Adobe Stock veröffentlicht große kostenlose Kollektion mit Fotos, Vektoren und Videos

Kostenlose Bilddatenbanken wie Unsplash ent­wi­ckeln sich immer mehr zur Gefahr für Bildagenturen. Konnte Unsplash noch im Februar ca. 24 Downloads pro Sekunde ver­zeich­nen, sind es jetzt Mitte Oktober schon 42.

Die gro­ßen Microstock-​Agenturen wie Shutterstock oder Adobe Stock beob­ach­ten die­sen Trend natür­lich genau, lan­ge blieb jedoch unklar, wie genau sie dar­auf reagie­ren wollen.

Für Adobe Stock ist nun die Antwort bekannt, denn Adobe hat eben den Start einer kos­ten­lo­sen Bild-​Kollektion bekannt gege­ben.

Screenshot der Startseite der free coll­ec­tion bei Adobe Stock

Diese Kollektion soll anfangs ca. 70.000 Dateien (Fotos, Vektoren, Illustrationen und Videos) umfas­sen und auf bis zu ca. 100.000 Bilder anwach­sen. Diese Bilder sind bis­her von weni­ger als 50 aus­ge­wähl­ten Top-​Fotografen gelie­fert wor­den, wel­che ihr Einverständnis dafür gege­ben haben, der Großteil kommt von Anbietern wie RAWpixel und Wavebreakmedia.

Der Senior Product Manager bei Adobe Stock, Morgan David de Lossy, war so freund­lich, mir mehr Auskünfte über die Ziele und Hintergründe der Gratis-​Kollektion zu geben.

Drei sich widersprechende Ziele der Gratis-Kollektion

Der Aufbau der kos­ten­lo­sen Bildersammlung dau­er­te mehr als ein Jahr, weil meh­re­re sich wider­spre­chen­de Werte und Ansichten von Adobe ver­ei­nen las­sen mussten:

  • den Adobe-​Nutzern die bes­te Nutzererfahrung (UX) bieten
  • die Interessen der Urheber zu berück­sich­ti­gen, auch in Zukunft neue Werke pro­du­zie­ren zu können
  • die Gratis-​Kollektion pro­fi­ta­bel zu machen

Die Nutzererfahrung soll ähn­lich wie bei der Suche nach bezahl­ten Inhalten funk­tio­nie­ren, die tie­fe­re Einbettung in die Creative Cloud wird noch überlegt.

Bei der Bildauswahl wur­de auf „Breite, nicht Tiefe“, wert gelegt, das heißt, so mög­lichst vie­len belieb­ten Themen sol­len Bilder ver­füg­bar sein, aber nicht zu vie­le unter­schied­li­che Varianten, damit Nutzer mit spe­zi­el­le­ren Bildwünschen wei­ter­hin Geld bei Adobe Stock ausgeben.

Ob das anfangs so gut funk­tio­niert, ist frag­lich, da zum Beispiel die Suche nach „Business Team“ fast 1.900 Treffer lie­fert, „Kinder“ sogar schon über 6.100 Treffer und „Hintergrund“ fast 20.000 Ergebnisse.

Morgan gibt auch zu, dass die­ser „Breite, nicht Tiefe“-Teil sehr schwer zu errei­chen ist und dass täg­lich beob­ach­tet wer­den soll, wie sich die Zahlen ent­wi­ckeln, um ggf. schnell gegen­steu­ern zu können.

Die Interessen der Urheber will Adobe haupt­säch­lich durch zwei Anreize berück­sich­ti­gen. Zum einen zahlt Adobe den Fotografen der Gratis-​Kollektion tat­säch­lich Geld für ihre Zustimmung an dem Projekt. Als gro­ber Richtwert wur­de hier der dop­pel­te RPI (Revenue per Image) pro Jahr und Bild genannt, wobei die Werte ein­zeln ver­han­delt wur­den, weil vor allem die gro­ßen Portfolios in der Regel nied­ri­ge­re RPIs haben.

