Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 62

Weiter geht es heu­te mit einer neu­en Folge von „Pimp My Stock“, wo ich Leser*innen-Fotos auf ihre Verkäuflichkeit hin bewer­te. Diesmal schrieb mir Ruth aus Frankfurt fol­gen­de Mail:

Lieber Herr Kneschke,

ich schrei­be Sie wegen Pimp my Stock an und bit­te sie um Rückmeldung zu mei­nen Fotos. Zum Verkauf von Fotos und Videos habe ich fol­gen­de Fragen:

1. Welche Motive emp­feh­len Sie Anfängern der Stock Fotografie wenn sie gezielt für den Verkauf bei Bildagenturen Fotos machen möchten?

2. Welche Videos sind gefragt und wel­che Themen eig­nen sich um in den Verkauf einzusteigen?

Viele Grüße un vie­len Dank im Voraus aus Frankfurt am Main

Ruth“

Schauen wir uns mal die Bilder an, wel­che sie geschickt hat:

Beginnen wir mit dem Bild die­ser Tanne im Winter. Hier muss ich kurz und kna­ckig sagen, dass die­ses Bild kei­ne Verkaufschancen haben wird. Erstens ist die Tanne oben abge­schnit­ten, zwei­tens hat die­ses Bild einen leich­ten Blaustich, drit­tens sieht die Tanne nicht anspre­chend genug aus, vier­tens ist der Hintergrund zu unru­hig und nicht natur­be­las­sen genug und fünf­tens gibt es sehr vie­le, viel bes­se­re Fotos die­ser Art in den Bildagenturen.

Das zwei­te Bild mit zwei Skifahrern im Winter sieht schon bes­ser aus. Wir set­zen hier mal vor­aus, dass Model Releases für die Personen vor­han­den sind, sonst wer­den vie­le Bildagenturen das Foto aus recht­li­chen Gründen ableh­nen. Weiterhin gehen wir davon aus, dass sämt­li­che Logos und Markennamen von der Ski-​Ausrüstung retu­schiert wur­den, da das eben­falls ein har­ter Ablehnungsgrund bei Bildagenturen ist.
Davon abge­se­hen: „People“ ver­kauft sich immer, die Aktivität der bei­den ist klar erkenn­bar und hier passt auch der Hintergrund. Ich über­le­ge nur noch, ob der Skilift links mit der grü­nen Farbe einen net­ten Akzent bil­det oder lie­ber ent­sät­tigt wer­den soll­te, um weni­ger abzu­len­ken. Was meint ihr?

Solche Stein-​Strukturen sehen viel­leicht nicht so span­nend aus, aber es gibt immer Designer, die so etwas als Hintergrund brau­chen. Insofern ist so ein Motiv prin­zi­pi­ell gut für Stock geeig­net, wenn auch die Konkurrenz in die­sem Bereich sehr hoch ist.
Hier im Speziellen ist auch der neue Mörtel in den Fugen gut erkenn­bar. Das kann eini­ge Kunden abschre­cken, ande­re suchen jedoch viel­leicht genau das, wes­halb das mit bei der Verschlagwortung berück­sich­tigt wer­den sollte.

Auf die­sem Bild hält eine weib­li­che Hand ein fast lee­res Sektglas. Generell ist das ein Motiv, wel­ches für vie­le Zwecke ver­wen­det wer­den kann und des­halb prin­zi­pi­ell gut als Stockfoto funk­tio­niert. Im Detail len­ken jedoch die pin­ken Fingernägel sowie der Ehering zu sehr ab. Ohne die­se Details wären die Verkaufschancen höher. Auch wäre ein vol­les Sektglas ver­käuf­li­cher, denn bei Food-​Fotos (oder hier auch bei Getränken) sol­len die­se Appetit auf mehr machen, was mit vol­len Tellern (oder Gläsern) bes­ser funktioniert.

Hier sehen wir ein lee­res Bierglas. Die Verkaufschancen wür­de ich sehr nied­rig ein­stu­fen. Zum einen ist natür­lich das erkenn­ba­re Logo ein No-​Go. Aber selbst wenn das retu­schiert wer­den wür­de, ist das Bild zu flau, um vie­le Verkäufe zu erzielen. 

In die­sem Bild haben wir eine (mir unbe­kann­te) Blume vor einer blü­hen­den Wiese. Das Bild ist tech­nisch gese­hen sehr gelun­gen, wenn auch sol­che gene­ri­schen Blumenbilder hau­fen­wei­se in Agenturen vor­han­den sind und es des­halb allein wegen der gro­ßen Konkurrenz schwie­rig haben. Auf jeden Fall soll­te die Blumenart kor­rekt ver­schlag­wor­tet wer­den.
Ich hät­te hier auch die Wiese selbst noch mal ein­zeln scharf (und auch unscharf) foto­gra­fiert, die­se hät­te ver­mut­lich sogar mehr Verkaufschancen als Konzept für „Frühling, Garten, Natur“ etc.

