispiel bei 123rf oder iStock geschehen.
Wie schon beim kürzlichen Wirestock-Deal mit Freepik liegt die Vermutung nahe, dass hier die Bilanzen für eine Übernahme oder einen Verkauf des Start-Ups aufgehübscht werden sollen.
Erst im Oktober 2020 wurde Simon Cox als neuer EyeEm-CEO ernannt. Simon Cox war 2001 bis 2004 CEO der Bildagentur image.net, welche 2004 für 14 Mio. Euro an Getty Images verkauft wurde. Bei LinkedIn rühmt er sich damit, dass der Verkauf den Investoren das zweifache an Gewinn einbrachte:
Danach arbeitete er knapp zwei Jahre bei Getty Images, bevor er CEO der Video-Firma Peach (damals noch Group IMD) wurde, die in seiner Amtszeit ebenfalls verkauft wurde (Simon Cox bei LinkedIn: „Successful take private and secondary PE sale (3x mom).“).
Mit seinen Kontakten zu Getty Images steht hier vielleicht die Hoffnung im Raum, dass die Geldgeber erneut mit einer hohen Rendite rechnen können. Bezahlt von den Fotografenkommissionen…
Nach meinem Artikel über den fragwürdigen Deal von Wirestock mit Freepik vor einigen Tagen habe ich einige Kommentare und Hinweise bekommen, die ich hier zusammenfassen will.
Wer genau steht hinter der Webseite wirestock.io?
Die Informationen dazu sind rar und widersprüchlich. Auf der Webseite wirestock.io selbst werden weder Anschrift noch Namen von Verantwortlichen genannt.
Es findet sich lediglich der Firmenname „Wirestock Inc.“ im Copyright-Hinweis am Ende jeder Seite und der Firmenname „Wirestock LLC“ in den Datenschutzbestimmungen. Da es zwischen einer Inc. und einer LLC Unterschiede zu geben scheint und eine Firma nicht gleichzeitig beides sein kann, wurden hier entweder zwei Firmen gegründet oder die Eigentümer scheren sich nicht um die Unterschiede.
Spannender wird es in den „Terms Of Use“. Dort steht zum Beispiel unter „Wirestock Trademarks“:
„All rights in and to Wirestock’s Trademarks not expressly granted to you hereunder are reserved by Shutterstock“
Auch an mindestens sechs anderen Stellen ist von Shutterstock die Rede. Das kann mehrere Gründe haben. Der naheliegendste Grund: Die faulen Eigentümer haben sich einfach beim Erstellen der Webseite beim Vertragstext von Shutterstock bedient und vergessen, den Agenturnamen überall auszutauschen.
Einige Shutterstock-Erwähnungen in den „Terms Of Use“ von Wirestock.io (Hervorhebung durch mich)
Eine zweite – unwahrscheinlichere – Möglichkeit wäre, dass Shutterstock erkannt hat, dass eh kaum jemand bei ihnen exklusiv hochlädt und sie auf diese Weise 15% an den Verkäufen bei anderen Bildagenturen mitverdienen wollen.
Wo ist Wirestock.io angesiedelt?
Auch hier gibt es widersprüchliche Informationen. Laut einer Who-Is-Abfrage wurde die Webseite im November 2018 in Dubai registriert.
Laut der Webseite tracxn.com soll die Firma seit 2017 existieren und in Kalkara, Malta ansässig sein.
Laut Linkedin sei Wirestock.io unter einer Adresse in Newark, Delaware, USA, zu erreichen. Unter der angegebenen Adresse wird Google jedoch nur bei einer anderen Firma mit ausschließlich armenischen Mitarbeitern fündig. Die Vermutung liegt also nah, dass es sich hier um eine Art Briefkasten handelt, um die für Unternehmen günstige Steuerpolitik in Delaware ausnutzen zu können. Laut dieser Webseite arbeitet der Co-Gründer und CEO von Wirestock, Mikhayel Khachatryan, von einem Büro in Malta aus, ebenfalls als Steuerparadies bekannt.
Wer steckt hinter Wirestock.io?
Laut Linkedin und einigen Interviews wurde die Firma von mehreren Personen gegründet. Bei Linkedin werden Mikayel Khachatryan (CEO), Vladimir Khoetsyan (CTO) und Seb Kiureghian, alle drei aus Armenien, sowie Ashot Mnatsakanyan aus den Vereinigen Arabischen Emiraten (dazu passt die Registrierung der Webseite in Dubai) als Co-Gründer genannt.
Wie finanziert sich Wirestock.io?
Laut Tracxn.com hat Wirestock am 4. Juli 2018 eine Seed-Finanzierungsrunde von ca. 40.000 USD erhalten haben, u.a. von einer Venture Capital Firma. Dieser Quelle nach soll es Ende 2019 eine weitere Finanzierungsrunde gegeben haben, u.a. durch die Firma HIVE Ventures, laut diesem Bericht über 25.000 USD.
