In – nicht ganz so – rasanter Folge kommt die nächste Folge meiner „Pimp My Stock!“-Serie.
Natalia schreibt:
„Hallo,
Danke erstmal für die Mühe deiner Webseite. Sie enthält viele Interessante Informationen und gehört zu dem professionellen Standard eines jeden Fotographen den ich kenne. Daher möchte ich mich an dich bzw. an dein Forum wenden.
Ich habe gelesen, dass es möglich ist, dass du konstruktive Kommentare zu Bildern geben kannst.
Seit ca. 10 Jahren beschäftige ich mit Fotographie und Videokunst sowie Film. Da ich schon oft in diesem Bereich als Visualartist oder Dokumentarfilmer gearbeitet habe kenne ich mich gut aus. Seit ca. einem Jahr habe ich angefangen Fotos zu sammeln bzw. zu machen um diese zukünftig bei Shutterstock hochzuladen. Ziel ist es unabhängig von Ort und Land zu werden.
Jetzt habe ich eine kleine Sammlung von Bild und Videomaterial und würde diese gerne von dir bewerten lassen. Ich benutze eine Canon 7D, eine Sony A7S und diverse manuelle Objektive (von 15–300mm).
Bis jetzt habe ich keine Fotos verkauft, da ich mich in der Vergangenheit mehr mit Videomaterial beschäftige habe.
Ich freue mich auf Kritik. Du kannst die Bilder gerne auf deinem Forum hochladen.
Viele Grüße,
Natalia C.“
Sehen wir uns ihre Bilder mal an:
Glas zu fotografieren, ist keine leichte Aufgabe und deswegen immer eine gern gestellte Aufgabe in der Fotografenausbildung. Natalia meistert die Aufgabe elegant und fügt noch zwei für Stock wichtigen Konzepte hinzu: Urlaub und „geselliges Treffen“. Ersteres wird durch den überbelichteten Hintergrund mit Palmen erreicht, zweites durch die Anordnung der Gläser, wie sie an einem für eine Gruppe gedeckten Tisch üblich sind. Oben rechts ist auch viel Textfreiraum. Für mich ein gutes, verkäufliches Stockfoto.
Beim zweiten Bild mit dem Kreuz ist es nicht mehr so einfach. Mir gefällt der Sonnenstrahl von oben, leider trifft er das Kreuz nicht ganz. Außerdem lenken Kreide- und andere Zeichen auf dem Kreuz ab und auch die Steintafel am Sockel füllt unnötig das Bild. Das alles ließe sich aber einfach retuschieren. Technisch ist das Bild okay und einige Verkäufe zum Thema „Religion“ sind vielleicht drin.
Das nächste Bild zeigt Kürbisse auf einem Feld. Kann man machen, die Perspektive gefällt mir, der Himmel ist schön blau, leider ist der Rest vom Vordergrund schon vertrocknet. Deutlich besser verkaufen würde sich das Bild, wenn links eine Person stehen würde, welche den Kürbis erntet.
Bei diesem Bild ist gut zu sehen, was ein gestelltes Foodfoto von einem „nebenbei“ aufgenommenen unterscheidet. Ich vermute stark, dass das Foto beim Buffet einer Veranstaltung entstand, wo der Fotograf logischerweise keinen Einfluss auf die Herrichtung der Speisen hat. Hier hat der Koch gespart, indem nur jeweils eine halbe Frucht auf das Dessert gesetzt wurde. Deutlich fotogener wäre die ganze Brombeere gewesen. Die rote Sauce wirkt links von der Frucht etwas überstrahlt. Wenn das Foto mit dem korrekten Namen des Desserts und mit „Catering“ etc. verschlagwortet wird, kann ich mir trotzdem einige Verkäufe vorstellen.
