Making-​Of: Supermarkt-​Stockfoto-​Shooting aus der Sicht eines Fotoassistenten

Meine Erfahrungsberichte von Shootings schei­nen recht beliebt zu sein. Heute gibt es aber mal einen Erfahrungsbericht der ande­ren Art, da ich den Fotoassistent mei­nes letz­ten Shootings gefragt habe, ob er nicht mal ein Shooting aus sei­ner Schild schil­dern will. Los geht’s:

Mein Name ist Markus Mainka und ich woh­ne in der Nähe von Stuttgart. Ich bin gelern­ter Verkehrsplaner und eines mei­ner Hobbys ist schon seit vie­len Jahren Planespotting bzw. die Flugzeugfotografie. Meine Bilder kann man unter ande­rem hier betrach­ten. In den letz­ten Monaten habe ich auch ver­mehrt Fotos bei Microstock-​Agenturen (vor allem Reise- und Food-​Bilder) hoch­ge­la­den. Da die Anforderungen dort sich jedoch erheb­lich von der Flugzeugfotografie unter­schei­den und ich mich auch an die People-​Fotografie wagen will, habe ich Robert gefragt, ob ich ihm bei einem sei­ner Shootings assis­tie­ren darf, um einen Einblick in sei­ne Arbeitsweise zu erhal­ten. Vor eini­gen Wochen war sei­ne Assistentin ver­hin­dert und so sprang ich kurz­fris­tig ein.

Die Location

Thema des Shootings war „Supermarkt“ und der Treffpunkt war um 6:30 Uhr vor einer bekann­ten Kölner Supermarktkette und zwar an einem Wochentag, so dass nor­ma­ler Kundenverkehr herr­schen wür­de und wir den Supermarkt somit nicht für uns allei­ne hat­ten, was aber erstaun­li­cher­wei­se nur weni­ge Probleme mit sich brach­te. Der frü­he Beginn war wich­tig, da unter der Woche mor­gens noch kein gro­ßer Andrang herrsch­te. Vor allem am spä­ten Vormittag wur­de es jedoch spür­bar lebhafter.

Obwohl der Supermarkt sehr zen­tral liegt, ist er recht groß­zü­gig ange­legt, mit Treppen, die ins unte­re Geschoss füh­ren, so dass sich die Kunden eini­ger­ma­ßen ver­teilt haben. Vor allem der Eingangsbereich mit der Obst- und Gemüseabteilung bot sehr viel Platz zwi­schen den Regalen. So konn­te man die Ausrüstung auf­stel­len und die Kunden konn­ten den­noch pro­blem­los an uns vor­bei­kom­men. Zudem gab es eine Drogerieabteilung, die auch in ande­ren Märkten nor­ma­ler­wei­se eher weni­ger fre­quen­tiert wird. Hier konn­te man Bilder vor hohen Regalen schießen.

Die Teilnehmer

Am Shooting nah­men ins­ge­samt vier Models teil, wobei Robert mit zwei von ihnen bereits zusam­men­ge­ar­bei­tet hat und ich sie von sei­nen frü­he­ren Bildern kann­te. Mehr waren nicht nötig und bei den meis­ten Einstellungen kamen ohne­hin nur jeweils zwei Models zum Einsatz. Lediglich bei den Bildern an der Kasse (Warteschlange) sind alle vier gleich­zei­tig zu sehen. Zudem war ein Art Director anwe­send. Die Filialleitung erlaub­te uns, den Mitarbeiterraum mit­zu­be­nut­zen, so dass wir das nicht benö­tig­te Equipment dort las­sen konn­ten. Außerdem konn­ten sich die Models dort umzie­hen. Bevor es los­ging, wur­de die von den Models mit­ge­brach­te Kleidung für das Shooting aus­ge­wählt und der Körperschmuck abgelegt.

Was mir sofort auf­fiel, war die Professionalität der Models, obwohl für alle das Modeln nur ein Hobby ist und sie haupt­be­ruf­lich einer ande­ren Beschäftigung nach­ge­hen bzw. stu­die­ren. So war es für sie kein Problem, auf Ansage zu lächeln oder eine ande­re Anweisung von Robert zu befol­gen. Dadurch ver­lief das Shooting recht zügig und der Spaß kam den­noch nicht zu kurz.

Der Ablauf

Nach dem Aufbau der Ausrüstung und dem Umziehen der Models ging es direkt in den Verkaufsraum, wo wir nach dem Einstellen des Lichts und des Weißabgleichs sofort los­leg­ten. Da – wie erwähnt – die Räumlichkeiten recht groß­zü­gig waren, gab es kaum Probleme mit dem nor­ma­len Kundenbetrieb. Und wenn ein Kunde doch mal genau dahin muss­te, wo wir gera­de stan­den, war es auch kein Problem, das Shooting für ein paar Sekunden zu unter­bre­chen: der Supermarktkunde hat natür­lich immer Vorrang vor unse­rem Shooting!

