Shutterstock kürzt Fotografen-Honorare

Lange Zeit hät­te kaum jemand geglaubt, dass sol­che Schlagzeilen die Runde machen. Shutterstock galt in der Branche als der Saubermann, was den Umgang mit Fotografen anging.

Nach dem Börsengang im Oktober 2012 scheint jedoch ein här­te­rer Wind zu wehen.

Die neue Kommisionsstruktur von Shutterstock
Die neue Kommisionsstruktur von Shutterstock (Klicken zum Vergrößern)

Zuerst wur­den im März 2013 die Lizenzbedingungen „ange­passt“. Da wur­de zum Beispiel die maxi­mal erlaub­te Druckauflage der Standardlizenz von 250.000 Kopien auf 500.000 Kopien ver­dop­pelt. Das bedeu­tet im Grunde eine indi­rek­te Honorarsenkung, weil weni­ger Kunden eine Erweiterte Lizenz (oder „Enhanced Licence“, wie Shutterstock es nennt) kau­fen müssen.

Am Freitag, den 22.01.2016 flat­ter­te den Fotografen eine wei­te­re Ankündigung von Shutterstock per Email ins Postfach.

Diese war gleich aus meh­re­ren Gründen dreist.
Zum einen ent­hielt sie den übli­chen Corporate-​Blabla-​Mist, bei dem mit vie­len Worten und Euphemismen wenig gesagt wird. Da heißt es:

At Shutterstock, one of our most important goals is to dri­ve our contributor’s suc­cess by con­ti­nuous­ly deli­ve­ring new ear­nings oppor­tu­ni­ties to you, our part­ners. Our enhan­ced licen­se pro­vi­des a gre­at oppor­tu­ni­ty to licen­se your con­tent at a hig­her pri­ce point. Over the past year, we have been test­ing ways to bet­ter com­mu­ni­ca­te the value of this pre­mi­um licen­se to our customers.

We have deter­mi­ned that a fixed rate pay­ment for enhan­ced licen­ces limits our abili­ty to con­ti­nu­al­ly dri­ve more down­loads. Therefore, effec­ti­ve January 25th 2016 the enhan­ced licen­se pay­out will move from a fixed rate of $28 to a tie­red per­cen­ta­ge model, simi­lar to our cus­tom image licen­se. To help sim­pli­fy the ear­nings sche­du­le, your enhan­ced licen­se pay­out will now be deter­mi­ned by your ear­nings tier.

We are your part­ners and our job is to work tire­less­ly to ser­ve you and grow our mar­ket­place together.“

Nun, zyni­sche Stimmen haben ange­merkt, dass die bis­he­ri­ge fixe Kommission von 28 USD für einen EL-​Verkauf „simp­le“ genug sei.

Blödsinn ist in der aktu­el­len Form auch, war­um eine EL bei glei­chem Verkaufspreis, aber gerin­ge­rer Kommission zu mehr Verkäufen füh­ren soll­te. Doch dazu spä­ter mehr.

Dreist war es zudem, die­se Informationen an einem Freitagnachmittag zu ver­sen­den, ohne kon­kre­te Informationen dar­über, wie nun die neue Vergütung aus­se­hen soll. Das wur­de ges­tern nachgereicht.

Oben ist als Screenshot die neue Honorarverteilung zu sehen. Damit erhal­ten Fotografen jetzt – je nach bis­he­ri­gem Gesamtumsatz – 20%, 25%, 28% oder 30% des Verkaufspreises einer EL.

Konkret heißt das: Die Top-​Fotografen mit einem Gesamtumsatz von mehr als 10.000 USD erhal­ten statt 28 USD für eine EL nun:

30% von $199/​2 = $29,85 für das 2 EL Paket
30% von $449/​5 = $26,94 für das 5 EL Paket
30% von $1.699/25 = $20,38 für das 25 EL Paket

Fotografen mit weni­ger als 500 USD Gesamtumsatz erhal­ten nur:

20% von $199/​2 = $19,90 für das 2 EL Paket
20% von $449/​5 = $17,96 für das 5 EL Paket
20% von $1.699/25 = $13,59 für das 25 EL Paket

Das ist im ungüns­tigs­ten Fall weni­ger als die Hälfte wie bisher.

