Fast genau ein Jahr ist es her, als an dieser Stelle mein Artikel „Imagebroker: Der unendliche Vertrag ohne Kündigung?“ erschien. Darin ging es um einige gravierende Probleme mit dem Fotografenvertrag der Bildagentur, mit denen ich nicht alleine stand.
Dieser Artikel verärgerte Klaus-Peter Wolf, den Inhaber von Imagebroker, so sehr, dass er mir erst mehrmals telefonisch sowie per Email unter anderem mit „Krieg“ drohte, sowohl „publizistisch“ als auch „juristisch“. In seinem – damals noch aktiven – Imagebroker-Blog erschien dann ein wutentbrannter Artikel, in dem er mir „unaufgeforderte Rechtsberatung“ sowie einige andere Nettigkeiten unterstellte (im Volltext nachzulesen hier).

In der oben erwähnten Email zählte er auch die Punkte auf, die er für justiziabel hielt, unter anderem die Verwendung eines Bildes im Screenshot der Startseite von www.imagebroker.com. Den „Krieg“ könne ich aber vermeiden, indem ich den ihn störenden Beitrag „umgehend“ vom Blog löschen würde. Wenn ich das nicht täte, würde er „publizistisch und juristisch alle Register ziehen“.
Da die meisten seiner anderen aufgezählten Punkte, zum Beispiel „üble Nachrede“, „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“, „urheberrechtlich geschützte Verträge“ und andere Geschütze, die er in Stellung gebracht hatte, kaum haltbar waren und wohl nur der Einschüchterung dienen sollten, kam dann wie angekündigt erst eine Abmahnung und danach die Klage wegen „Verletzung des Urheberrechts“.
Warum? Ich hatte im Artikel den Screenshot der Start-Webseite von Imagebroker gezeigt, um unter anderem die Selbstdarstellung vom „einzigartigen Agenturnetzwerk“ mit „mehr als 100 Bildagenturen in 45 Ländern“ zu belegen. Das war meiner Auffassung nach vom Zitatrecht gedeckt.
Leider befand sich auf der Startseite und somit auch auf dem Screenshot ein großes Foto des Fotografen Harry Laub. Das Gericht folgte leider nicht meiner Auffassung, dass das Foto nur „unwesentliches Beiwerk“ sei und es mir bei dem Screenshot um die Webseite der Agentur als virtuelles Aushängeschild der Firma ging. Aber gut, vor der Justiz ist das Internet digitales Neuland und das Risiko war vorhanden, dass das Gericht Probleme mit der Einschätzung von Screenshots hat. Das ist unter anderem gut daran zu erkennen, dass das Wort „Screenshot“ im gesamten Text der Urteilsbegründung nur ein Mal in einem völlig anderen Zusammenhang auftaucht (das Urteil im Volltext kann hier nachgelesen werden).
Leider spielte es vor Gericht auch keine Rolle, dass das Urheberrecht hier als Mittel der Zensur verwendet werden sollte (Stichwort „Zensurheberrecht“), um eine Löschung des kritischen Artikels zu erwirken.
Aktueller Stand: Ich habe die Klage verloren. Insgesamt musste ich ca. 1600 Euro zahlen, davon ca. 250 Euro Schadensersatz an den Fotografen, sowie ca. 350 Euro für meinen Anwalt sowie ca. 1000 Euro für den gegnerischen Anwalt. Das ist ungefähr die Summe, welche ich in den gesamten letzten drei Jahren bei Imagebroker verdient habe.
Was währenddessen geschah…
Der hauseigene Imagebroker-Blog ist mittlerweile geschlossen. Auch die Startseite änderte sich im letzten Jahr mehrmals. Aktuell werden dort nur viele kleine Thumbnail-Bilder gezeigt. Hätte ich meinen Screenshot jetzt gemacht, hätte meine Lage vor Gericht vermutlich viel positiver ausgesehen.
Interessant ist auch, dass Imagebroker seit Oktober 2015 einen Instagram-Account bewirbt. Hätte ich von dort eins der Imagebroker-Bilder in meinen Artikel via „Embedding…“ eingebunden, wäre ich vermutlich ebenfalls auf der sicheren Seite gewesen.
Aber es ging doch um den Imagebroker-Vertrag?
Genau, Ausgangspunkt der Geschichte war meine Kritik an den Fotografenverträgen. Nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung meines Artikels kündigte Imagebroker einen neuen Fotografenvertrag an, den „Online-Vertrag 2.0″.