Ich hät­te erwar­tet, dass uns mehr Einkäufer anspre­chen wür­den, was wir da tun wür­den oder uns von wei­tem beob­ach­ten wür­den. Doch die meis­ten haben uns kaum beach­tet, was sicher­lich dar­an lag, dass sie ledig­lich schnell ihre Einkäufe erle­di­gen woll­ten oder weil in der Medienstadt Köln Film- und Fotoaufnahmen kei­ne Seltenheit sind. Ich bin mir sicher, dass dies in Stuttgart anders sein würde.

Als der Kundenstrom es zuließ, haben wir eini­ge Szenen an der Kasse geschos­sen. Auch wenn es bei Stockbildern immer sehr schwie­rig ist, es vor­her ein­zu­schät­zen, so mei­ne ich, dass die­se Fotos sich am bes­ten vom gan­zen Shooting ver­kau­fen wer­den (zusam­men mit dem Foto, das einen Marktleiter sym­bo­li­sie­ren soll). Lustigerweise dach­ten eini­ge Kunden, dass die­se Kasse tat­säch­lich geöff­net war und stell­ten sich hin­ten an, obwohl eigent­lich offen­sicht­lich war, dass wir dort unse­re Fotos schie­ßen. Manche lie­ßen sich selbst nach einem Hinweis nicht davon abbrin­gen, wei­ter in der künst­li­chen Schlange zu stehen.

Ohne Pause haben wir eine Szene nach der ande­ren bis kurz vor 13 Uhr umge­setzt. Anschließend wur­de der Papierkram (Model- und Property-​Releases) erle­digt und die Models beka­men ihr Honorar.

Die Requisiten

Es gab nur weni­ge Requisiten, die spe­zi­ell für die­ses Shooting besorgt wur­den. Im Prinzip waren es ledig­lich die roten Kittel, die zum Einsatz kamen und eine Schiefertafel. Alle ande­ren hat­ten wir sowie­so zur Hand, wie zum Beispiel Smartphones oder Geldscheine und EC-Karten.

Die Ausrüstung

Es kam wie­der die bewähr­te mobi­le Ausrüstung von Robert zum Einsatz, die er zum Beispiel im Beitrag zum Universität-​Shooting beschrieb. Abweichend davon wur­den die Fotos jedoch mit der neu­en Canon 5D Mark III* geschos­sen. Zudem wur­de für man­che Bilder das 50mm f1.8 Festbrennweiten-​Objektiv* benutzt.

Der Einsatz des Canon Speedlite 580 EX II-​Blitzes* an der gro­ßen Lastolite Ezybox* sorg­te für einen mini­ma­len Platzbedarf und erspar­te uns die Suche nach einer Steckdose bei einem Locationwechsel. Hätten wir Studioblitze mit Netzanschluss benutzt, so bestün­de zudem die Gefahr, dass Kunden über die Kabel stol­pern. Von der ande­ren Seite wur­den die Models mit dem Mini-​Reflektor* von California Sunbounce auf­ge­hellt. Zudem war selbst­ver­ständ­lich die Deckenbeleuchtung des Supermarktes eingeschaltet.

Die gera­de geschos­se­nen Bilder wur­den an ein iPad* gesen­det. So konn­te man in Sekundenschnelle das Foto in gro­ßer Auflösung betrach­ten, die Schärfe kon­trol­lie­ren und mög­li­che Fehler erken­nen bzw. Verbesserungspotentiale sofort umsetzen.

Die Nachbereitung

Den größ­ten Zeitaufwand wird wohl die Retusche der Markennamen und geschütz­ten Logos in Anspruch neh­men – weni­ger in der Gemüseabteilung, dafür mehr bei den Drogeriefotos, auch wenn sich Robert durch die stark geöff­ne­te Blende viel Retuschearbeit erspart hat. Im Bereich der Kasse gab es viel groß­for­ma­ti­ge Werbung mit dem Logo des Marktes.

