In der heutigen Folge von „Frag den Anwalt“ geht es um ein Thema, welches auf den ersten Blick etwas abwegig ist, aber trotzdem mit dem üblichen Handwerkszeug eines Anwalts zu beantworten ist.
Foto: Alexey Testov
„Hallo Robert,
zuerst einmal ist es mir wichtig Dir ein ganz großes Lob für Deine ganzen Berichte etc. auszusprechen. Ich verfolge diese schon seit Jahren und bin immer wieder neu begeistert, also weiter so… 😉
Nun zu meiner Frage. Ich betreibe hobbymäßig Stockfotografie. Nun gibt es ja auch hier einiges im Rechtlichen zu beachten. Wie verhält dies sich den bei der Blumen-/Blütenfotografie?
Hat ein Züchter die Möglichkeit sich eine Blume/Blüte schützen zu lassen? Bzw. so schützen zu lassen, dass ich diese nicht fotografieren & die Bilder nicht kommerziell nutzen darf?
Vielen lieben Dank vorab für eine Antwort.“
Für die Frage, ob man sich als Züchter Blumen oder Blüten schützen lassen kann, sollte man zunächst (wie immer) die gängigen Drittrechte abklappern, die bei der Fotografie immer wieder für Probleme sorgen können und sodann überlegen, ob für den konkreten Fall eines passen könnte.
Das Urheberrecht sowie auch das Persönlichkeitsrechte scheiden hier aus, da Pflanzen kein allgemeines Persönlichkeitsrecht haben und auch keine Schöpfung des Züchters nach § 2 UrhG sind.
Problematisch werden könnte hier allenfalls das Markenrecht, da ich dort auch Waren und Dienstleistungen aus der Nizza Klasse 31 schützen lassen kann, unter denen sich auch Blumen befinden. Das bedeutet aber zunächst nicht, dass damit auch automatisch Blumen geschützt werden können, sondern nur, dass ich grundsätzlich für Waren und Dienstleistungen Markenschutz in diesem Themenbereich erlangen kann.
Da es sich bei Blumen immer noch um Natur handelt und der Züchter in der Regel keinen 100 %ig reproduzierbaren Einfluss auf die exakte Ausgestaltung der Blüten haben wird (hier spricht der botanische Laie) wird es daher aber auch schon dem Grunde nach nicht klappen, die Blume / Blüte an sich schützen zu lassen.
Der Schutzfähigkeit dürfte die Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 2 MarkenG entgegenstehen, der besagt
„(2) Dem Schutz als Marke nicht zugänglich sind Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen,
die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, (…)“
Was allerdings angemeldet werden kann und nach meiner Recherche auch rege angemeldet wird, sind Namen von neuen Blumenzüchtungen. Hier sollte man daher vorsichtig sein, da etwa der Lizenznehmer, der die Aufnahme über eine Stockagentur bezieht, um die gleichnamige Züchtung über einen Online-Shop zu vertreiben, bei der Verwendung der dazugehörigen Namens Probleme mit dem Markeninhaber bekommen könnte, wenn er diesen nicht vorher um Erlaubnis fragt. Das ist aber kein Problem, dass unmittelbar mit dem Foto der Blume verbunden ist und soll daher für diesen Artikel keine Auswirkung haben.
In der Praxis verbieten allerdings etliche Bildagenturen, Markennamen in den Keywords zu verwenden.
Daher würde ich empfehlen, auch keine geschützten Markennamen von Pflanzen in Keywords, Titel oder Beschreibung zu verwenden, wenn das Bild kommerziell angeboten werden soll (im Gegensatz zu redaktioneller Nutzung, wo die Markennennung kein Problem darstellen dürfte).
Abschließend kommt noch ein letztes Thema in Betracht. Da ich derartig spezielle Blumen wohl in der Regel nicht an der nächsten Straßenecke zu fotografieren bekomme, solltet Ihr ein Auge auf bestehende Hausrechte haben. Wenn Ihr auf Privatgrund unterwegs seid, solltet Ihr immer ein Property-Release einholen.