Dieser enthält angesichts meiner Kritik einige interessante Änderungen. Zu einen behält sich Imagebroker darin nun selbst den Vertrieb über Microstock-Agentur vor, während das zuvor kategorisch ausgeschlossen wurde und von mir als ein Weg zur „außerordentlichen Kündigung“ aufgezeigt wurde.
Außerdem wurden Unterschiede zwischen dem alten Papiervertrag und dem „Online-Vertrag 1.0“ beseitigt, nicht immer zum Vorteil der Fotografen. Aus der Kündigungsfrist zum „nächsten Kalenderjahr“ wurde im aktuellen Vertrag die Frist zum „übernächsten Kalenderjahr“.
Besonders spannend finde ich folgende Konstruktion im aktuellen Vertrag:
„10.5 Einstellung der Vermarktung und Löschung von Bildern bei Vertriebspartnern
Rechtzeitig vor Vertragsende wird imageBROKER die Vertriebspartner über das Ende der Verwertungsbefugnis in Kenntnis setzen und Diese auffordern, die Vermarktung des Bildmaterials des Bildlieferanten rechtzeitig einzustellen. Soweit Vertriebspartner Bilddaten erhalten haben, werden Sie aufgefordert, diese rechtzeitig zu löschen. Bei einer außerordentlichen Kündigung kann es bis zu 180 Tage nach Vertragsende dauern, bis alle Bilder bei den Vertriebspartnern gelöscht sind. imageBROKER haftet in keinem Fall auf Grund einer nicht rechtzeitig erfolgten Löschung von Bildern bei den Vertriebspartnern.“
Nachdem ich kritisiert hatte, dass in meinem Papiervertrag keine Möglichkeit der Löschung von Bildern bei Partneragenturen vorgesehen ist, ist der Absatz 10.5 nur auf den ersten Blick eine Verbesserung.
In der Praxis heißt das, dass der Fotograf erstens noch ein weiteres halbes Jahr warten muss, bis er kontrollieren kann, ob Partneragenturen alle Bilder gelöscht haben. Ist das nicht der Fall, haftet Imagebroker „in keinem Fall“ (eventuell eingehendes Honorar wird aber natürlich trotzdem gerne geteilt). In den vorherigen Versionen ist dieser Haftungsausschluss noch nicht enthalten.
Auch an anderen Stellen ist im neuen Vertrag häufiger von „Pflichten“ des Fotografen die Rede als zuvor.
Übrigens bot mir Klaus-Peter Wolf an, am Vertragsentwurf „mitzuarbeiten“, aber angesichts eines laufenden Gerichtsverfahrens wollte ich nicht das Feigenblatt spielen und unverbindliche Vorschläge in den Raum stellen, die er nach Gutdünken ablehnen kann.
Da war noch was: Die Partneragentur-Liste
Fotografen, welche Mitglied bei der VG Bild-Kunst sind, können Webseiten melden, auf denen ihre Bilder zu sehen sind, um zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Damit Fotografen ihre Imagebroker-Bilder ebenfalls melden können, benötigen sie jedoch die Partneragentur-Liste, um zu wissen, welche Webseiten die Bilder zeigen.
Diese Liste gibt Klaus-Peter Wolf jedoch nur sehr ungern heraus. Ich bekam kurz vor der Veröffentlichung meines Artikels eine Version von 2013 mit dem Hinweis, dass die Liste für 2014 „automatisch“ an mich verschickt würde. Bis heute habe ich die aktuelle Liste nicht erhalten. Auch andere Fotografen, welche die Liste angefordert hatten, mussten mehrmals nachhaken, bis die Liste verschickt wurde.
Im empfehle dringend jedem Imagebroker-Fotograf, diese Liste auch aus einem anderen Grund anzufordern: Wer irgendwann sein Konto bei Imagebroker kündigen will, ist darauf angewiesen, kontrollieren zu können, ob die Bilder bei den Partneragenturen wirklich gelöscht wurden. Ohne die Partneragentur-Liste ist das unmöglich.
Wie schätzt ihr den aktuellen Imagebroker-Vertrag ein?
Ich bin froh, dass ich den Vertrag mit der Agentur nicht abgeschlossen habe, nachdem ich deinen ersten Post dazugelessen habe. Das war das glaube ich kein Fehler. Ärgerlich für dich das mit den Kosten. Willst du in Revision gehen?