Das Fazit

Insgesamt hat Robert 800 bis 900 Fotos geschos­sen, von denen wohl so um die 100 in die ver­schie­de­nen Agenturen hoch­ge­la­den wer­den. Ich war erstaunt, wie man mit letzt­end­lich ein­fa­chen Mitteln erstaun­li­che Ergebnisse ablie­fern kann. Doch in mei­nen Augen ist eigent­lich nicht nur das Technische oder das Shooting-​Thema haupt­säch­lich für den Erfolg ver­ant­wort­lich, son­dern es sind auch die Models. Wenn man Roberts Fotos von vor ein paar Jahren mit den heu­ti­gen ver­gleicht, so kann man – mei­ne ich – auch eine deut­li­che Entwicklung bei der Auswahl der Models fest­stel­len und die­ser Eindruck hat sich vor Ort bestä­tigt. Bei der gro­ßen Auswahl an ähn­li­chen Motiven in den Datenbanken der Agenturen ent­schei­det wohl oft die Ausstrahlung eines Models dar­über, war­um sich ein Kunde für ein bestimm­tes Foto entscheidet.

[Kleine Ergänzung von Robert: Die fer­ti­gen Bilder gibt es ent­we­der ein­zeln über Westend61 zu kau­fen oder gebün­delt auf der VCD „At The Supermarket“.]

* Affiliate

Wie berei­tet ihr euch auf gro­ße Shooting vor?

21 Gedanken zu „Making-​Of: Supermarkt-​Stockfoto-​Shooting aus der Sicht eines Fotoassistenten“

  1. Hallo,
    wie immer sehr inter­es­san­ter Beitrag hier.
    Habt Ihr das Shooting auch für klei­ne Videosequenzen genutzt ?

    LG
    Arthur

  2. Huhu,

    herz­li­chen Glückwunsch zu der Seire. Die Bilder sind mir bei Westend61 gleich auf­ge­fal­len, weil ich den Bildstil (eher das typi­sche Lächeln bzw. die Modelle) von Robert wie­der­erkannt habe.

    Vom Drehbuch und der grund­sätz­li­chen Gestaltung bzw. dem Bildaufbau fin­de ich es grund­sätz­lich (wie meis­tens) gut umgesetzt.
    Was mich ehr­lich gesagt etwas stört:
    Ich hät­te über­all das Umgebungslicht mehr wir­ken las­sen und somit den Hintergrund eher ins weiße/​helle gezo­gen (es wirkt alles etwas dun­kel durch das Braun/​Orange).

    vG
    Florian

  3. Wie kamst du denn dazu, dass der Supermarkt die Fotos erlaubt hat­te? Normalerweise haben die da ja nicht so gros­ses Interesse :-/

  4. Hallo Robert, Hallo Marcus, ein sehr inter­es­san­ter Bericht.

    Ich kann mir vor­stel­len, dass aus das „Vorher“ vie­le Leser inter­es­sie­ren könnte.

    Beispielsweise: Wie gehst Du bei der Locationsuche vor? Wie sieht Dein „Drehbuch“ aus? Ist alles peni­bel geplant oder lässt Du Dir auch mal Zeit fürs Improvisieren? Was muss – in die­sem Fall beim Supermarkt – alles beach­tet wer­den, wer will gefragt wer­den, gibt es ande­re Dinge, an die man auch den­ken sollte?

    Schätze, das kann leicht in einen Roman aus­ar­ten… oder in ein wei­te­res Kapitel für ein Buch… 😉

  5. Das wuer­de mich auch mal inter­es­sie­ren, die Sache mit dem Property Release. War das eher ein klei­ner pri­va­ter Markt oder eine Zweigstelle der Ketten? Wer hat denn da unter­schrie­ben? Auch die sehr gut iden­ti­fi­zier­ba­re Einrichtung wie das Kassensystem scheint „Problempotential“ zu haben.

  6. @Echos und Andre: Das Shooting wur­de mit dem Filialleiter abge­spro­chen, der wie­der­um mit der Gechäftsführung Kontakt hat­te, die wie­der­um im Nachhinein die bear­bei­te­ten Bilder abge­nom­men hat. Alles im allen ein etwas kom­pli­zier­tes Arrangement.

  7. Ist das der PocketWizard Mini TT1 Transmiter auf der Mark III? Manuel, oder TTL Betrieb ?
    Früher hat mich irgend­wie immer der ande­re älte­re Herr mit den wei­ßen Haaren gestört. Der hat irgend­wie nicht zu der älte­ren Dame gepasst. Aber dies­mal sind die Models wirk­lich perfekt.
    Art Director ? von Westend61, oder ?
    Ich bin mal gespannt wel­che Bilder sich bes­ser ver­kau­fen, im Vergleich zur ver­wen­de­ten Brennweite. Bei den Micros sind es oft die „künst­le­ri­schen“ Portraits – so auf Halbtotale, mit dem 85er. Das Bild mit den bei­den Mädels in der Vinothek, scheint mit dem 50er gemacht wor­den zu sein. Ich wür­de fast ein Bier dar­auf wet­ten, dass sich die­ses Bild bei den Makros sehr gut ver­kauf. Das sieht irgend­wie so echt aus. Echt wir­kend, ist bei Makros immer gut.