Was bedeutet das für uns Fotografen?

Dieser Absatz ist Spekulation: Die Art, wie Shutterstock hier mit uns kom­mu­ni­ziert, lässt ver­mu­ten, dass die Aktionäre der Bildagentur immer stär­ker im Nacken lie­gen. Es geht nicht um das „Gemeinsame“ und die „Partnerschaft“, wie in der oben zitier­ten Mail ange­prie­sen. Seit dem Hoch des Shutterstock-​Aktienkurses vor knapp zwei Jahren ging es vor allem berg­ab. Der Kauf von Fotolia durch Adobe ver­stärk­te die­sen Trend nur noch:

26-01-_2016_10-59-43Konkreter macht mir mehr Sorgen, was die Umstellung von fixen Kommissionen auf einen pro­zen­tua­len Anteil bedeu­ten könn­te. Damit wäre der Grundstein gelegt, um durch Senkungen des EL-​Verkaufspreises mehr „Enhanced Licenses“ ver­kau­fen zu können.

Damit wür­de zum einen die Aussage in der Mail logi­scher, dass „mehr Downloads“ erzielt wer­den kön­nen und zum ande­ren ist es auch nur mach­bar, wenn kei­ne Fixpreise für die Fotografen mehr garan­tiert wer­den. Dazu kommt, dass die „neu­en“ Kommissionen, die ich oben aus­ge­rech­net habe, wie­der Makulatur wären und noch einen Schritt sin­ken könnten.

Was sagt ihr dazu?

17 Gedanken zu „Shutterstock kürzt Fotografen-Honorare“

  1. Shutterstock hat wohl die Psychologie der Börse nicht ver­stan­den. Mit die­ser Maßnahme wird der Kurs noch wei­ter sin­ken, da die Anleger sich jetzt bestä­tigt fühlen.

  2. Die Rechnung oben kann nicht ganz auf­ge­hen. Ich habe heu­te eine erwei­ter­te Lizenz für 17,52 Dollar ver­kauft. Gehöre aber zur Gruppe 30%. Ich den­ke das dort auch noch Sonderabkommen zuge­hö­ren. So könn­te es in Stufe 20% auch noch weit weni­ger sein.

  3. Wer glaub­te, dass sich immer mehr „so genann­te“ /​ „selbst ernann­te“ Fotografen (im letz­ten Jahrhundert war dafür noch eine Ausbildung ange­sagt und die­se Dienstleistung wur­de auf­grund des­sen ent­spre­chend hono­riert) lang­fris­tig unter agres­si­ver Selbstausbeutung im digi­ta­len Zeitalter gegen die schein­bar unauf­halt­sam explo­die­ren­de Konkurrenz gleich­ge­sinn­ter behaup­ten könn­ten, ist jetzt viel­leicht aus sei­nen Träumen aufgewacht. 

    In der digi­ta­len Welt der Microstock-​Branche ist nun mal nur Platz für einen ein­zi­gen Yuri Arcurs.

    The Winner take it all…“

    Stock, Abos, screen­shots, tei­len, Facebook, am Ende so gut wie alles gra­tis für den zwar irgend­wie doch noch zah­len­den Kunden, das Honorar dann geschickt umver­teilt, auf Kosten der Urheber, das ist garan­tiert noch zu toppen.
    Schon beim Goldrausch 1849 ver­dien­ten am Ende nur noch die­je­ni­gen, die die Schaufeln verkauften…
    die spa­ßi­ge Zeit der Microstock-​Ära läuft noch solan­ge wei­ter, wie wei­te­re Selbstausbeuter an ihrem Mitwirken bei der abwärts tru­deln­den Spireale ihren Spaß haben.
    Mein Traum: „stell Dir vor, alle Microstock-​Autoren wür­den auf ein­mal frist­los kündigen.“