Außerdem sol­len unter den Gratis-​Bilder wei­te­re Bilder der glei­chen Serie vom Fotografen aus der bezahl­ten Kollektion ange­zeigt wer­den, um mög­lichst oft „Upselling“-Effekte zu erzielen.

Das Ziel ist, die „free“ Kollektion haupt­säch­lich für neue Kunden attrak­tiv zu machen, die sich sonst bei Gratis-​Plattformen bedient hät­ten und ihnen zu zei­gen, dass sie bei Adobe auf der siche­ren Seite sind, weil Adobe Model Releases, Property Releases und ande­re Schutzrechte (Markenrecht, Designschutz) prüft. So sol­len die Nutzer erfah­ren, wel­chen Vorteil die Agentur tat­säch­lich hat, um sie spä­ter bei Bedarf zu zah­len­den Kunden kon­ver­tie­ren zu können.

Adobe Stock bewirbt die kos­ten­lo­se Kollektion mit Rechtssicherheit (Screenshot)

Die Gratis-​Bilder ent­hal­ten die glei­che Standard- bzw. Enhanced-​Lizenz wie die Bilder aus der bezahl­ten Kollektion.

Die Zukunft der Gratis-Kollektion

Geplant ist auch, mehr Fotografen die Teilnahme an der Gratis-​Kollektion zu ermög­li­chen, was aber mit meh­re­ren Herausforderungen ver­bun­den ist: Die Größe der Kollektion soll nicht unend­lich wach­sen und bei ca. 100.000 Bildern sta­gnie­ren und eine gleich­mä­ßi­ge Verteilung nach Themen und Kategorieren gewähr­leis­tet blei­ben. Die Bildauswahl soll auch regel­mä­ßig wechseln.

Außerdem soll die Kollektion einen Mehrwert für die Nutzer bie­ten, ohne die Verkäufe von Adobe und den Fotografen zu schaden.

Im Grund geht Adobe mit die­sem Experiment eine Wette ein: Führt ein Gratis-​Angebot zu mehr Käufern und mehr (bezahl­ten) Downloads?

Bisher nut­zen auch Adobe-​Projekte wie „Spark Post“ Unsplash-​Bilder, was idea­ler­wei­se durch die eige­ne Gratis-​Kollektion ersetzt oder zumin­dest ergänzt wer­den soll [Update Juni 2022: Adobe Spark heißt jetzt Adobe Express].

Gratis-​Bilder mit Ethik?

Laut Morgan David de Lossy soll die kos­ten­lo­se Kollektion der Versuch sein, einen „ethi­schen Weg bei kos­ten­lo­sen Bildern ein­zu­schla­gen, bei dem sich der Produktionskreislauf schließt und die Urheber Geld erhal­ten, um mehr Bilder pro­du­zie­ren zu können“.

Er betont auch:

Die Künstler sind der Hauptfokus bei Adobe und wir bau­en die kos­ten­lo­se Kollektion mit Rücksicht zuerst auf die Künstler. Um Stock als nach­hal­ti­ges Geschäftsmodell zu erhal­ten, wer­den wir stark jeden Einfluss ana­ly­sie­ren, den die Kollektion auf die Künstler-​Community hat, denn unser Ziel ist es, den Künstlern mehr Geld zu bringen“.

Riskante Wette

Die Wette, die Adobe ein­geht, ist in der Tat ris­kant. Dem Wildwuchs an kos­ten­lo­sen Bildern mit noch mehr kos­ten­lo­sen Bildern zu ent­geg­nen, ist mei­ner Meinung nach gewagt. Der Vorteil für Kunden durch die geklär­ten Rechte Dritter soll­te leicht nach­voll­zieh­bar sein, der Vorteil für die teil­neh­men­den Fotografen (im Vergleich zu Unsplash-​Fotografen) eben­falls durch die Bezahlung aus Adobes Taschen.