Tut mir Leid, dass Du vor Gericht den kürzeren gezogen hast. Recht haben und Recht bekommen sind eben immer noch zwei grundverschiedene Dinge in unseren Rechtsstaat.
Zu Deiner Frage: Verträge wie den von IB schließe ich nicht ab, daher habe ich mich auch vor vielen, vielen Jahren gegen eine Zusammenarbeit mit IB entschieden! Auch der neue Vertrag wäre für mich indiskutabel.
das tut mir sehr leid für dich.
das mit dem screenshot ist in diesem fall echt lächerlich.
herr „klaus-peter wolf“ sollte sich schämen.
auch das mit der VG bild-kunst/partneragenturen ist unmöglich und ignorant den fotografen gegenüber, die auf einnahmen über die VG bild-kunst angewiesen sind.
da fehlen einem echt die worte.
Wirklich ärgerlich für dich Robert, dass du kein Recht vor Gericht bekommen hast.
Wo ist denn das „Image“ von Imagebroker geblieben? Ich bin froh, meine Fotos inzwischen nicht (mehr) über diese Agentur „vermarkten“ zu lassen.
Da kann ich wirklich nur mein Beileid aussprechen und hoffe, du lässt dir diese Sch***** nicht zu Herzen gehen. Immer Kopf hoch.
Sorry – war doch wohl nicht anders zu erwarten. Es ist auch ein gutes Urteil, schließlich ist die kostenlos Mentalität für alle Fotografen ein Desaster. Hier hat das Gericht ein richtiges und wichtiges Signal gesendet, auch gut, dass Du es hier offen darlegst.
@Max Müller: Du meinst, Screenshots sollten grundsätzlich kostenpflichtig werden?
Es geht hier nicht um Screenshots, da würde ja jeder nur noch Screenshots von Fotos machen und diese dann nutzen.
Springer verdient sein Geld hauptsächlich im Internet, auch Springer nutzt Fotos für seine Berichterstattung.….…..ob es nun Blog oder wie auch immer nennt.
@Max Müller: Das mag deine Meinung sein, ich habe eine andere. Das Foto war nur Teil eines Screenshots, in einem Bericht, in dem es um das Geschäftsgebahren der Firma geht, deren Webseite gezeigt wurde.
Tja, vor Gericht weiss man nie, wie der Vorsitzende entscheidet. Pech für Dich, aber das wird Dich nciht umwerfen.
Was die Partnerlisten der Agenturen angeht: auch andere Agenturen verhalten sich nicht gerade partnerschaftlich, wenn es um die Liste Ihrer Partneragenturen geht. Alamy hat z.B. nach mehreren Anfragen die Kommunikation einfach eingestellt. (Tenor: „Wir geben so eine Liste generell nicht raus!“)
Da lobe ich mir Zoonar. Die haben zwar nur wenige Partner, aber die sind angegeben und man kann sogar selbst entscheiden, welche beliefert werden dürfen. Es ist allerdings ziemlich unübersichtlich, denn viele Bilder befinden sich teilweise mehrere Monate „in Prüfung“, ohne dass sich da etwas tut. – Naja: irgendwas ist ja immer. 😉
Ich bin aber noch froher Hoffnung, dass ich irgendwann noch an die Alamy-Partnerliste komme. Allerdings wird sich das leider für die Ausschüttung im Dezember nicht mehr auszahlen. Da hoffe ich dann auf die Zwischenausschüttung im April.
Hallo Robert,
schade natürlich, dass Du in diesem Fall „abgewatscht“ worden bist, wie wir Badenser uns ausdrücken. Aber mit dieser blutigen Nase hast Du ja auch etwas erreicht und offensichtlich Änderungen bewirkt. Und Missstände aufgezeigt, die uns alle wachrütteln. Gratuliere! Auch wenn das ein teuerer „Spaß“ für Dich war.
Es wäre zu wünschen, dass es mehr Menschen mit Rückgrat gibt, die auch mal was riskieren und sinnvoll Paroli bieten. Das könnte unsere Welt in Grenzen verbessern. Danke!
Die Partnerliste von Alamy steht doch auf deren Webseite:
http://www.alamy.com/contactus/local-distributors.asp
Ansonsten kenne ich jetzt keine traditionelle Makroagentur, welche die Partnerliste rausgeben würde. Da machen die fast alle ein Geheimnis drum.
