Nach meinem Artikel über den fragwürdigen Deal von Wirestock mit Freepik vor einigen Tagen habe ich einige Kommentare und Hinweise bekommen, die ich hier zusammenfassen will.
Wer genau steht hinter der Webseite wirestock.io?
Die Informationen dazu sind rar und widersprüchlich. Auf der Webseite wirestock.io selbst werden weder Anschrift noch Namen von Verantwortlichen genannt.
Es findet sich lediglich der Firmenname „Wirestock Inc.“ im Copyright-Hinweis am Ende jeder Seite und der Firmenname „Wirestock LLC“ in den Datenschutzbestimmungen. Da es zwischen einer Inc. und einer LLC Unterschiede zu geben scheint und eine Firma nicht gleichzeitig beides sein kann, wurden hier entweder zwei Firmen gegründet oder die Eigentümer scheren sich nicht um die Unterschiede.
Spannender wird es in den „Terms Of Use“. Dort steht zum Beispiel unter „Wirestock Trademarks“:
„All rights in and to Wirestock’s Trademarks not expressly granted to you hereunder are reserved by Shutterstock“
Auch an mindestens sechs anderen Stellen ist von Shutterstock die Rede. Das kann mehrere Gründe haben. Der naheliegendste Grund: Die faulen Eigentümer haben sich einfach beim Erstellen der Webseite beim Vertragstext von Shutterstock bedient und vergessen, den Agenturnamen überall auszutauschen.
Eine zweite – unwahrscheinlichere – Möglichkeit wäre, dass Shutterstock erkannt hat, dass eh kaum jemand bei ihnen exklusiv hochlädt und sie auf diese Weise 15% an den Verkäufen bei anderen Bildagenturen mitverdienen wollen.
Wo ist Wirestock.io angesiedelt?
Auch hier gibt es widersprüchliche Informationen. Laut einer Who-Is-Abfrage wurde die Webseite im November 2018 in Dubai registriert.
Laut der Webseite tracxn.com soll die Firma seit 2017 existieren und in Kalkara, Malta ansässig sein.
Laut Linkedin sei Wirestock.io unter einer Adresse in Newark, Delaware, USA, zu erreichen. Unter der angegebenen Adresse wird Google jedoch nur bei einer anderen Firma mit ausschließlich armenischen Mitarbeitern fündig. Die Vermutung liegt also nah, dass es sich hier um eine Art Briefkasten handelt, um die für Unternehmen günstige Steuerpolitik in Delaware ausnutzen zu können.
Laut dieser Webseite arbeitet der Co-Gründer und CEO von Wirestock, Mikhayel Khachatryan, von einem Büro in Malta aus, ebenfalls als Steuerparadies bekannt.
Wer steckt hinter Wirestock.io?
Laut Linkedin und einigen Interviews wurde die Firma von mehreren Personen gegründet. Bei Linkedin werden Mikayel Khachatryan (CEO), Vladimir Khoetsyan (CTO) und Seb Kiureghian, alle drei aus Armenien, sowie Ashot Mnatsakanyan aus den Vereinigen Arabischen Emiraten (dazu passt die Registrierung der Webseite in Dubai) als Co-Gründer genannt.
Wie finanziert sich Wirestock.io?
Laut Tracxn.com hat Wirestock am 4. Juli 2018 eine Seed-Finanzierungsrunde von ca. 40.000 USD erhalten haben, u.a. von einer Venture Capital Firma. Dieser Quelle nach soll es Ende 2019 eine weitere Finanzierungsrunde gegeben haben, u.a. durch die Firma HIVE Ventures, laut diesem Bericht über 25.000 USD.
Das Risiko von Fotografen bei Wirestock
Wie oben gezeigt haben wir mit Wirestock eine Firma, welche ihre AGB vermutlich bei Shutterstock geklaut hat und in mehreren Steueroasen weltweit aktiv ist. Die vier Gründer von Wirestock kommen alle eher aus dem Finanz- und Technikbereich und hatten keine Firmenbeteiligung mehr als wenige Jahre.
Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass hier ein hippes Internet Start-Up aufgebaut werden soll, was in wenigen Jahren mit Gewinn verkauft werden soll. In diese Strategie passt es gut, dass Wirestock nicht an einer langfristigen Entwicklung des Bildermarktes interessiert ist, sondern gegen Einmalzahlungen Bilder verschenkt, um so kurzfristig die Bilanzen zu verschönern, um für potentielle Käufer attraktiver auszusehen.
Dazu passt, dass Fotografen, welche ihre Bilder bei Wirestock hochladen, weder sehen können, welche Agentur welche Bilder von ihnen angenommen haben. Die Fotografen agieren so in einer Blackbox, bei der sie darauf vertrauen müssen, dass die Inhaber in ihrem Interesse handeln.
Wer jedoch schon bei der Firmengründung bei anderen Bildagenturen so stümperhaft deren AGB klaut und keinerlei Firmeninformationen auf der eigenen Webseite nennen will, dem würde ich keinen Zentimeter weit trauen.
