Die Bildagentur Alamy will erneut die Fotografenhonorare kürzen: Sanken sie 2012 von 60% auf 50%, sollen diese nun ab Februar 2019 auf 40% fallen.
Der Alamy-CEO James West begründet diesen Schritt wortreich in einem YouTube-Video:
Außer den ganzen Worthülsen und Phrasen ist eine spannende Grafik bei Minute 6:40 enthalten, welche die Entwicklung und die Differenz zwischen Gesamtumsatz und Fotografeneinnahmen von 2002 bis 2018 aufzeigt:
Dort ist gut sichtbar, wie die Kommissionskürzung von 60 auf 50% für die Fotografen zu einem Umsatzwachstum bei gleichzeitiger Stagnation der Fotografeneinnahmen geführt hat.
Die Kommentare unter dem Video sind zusammengefasst aussagekräftiger als alles, was ich dazu selbst sagen könnte, weswegen ich hier einfach eine sinngemäße Auswahl und einen Ausschnitt der Kommentare (ins Deutsche übersetzt) präsentiere:
„Ich finde es erstaunlich, dass Alamy mit der Trendlinie ab 2015 einen Aufwärtstrend hat, aber gleichzeitig denkt, dass es an der Zeit ist, weitere 10%(Punkte) von den Fotografen zu kürzen. […] Ich bin seit 1980 im Bereich Stockfotografie. Nicht einmal hat ein Unternehmen die Fotografenkommission in guten Zeiten angehoben.“(J Liparis)
„Mir ist bewusst, dass Alamy sich auf dem Markt behaupten, in die Zukunft investieren und Gewinne erzielen muss. Seltsamerweise ist es genau das, was auch der Fotograf tun muss. Ich habe nichts in dem Video gehört, wie dies den Fotografen zugute kommt. Ja, sie haben die neuen Portfolios erwähnt, aber alles, was das bewirkt, ist, den Verkauf und Vertrieb auch auf die Fotografen abzuwälzen.“ (Robin Whalley)
„Wenn wir direkt bei Alamy angestellt und bezahlte Mitarbeiter wären, wäre dies nicht möglich. Alles, was Sie tun könnten, wäre, neue Mitarbeiter mit einem neuen Vertrag zu beschäftigen. Daher nutzen Sie die Tatsache, dass wir Selbstständige sind, um die fehlenden gesetzlichen Rechte auszunutzen.“ (Paul Briden)
„ ‚Kommissionsänderung‘ ist das falsche Wort für ‚Kommissionskürzung‘.“ (Dmitry Rukhlenko)
„Dies ist eine Kürzung von 20% der Honorare, die Fotografen erhalten (50–20% = 40). In den Charts, die Sie jedoch zeigen, ist die Lücke zwischen den Unternehmensgewinnen und den Fotografenkommissionen größer als je zuvor. Sind sie und alle Mitarbeiter des Unternehmens auch zu einer 20%-Gehaltskürzung zum Wohle des Unternehmens bereit?“ (Chris Stock)
„Zumindest hat der CEO den Mut, sein Gesicht zu zeigen. Ich glaube nicht, dass einer der CEOs der anderen Agenturen den Mut dazu hätte. Schlechte Nachrichten auf ethische Weise.“ (Ozgur Coskun)
„Wenn dieses Video versucht, die Menschen zu beruhigen, scheitert es für mich schrecklich. Ich bin mir nicht sicher, ob die legere Kleidung mit billiger Garderobe im Hintergrund den Eindruck vom Unternehmensvermögen ablenken sollte, aber es ist nicht im geringsten professionell. Die gesamte Präsentation wirkt schwafelig und nicht überzeugend. Es fehlt an Überzeugung und es sieht eher aus wie ein Zwölfjähriger, der versucht, eine Entschuldigung dafür zu finden, warum er seine Hausaufgaben nicht gemacht hat.[…] Ich hoffe, dies ist nicht die Präsentation, die der Alamy-CEO bei Geschäfts- und Investitionsmeetings mitgebracht hat!“ (Essence Of Light)
„Workflow-Änderung: Wenn ich meine Bilder für den Upload sortiere, wird es nun einen Ordner namens „Reste“ geben mit einem Unterordner „Alamy“ darin.“ (Gordan P. Junior)
„Alamy hat so viele Fotos und Fotografen, dass der Geschäftserfolg eines einzelnen Fotografen offensichtlich keine Rolle spielt. Dies ist jedoch kein nachhaltiges Modell für den Erfolg. Jede Motivation, neue Fotos zu machen, ist weg.“ (Blaine Harrington)