Okay, als Berliner bin ich natürlich voreingenommen. Aber auch nüchtern betrachtet gefällt mir das Bild sehr. Der überstrapazierte Sonnenuntergang wird hier durch die Großstadt-Silhouette mit einer bekannten Sehenswürdigkeit aufgewertet. Die Komposition ist sehr gelungen mit der Sonne hinter dem Turm. Irritierend ist nur der „Schatten“ auf der Kugel vom Fernsehturm, auch wenn es physikalisch vielleicht korrekt ist. Das würde ich in Photohop retuschieren. Ein tolles Stockfoto! Die Artefakte kommen nur die die Verkleinerung und Komprimierung des Bildes für den Blog.
Zum Thema Catering habe ich oben ja schon etwas gesagt, was auch hier gilt. Wer Essen in ein Glas drückt, bekommt vielleicht Bonuspunkte für Kreativität, aber Abzüge bei der Stockfoto-Tauglichkeit, denn das Gericht wirkt dadurch etwas gezwängt. Auch die Metallschraube vorne zieht zuviel Aufmerksamkeit auf sich. Paar Verkäufe könnten sich dennoch ergeben.
Ein weiteres Catering-Foto? Ich bekomme langsam Hunger. Hier finde ich die Bildaufteilung besser gelungen und ich mag das bunte, quirlige Ambiente im Hintergrund. Das Thema „Catering“ und „Buffet“ kommt hier besser zur Geltung als bei den anderen Bildern und deswegen halte ich es für ein gutes Stockfoto. Die Spitze unten links würde ich jedoch noch retuschieren.
Die Hände in Herzform auf dem Bauch einer Schwangeren gehören zum Standardrepertoire von Portrait- und auch Stockfotografen. Das bedeutet aber auch, dass die Konkurrenz hier sehr groß ist und das Bild aus mehreren Gründen nicht zu den Top-Motiven in diesem Bereich gehört. Die Unterhose ist nicht schön genug und lenkt mit dem Druck etwas ab und allgemein ist mir der Hintergrund zu düster, um eine verkäufliche Stimmung zu erzielen.
Ich vermute, auf dem Bild ist ein Fotograf beim Berliner „Festival of Light“ zu sehen. Generell ist das gewerbliche Fotografieren bei diesem Festival kritisch, weil die Lichtinstallationen als „temporäre Kunstwerke“ gelten und damit eine schriftliche Erlaubnis erforderlich ist, um die Bilder verkaufen zu dürfen. Auf dem Basecap des Mannes ist noch ein Logo zu sehen und die Neigung des Bildes ist mir zu extrem. Ich würde es nicht anbieten.
Alte Schilder auf einem Bahnhof. Das Bild gefällt mir, weil es durch die historischen Schilder das Alte mit dem Neuen in Form der neonilluminierten Stadt verbindet. Die Sprache auf den Schildern schränkt die Verwendung etwas ein und es kann auch sein, dass Property Release notwendig ist, je nachdem, wo das Foto genau aufgenommen wurde. Mir gefällt es aber und ich denke, einigen Bildkäufern ebenfalls.
Wer ebenfalls eine ehrliche Meinung und Tipps zur Verbesserung seiner Stockfotos haben will, kann hier nachlesen, wie ihr kostenlos bei der “Pimp My Stock!”-Serie mitmachen könnt.
Was meint ihr? Wie beurteilt ihr die Bilder?
Moin,
das mit dem Property Release trifft vermutlich nicht nur auf den Bahnhof, sondern auch auf das Foto vom Kreuz zu, das allem Anschein nach auf einem Friedhof aufgenommen wurde. Friedhöfe sind, auch wenn sie in der Regel frei zugänglich sind, kein allgemein öffentlicher Raum, der der Panoramafreiheit unterliegt. Wenn man mutig ist, kann man es natürlich drauf ankommen lassen, denn wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Es könnte aber auch nach hinten losgehen und ob ein Stockfoto das Wert ist, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden…
Die Bilder trösten darüber hinweg, dass das Anschreiben mindestens 5 Komma- bzw. Rechtschreibfehler enthält.