  4. In mei­nem Vermarktungsbaum kommt Shutterstock ua. ganz unten.
    Bedeutet – hier lan­den die Bilder, die woan­ders kei­nen Erfolg hat­ten oder die sehr ein­fach und bil­lig, so neben­bei, pro­du­ziert wur­den und! woan­ders kei­nen oder kaum einen bes­se­ren Ertrag erwar­ten lassen.
    Auch aus­ran­gier­te Bilder ande­rer Agenturen lan­den dort.
    In mei­nem Workflow klas­si­fi­zie­re ich die Bilder und ver­mark­te sie entsprechend.
    Die jet­zi­ge Entwicklung bei Shutterstock ist aller­dings sehr bedenk­lich und ich befürch­te das war erst der Anfang…
    Seit der Erhöhung der Standardlizenz auf 500k beob­ach­te ich schon eine deut­li­che Abnahme der EL.
    Sollten sich jetzt auch noch die Erträge pro EL ver­schlech­tern, so wer­de ich EL abwäh­len und mei­ne Zweitverwertung auf Fotolia fokussieren.
    Der Börsengang von Shutterstock konn­te nur so ausgehen.
    Ein Istock 2.0 war abzusehen.

  5. Der Markt wächst vom Umsatz her nicht mehr wirk­lich. Wenn Shutterstock die Bilanz ver­schö­nern will.
    Dann über höhe­re Verkaufspreise
    Oder über gerin­ge­re Fotografen Anteile.
    Das Problem bei der Stockfotografie ist der Preisdruck. Ein Anheben der Preise ist fast nicht möglich.
    Man kann fast schon von einer Deflation im Stockmarkt spre­chen. Wenn jetzt die Umsätze nicht mehr so rich­tig stei­gen, dann kann das für eini­ge zum Problem werden.
    Wobei halt die Lebenserhaltungs Kosten der Fotografen ganz unter­schied­lich sind. Wenn für man­che Stockfotografen aus Deutschland lang­sam die Luft dünn wird. (Ich spre­che hier nicht von Robert). So haben Fotografen aus – nur zum Beispiel – Litauen – noch genug Luft nach oben.

  6. Ich glau­be, dass Problem ist bei Shutterstock, dass das Management den Bezug zu sei­nen Wurzeln, zu sei­nen Bildlieferanten ver­lo­ren hat. Shutterstock ist eine rei­ne Bild- und Geldmaschine. Da bleibt kein Platz mehr für Kreative, Querdenker, Weltverschönerer. Da geht es nur noch um Profit.
    Die Frage ist, ob die Bildlieferanten grund­sätz­lich immer die ers­ten sind, deren Ertragsmöglichkeiten gekürzt wer­den, um den Riesen am Leben zu erhal­ten. Oder haben intern schon jede Menge Einsparmaßnahmen statt­ge­fun­den, sodaß die­ser Schritt nun der ein­zi­ge für uns sicht­ba­re, wahr­nehm­ba­re ist?
    Ich weiß nicht, wie­vie­le Fotos mit EL mei­ne Kollegen ver­kau­fen, aber ich habe mit knapp über 400 Bildern im Portfolio in den letz­ten 8 Monaten ledig­lich 2 EL Verkäufe gehabt.

  7. Hallo,
    im Internet habe ich auf die Schnelle nur Bilanzen bis 2014 von Shutterstock gefun­den. Die Umsätze sind jedes Jahr spür­bar gestie­gen. Die Kosten aller­dings auch. Mich wür­de es inter­es­sie­ren, war­um die Kosten stär­ker stei­gen bzw. gestie­gen sind als die Umsätze? Irgendwohin muß ja das Geld flie­ßen? So gese­hen glau­be ich weni­ger an die Wettbewerbstheorie. Die Mitarbeiterzahl wur­de von 2012 – 2014 mehr als ver­dopp­let. Ob das in dem Ausmass erfor­der­lich ist, kann ich aller­dings nicht beurteilen.
    http://www.boerse-online.de/bilanz_guv/Shutterstock
    LG
    Bernd

  8. So, damit wäre dann wie­der Fotolia dran mit de Senken der Honorare…wurde ja schon beängs­ti­gend lan­ge nichts mer gesenkt!