Ich denke, der Laden ist bald am Ende. Der Zuwachs an Bildmaterial ließe sich zur Zeit wohl allein durch eine Halbtagskraft bewältigen (vermutlich ist es auch genau so). Der groß angekündigte Eigenvertrieb der Bilder findet m.E. praktisch nicht statt. Der Internetauftritt wirkt stümperhaft. Warum wird auf der Startseite (dem „Aushängeschild“) beispielsweise nicht ein Querschnitt aus den besten Aufnahmen gezeigt, sondern oft langweilige Serien des gleichen Motivs?
Ich bin einer der „kleinsten Fische“ in dieser Agentur, deshalb ist meine Aussage alles andere als „repräsentativ“. Aber bei mir ist der Punkt erreicht, an dem ich mit etwa der gleichen Anzahl an Bildern bei Fotolia mehr verdiene als bei IB. Und die Fotos bei IB waren die erste Wahl…
Mittlerweile bedauere ich, den „berühmten“ Vertrag unterschrieben zu haben. Werde ihn wohl noch vor dem Jahresende kündigen. Die Kündigungsfrist halte ich für eine Unverschämtheit. Aber ich habe den Mist nun mal unterschrieben…
Ein Agenturinhaber, der seinen Bildlieferanten mit „Krieg“ droht ist in meinen Augen eher eine Lachnummer als ein ernstzunehmender Geschäftspartner. Auch ein Grund, den Hut zu nehmen…
Danke für Deine Schilderungen zu diesem Thema. Für mich waren sie sehr aufschlussreich!
Darf man fragen, welcher Anwalt dich vor Gericht vertrat?
Der neue Vertrag ist nicht so toll. Dass die Kündigungsfrist verlängert wird auf > zwei Jahre (statt bei alten Verträgen 6 Monate zum Jahresende) … aber der alte Vertrag hat ja diese von Robert beschrieben Unendlichkeit, man kündigt und Bilder werden genauso weiter vertrieben.
Bestehende Fotografen mit älteren Papierverträgen werden genötigt den neuen Vertrag zu unterschreiben, oder können in 2016 keine Bilder mehr hochladen, laut Vorwort.
Das gleiche gilt auch für jede im Web bekanntgegebene zukünftige Vertragsaktualisierung – bei Widerspruch kann der Fotograf keine weiteren Bilder mehr hochladen.
Dies ist ein sehr merkwürdiges Verständnis des oft benutzten Begriffs ‚Partnerschaft‘.
Microstock über IB zu vertreiben – da fehlt mir die Vorstellung warum das für Fotografen sinnvoll sein soll. Neben dem geringeren Honoraranteil verliert der Fotograf den Zugriff auf seine Bilder, man kann bei IB als Fotograf nicht einzelne Bilder aus dem Vertrieb wieder rausnehmen, ausser in Notfällen.
Mensch Robert, blöde Sache, ärgerlich!
Das ist dieser feine Unterschied zwischen Recht und Rechtsmittelstaat. Es gibt leider kein „dem Sinn nach“ sondern entlang formaler Befunde. Sonst hätte wir andere (Willkür-)probleme – was Besseres gibt das Medium Sprache nicht her. Auf dieser Ebene mag der Gegner also ein paar formale Treffer gelandet haben.
Mich – als emsigen Leser hier und als Semi-Stocker – interessieren diese Petitessen weniger, mich interessiert schon das Ganze dem Sinn nach.
Und da gefällt mir der Vertrag von IB überhaupt nicht, auch wenn die Kritik daran anhand eines Stockfotos auf einem Screenshot verklagt werden konnte.
Ich weiß doch jetzt, was mir passieren würde, wenn ich eine Meinungsverschiedenheit mit dem IB-Betreiber hätte. Die Alternative – mit den Partnern generell kooperativ verfahren – wird scheinbar kaum erwogen. Um solche „Partner“ mache ich natürlich auch einen Bogen.
Da habe ich mich mit meinem Kommentar am 11.11.2015 wohl zu früh gefreut (http://www.alltageinesfotoproduzenten.de/2015/11/11/die-klage-von-imagebroker-wurde-entschieden/#comment-142162).
Denn heute bekam ich wieder eine Benachrichtigung von IB, dass erst kürzlich ein Bild von mir verkauft wurde. Obwohl ich schon längst gekündigt habe und Herr Wolf mir im Dezember 2014 versichert hat, dass meine Bilder „Mitte Juli 2015 bei allen Partnern gelöscht“ seien.
Ich hätte nicht gedacht, dass sich meine Enttäuschung gegenüber IB noch steigern lässt.