Das Risiko ist jedoch sehr hoch, dass vor allem die klei­nen Kunden, wel­che nur sehr sel­ten Bilder brau­chen, auf das neue kos­ten­lo­se Angebot aus­wei­chen. Diese Kunden kau­fen kein Abo und haben bis­her das im Verhältnis deut­lich teu­re­re Credit-​Paket gekauft. Meine Vermutung ist, dass die­se Kunden sich nun lie­ber mit Gratis-​Bildern zufrie­den geben, auch wenn die­se viel­leicht im Detail nicht ganz so gut pas­sen wie die käuf­li­chen Alternativen.

Auch die ohne­hin schon stark ver­wäs­ser­te Lizenzsprache mit Begriffen wie „lizenz­frei“, wel­ches vie­le Bildsucher mit „kos­ten­los“ ver­wech­seln wird nicht trenn­schär­fer, wenn Adobe die­se Wörter nun wild durch­ein­an­der mixt.

Mehr als unglück­lich gewählt ist die Formulierung am Ende der Seite.
Deshalb sicher­heits­hal­ber schon vor­ab die Klarstellung: Lizenzfrei bedeu­tet nicht auto­ma­tisch „kos­ten­los“ und nicht alle Dateien auf Adobe Stock sind kos­ten­los erhältlich!

Meine Hoffnung hin­ge­gen ist, dass Adobe so stark in der Datenanalyse ist, dass sie tat­säch­lich schnell erken­nen, falls die Gratis-​Kollektion in die fal­sche Richtung läuft und ent­spre­chen­de Gegenmaßnahmen einführen.

Mehr Informationen zur „free coll­ec­tion“ fin­det ihr in die­sem FAQ.

Wie schätzt ihr das ein?

11 Gedanken zu „Adobe Stock veröffentlicht große kostenlose Kollektion mit Fotos, Vektoren und Videos“

  1. Ich fin­de das sehr gut. Die Gratis Kunden direkt zu Adobe Stock füh­ren. Dort ein­mal ange­kom­men, ist der Weg dank sehr gutem Angebot nicht weit zum Bezahlbild.

    Das wird so ähn­lich sein wie bei Smartphone Spielen. Erst kos­ten­los, dann wol­len die Leute wei­ter kom­men. Ein Schritt in die rich­ti­ge Richtung!

    Und wenn es nur ein Test ist, wird auch ein evtl. Schaden nicht zu groß wer­den. Besser als den Kopf in den Sand zu ste­cken. Die kos­ten­lo­sen Agenturen ver­schwin­den nicht einfach!

    Wenn die neu­en Kunden erst mal im Boot sind und den Upload Prozess und alles ken­nen gelernt haben, kom­men sie wie­der. Und holen sich mehr. Und irgend­wann fin­den sie nichts pas­sen­des und dann sind sie bereit, dort zu kau­fen. Finde nur die Menge der kos­ten­lo­sen Bilder zu groß. Aber ich glau­be, es wird klappen 

  2. Wann gibt es end­lich die Gratis-​Pizzaria in mei­ner Nähe?
    Spaß bei­sei­te, eine Ware, die man ver­schenkt, ver­liert ihren Marktwert.
    Gerade bei Bildern mit Fotomodellen soll­ten die Bildagenturen mal kurz nach­den­ken, was ein pro­fes­sio­nel­les Fotoshooting den Kunden kos­ten wür­de. Dann wäre ihnen klar, dass sie ihre Produkte nicht für Cents oder kos­ten­los Lizenzieren müssen.

  3. Diese gra­tis Bilder haben glau­be ich schon alle Microstock Agenturen ausprobiert.
    Aus Anbieterseite konn­te ich bis­her kei­nen Vorteil erkennen.

