Weiter geht es heute mit einer neuen Folge von „Pimp My Stock“, wo ich Leser*innen-Fotos auf ihre Verkäuflichkeit hin bewerte. Diesmal schrieb mir Ruth aus Frankfurt folgende Mail:
„Lieber Herr Kneschke,
ich schreibe Sie wegen Pimp my Stock an und bitte sie um Rückmeldung zu meinen Fotos. Zum Verkauf von Fotos und Videos habe ich folgende Fragen:
1. Welche Motive empfehlen Sie Anfängern der Stock Fotografie wenn sie gezielt für den Verkauf bei Bildagenturen Fotos machen möchten?
2. Welche Videos sind gefragt und welche Themen eignen sich um in den Verkauf einzusteigen?
Viele Grüße un vielen Dank im Voraus aus Frankfurt am Main
Ruth“
Schauen wir uns mal die Bilder an, welche sie geschickt hat:
Beginnen wir mit dem Bild dieser Tanne im Winter. Hier muss ich kurz und knackig sagen, dass dieses Bild keine Verkaufschancen haben wird. Erstens ist die Tanne oben abgeschnitten, zweitens hat dieses Bild einen leichten Blaustich, drittens sieht die Tanne nicht ansprechend genug aus, viertens ist der Hintergrund zu unruhig und nicht naturbelassen genug und fünftens gibt es sehr viele, viel bessere Fotos dieser Art in den Bildagenturen.
Das zweite Bild mit zwei Skifahrern im Winter sieht schon besser aus. Wir setzen hier mal voraus, dass Model Releases für die Personen vorhanden sind, sonst werden viele Bildagenturen das Foto aus rechtlichen Gründen ablehnen. Weiterhin gehen wir davon aus, dass sämtliche Logos und Markennamen von der Ski-Ausrüstung retuschiert wurden, da das ebenfalls ein harter Ablehnungsgrund bei Bildagenturen ist.
Davon abgesehen: „People“ verkauft sich immer, die Aktivität der beiden ist klar erkennbar und hier passt auch der Hintergrund. Ich überlege nur noch, ob der Skilift links mit der grünen Farbe einen netten Akzent bildet oder lieber entsättigt werden sollte, um weniger abzulenken. Was meint ihr?
Solche Stein-Strukturen sehen vielleicht nicht so spannend aus, aber es gibt immer Designer, die so etwas als Hintergrund brauchen. Insofern ist so ein Motiv prinzipiell gut für Stock geeignet, wenn auch die Konkurrenz in diesem Bereich sehr hoch ist.
Hier im Speziellen ist auch der neue Mörtel in den Fugen gut erkennbar. Das kann einige Kunden abschrecken, andere suchen jedoch vielleicht genau das, weshalb das mit bei der Verschlagwortung berücksichtigt werden sollte.
Auf diesem Bild hält eine weibliche Hand ein fast leeres Sektglas. Generell ist das ein Motiv, welches für viele Zwecke verwendet werden kann und deshalb prinzipiell gut als Stockfoto funktioniert. Im Detail lenken jedoch die pinken Fingernägel sowie der Ehering zu sehr ab. Ohne diese Details wären die Verkaufschancen höher. Auch wäre ein volles Sektglas verkäuflicher, denn bei Food-Fotos (oder hier auch bei Getränken) sollen diese Appetit auf mehr machen, was mit vollen Tellern (oder Gläsern) besser funktioniert.
Hier sehen wir ein leeres Bierglas. Die Verkaufschancen würde ich sehr niedrig einstufen. Zum einen ist natürlich das erkennbare Logo ein No-Go. Aber selbst wenn das retuschiert werden würde, ist das Bild zu flau, um viele Verkäufe zu erzielen.
In diesem Bild haben wir eine (mir unbekannte) Blume vor einer blühenden Wiese. Das Bild ist technisch gesehen sehr gelungen, wenn auch solche generischen Blumenbilder haufenweise in Agenturen vorhanden sind und es deshalb allein wegen der großen Konkurrenz schwierig haben. Auf jeden Fall sollte die Blumenart korrekt verschlagwortet werden.