Das gilt übrigens auch für botanische Gärten, Parks und dergleichen, die nicht selten die Fotografie zu kommerziellen Zwecken reglementieren oder ausschließen. Das aber nur der Vollständigkeit halber, da es eigentlich mit der Möglichkeit des Schutzes von Blumen nichts zu tun hat, aber durchaus beim Vertrieb der Aufnahmen ein Problem werden kann.
Zusammengefasst würde ich hier ausnahmsweise mutig mit „nein“ antworten, da ich davon ausgehe, dass man Blumen und Blüten nicht geschützt bekommt und daher grundsätzlich auch nichts dagegen unternehmen kann, wenn jemand eine auch noch so erlesene Züchtung fotografiert und die Bilder nachher auch verkauft.
Über den Autor: Sebastian Deubelli ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in der Nähe von München.
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Am 26. Februar findet die diesjährige Oscar-Verleihung der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles statt.
Im Vorfeld gibt es noch einige Fragen zu klären, zum Beispiel diese hier unser Leserin Anja:
„Guten Tag,
ich habe den Artikel auf ihrem Blog gelesen und für mich ergibt sich eine spezielle Frage, von der ich mir erhoffe, dass sie sie mir beantworten können.
Und zwar … Wenn ich jetzt beispielsweise für einen Kunden über die anstehende Oscarverleihung auf seiner Facebookseite berichten will, ist das dann zwingend eine kommerzielle Nutzung?
Natürlich verwenden wir normalerweise für die Postings/Bilder einen Abbinder mit Markennamen, allerdings könnte man diesen in diesem Fall auch einfach weglassen und im Posttext z.B. keine Produkte oder Ähnliches erwähnen, sondern lediglich die eigene Community über die Oscar-Verleihung informieren. Könnte ich dann ein redaktionelles Bild verwenden?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir weiterhelfen könnten.
Mit besten Grüßen,
Anja“
Die Frage, ob eine Bildverwendung redaktionell oder kommerziell ist, ist ein echter Klassiker. Doch sehen wir uns mal an, wieso.
Faustformelartig kann man unterscheiden:
Kommerziell = Jemand verwendet die Bilder, um damit etwas zu bewerben / verkaufen. Redaktionell = Jemand verwendet die Bilder, um über etwas zu berichten.
Meiner Erfahrung nach ist diese Unterscheidung oder sagen wir lieber, die Sehnsucht nach dem begehrteren Status „redaktionell“ mit der Einschätzung verbunden, dass eine redaktionelle Bildverwendung ohne die Klärung von Drittrechten erfolgen könne – frei nach dem (rechtlich bedenklichen!) Motto:
„Ist die Bildverwendung redaktionell, brauche ich niemanden um Erlaubnis zu fragen und muss daher auch nichts für die Bilder bezahlen“.
Dies kann keineswegs für alle in Betracht kommenden Rechte angewandt werden und das wiederum ist beispielsweise auch der Grund, warum die meisten Bildagenturen Ihren Bestand in kommerziell und redaktionell unterteilen, da bei den redaktionellen Kollektionen Teile der nachfolgend dargestellten Rechte nicht geklärt sind oder einfach nicht geklärt werden können.
Für den Bereich der Persönlichkeitsrechte abgebildeter Teilnehmer an der Oscar-Verleihung greift zumindest nach deutscher Rechtslage die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Ziffer 1 KUG, da es sich hier um ein Ereignis der Zeitgeschichte handelt. Wer also an den Oscars teilnimmt, wird damit rechnen müssen, fotografiert oder gefilmt zu werden und kann sich in der Regel auch nicht dagegen wehren, wenn diese Aufnahmen im Nachhinein veröffentlicht werden.
Auch bei den angesprochenen Markenrechten gibt es eine Ausnahme, denn Ansprüche nach dem deutschen Markengesetz entstehen dem Inhaber einer Marke nur bei einer sogenannten „Markenmäßigen Benutzung“, also dann, wenn die Marke als Herkunftskennzeichen für Waren oder Dienstleistungen verwendet wird. Das ist bei redaktionellen Verwendungen in der Regel nicht der Fall.