  4. In den sozia­len Medien schlägt ja gera­de die bri­ti­sche Cyber Kampagne mit der Ballerina Wellen.
    Normalerweise wür­de man mei­nen für eine sol­che Kampagne wer­den noch Shootings gemacht mit allem drum und dran.
    Ich woll­te mal sehen wer das Foto gemacht hat. Was hat Google gelie­fert? – man hat ein gra­tis Fotos von Unsplash verwendet.
    https://www.classicfm.com/music-news/photographer-devastated-fatima-dancer-government-advert-meme/
    Das gibt schon zu denken.

  5. Wen wun­dert es – der Trend war abseh­bar, schließ­lich hat Robert mit sei­nem Blog nicht uner­heb­lich dazu beigetragen.

    Wer bil­lig pro­pa­giert – lie­ber 1000 Bilder zu einem 1€ als 1 Bild zu 1000 € – wir erin­nern uns noch gut, muß sich nicht wun­dern, irgend­je­mand ist noch blö­der und arbei­tet für nix (die Veröffentlichung ist ja auch eine Ehre), bringt Dir Aufmerksamkeit und Aufträge…blablabla.…

    Der ers­te Kommentar zeigt es deut­lich, even­tu­ell kön­nen die Leute noch foto­gra­fie­ren, für mehr reicht es nicht, schon gar nicht für wirt­schaft­li­ches Denken – ist nicht nur bei den Fotografen so.

    Es ist Zeit Abschied zu nehmen.

  6. Ich ken­ne das von Pixabay.Hunderte von Websites und noch mehr Facebook ‑User schmü­cken sich mit die­sen frem­den Fotos.…wie kann man sein wunderschönes,arbeitsreiches Foto da hochladen…?…und wenn ich nachfrage…„Na ..has­te die schö­nen Fotos von Pixabay? „…Antwort : „nee, alles selbst fotografiert“…und etwas spä­ter ist mein Kommentar gelöscht…
    Und mei­ne Frage ‚darf Adobe Fotos ver­schen­ken ohne den Autor zu fragen?

  7. Hmm, das Finanzierungsmodell setzt dem gan­zen dann noch die Krone auf: Da dür­fen nun also Stock-​Content-​Anbieter die sich per­se mit einem frag­wür­di­gen Modell ihren Lebensunterhalt ver­die­nen, die Leute quer­fi­nan­zie­ren, die Ihnen mit­tels Gratis-​Lizenzierung die Geschäftsgrundlage entziehen.

    Das kann man eigent­lich nicht erfinden.…

  8. @Petra: Laut der Aussage im Artikel müs­sen die Urheber die Lizenz ein­räu­men und wer­den von Adobe auch dafür ver­gü­tet. Alles ande­re wäre ja auch nicht wahr­schein­lich nicht legal (in Abhängigkeit von den zugrun­de lie­gen­den Verträgen…)

  9. Der ers­te Kommentar zeigt es deut­lich, even­tu­ell kön­nen die Leute noch foto­gra­fie­ren, für mehr reicht es nicht, schon gar nicht für wirt­schaft­li­ches Denken – ist nicht nur bei den Fotografen so.“ schreibt also Max, der aus unbe­kann­ten Gründen kei­nen Nachnamen nennt und auch kei­ne eige­ne Internetpräsenz auf­wei­sen kann. 

    Lieber Max, der ers­te Kommentar kam von mir, die ich nicht nur „even­tu­ell“, son­dern GARANTIERT rich­tig gut foto­gra­fie­ren kann, und die ich seid 2013 ein reges Auftragsfotografie Unternehmen betrei­be, wel­ches bis heu­te sehr gut läuft. 

    Ich wür­de Dir raten, eben­falls eine zwei­te Einnahmequelle neben der rei­nen Stockfotografie zu gene­rie­ren. Beziehungsweise wür­de mei­ne „wirt­schaft­li­che Denkweise“ Dir dazu raten. Vielleicht reicht es dann ja auch mal zur eige­nen Website?

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