„Die Erklärung liegt in den Diagrammen. Deine orange Linie geht nicht nach oben und wird zwischen immer mehr Fotografen aufgeteilt. Unsere blaue Linie steigt in die Höhe und sollte das nicht mehr das Fall sein, nehmen wir uns weitere 10 Prozentpunkte, bis sie wieder steigt.“ (syousef)
„Hat er die Schuld gerade wirklich auf den Brexit geschoben?“ (Paphos Life)
„Ich bin nicht übermäßig besorgt über den prozentualen Anteil der Provisionen, sondern über den tatsächlichen Wert pro Verkauf. Die Grafik, die den Bruttoeinnahmenumsatz zeigt, ist an sich ziemlich bedeutungslos. Wir müssen die Verteilungskurve sehen, damit sie irgendeinen Wert hat. Wenn Drittanbieter beteiligt sind, kürzen Sie auch ihre Provision? Wenn nicht, warum nicht? Ich bin fest davon überzeugt, dass Zeit, Aufwand und Engagement der Fotografen stark unterbewertet sind. James, im Geiste der Offenheit und Fairness, könnten wir den Überschuss von Alamy pro Jahr sehen bitte?“ (Richard Tadman)
„Ich bin seit 2000 bei Alamy, bevor sie online gegangen sind. Alex hat mich angeworben, um genug Bilder zu haben, bevor sie öffentlich gingen. Der „Vertrag“ war anfangs großartig und die Einnahmen waren recht gut, selbst mit einer relativ geringen Anzahl von Bildern, und ich hatte das Gefühl, dass Alamy sich wirklich für seine Fotografen sorgte und auch in öffentlichen Meetings traf. Schneller Vorlauf bis 2016 und das Bild hatte sich sehr verändert. Es sind nicht nur die Provisionen gefallen, sondern auch die Bildpreise (in meinem Fall sank der Durchschnittspreis pro Bild von 100 USD auf rund 10 USD, ich habe meine eigenen Grafiken, um dies zu beweisen). Nachdem ich 16 Jahre lang regelmäßig hochgeladen habe, entschied ich zu diesem Zeitpunkt, dass es die Anstrengung nicht wert war, weiterhin beizutragen. Die Rendite war zu niedrig, also beschloss ich, meine Bilder in Alamy zu belassen und den immer geringer werdenden Geldbetrag mitzunehmen und mit meinem Leben etwas Nützlicheres zu machen. Ich dachte daran, Alamy möglicherweise zu erlauben, einige meiner neueren Bilder zu verkaufen, aber diese letzte Ankündigung hat diese Gedanken aus meinem Kopf verdrängt. Mit mehr als 157 Millionen verkauften Bildern und einem Gewinn von 300 Millionen Dollar pro Jahr gibt es keine Entschuldigung, die Torpfosten zu bewegen und die Hand zu beißen, die sie füttert. Ohne uns sind sie nichts.“ (Mike Crawley)
„Er kann nicht einmal mit geradem Gesicht in die Kamera schauen.“ (mhonegger)
Was sagt ihr zu dem Video?
Ja, das passiert wohl, weil er es kann. Wie bei den anderen auch. Verständlich wäre ja meinetwegen – was auch hier und da passiert – eine Preissenkung, die sich Agentur und Lieferanten auswirkt. Hier wird aber tatsächlich einmal mehr einfach der Anteil der Lieferanten gekürzt.
Nun kann man nur hoffen, dass die Lieferanten nicht nur Kraftsprüche liefern sondern auch wirklich spürbar weniger liefern oder sogar umsatzträchtige Portfolios kündigen. Mutmaßlich tut das vielleicht weniger weh als das im ersten Moment klingt – viele der besseren Lieferanten werden womöglich ohnehin die Erfahrung machen, dass dann bestimmte Bilder bei anderen Agenturen wieder besser laufen.
Und nicht zuletzt: man muss doch mal so eine Agentur auch wie genossenschaftlich UND professionell hinkriegen können. Das dürfte doch dann recht „disruptiv“ für die Blutsauger ausgehen.
Ist da nicht was bei Kickstarter am Start, dass eher Community-getrieben ist (aber ohne diese Willkür wie bei PhotoCase)?
@Michael: Stocksy ist ja quasi genossenschaftlich und erfolgreich, aber mit dem Nachteil, dass da eben nur wenige mitmachen können/dürfen.
Warum Alamy bei einer Umsatzsteigerung von 20 Mio auf 30 Mio (2012–2018) nicht ausreichend investieren kann ist sehr fraglich.
