Wieder gibt es eine neue Folge von „Pimp my Stock!“, bei der ich Fotos auf ihre Verkäuflichkeit hin beurteile, diesmal mit den Bildern von Erwin. Er schreibt:
„Hallo Robert,
ich habe Deinen Blog beim surfen gefunden und bin „hängen“ geblieben. An der Stelle möchte ich auch erst mal Danke sagen für die vielen informativen Artikel und Links.
Zur Zeit bin ich dabei meine Internetpräsenz auszubauen und überlege im Stock-Bereich was zu machen. Nun bin ich „neutral“ formuliert nicht derjenige mit den gängigsten Motiven. Deswegen möchte ich Dein Angebot nutzen.
Zur Zeit nutze ich eine OMD E‑1 mit Adapter und den „alten“ Zuiko-Pro-Gläsern und möchte sie auch nicht missen. Die Aufnahmen mache ich nur in RAW und Bildbearbeitung erfolgt wieder über Lr und Ps6 (CC-Abo wieder gekündigt).
Bisher habe ich noch keine Aufnahmen eingereicht und auch noch kein Stock-Konto. Bei den Aufnahmen versuche ich ein Querschnitt herzugeben, weitere Aufnahmen kannst Du ggf. auf meiner HP „erp-hoto.de“ sehen. Im Bereich Kalender und Bilder haben ich schon einiges über Calvendo laufen.
Mit Stock konforme Bilder verbinde ich „alles“ was ich nicht fotografiere. Es wäre einfach eine Endscheidungshilfe die Bilder von jemanden zu beurteilen der sich in dem Bereich auskennt.
Natürlich interessiert mich jeder Kritikpunkt, der an den Aufnahmen zu finden ist. Wie beschrieben habe ich die Aufnahmen auf 600 Pix runter gerechnet.
Ich danke Dir vorab für Zeit und Mühen.
Gruss Erwin“
Schauen wir uns seine Bilder mal an.
Das erste Bild zeigt eine lila Blume, vermutlich eine Orchidee. Ich mag, dass dieses Bild „anders“ aussieht als die typischen Blümchenbilder und der weiße Hintergrund ist schon mal eine gute Voraussetzung für ein gelungenes Stockfotos (Stichwort Freisteller). Nachteilig fällt mir nur sofort die obere linke Ecke auf, weil sie die Aufmerksamkeit weg von der Blüte in der Mitte lenkt. Ein geübter Photoshop-Retuscheur sollte das jedoch schnell entfernen können.
Bei dem nächsten Bild sehen wir einen Baumwipfel im Winter, der von der Sonne beschienen wird. Durch die Sonne wird hier der Fokus an die richtige Stelle gelenkt und auch technisch ist das Bild gelungen. Nüchtern betrachtet ist es aber auch nichts „Besonderes“ und ähnliche Motive gibt es zuhauf. Zumal Bildredakteure das Thema „Winter“ oft lieber mit einer schneebedeckten Winterlandschaft bebildern würden als mit einer nackten Baumkrone. Insofern ist das Bild als Stockfoto sicher geeignet, würde aber vermutlich kaum Verkäufe bringen.
Das dritte Bild verwirrt etwas, weil es eine Holztextur zeigt, die jedoch farblich wie ein Ölfilm oder rostiges Eisen wirkt. Solche Ambivalenzen sind im Stockbereich meist nicht so hilfreich, wenn der Bildkäufer hunderte kleine Thumbnails zur Auswahl sieht.
Der Bereich „Hintergründe und Texturen“ ist zwar lukrativ im Stockbereich, aber die Farbgebung in diesem Fall schränkt mögliche Nutzungen zu sehr ein.
Besser gelöst finde ich das beim nächsten Bild, einer Gardine mit Spitze. Die Perspektive gefällt mir, da sie durch die Tiefenwirkung Spannung erzeugt. Insgesamt würde ich hier noch etwas an Helligkeit, Kontrast und Sättigung arbeiten, damit das Bild weniger flau wirkt. Dann kann ich mir einige Verkäufe vorstellen.
Beim nächsten Bild sehen wir eine Makroaufnahme einer Fliege (falls ich falsch liege, mögen mich die Biologen unter den Lesern bitte korrigieren). Das Bild würde sich super verkaufen, wenn… die Fliege ein Laubfrosch wäre. Als Fliege gibt es sicher paar Verwendungsmöglichkeiten für Schulbücher oder Fachzeitschriften, aber die Nachfrage ist doch eher beschränkt. Insofern auf jeden Fall kein Microstockmotiv, sondern wenn dann für eine spezialisierte Macrostockagentur. Technisch gibt es nichts zu meckern am Bild und der sattgrüne unscharfe Hintergrund eignet sich gut als Textfreiraum. Das Beispiel mit dem Frosch soll zeigen, dass es bei Tieraufnahmen auch darauf ankommt, wie sehr ein Tier ein Sympathieträger sein kann.
Das letzte Bild zeigt wieder eine Textur, vermutlich einen Teil einer Betonwand. Dass ich raten muss, von was die Textur ein Teil sein könnte, zeigt schon das Problem mit diesem Bild. Anderen würde es vermutlich ähnlich gehen. Zudem ist die Textur zu dicht aufgenommen worden, was die Nutzungsmöglichkeiten für Designer stark einschränkt. In der Regel ist es sinnvoller mehr von der Textur zu zeigen und die Kunden im Bedarfsfall sich das Bild selbst zurechtschneiden zu lassen.
Wer ebenfalls kostenlos mitmachen und mir seine Bilder zur Besprechung schicken will, findet hier alle notwendigen Informationen.
Welche Tipps würdet ihr Erwin geben?
Danke für die kleine, aber durchaus informative (!) Bildbesprechung, Robert ! 🙂
Man sollte bedanken, dass man als Käufer (allgemein) ein *Mindestmaß* an Qualität (!) erwarten kann und sollte, selbst wenn man am Ende ein paar Cent am jeweiligen Bild verdienen sollte.
Einige habe ich das Gefühl, sind gar nicht mit Leidenschaft dabei und füllen ihr Portfolio einfach nur mir möglichst vielen Bildern in der Annahmen, dass man mit Masse allein (sehr naiv) Umsatz machen könnte.
Ein Portfolio mit lari-fari Knips-/Bildern, läuft Gefahr kein zweites Mal geklickt zu werden.
Tipp: im Vorfeld Gedanken über das, dass man fotografieren möchte machen.