  8. Hallo Robert, Hallo Marcus, ein schö­ner und auf­schluss­rei­cher Bericht.
    Leider wird auch mit der Bildaussage, also beson­ders dann, wenn ein Unternehmen die­se Fotos ein­setzt, die übli­che Lüge trans­por­tiert. Arbeiten im Supermarkt macht Freude, alle sind freund­lich mit­ein­an­der, die Produkte sind frisch usw. – ich bin müde ob die­ser miss­bräuch­li­chen Aussagen und dem was dahin­ter steckt; näm­lich die Leute für dumm ver­kau­fen zu wol­len. Also eigent­lich müss­te ich mei­ne Kritik an die Unternehmen und Agenturen sen­den statt an Euch, weil die Fotos tadel­los sind. Aber so lan­ge wir Fotografen unser Geld mit mani­pu­lier­ten Bildaussagen ver­die­nen wollen/​müssen und kei­ne cle­ve­ren Bildaussagen erschaf­fen, wird sich wohl nichts ändern. Einer fin­det sich immer, der es foto­gra­fiert und der es kauft. – Gedankenlose Welt!

  9. @Lore: Was ich mache, sind kei­ne Dokumentarfotos. Es stimmt, dass man die Augen nicht vor den Problem der Welt ver­schlie­ßen soll­te, aber ich bin ehr­lich gesagt froh, wenn ich auch mal etwas ande­res sehen kann. Unter ande­rem dafür sind dann auch sol­che Fotos.

  10. Du foto­gra­fierst wohl oft ohne Stativ und hast uach noch Hintergrund auber im Bild. Fotografierst du mit der Zeitautomatik? Welche Zeiten erreichst du und wie hoch ist dein ISO gewöhn­lich? Wird das nicht alles etwas knapp?

  11. @ Robert : wie hoch waren dei­ne Produktionskosten ?
    Habe auch schon drei cds bei w61 fer­tig und das mit ganz wenig Mitteln …
    Siehste mit ad zu arbei­ten ist nicht verkehrt …

  12. @reka: Die Quartalsabrechnungen sind ins­zwi­schen ja wohl bei allen Agenturen raus – wie siehts denn bei Dir mit F1 aus? Lohnt das? wie ist der RPI?

  13. Sehr schön, wie auf dem Kassenfoto mit der Schärfeebene gespielt wird. Das gefällt mir, wie Dame und Kassengeräte die Kunden einrahmen.

    Gibt es einen Grund, war­um du die Serie über VCD und über eine Makrostockagentur anbietest?

  14. @freezer: Das VCD ist nur ein „Extra“ der Agentur, die Bilder kön­nen auch ein­zeln gekauft wer­den und der Grund, eine Serie mal bei einer Macrostockagentur anzu­bie­ten? Ausprobieren, tes­ten, diversifizieren…

  15. Hallo,
    das Shooting ist jetzt ein paar Monate her. Hast du schon Erkenntnisse gewon­nen bezüg­lich der Frage, was sich in dem Fall bes­ser ver­kauft hat, Mikro- oder Makrostock?
    So weit ich das gese­hen hat­te, gab es auch in dei­nem Fotolia-​Portfolio eini­ge auch Supermarktbilder. Aus die­ser Serie?

    Wäre auf jeden Fall inter­es­sant eine sol­che Analyse von dir zu lesen!

    Besten Gruß

  16. @freezer: Dieses Supermarkt-​Shooting hat die Macro-​Agentur exklu­siv, ich hat­te aber ein ande­res Supermarkt-​Shooting in Micro-​Agenturen. Für einen Vergleich ist es mei­nes Erachtens aber noch zu früh, da mei­ne Bilder noch nicht mal ein Jahr online sind.

  17. Okay, dan­ke! Hatte mir sowas fast gedacht, wegen des Art Directors, der VCD und den unter­schied­li­chen Modellen.
    Auch, wenn eine Vergleichbarkeit nicht 100% gege­ben wäre, fän­de ich das schon noch inter­es­sant. Vermute mal auch eini­ge ande­re. Also dran­blei­ben, bit­te! Dir trau‘ ich genü­gend Diplomatie für so einen Vergleich zu. 🙂

  18. Da ja nun mitt­ler­wei­le deut­lich mehr als ein Jahr rum ist: Hast Du mitt­ler­wei­le ein Fazit zu Macro- vs. Microstock, das Du uns ver­ra­ten möchtest?

    LG Uwe

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