Doch kommen wir nun zum Spielverderber: dem Urheberrecht. Hier gibt es keine generelle Aussage, die den redaktionellen Bildgebrauch stets erlaubt. Daher ist im Bereich des Urheberrechts stets davon auszugehen, dass der Urheber, also bei Fotos der Fotograf, zu fragen ist, ob man seine Aufnahmen verwenden darf. Es gibt allerdings eine Ausnahme für die Berichterstattung über Tagesereignisse:
„§ 50 Berichterstattung über Tagesereignisse
Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.“
Das liest sich aus Sicht der Bildverwender zwar schon richtig gut, doch § 50 UrhG hat einen Haken: Die Verwendung von Bildern, die in seinen Anwendungsbereich fallen, ist nur solange erlaubt, wie es sich um Tagesereignisse handelt – sprich: danach müssen die Bilder wieder raus und zwar sofort, nachdem das Ereignis, das den Anlass der Berichterstattung darstellt, nicht mehr tagesaktuell ist. Das ist einerseits schwer zu beurteilen und andererseits kein besonders attraktives Nutzungsmodell, da meine Timeline stets nach wenigen Tagen enden wird, was den Einsatz von Bildern angeht.
Aber das Urheberrecht kann sehr einfach geklärt werden, indem man die Bilder bei einer Agentur bezieht.
Abschließend daher meine Handlungsempfehlung: Kaufe die Oscarbilder bei der Bildagentur deines Vertrauens und beachte die dort geltenden Regeln zur redaktionellen Verwendung. Die Eigenschaft „redaktionell“ dürfte in diesem Zusammenhang immer dann erfüllt sein, wenn Du im dazugehörigen Text über genau das Ereignis berichtest, das auf dem Bild zu sehen ist, also „xy erhält den Oscar als beste Schauspielerin“ und ebendas auf dem Bild daneben zu sehen ist.
Beachte aber auch, dass einige Agenturen an die redaktionelle Verwendung eigene Bedingungen knüpfen, wie zum Beispiel das Setzen eines Urheberhinweises. Also auch in dem Fall mein Rat: Ein Blick in die Nutzungs- und Lizenzbedingungen der jeweiligen Bildagentur ist Pflicht vor jeder Verwendung.
Über den Autor: Sebastian Deubelli ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in der Nähe von München.
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Danke für eure zahlreichen Fragen an den Anwalt Sebastian Deubelli, die uns auf verschiedenen Wegen erreicht haben.
Aus den verschiedenen Einsendungen haben wir diese erste Frage von Andreas aus der Mailbox gepickt:
Foto: Alexey Testov
„Ich biete meine Fotos u.a. bei Alamy an. Ich frage mich wieweit deren Rechtsauffassung sich mit deutschem Recht deckt. Man kann Bilder mit Personen ohne MR einstellen, diese Bilder werden dann von Alamy für „editorial use“ angeboten. Kann man das so machen auch wenn die Personen das Hauptmotiv auf dem Bild sind, z.B. ein Ruder-Achter auf dem Fluss, Leute klar erkennbar?
Wäre das in Deutschland legal oder fragwürdig ? Deutschen Agenturen würde ich die Bilder so nicht anbieten, da achte ich darauf, dass Personen nicht erkennbar bzw. in grösserer Zahl auf dem Bild sind, Beiwerk.“
Die Antwort:
Der Vertrieb von Bildern ohne Model Release (MR) mit dem Hinweis, dass die Bilder nur für redaktionelle Zwecke verwendet werden dürfen, ist auch bei deutschen Bildagenturen durchaus verbreitet. Die Ursache hierfür finden wir ausnahmsweise auch wirklich mal im Gesetz, konkret im § 23 KunstUrhG.
Dort lesen wir:
„(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.“
Die Alternative, die Deine Frage beantwortet, ist die Ziffer 1, die es gestattet, Persönlichkeiten der Zeitgeschichte ohne die ansonsten erforderliche Einwilligung – also auch ohne MR – abzubilden.