Update 18.12.2020: Kurz nach der Gründung von Wirestock wollte die Firma eigentlich die Blockchain und Smart Contracts nutzen, um den Bildermarkt zu revolutionieren, davon ist jedoch nichts mehr übrig geblieben.
Edit 18.12.2020: In der Erstfassung wurde erwähnt, dass Fotografen keinen Zugriff auf die Keywords hätten, das stimmt nicht, deshalb wurde der Teil entfernt.
Hallo Robert,
der Punkt mit den Keywords stimmt nicht.
Keywords, die durch Wirestock generiert werden, werden durchaus zur Verfügung gestellt. Und zwar unter „Submitted“ – Bild auswählen – Keywords. Es gibt sogar einen Button, um diese mit einem Klick zu kopieren. Ich habe auch schon mal per Mail darum gebeten, ein Keyword bei einem Bild zu ergänzen, was problemlos und schnell gemacht wurde.
Der Support von Wirestock war zudem bislang immer sehr schnell, freundlich und hilfreich.
Generell freue ich mich über ein Angebot wie Wirestock, da es mir als Familienvater die Zeit für die wichtigen Dinge gibt, während ich weiterhin Stockfotografie betreiben kann. Ich würde mich freuen, wenn sich das Potential von Wirestock entfaltet und die von dir kritisierten Punkte zugunsten der Fotografen gelöst werden.
Schönen Gruß
Martin
@Martin: Danke für den Hinweis, habe ich nun geändert.
@Martin Henke: gerade solche „Fotografen“ wie dich braucht der Markt nicht – Fotografie ist auch „Business“ – aber das versteht leider nicht jeder, für dich wäre besser sich auf das Familienleben zu konzentrieren (halt die wichtigen Dinge im Leben), damit schadest Du dann nicht anderen. (wobei das Familienleben kein zukunftsfähiges Konzept darstellt – aber Klimawandel ist ein anderes Thema)
@Max: Das sieht der Markt anders. Und der Markt hat immer recht. Dein Beitrag ist übrigens ziemlich unangemessen. Der Markt steht jedem offen. Und wenn du unter „Fotografen wie mir leidest“ tut es mir leid, aber dann solltest du dein Konzept überdenken und nicht die Schuld bei anderen Suchen.
@Martin: Denke, das sieht der Markt nicht anders, keine Ahnung ob Du von der Fotografie lebst, denke eher nicht, ich schon, die letzten Jahre auch ganz gut – aber ohne die Mündel der silicon valley Unternehmen würde es mir besser gehen (und natürlich leidet die Zukunftsperspektive…)
Robert, hasst Du die AGB von Shutterstock und von Wirestock tatsächlich einmal miteinander abgeglichen und hast Du recherchiert, auf wen die Marke Wirestock tatsächlich eingetragen ist?
Übrigens schreibt Wirestock im eigenen Rechenbeispiel in der Angebotsmail, dass konkret 3,40 Dollar beim Fotografen landen. Und es also auf die 4 bis 5 Dollar weiter oben noch einen Abschlag gibt.
@Martin: Nach Veröffentlichung meines Artikels hat Wirestock still und heimlich die „Shutterstock“-Erwähnungen in deren „Terms Of Use“ ausgetauscht.
@Martin: Ich habe vor ein paar Tagen einzelne Passagen verglichen, diese waren wortwörtlich identisch. Die Shutterstock-Erwähnungen kann ich ebenfalls bestätigen. Im selben Satz war teilweise von Wirestock und Shutterstock die Rede.
Ich verstehe ja das Rechtsberatung Geld kostet, aber einfach die AGB von der Konkurrenz zu nehmen und ein wenig anzupassen finde ich schon dreist und als Nutzer auch gefährlich. Wirestock weiß schon warum kein direkter greifbarer Kontaktpartner genannt wird.
Für mich wird vertrauen in einen Dienst nachhaltig gestört, insbesondere wenn „heimlich“ die TOS geändert werden – eine Datumsänderung der TOS fand nicht statt. (von einem Versionsvergleich / änderungshinweis wie bei anderen Anbietern reden wir garnicht erst)
Wer will denn schon wissen was die sonst noch mit den Fotos machen die man dort hochlädt? Wen kann ich im Schadensfall verantwortlich machen?
@Rainer: Im Ernst – Schadenersatz??? Sorry, es ist naiv zu glauben man könnte einen Schadenersatz ohne enorme finanzielle Anstrengungen gegen ein amerikanische Unternehmen geltend machen (Sitz Wirestock ist unklar!) Seit froh wenn ihr nicht nach USA Recht verklagt werdet (ROM 2!)
https://www.daniel-hagelskamp.de/standpunkte/internationaler-kaufvertrag
Falls du es ergänzen möchtest: Man kann einsehen wo welches Foto veröffentlich wurde. Man klickt aufs Foto und in dem Bereich rechts wo auch z.B. die bereits erwähnten Keywords/Tags erscheinen gibt es oben Links oder eben nicht.
Ich selbst teste Wirestock seit Dezember vorsichtig mit 200 Fotos. Mal sehen, was dabei rumkommt und was damit passiert. Das neue „Instant Pay“ habe ich mal schön deaktiviert.