Das Risiko von Fotografen bei Wirestock
Wie oben gezeigt haben wir mit Wirestock eine Firma, welche ihre AGB vermutlich bei Shutterstock geklaut hat und in mehreren Steueroasen weltweit aktiv ist. Die vier Gründer von Wirestock kommen alle eher aus dem Finanz- und Technikbereich und hatten keine Firmenbeteiligung mehr als wenige Jahre.
Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass hier ein hippes Internet Start-Up aufgebaut werden soll, was in wenigen Jahren mit Gewinn verkauft werden soll. In diese Strategie passt es gut, dass Wirestock nicht an einer langfristigen Entwicklung des Bildermarktes interessiert ist, sondern gegen Einmalzahlungen Bilder verschenkt, um so kurzfristig die Bilanzen zu verschönern, um für potentielle Käufer attraktiver auszusehen.
Dazu passt, dass Fotografen, welche ihre Bilder bei Wirestock hochladen, weder sehen können, welche Agentur welche Bilder von ihnen angenommen haben. Die Fotografen agieren so in einer Blackbox, bei der sie darauf vertrauen müssen, dass die Inhaber in ihrem Interesse handeln.
Wer jedoch schon bei der Firmengründung bei anderen Bildagenturen so stümperhaft deren AGB klaut und keinerlei Firmeninformationen auf der eigenen Webseite nennen will, dem würde ich keinen Zentimeter weit trauen.
Update 18.12.2020: Kurz nach der Gründung von Wirestock wollte die Firma eigentlich die Blockchain und Smart Contracts nutzen, um den Bildermarkt zu revolutionieren, davon ist jedoch nichts mehr übrig geblieben.
Edit 18.12.2020: In der Erstfassung wurde erwähnt, dass Fotografen keinen Zugriff auf die Keywords hätten, das stimmt nicht, deshalb wurde der Teil entfernt.
Seit wenigen Monaten sind vermehrt Bilder von Wirestock bei Freepik zu sehen. Für alle, die nicht so tief in der Materie stecken, kurz zur Erklärung, was Wirestock und Freepik machen:
Wirestock ist eine Art „Upload-Helfer“, wo Leute ihre Bilder hochladen können, und diese dort verschlagwortet und zu verschiedenen Microstock-Agenturen verteilt werden. Dafür nimmt die Plattform 15% Kommission auf den Fotografenanteil.
Freepik ist eine Seite, die kostenlose Bilder „für den persönlichen und kommerziellen Gebrauch mit Namensnennung“ anbietet. Wer die Namensnennung umgehen will, muss einen Premium-Account für ca. 5–10 USD pro Monat buchen.
Seit einiger Zeit sind vermehrt Wirestock-Bilder kostenlos bei Freepik zu finden, die naturgemäß wegen Wirestocks Rolle als Distributionsplattform auch bei den zahlungspflichtigen Microstock-Agenturen zu finden sind.
Screenshot vom 13.12.2020 um 19:30 Uhr
Aktuell sind ca. 25.000 Wirestock-Bilder bei Freepik, welche insgesamt ca. 2 Millionen Mal heruntergeladen wurden. Das macht im Schnitt ca. 80 Downloads pro Bild (siehe Screenshot oben). Nachdem ich übrigens knapp anderthalb Stunden am Sonntag, den 13.12.2020 an diesem Artikel geschrieben habe, stiegt die Zahl der Wirestock-Bilder bei Freepik um ca. 70 Bilder auf 25.070 Bilder und die Zahl der Downloads um 130.000 auf 2,13 Mio. Downloads. Das heißt also, dass auch an einem Sonntag im Schnitt jedes der Gratis-Bilder ca. 3,5x pro Stunde heruntergeladen wird.
Screenshot vom 13.12.2020 um 20:52 Uhr
Doch wo kommen diese Bilder her? Wirestock wirbt auf deren Webseite nur damit, Bilder an sieben Bildagenturen zu liefern: Shutterstock, Adobe Stock, Depositphotos, Alamy, Dreamstime, 123RF und Pond5.
Die Antwort: Das „Instant Pay Program“.
Wirestock fragt seit einigen Wochen automatisiert Fotografen mit Mails wie dieser an, ob sie ihre Fotos gegen eine geringe Einmalzahlung fortan verschenken wollen:
„Dear ______________,
We are happy to inform you that your portfolio has been selected for the Instant Pay Program.
You have 12 photos that have been listed for more than 2 months and have not generated any earnings. We would like to improve this and include these photos in our Instant Pay Program. The program allows contributors to receive advance payments from our new partners – Freepik, as well as other Instant Pay partner marketplaces.
You will receive a one-time advance payment of $4–5/image from each agency that selects your images. This means that you can potentially earn $40.8 (12*$3.40) and even more if multiple agencies select your images. Please note that the images may be listed for free download on the agencies that select them. Periodically, we will review your portfolio and send more photos with low sales for Instant Pay.
If you wish to opt out of the Instant Pay Program, please email us by /19 December 2020/.
Regards, Wirestock Team“
(Hinweis: in anderen Emails sind 4 statt 2 Monate angegeben)
Der „Instant Pay Program“-Deal in Kurzform: Gegen die einmalige Zahlung von 4–5 USD pro Bild darf Wirestock das Bild anderen Bildagenturen anbieten, die dafür keine Lizenzgebühren zahlen müssen und die Bilder auch gratis anbieten dürfen. Namentlich genannt wird bisher nur Freepik, in Aussicht werden aber auch andere Plattformen gestellt. Die Zahlung wird pro Agentur fällig, welche das Bild akzeptiert.