Auf die­sem Foto sehen wir eine Wanderin beim Fotografieren. Oder eine Fotografin beim Wandern? Wie auch immer, die­sem Foto wür­de ich, zusam­men mit den Ski-​Fahrern, die größ­ten Verkaufschancen ein­räu­men. Das Motiv ist klar erkenn­bar und der Vordergrund hebt sich gut vom Hintergrund ab. Ich hät­te das Motiv oben ver­mut­lich etwas enger beschnit­ten, sodass der Himmel nicht zu sehen wäre. Model-​Release und Logo-​Retusche soll­ten hier jedoch auch vor­han­den sein, damit die Agenturen das Foto annehmen.

Als letz­tes Bild haben wir grü­ne Weintrauben im Weinberg. Die Komposition ist okay, es ist sogar unten links viel Textfreiraum vor­han­den, aber auch hier wirkt das Bild etwas flau und der Weißabgleich ist etwas in Richtung Gelb ver­scho­ben. Das Foto ist akzep­ta­bel, aber wie bei so vie­len ande­ren Motiven ist die Konkurrenz hier mitt­ler­wei­le der­art hoch, dass ein Verkauf eher ein Glückstreffer wäre.

Zu den bei­den Fragen in Ruth‘ Email:

Ich emp­feh­le People-​Fotos, also schnappt euch einen Verwandten, eine Freundin oder sonst wen und macht gute Fotos von der Person, lasst euch einen Model Release unter­schrei­ben und ent­lohnt sie dafür. Aber gene­rell gilt: Fotografiert das, was euch inter­es­siert und macht es min­des­tens genau so gut wie die Fotos in den Agenturen. Logischerweise wird letz­te­res immer schwie­ri­ger, aber das ist lei­der die Realität.

Das Fotografieren der per­sön­li­chen Interessensgebiete ist eben­falls sehr unter­schied­lich lukra­tiv, wenn die eine Architektur mag und der ande­re nur Hosenknöpfe sam­melt. Aber der Hosenknopf-​Sammler hät­te sicher auch wenig Spaß dar­an, Architekturfotos zu machen, was wir den Bildern dann anse­hen würden.

Bei den Videos haben sich im letz­ten Jahr vor allem wel­che mit Corona-​Bezug ver­kauft (Videokonferenzen, Leute mit Mundschutz etc.). Wenn Anfänger auch sol­che neu­en Trends set­zen, hat es den Vorteil, dass die gesam­te Masse an ver­füg­ba­rem Material deut­lich gerin­ger ist und sie damit bes­ser wahr­ge­nom­men wer­den als mit einem „Handshake“-Video beispielsweise.

Falls ihr wis­sen wollt, wie sich eure Fotos schla­gen, könnt ihr ger­ne eben­falls kos­ten­los in einer „Pimp My Stock“-Folge mit­ma­chen. Alle Details fin­det ihr hier.

3 Gedanken zu „Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 62“

  1. Grundsätzlich ist der Ansatz hier schon falsch: Welche Motive emp­feh­len Sie Anfängern der Stock Fotografie wenn sie gezielt für den Verkauf bei Bildagenturen Fotos machen möchten?

    Liebe Ruth, Fotografie soll­te lei­den­schaft­lich sei­en, der Erfolg kommt dann von allei­ne – man sieht den Bildern an, das der Gedanke schnell einen Cent zu machen im Vordergrund steht – es man­gelt wirk­lich an allem, eine Basis ist hier „noch“ nicht erkennbar.

  2. Ruth wür­de ich Editorial empfehlen.
    Den Funkmasten im Hintergrund des Landschaftsbildes ran zoo­men könn­te ein Thema für 5G sein. Beim Sektglas wür­de ich eine Sektflasche mit Logo als Vordergrund neh­men. Das Bierglas voll fül­len und mit dem Logo vor­ne und viel­leicht etwas Berglandschaft im Hintergrund als Editorial hoch­la­den. Die Weintrauben als Hintergrund ver­wen­den und im Vordergrund alle Weinflaschen die man im Keller fin­det mit erkenn­ba­ren Logo ablichten.
    Bei einer Shopping Tour alle Logos der Geschäfte abfo­to­gra­fie­ren und als Editorial hoch­la­den, usw.

  3. Welche Motive emp­feh­len Sie Anfängern der Stock Fotografie wenn sie gezielt für den Verkauf bei Bildagenturen Fotos machen möchten?“
    Ich wür­de vor­schla­gen, Bilder des täg­li­chen (er)lebens.
    Und Roberts Buch über die Stockfotografie auf­merk­sam und bes­wusst durchlesen.

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