Lange Zeit war es still in der Rubrik „Pimp My Stock“!
Deshalb soll es heute endlich wieder eine neue Folge geben.
Was ist „Pimp My Stock“? Leser können mir hier ihre Fotos schicken, welche ich öffentlich mit Blick auf ihre Verkäuflichkeit beurteile und Tipps gebe, wie sie sich eventuell verbessern lassen. Hier geht es nicht um schmeichelndes Lob, sondern um konstruktive Kritik, welche die Annahmechancen bei Bildagenturen verbessern soll.
Wer ebenfalls kostenlos mitmachen will, findet hier alle notwendigen Informationen.
Heute ist Mandy an der Reihe, die mir schrieb:
„Sehr geehrter Herr Kneschke,
mit großem Interesse habe ich Ihren Blog „Pimp My Stock“ gelesen. Inhalte wie diese sind für Stock-Einsteiger eine unglaubliche Hilfe.
In diesem Zusammenhang, hoffe ich, von Ihnen Feedback zu bekommen, um meine Fotos effektiv im Stockmarkt zu integrieren.
Ich studiere im ersten Semester Computervisualistik und Design an der HSHL in Lippstadt. Seit zwei Jahren gehe ich dem Fotografieren als Hobby nach (mit Digitalkamera – Canon Ixus 170).
Da der Lernaufwand des Studiums bereits einem Vollzeitjob entspricht und ich mit „normalen Studentenjobs“ bisher wenig Erfolg hatte, entschied ich mich vor einem halben Jahr dafür, dass sich dieses Hobby auch wirtschaftlich niederschlagen soll. So stieß ich auf die Stockfotografie.
Ich habe mich bereits bei einigen Portalen angemeldet, aber die meisten meiner Bilder wurden abgelehnt. Darum bitte ich Sie um Ratschläge, mit denen ich die Markttauglichkeit meiner Bilder optimieren kann.
Für Ihre Hilfe danke ich Ihnen. Im Anhang sende ich Ihnen zehn meiner Arbeiten.
Viele Grüße.“
Schauen wir uns ihre Bilder mal an.
Den Anfang macht dieses Foto einer grünen Platine. Während das Motiv generell als Konzept für Themen wie „Technologie“ oder „Fortschritt“ stehen kann, ist die Ausführung hier verbesserungswürdig. Es sind große überstrahlte Bereiche zu sehen, welche durch indirekte Beleuchtung hätten vermieden werden können. Auch die Bildaufteilung ist ungünstig, weil zu viel „Rand“ zu sehen ist. Ein Makroobjektiv mit deutlich dichterer Aufnahmeposition wäre vorteilhafter gewesen.
Bei dieser römischen(?) Stadtaufnahme gefällt mir das Licht und der Kontrast zwischen den warmen Gebäuden und dem kühlen Himmel, welcher fast einen Komplementärkontrast bildet. Trotzdem gibt es auch hier einige Nachteile, welche das Bild ruinieren. Die beiden offensichtlichsten: Das rechte Gebäude ist oben abgeschnitten (ein No-Go!) und beide Häuser scheinen wegen der perspektiven Verzerrung zu kippen. Da bieten mittlerweile alle üblichen Bildbearbeitungsprogramme Ausrichtungsfunktionen, die ein Fotograf beherrschen sollte.
Da fallen zwei andere Punkte fast schon nicht mehr ins Gewicht: Die Ampel oben rechts hätte mit einer minimal anderen Kameraposition (oder notfalls eben mit Photoshop) aus dem Bild entfernt werden können. Ganz links ist der halbe Rücken eines Passanten zu erkennen, der leicht durch eine verzögerte Auslösung nicht hätte im Bild sein müssen.
Ähnliche Probleme mit dem Vordergrund gibt es bei diesem Rom-Foto mit Petersdom. Rechts sind etliche Personen erkennbar, was bei den meisten Bildagenturen zu einer Ablehnung wegen fehlender Modelfreigabe führen würde. auch die Mütze der Person links lenkt zuviel Aufmerksamkeit auf sich. Profis arbeiten hier meist mit einem Stativ und entweder einer Langzeitbelichtung, welche die sich bewegenden Personen verschwinden lässt oder mit mehreren Aufnahmen, die dann in Photoshop übereinandergelegt werden, um störende Passanten leicht retuschieren zu können.
Diese Maske in Venedig in eindeutig überlichtet. Das führt zu einer Ablehnung wegen „technischer Fehler“. Noch dazu ist das Foto erkennbar unscharf, was ebenfalls eine Ablehnung rechtfertigt. Auch beim Motiv ist nicht erkennbar, wo das Augenmerk liegen soll oder was die Aussage ist.
Diese Maske weist kein der eben genannten Probleme auf. Trotzdem ließe sich das Bild verbessern, weil es hier „von oben herab“ fotografiert wurde, was der Maske nicht gerecht wird. Auch eine frontalere Komposition würde dem Bild helfen. Der Zettel an der Maske muss natürlich weg. Da gibt es etliche sehr farbenfrohe und perfekte Aufnahmen von venezianischen Masken* bei den Bildagenturen, die als Maßstab dienen sollten.