Der aktuelle Aufschrei ist gross – Alamy hat es bislang geschafft als Partner der Fotografen zu wirken, ‚grosse Familie‘, dabei ist es wie anderswo pure Gewinnmaximierung. Putzig finde ich dass die ganze Diskussion im Alamy-eigenem Forum läuft und jederzeit per Click verschwinden kann.
Ich bin selber bei Alamy und zwei anderen (RM) Agenturen, von jeder gabs in den letzten drei Jahren einseitige Vertragsänderungen, (natürlich) nachteilig für den Fotografen, weshalb ich einen Vertrag grad gekündigt habe.
Viele Alamyfotografen sind treue Alamy-only Anbieter – Konsequenz aus meiner Sicht kann, wie bei Aktien, nur eine weitere Streuung auf andere Agenturen sein. Wenn Alamy zum Level von Shutterstock & Adobe Stock kommen will – das kann jeder Fotograf einfacher durch Direktbewerbung dort erreichen. Werd ich auch mal testen. Oder Stockfotografie auslaufen lassen.
@Robert: Danke. Ja, Stocksy ist mir auch schon aufgefallen. Das wusste ich aber nicht. Dort ist für mich aber die Exklusivität ein schweres NoGo. Zudem habe ich keine Ahnung in welchem Verhältnis zu anderen Agenturen die Umsätze dort stehen, also ob sich das lohnt, die Werke dort an die Exkl-Kette zu legen und auf die Big 4 zu verzichten. Das wäre ja der einzige Grund so etwas zu machen.
Ja, was Alamy da macht ist übel.
Aber die anderen Bildagenturen machen es vor, James West bezieht sich begründend sich in seinem Video am Anfang explizit auf Shutterstock und Fotolia/Adobe.
Gerade diese Agenturen haben ja noch schlechtere Fotografenkonditionen. (Und bekommen massenhaft Bildmaterial)
Der Fotografenaufschrei ist nachvollziehbar, einige haben ja auch geschrieben, dass sie auf die Einnahmen durch Alamy angewiesen sind.
Also was bleibt übrig, als Alamy Anbieter?
Den Bildbestand beibehalten und auf neue Lieferungen zu verzichten!
Ein Wechsel zu einer anderen Bildagentur wird wohl keinen Sinn machen, da sind der Splitts noch schlechter.
Insgesamt reiht sich die Ankündigung in das allgemein schlechte Marktumfeld für Fotografen ein, wer von der Stockfotografie lebt, sollte sich dringend andere Standbeine suchen.
Ich habe es ja schon woanders geschrieben – das Video finde ich furchtbar. Okay, wir sind ein Kreativberuf. Aber so kreativ? Ich hatte da ein paar tausend Bilder und habe die bereits vor einem Monat gelöscht als die Sache mit den neuen Verträgen bekannt wurde. Das nächste werden wohl Abos sein…
Wohin soll man heute noch liefern (RM, kein Mikrostock)?
@ Vroni Das ist die Gretchenfrage, der Markt ist nahezu tot.
Gute Preise und ein faires Sharing hat noch Gallery Stock, aber dort wird nicht viel verkauft.
Mauritius ist noch zu empfehlen, aber auch dort ist es nur ein „Beibrot“
Ansonsten würde mich genau diese Frage auch interessieren!
Plainpicture, Offset – da wird aber auch nicht viel verkauft. Also:
Mit Stockfotografie gut zu verdienen – diese Zeiten sind vorbei. Dies sich einzugestehen fällt schwer, aber das ist eine nötige und rationale Beurteilung der aktuellen Situation. Die „guten alten Zeiten“ der Stockfotografie werden auch nicht wiederkommen.
Ich vermute, die meisten Alamy Bildlieferanten werden die neue Verteilung akzeptieren (da es kaum Alternativen gibt). Eine Möglichkeit des Protests wäre es die Distribution zu deaktivieren. Hier bekommt man ohnehin nur 30%. Vielleicht könnte eine Massendeaktivierung ein Signal an Alamy sein… Hier bräuchte man eine Aktion, und einen Initiator mit Reichweite (-> Robert Kneschke?)
Es wird sich keiner wehren. Dafür sind es zuviele Fotografen. Geben einige auf freuen sich neue. Dumping funktioniert immer und da weltweit leute einstellen können.
Richtig es wird sich nichts ändern. Muss man einfach für sich selbst entscheiden. Ich habe meine 4000 Bilder deaktiviert. Dauert ohnehin 6 Monate. Geht mir einfach ums Prinzip.