  9. @bernd
    Das KGV ist bei Shutterstock sehr hoch. Derzeit bei 53,19.
    Aktien mit einem Kurs Gewinn Verhältnis von über 25 gel­ten als teuer.
    2012 hat­ten Shutterstock Aktien ein KGV von 14,5.
    2013 hat­ten Shutterstock Aktien ein KGV von 109.
    2014 hat­ten Shutterstock Aktien ein KGV von 113. 

    Kein Wunder dass Shutterstock den Gewinn stei­gern will.

  10. Hatte heu­te EL für 27.21 – gehö­re zu den 30%.
    Generell beob­ach­te ich das die Umsätze bei Shutter immer weni­ger werden…

  11. Hab auch grad die Mail von Shutter bekom­men. Ich frag mich war­um die Käufer nicht direkt mit den Fotografen einen Bündelpreis für EL aus­han­deln. Da hat der Fotograf noch ne Menge Spielraum nach unten und ver­dient trotz­dem mehr. Verkaufe haupt­säch­lich Musik im Stockbereich und dort kommt es sehr häu­fig vor, daß Käufer nach Sichtung des Portfolios sich direkt an den Anbieter wen­den um spe­zi­el­le Verträge abzu­schlie­ßen. Die Umsätze bei Shutter sind bei mir sonst eher stei­gend aber nur eini­ge EL’s pro Jahr bei 25%.

  12. Ja, die Goldgräberstimmung im Bereich ist schon lan­ge gestor­ben, jedoch fin­den sich immer neue Sklaven, wel­che unter Selbstaufopferung mei­nen sie wür­den irgend­wann mal Geld ver­die­nen. Ich spre­che hier nicht von ein paar Euronen pro Monat, son­dern von einem tat­säch­lich funk­tio­nie­ren­den Business.
    Billiglohnländer kön­nen da sicher noch mit­hal­ten – aber sicher nicht Länder wie DE etc.
    Ausgenommen davon sind die, wel­che vor 5 Jahren oder mehr ange­fan­gen haben.

  13. @Bleicher
    Ausgenommen davon sind die, wel­che vor 5 Jahren oder mehr ange­fan­gen haben.
    – Wer weiss ob sich 5 Jahre alte Bilder heu­te noch verkaufen.
    Der Lebendszyklus eines Stockfotos ist ja nicht ewig.

  14. @max II,
    ein gutes Foto,im rich­ti­gen Augenblikck im rich­ti­gen Licht auf­ge­nom­men, ver­kauft sich auch noch in 10 Jahren.
    Sieh doch mal die sog. Ikonen der Pressefotografie an.
    Z. B.das Napalm-​Mädchen von Nik Ut, ein zet­lo­ses Abbild von der Sinnlosigkeit der Krieges.
    Walter

  15. Im Vietnam Krieg war ich zum Glück nicht dabei.
    Auf sol­che Selbstläufer ver­zich­te ich ger­ne. Das durch­schnitt­li­che Stockfoto ist dann doch etwas anders.
    Dazu kommt noch der Zeitgeist als Faktor. Heute sind 10 Jahre schon eine Ewigkeit und 5 Jahre uralt.

  16. Ich hat­te jetzt eini­ge ELs für unter 20$. (bin 30%)
    Mir reichts.
    Ich habe EL abge­wählt und wer­de Bild für Bild, Serie für Serie aus mei­nem Shutterstock-​Portfolio löschen.
    Meines Erachtens ver­su­chen die sich „Hübsch“ zu machen für einen Verkauf – auf Kosten der Anbieter natürlich.
    Man sel­ber gönnt sich aber wei­ter sei­nen Firmensitz in New York und mie­tet als Zückerli angeb­lich gleich ne gan­ze Etage im Empire State Building. Von Kostenmanagement haben die ver­mut­lich noch nichts gehört.
    Bei Istock habe ich damals auch sehr schmerz­haft die Reißleine gezo­gen und als Exklusiver alles kom­plett umstel­len müssen.
    Bei Shutterstock ist es zum Glück jetzt nicht so gra­vie­rend. Mit der Erhöhung der Auflagenzahlen sind die Erlöse sowie­so schon gesun­ken, des­halb habe ich mich auf eine sol­che Entwicklung schon etwas eingestellt.
    Time to say goodbye…

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