Vermutlich ebenfalls in Venedig entstand dieses Schwarz-Weiß-Foto einer alten Gasse. Die zwei Musiker stören meines Erachtens, weil sie mit ihren Instrumenten keine „klassische Sillhouette“ bilden, die ansonsten ganz pittoresk hätte sein können. Außerdem ist der Horizont schief und das Bild zu kontrastreich, da die hellen Bereiche wieder ausfressen.
Diese Aufnahme mit einem Mann, der auf den Petersplatz in Rom blickt, ist auf den ersten Blick ganz gelungen. Die technische Qualität scheint nicht ganz optimal zu sein (was aber an der JPG-Komprimierung liegen mag), für ein Handy-Foto wäre es auf jeden Fall optimal und von der Stimmung her auch gefragt. Die Bildaufteilung ist hier sehr gelungen und zieht den Betrachter immer wieder ins Foto rein auf die Stadt und den Sonnenuntergang.
Äh, nein. Dieses Foto vom Biertrinken wirkt wie ein Schnappschuss beim örtlichen Stammtisch. Das Licht reflektiert zu stark im Glas und das Bild ist zu verrauscht, weil vermutlich ohne Blitz gearbeitet wurde. Vor einem weißen oder zumindest neutraleren Hintergrund mit weniger Rauschen wäre das Motiv ganz passend für Bildagenturen, aber so bleibt es höchstens ein Schnappschuss für das private Fotoalbum.
Der optische Effekt, den diese umgedrehten Weingläser erzeugen, wirkt ganz spannend und gefällt mir. Der Hintergrund sowie der Bereich rechts oben wirken leider wieder zu unruhig und auch generell zu dunkel. Vielleicht hätte hier schon ein großes weißes Blatt Papier hinten gereicht, um diese Probleme zu beheben.
Wieder ein Party-Schnappschuss? Mal ganz abgesehen davon, dass an den Fenstern rechts starke chromatische Abberation zu erkennen ist, die sehr wahrscheinlich zu einer Ablehnung führen würde, ist keine richtige Aussage bei dem Motiv zu erkennen. Das Bild wirkt unruhig, alles ist angeschnitten und rauscht auch wieder stark. Das wird so leider keine Bildagentur nehmen.
Generell fehlen mir bei diesen Bildern meist die erkennbaren Aussagen. Was für ein Thema enthält das Foto? Wofür könnte es verwendet werden? Es wirkt leider nicht so als wären die Fotos mit Antworten auf diese Fragen im Kopf gemacht worden.
Was sagt ihr? Wie schätzt ihr die Fotos ein?
* Affiliate
Ich sehe es genauso wie Robert. Mich würde noch das starke Rauschen überall stören. Sollte das nicht an der jpg Kompression liegen, sondern auch so im Original sein, werden es Agenturen ablehnen.
Eine Frage wäre auch noch die erkennbaren Personen, die keine Agentur annehmen würde, maximal als Editorial, was sich aber erfahrungsgemäß schlechter verkauft.
Auch bei der Festplatte am Anfang stehen noch Zahlen, was zur Ablehung führen könnte.
Auch bei den Masken könnte es zur Ablehnung führen, falls sie als „Kunst“ klassifiziert werden.
Insgesamt, ja, fehlt mir auch die „Aussage“ der Bilder. Und der Fotograf müsste mehr Augenmerk auf die störenden Vordergründe legen (Leute, Äste, angeschnittene Details)
Hallo,
erst mal etwas Grundwissen über die Bildgestaltung wäre sicherlich hilfreich.
Und mit einer 100€ Digitalkamera kann man zwar manchmal Bilder verkaufen. Aber meist ist man schnell über die Qualitätsanforderungen der Bildagenturen hinaus geschossen. Das höhere Bildrauschen durch den kleineren Sensor wird häufig von Bildagenturen abgelehnt. Meist sind nur bei gutem Licht und niedriger ISO Fotos für Bildagenturen machbar. Allerdings hängt es auch stark von der JPEG-Komprimierung ab. Ich kenne die Canon nicht. Bei meiner Nikon S8000 ist die selbst bei hoher Qualität so stark, daß die meisten Fotos abgelehnt werden.
Ohne besser Kameratechnik, am besten mit RAW-Dateien, ist es unmöglich Einfluß auf die technische Qualität eines digitalen Bildes zu nehmen. Ohne Aufrüstung wird es mehr Frust geben. Von Sony, Olympus, Fuji gibt es einige kompakte Kameras mit Wechselobjektiven die RAW-Dateien machen können. Investition ab 500 € aufwärts. So wäre zumindest meine Empfehlung für den Einstieg in die Stockfotografie. Ach ja, ich nutze eine Fuji XM‑1 als Zweitkamera für unterwegs. Die ist handlich und die Objektive sind hervorragend. Die meisten Fotos werden von den Bildagenturen akzeptiert. Auch die bis ISO 1600! Olympus und Sony sind da auf vergleichbaren Niveau.
LG
Bernd