Bezüglich dem „FoodFoto“ (Nr.4) stört mich eigentlich das beschädigte Glas (ausgeschlagener Rand) mehr als die halbe Frucht.
@Klaus: Gut gesehen. Das beschädigte Glas lässt sich im Gegensatz zur halben Frucht jedoch in wenigen Sekunden in Photoshop retuschieren… 🙂
Hallo Robert,
vielen Dank für die ausführliche und sehr hilfreiche Kritik.
@Olaf: Für das Kreuz ist das Property Release vorhanden und es ist auf einem Klostergelände entstanden.
@Klaus: Danke für den Hinweis, war mir nicht aufgefallen.
Liebe Grüße,
Natalia
Hallo,
danke für die Bildbesprechung.
Aber das Foto vom Fernehturm ist in Photoshop arrangiert.
Ist doch irgendwie seltsam, das eine Wolkenformation am Himmel ist und genau vor der Sonne hört sie auf. Und dazu noch eine weisse Sonne, so kreisrund wie eine 2 Euro-Münze!!
Mich wundert ‚dass da ich der Einzige bin, dem das aufgefallen ist.
Na ja, wer immer vor dem PC hockt, der hat auch selten eine Ahnung von Sonne,Mond und Wolkenformationen.
Nix für ungut!
Walter
@walter: Na und? Wir sind hier doch nicht beim World Press Foto Award. Ich verrate Dir was: Viele meiner Stockfotos werden ebenfalls in Photoshop retuschiert, kombiniert oder arrangiert.
@walter: Das Foto ist nicht am Computer arrangiert. Das einzige was ich am Computer gemacht habe, war eine Farbkorrektur (mehr Kontrast, Sättigung und Klarheit). Den Aufnahmezeitpunkt (Sonne hinter dem Fernsehturm) hatte ich mittels TPE ausgerechnet. Eigentlich wollte ich die Sonne mittig hinter der Kugel kriegen, doch an dem Tag war die Sicht nicht gut, daher sitzt sie etwas oberhalb. Ich probiere nun seit fünf Jahren das Foto „perfekt“ zu machen, doch leider spielt das Wetter nicht mit.
@ Walter: Da wäre ich mir nicht so sicher und würde insofern weniger aggressiv formulieren. Gut möglich, dass vor der Sonne befindliche Wolken einfach überstrahlt sind. Jedenfalls ist es absolut logisch, dass der Bereich der Sonne im Bild ausgebrannt ist. Einen solchen Kontrastumfang schafft keine Kamera. Sollte das Foto aber eine Montage sein (was ich nicht glaube), so würde ich es für mich persönlich ablehnen, da ich immer noch der Meinung bin, dass nicht alles was in Photoshop möglich ist, auch legitim ist. Wäre schön, wenn der Fotograf das aufklären würde.
…sorry! FotografIN!
Walter hat doch Recht:
Natürlich werden Bilder in Photoshop bearbeitet und arrangiert.
Aber eine so offensichtlich fehlerhafte (und damit – meiner Meinung nach – einfach schlechte) Bearbeitung sollte doch auch kritisiert werden. – Zumal wenn Du schon diesen komischen Schatten erwähnst, der im Vergleich zum Rest der nicht stimmt, eher unscheinbar ist.
Das Berlin-Foto als Montage anzusehen, ist für mich ein sehr großes Kompliment. Danke!
@Peter: Entschuldigung gern angenommen. Die Erklärung wie dieses Foto entstanden ist und was nachbearbeitet wurde, hatte ich kurz vor Deinem Kommentar geschrieben 😉 Wurde wohl erst später freigeschaltet.
Hallo Natalia, danke für die Aufklärung. Ich war mir ziemlich sicher, dass es keine Montage ist. An jene, die sich mit diesbezüglichen Behauptungen weit aus dem Fenster lehnen die Empfehlung, sich einmal mit dem Thema Geisterbilder zu beschäftigen, z.B. hier: http://www.traumflieger.de/objektivtest/geisterbilder/geisterbilder.php