Hier wird oft missverstanden, dass es irgendwie um prominente Persönlichkeiten gehen müsste, damit Bilder ohne die dazugehörige Einwilligung verwenden können. Das ist allerdings nicht erforderlich.
So hat etwa der BGH 2014 entschieden (wer es ganz genau wissen will, hier das Urteil), dass auch ein kleines Mieterfest ein ausreichend „prominentes“ Ereignis darstellt und Fotos von Teilnehmern auch ohne deren Einwilligung zum Zweck der Berichterstattung über die Veranstaltung verwendet werden dürfen. Auf diese zweckgebundene Verwendung der Bilder zur Berichterstattung über ein konkretes Ereignis stellen die meisten Klauseln der Bildagenturen ab, wenn von „editorial“ oder „redaktioneller Verwendung“ die Rede ist.
Doch selbst wenn die Agentur Deine Bilder ohne MR anbietet und sich nicht innerhalb der Alternative der Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte bewegt, ist das unproblemtisch, solange sie dem Käufer nicht vorgaukelt, die Klärung der Persönlichkeitsrechte sei erfolgt. Genau das schließt etwa Alamy in den Nutzungsbedingungen aus, in denen es hier zur Freigabe heißt:
„Informationen zu Freigaben
Alamy gibt keinerlei Zusicherungen oder Gewährleistungen dafür, dass Freigaben für das Bild-/Videomaterial eingeholt wurden.
(…) Sie müssen sich selbst vergewissern, dass jegliche erforderlichen Freigaben für die Nutzung des Bild-/Videomaterials erteilt wurden. Sie tragen die alleinige Verantwortung für die Einholung dieser Freigaben, und die Nutzungslizenz setzt in jedem Fall die Einholung voraus. Wenn Sie nicht sicher sind, ob Freigaben für die Nutzung des Bild-/Videomaterials erforderlich sind, obliegt es Ihnen, bei den zuständigen Parteien nachzufragen. Sie dürfen sich nicht auf eine von Angestellten oder Vertretern von Alamy gemachte Zusicherung oder Gewährleistung verlassen, soweit sie nicht in dieser Vereinbarung festgehalten sind.“
Alamy erklärt die Bedeutung der Releases übrigens auch recht ausführlich seinen Bildlieferanten/Fotografen auf dieser eigens dafür eingerichteten Unterseite zum MR und PR.
Was natürlich immer funktioniert, ist die Verwendung von Bildern, auf denen die Person nicht erkennbar ist. Dann brauche ich schon die nach § 22 KunstUrhG erforderliche Einwilligung nicht und muss mich nicht mit Ausnahmevorschriften hierzu herumschlagen. Für die Frage der Erkennbarkeit stellt man als eine Art Faustformel übrigens darauf ab, ob ein erweiterter Bekanntenkreis – also etwa Arbeitskollegen – die abgebildete Person erkennen würden.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass ich größere Gruppen stets ohne Einwilligung der Abgebildeten fotografieren darf. Hier funktioniert vor allem die weit verbreitete starre Faustformel („ab 5, 7, 11 Leuten brauche ich kein MR“) nicht. Die Rechtsprechung nimmt an der Stelle vielmehr eine Einzelfallbetrachtung vor, die sich eben nicht an solchen absoluten Zahlen festmachen lässt, sodass auch bei größeren Gruppen eher ein MR eingeholt werden sollte als sich auf dieses weit verbreitete Gerücht zu verlassen.
Müsste ich die Ausgangsfrage in einem Satz beantworten, würde dieser lauten:
Solange die Agentur dem Kunden kein MR verkauft, wo keines ist, sehe ich auch nach deutschem Recht kein Problem darin, Bilder ohne MR in die Hände dieser Agentur zu geben.
Über den Autor: Sebastian Deubelli ist Anwalt spezialisiert auf Medien- und Urheberrecht in der Nähe von München.
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