Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 20

Nach knapp zwei Monaten Abstinenz gibt es heu­te wie­der eine neue Folge von „Pimp My Stock“. Sind mei­ne Bilder gut ver­käuf­lich? Was könn­te ich bes­ser machen? Wer auf sol­che Fragen die Antworten eines pro­fes­sio­nel­len Stockfotografen, also von mir, hören möch­te, kann ger­ne eben­falls kos­ten­los mit­ma­chen. Hier steht, wie genau das geht.

Heute ist Ernest an der Reihe. Er schrieb mir:

Hallo Robert, mein Name ist Ernest, bin zufäl­lig auf dei­ne Superseite gesto­ßen, bin ein Hobbyfotograf, möch­te eini­ge Fotos verkaufen.

Meine Bilder habe ich mit einer gewöhn­li­chen Sony Cyber-​shot 14,1 gemacht und habe die­se nach­ge­ar­bei­tet. Kann man die­se Bilder verkaufen?

Wäre erfreut über eine Kritik von dir, ich bedan­ke mich im Voraus.

Ernest aus dem Salzkammergut“

Bevor wir uns die Bilder anschau­en, möch­te ich kurz etwas zur Kamera sagen. Auch wenn die Bilder der Sony Cyber-​Shot 14,1 Megapixel haben mögen, sagt das nichts über die Qualität die­ser Pixel aus. Im Zweifel und bei weni­ger als per­fek­ten Lichtbedingungen erzeu­gen die­se Kompaktkameras oft mehr Rauschen und ande­re Bildfehler als DSLR-​Kameras. Auch in der Liste der emp­feh­lens­wer­ten Kameras von Alamy sind die Cybershot-​Modelle nicht auf­ge­lis­tet, im Gegenteil, sie fin­den sich in der „Liste unge­eig­ne­ter Kameras“ wie­der. Andere Bildagenturen mögen gnä­di­ger sein, aber im Grunde ist hier die Kamera selbst ein limi­tie­ren­der Faktor.

Wenn wir das igno­rie­ren, kön­nen wir unab­hän­gig davon die Motive bewerten.

Das ers­te Foto ist eine Hauswand mit einem Graffito von Che Guevara und einem spa­ni­schem Zitat dane­ben. Ich bin mir nicht sicher, ob irgend­ein Grafiker oder T‑Shirt-​Produzent Rechte an dem Che-​Bild hat. Falls ja, fällt das Motiv schon durch. Falls nicht, stört mich zum einen trotz­dem das Zitat, denn Werbende wol­len ja meist lie­ber ihre eige­ne Botschaft ver­brei­ten und zum ande­ren die stür­zen­de Wand. Wenn die Kamera par­al­lel zur Wand aus­ge­rich­tet wäre und der Fotograf sich auf die span­nen­den Teile der Wand mit dem brö­ckeln­den Putz kon­zen­triert hät­te, wäre das Foto sicher gut als Hintergrund zu gebrau­chen gewe­sen. So sind die Vermarktungschancen eher gering.
Das zwei­te Foto ist ein her­un­ter­ge­kom­me­nes Haus im Kolonialstil. Hier gilt wie­der der Kommentar mit den stür­zen­den Linien außer­dem stört der tief­schwar­ze Schatten unten rechts. Außerdem kann ich mir nur weni­ge Verwendungsmöglichkeiten für das Motiv vor­stel­len, denn auch Reiseführer wol­len eher mit schö­nen als mit ver­fal­le­nen Häusern werben.
Bei die­sem Foto habe ich Schwierigkeiten, zu erken­nen, wor­um es gehen soll. Ich sehe zwar Schnee, aber kei­ne Landschaft. Das „Bild im Bild“ wie­der­um könn­te urhe­ber­recht­lich geschützt sein, wes­we­gen so ein Foto von Bildagenturen meist abge­lehnt wird. Hier wäre es bes­ser gewe­sen, sich beim Fotografieren auf die unbe­rühr­te Schneelandschaft zu kon­zen­trie­ren, um sol­che Fotos* zu erhalten.

Auf die­sem Foto ver­mu­te ich eine tro­pi­sche Hotelanlage. Vom Motiv her sicher das Bild mit dem meis­ten Verkaufspotential, aber auch hier gibt es Einschränkungen. Sehr wahr­schein­lich wur­de das Foto auf dem Hotelgelände gemacht, was einen „Property Release“ vom Eigentümer erfor­dert. Außerdem müss­te der Himmel blau­er sein, damit es sich bes­ser ver­kauft, was sich aber in Photoshop schnell behe­ben lie­ße. In die­sem kon­kre­ten Fall wür­de ich auch genau kon­trol­lie­ren, ob der Himmel nicht zu stark rauscht, weil das ein übli­ches Problem bei vie­len Kompaktkameras ist.

Was meint ihr? Teilt ihr mei­ne Einschätzung oder seht ihr etwas anders?