Zur Auswahl stellt Wirestock die Bilder, welche mindestens zwei Monate online sind und bisher noch keine Verkäufe hatten. Außerdem müssen Fotografen sich aktiv dagegen entscheiden, falls sie ihre Bilder nicht verschenkt sehen wollen.
Der „Instant Pay“-Deal in voller Länge findet sich mit weniger Details, aber einer pikanten Fußnote in den Nutzungsbedingungen von Wirestock:
„Instant Pay Program
Certain content marketplaces pay an advanced fix rate per image rather than paying per download (“Advanced Rate”). Wirestock refers to this as “Instant Pay” or the “Instant Pay Program.” Wirestock negotiates the Advanced Rate with each content marketplace that participates in the Instant Pay Program. When you agree to upload your Content for Instant Pay, none of your rights change – you still own your Content and it is still distributed through the content marketplaces. For each of your Content for which Wirestock receives payment from content marketplaces that pay an Advanced Rate (the “Advanced Rate Payout”), you agree that Wirestock will pay you 85% of the Advanced Rate Payout, but will keep 15% of the Advanced Rate Payout.“
Das pikante Detail? Von den oben erwähnten 4–5 USD werden noch mal 15% abgezogen, bevor das Geld beim Fotografen landet. Bleiben also ca. 3,60–4,25 USD.
Die möglichen Folgen der Wirestock-Freepik-Allianz
Zuerst einmal: Wer sich als Stockfotograf auf so einen Deal einlässt, ist aus mehreren Gründen blöd.
Zwei Monate sind keine Zeitspanne, in der sich eine realistische Einschätzung bilden lässt, ob ein Bild verkäuflich ist. Man denke nur an die saisonalen Themenbilder zu Weihnachten, Ostern oder Halloween, welche sich erfahrungsgemäß nur wenige Wochen im Jahr verkaufen.
Rechnen wir die oben ermittelten Downloadzahlen von Freepik um auf den erzielten Gesamterlös eines Bildes von 3,60–4,25 USD, wären das aktuell schon nur 4,5 bis 5,31 Cent pro Download. Je länger die Bilder online, desto weiter wird dieser fiktive Betrag sinken, weil der Erlös eine Einmalzahlung ist. Das ist noch deutlich weniger als die bisher schon geringen Microstock-Honorare.
Das Mißbrauchspotenzial ist sehr hoch, denn oft landen Bilder von den legalen Gratis-Plattformen schnell bei illegalen Gratis-Plattformen, wo sich selbst an die minimalen EInschränkungen niemand hält. Und selbst die vorhandenen Einschränkungen werden auf Gratis-Plattformen weniger ernst genommen, weil die Bilder ohne namentliche Registrierung für jedermann verfügbar sind. Wer also Bilder mit Personen im Portfolio hat, sollte besonders aufpassen.
Die Gefahr ist groß, dass die Microstock-Platzhirsche Adobe Stock und Shutterstock nicht lange mit ansehen wollen, wie Freepik zigtausende Bilder verschenkt, die sie verkaufen wollen. Für Fotografen steht also die reelle Gefahr im Raum, bei den Bezahl-Agenturen gesperrt zu werden, wenn man gleichzeitig kostenlose Agenturen beliefert.
Die 3–4 Euro pro Bild sind Beträge, die im langen Leben eines Stockfotos in der Regel mehrfach wieder reinkommen. Ich hatte schon Bilder, die jahrelang unverkauft im digitalen Regal von vielen Bildagenturen lagen, bis plötzlich ein zweistelliger Verkauf reinkam.
Die Rechenbeispiele in der Wirestock-Email beziehen sich nur auf den Idealfall, dass Freepik alle der angebotenen Bilder akzeptiert. Aber erstens wird den Fotografen vorab gar nicht gesagt, um welche Bilder genau es sich handelt und zweitens wird sich auch Freepik nur die Rosinen rauspicken.
Auch für Wirestock als Verteilungsplattform besteht das Risiko, dass andere Agenturen nicht mehr mit Bildern beliefert werden wollen, die in wenigen Wochen woanders gratis zur Verfügung stehen. Sobald sich nur eine von den beiden großen Microstock-Agenturen wie Shutterstock oder Adobe Stock gegen die Zusammenarbeit sperrt, sieht die Zukunft für Wirestock mehr als düster aus.
Auch für die Stockfotografie-Branche insgesamt wirkt es destabilisierend, wenn identische Bilder sowohl kostenlos als auch gegen Bezahlung angeboten werden.
Meine klare Empfehlung deshalb an alle Wirestock-Fotografen: Macht unbedingt von der kurzen Opt-Out-Frist (19.12.2020!) Gebrauch und widersprecht dem „Instant-Pay“-Programm, wenn ihr euch nicht langfristig von eurer Einkommensquelle abschneiden wollt.