Ich hätte hier auch die Wiese selbst noch mal einzeln scharf (und auch unscharf) fotografiert, diese hätte vermutlich sogar mehr Verkaufschancen als Konzept für „Frühling, Garten, Natur“ etc.
Auf diesem Foto sehen wir eine Wanderin beim Fotografieren. Oder eine Fotografin beim Wandern? Wie auch immer, diesem Foto würde ich, zusammen mit den Ski-Fahrern, die größten Verkaufschancen einräumen. Das Motiv ist klar erkennbar und der Vordergrund hebt sich gut vom Hintergrund ab. Ich hätte das Motiv oben vermutlich etwas enger beschnitten, sodass der Himmel nicht zu sehen wäre. Model-Release und Logo-Retusche sollten hier jedoch auch vorhanden sein, damit die Agenturen das Foto annehmen.
Als letztes Bild haben wir grüne Weintrauben im Weinberg. Die Komposition ist okay, es ist sogar unten links viel Textfreiraum vorhanden, aber auch hier wirkt das Bild etwas flau und der Weißabgleich ist etwas in Richtung Gelb verschoben. Das Foto ist akzeptabel, aber wie bei so vielen anderen Motiven ist die Konkurrenz hier mittlerweile derart hoch, dass ein Verkauf eher ein Glückstreffer wäre.
Zu den beiden Fragen in Ruth‘ Email:
Ich empfehle People-Fotos, also schnappt euch einen Verwandten, eine Freundin oder sonst wen und macht gute Fotos von der Person, lasst euch einen Model Release unterschreiben und entlohnt sie dafür. Aber generell gilt: Fotografiert das, was euch interessiert und macht es mindestens genau so gut wie die Fotos in den Agenturen. Logischerweise wird letzteres immer schwieriger, aber das ist leider die Realität.
Das Fotografieren der persönlichen Interessensgebiete ist ebenfalls sehr unterschiedlich lukrativ, wenn die eine Architektur mag und der andere nur Hosenknöpfe sammelt. Aber der Hosenknopf-Sammler hätte sicher auch wenig Spaß daran, Architekturfotos zu machen, was wir den Bildern dann ansehen würden.
Bei den Videos haben sich im letzten Jahr vor allem welche mit Corona-Bezug verkauft (Videokonferenzen, Leute mit Mundschutz etc.). Wenn Anfänger auch solche neuen Trends setzen, hat es den Vorteil, dass die gesamte Masse an verfügbarem Material deutlich geringer ist und sie damit besser wahrgenommen werden als mit einem „Handshake“-Video beispielsweise.
Falls ihr wissen wollt, wie sich eure Fotos schlagen, könnt ihr gerne ebenfalls kostenlos in einer „Pimp My Stock“-Folge mitmachen. Alle Details findet ihr hier.
Grundsätzlich ist der Ansatz hier schon falsch: Welche Motive empfehlen Sie Anfängern der Stock Fotografie wenn sie gezielt für den Verkauf bei Bildagenturen Fotos machen möchten?
Liebe Ruth, Fotografie sollte leidenschaftlich seien, der Erfolg kommt dann von alleine – man sieht den Bildern an, das der Gedanke schnell einen Cent zu machen im Vordergrund steht – es mangelt wirklich an allem, eine Basis ist hier „noch“ nicht erkennbar.
Ruth würde ich Editorial empfehlen.
Den Funkmasten im Hintergrund des Landschaftsbildes ran zoomen könnte ein Thema für 5G sein. Beim Sektglas würde ich eine Sektflasche mit Logo als Vordergrund nehmen. Das Bierglas voll füllen und mit dem Logo vorne und vielleicht etwas Berglandschaft im Hintergrund als Editorial hochladen. Die Weintrauben als Hintergrund verwenden und im Vordergrund alle Weinflaschen die man im Keller findet mit erkennbaren Logo ablichten.
Bei einer Shopping Tour alle Logos der Geschäfte abfotografieren und als Editorial hochladen, usw.
„Welche Motive empfehlen Sie Anfängern der Stock Fotografie wenn sie gezielt für den Verkauf bei Bildagenturen Fotos machen möchten?“
Ich würde vorschlagen, Bilder des täglichen (er)lebens.
Und Roberts Buch über die Stockfotografie aufmerksam und beswusst durchlesen.