* Affiliate

9 Gedanken zu „Pimp My Stock: Bildbesprechungen von Stockfotos 20“

  1. Ja bin ziem­lich dei­ner Meinung. Und das mit dem Hotel wär mir auch zu heikel…auch wenn die doch immer gleich aus­se­hen *g*

  2. Die ers­ten bei­den Bilder fin­de ich künst­le­risch okay, wenn auch nicht tech­nisch. Das ers­te könn­te man noch beschnei­den und wie­der in die Waage bringen.
    Das Haus ist ein tol­les Motiv, mich per­sön­lich stört nur das Leitungswirrwar. Macht das Bild zu unru­hig. Vermutlich wäre ich eini­ge Schritte nach rechts gegan­gen und hät­te die obe­ren Leitungen sowie den Mast, der auch den Balkon hin­ten ver­deckt, ausgespart.

    Gruß

  3. Am ehes­ten wür­de ich noch dem Haus Verkaufschancen zurech­nen. Generell aber sind alle Motive eher ungeeignet.

    Fairerweise muss man aber auch sagen, dass hier nur vier Motive gezeigt wer­den, was doch etwas wenig ist und kei­ne aus­sa­ge­kräf­ti­ge Beurteilung zulässt.

  4. Hallo,

    ich fin­de es macht mit einer Kompaktkamera kei­nen Sinn ver­kaufs­fä­hi­ge Fotos zu machen. Schade um die Arbeitszeit die dar­in inves­tiert wird.
    Die Fotos sind zwar nicht schlecht, aber wirk­li­ches Verkaufspotential fin­de ich nicht das die haben.

    LG
    Daniel

  5. Die ers­ten bei­den Fotos fin­de ich inter­esssant. Sie haben einen guten Bildaufbau und viel
    Inhalt.
    Für Stockagenturen aber lei­der weni­ger geeig­net. Hier sind meist Motive mit einer, im Grunde, sehr ein­fa­chen Bildaussage gefragt.

  6. @tomi @ernest
    Bildaufbau der „Häuserwand“
    Genau betrach­tet gibt es meh­re­re Zusammenhänge in dem Bild, die für Balance sorgen:
    – Das Hauptmotiv „Che“ mit der „Parole“ neben­dran (Bild- vs. Schriftsymbol)
    – Gelb, oben Rot unten (die super har­mo­nie­ren, aber auch farb­lich nach­be­ar­bei­tet sind?), momen­tan ste­hen bei­de auch in gutem Flächenverhältnis zueinandern)
    – die Oberflächenstruktur (gel­be Putzwand mit hel­len Kratzspuren vs. die geord­ne­te Ziegelmauer im unte­ren roten Teil)
    – die Formen von recht­ecki­gem Fenster und dia­go­nal die rund aus­ge­bro­che­ne Stelle im Putz links oben neben „Che“

    Erwähnenswert wäre noch der pfeil­ar­tig zum Zentrum (und auch „Che“) geri­che­te­te, blitz­för­mi­ge Riss.

    Ohne Sinn sind der Schwarze Balken oben (mit den unde­fi­nier­ba­ren Artefakten) sowie die Ecke mit der schrä­gen Neigung und die Wand links.

    Mit einem Beschnitt könn­te man die Ecken um aus­ge­bro­che­ne Stelle und klei­nem Fenster legen. Che wür­de rela­tiv ver­grö­ßert und eine Position auf den 1/​3‑Ecken erhal­ten. Das Fallen der Wand wür­de unsicht­bar, genau­so der schwar­ze Balken. Das Bild gewinnt einen wei­te­ren Kontrast durch die wel­len­li­nie unter Che und der roten Geraden rechts.
    Dazu noch die Sättigung raus­neh­men, um den Verfallseindruck zu ver­stär­ken; evtl Che und die Schrift (je nach Inhalt) farb­lich noch betonen.

    Sag ich mal so 😉

  7. @reka: Manchmal gibt es bei der „Pimp My Stock“-Serie ja auch Einsendungen, die sehr vie­le gute Bilder ent­hal­ten, das erwäh­ne ich dann auch, ansons­ten gel­ten natür­lich die übli­chen Gestaltungsregeln etc., die ich in mei­nem Buch erwähne.

  8. Beim ers­ten Bild sind mei­ner Meinung nach nicht alle Copyright-​Probleme beleuch­tet worden:

    1. Auch ein Grafity hat einen Urheber (des­sen Zustimmung not­wen­dig ist). Dass man ihn nicht fin­det ist kei­ne Entschuldigung.
    2. Zitate haben auch einen Urheber. Hier wohl Che (Zustimmung von des­sen Erben? Wie sieht das ca. 45 Jahre nach sei­nem Tod aus?)
    3. Che Guevara ist erkenn­bar: somit wäre doch ein Model-​Release erforderlich?

    und spe­zi­ell bei der Che Guevara Grafik:

    4. die Grafik stammt vom iri­schen Grafiker Jim Fitzpatrick der dazu von einem Foto von Alberto Korda „inspi­riert“ wur­de. Da der Grafiker aber nicht gefragt hat (so zumin­dest Korda’s Darstellung) hat­ten der Grafiker und Alberto Korda recht­li­che Probleme (Der Wordka Hersteller Smirnoff wur­de von Korda auf USD 50’000.– Schadenersatz ver­klagt). Seriös müss­ten also bei­de der Verwendung zustim­men (das kann man natür­lich ver­ges­sen bzw. wäre zu teuer).

    Zusammenfassung:

    Keine seriö­se Bildagentur wird das Bild annehmen.

Kommentare sind geschlossen.