Wow, fast haben wir die 20 voll. Heute kommt aber erst die 19. Folge meiner Serie „Pimp My Stock!“ Wer mitmachen will, findet hier alle notwendigen Informationen.
Diesmal möchte Felix Wenzl, dass ich mir seine Bilder anschaue. Er schrieb:
„Guten Tag,
gleich als erstes, ja ich will, dass meine Fotos für „Pimp My Stock“ verwendet werden.
Mein Name ist Felix Wenzl. Ich bin Contributor auf istock, und zwar erst seit September 2011. Ich bin 16 (es gibt einen Minor Contract) und fotografiere seit etwa 3 Jahren hobbymäßig.
Derzeitige Ausrüstung ist: Canon 40D, Tamron 28–75 2.8, Sigma 70–200 2.8 und Canon 50 1.8 und natürlich die Standard CS5.5 und LR3. Als nächstes folgen nach und nach Systemblitze, wahrscheinlich Yongnuo. Ich schicke ihnen hier nur Fotos, die ich bereits auf istock habe, um von ihnen zu wissen, welche Chancen sie diesen einräumen bzw. was ich hätte verbessern können. Vieleicht könnten sie mir auch Tipps zum Keywording geben?
Ich wäre über eine Verlinkung zu meinem Portfolio sehr erfreut, vielleicht würde dass alles etwas ankurbeln.“
Okay, heute haben wir unseren Nachwuchs am Start. Finde ich gut, dass er mit der richtigen Einstellung ans Werk geht und bereit ist, etwas zu lernen. Hoffen wir, dass ich ihm dabei helfen kann. Fangen wir mit dem ersten Bild an:
Ein sich drehender Globus: Ganz nett gemacht, allerdings liegt mir der Schwerpunkt auch zu sehr auf der Halterung als auf der drehenden Kugel. Außerdem sind Globen in Zeiten von Google Maps ein leicht anachronistischer Gegenstand, der noch zusätzlich ein Konzept braucht, um für Bildkäufer interessant zu sein. Bei den Suchbegriffen sind die ganzen Schiff-Begriffe überflüssig, da nirgends ein solches zu erkennen ist.
Das Bild des Bleistiftanspitzers halte ich für ein sehr gutes Stockfoto: Gute Beleuchtung, gute Komposition und reduzierte Farben. Auch hier könnte jedoch ein zusätzliches Konzept dem Bild mehr Gebrauchswert verleihen, z.B. indem links im Bild mit dem Bleistift skizzierte Diagramme zu sehen wären oder viele Zahlenkolonnen.
Das Bild des Esels ist ebenfalls ganz gelungen, wenn ich auch die Fliege direkt auf dem Kopf retuschiert hätte. Die ländliche Umgebung eignet sich gut für idyllische Kinderbücher oder „Ferien auf dem Bauernhof“-Werbung. Beim nächsten Mal hätte ich die Kamera jedoch so nach rechts geschwenkt, dass der Esel links steht und ins Bild reinschaut anstatt aus dem Bild raus.
Das Feuerwerk sieht auf den ersten Blick technisch sehr gut aus. Nur wird es das Motiv angesichts vieler grandioser Feuerwerksfotos in den Bildagenturen sicher schwer haben, weil es nicht „genug“ ist. In der Regel werden für Feuerwerksfotos mehrere solcher Motive per Bildbearbeitung zu einem Foto zusammengepappt. Wenn Du also mehr davon hast, kannst Du das ebenfalls probieren. Bei den Suchbegriffen hätte ich noch „Party, Unabhängigkeitstag, dunkel“ hinzugefügt.
Bei dem Buchfoto muss ich leider kurzen Prozess machen: Die Linien kippen links ab, man erkennt kaum, was zu sehen sein soll und der Einbank sieht zu altmodisch aus, aber nicht alt genug für richtig antiquarische Bücher. Wird sich wohl nicht verkaufen.
Der Ansatz beim Weinberg-Foto ist richtig, aber die Ausarbeitung ist noch mangelhaft. Zum einen frisst der Himmel oben rechts aus, was vermieden werden kann, indem das Bild absichtlich auf den Himmel (unter-)belichtet wird und der zu dunkle Vordergrund mit einem leichten Blitz (oder einem Reflektor) aufgehellt wird. Außerdem ist links zu viel unnötige Rinde im Weg. Zufälligerweise habe ich letzten Herbst ähnliche Fotos im Weinberg gemacht, das sah bei mir dann so aus:
Aber weiter mit Felix‘ Fotos:
Auch die Gräser behandle ich nur kurz: Für solche Motive ohne Aussage und klare Komposition gibt es im Bildermarkt kaum eine Nachfrage. Außerdem wirkt der rechts fast senkrecht verlaufende Halm als würde das Bild eigentlich da schon zu Ende sein.
Der Sonnenuntergang sieht schön aus, aber gerade bei solchen Motiven ist die Konkurrenz auch riesig. Bei den Suchbegriffen sind definitiv Italien und See zuviel, denn auch falls das Foto in Italien an einem See gemacht wurde, sieht man es dem Bild nicht an und Bildkäufer erwarten andere Motive als Wolken, wenn sie nach „Italien“ suchen.
Von der Komposition sieht das Geschenkbild gut aus und auch das Motiv ist prinzipiell sehr gefragt. Vor allem bei diesen Stillleben ist aber Liebe zum Detail gefragt. Das gewählte Papier ist etwas zu unruhig, eine einfarbige oder nur grob gemusterte Verpackung wäre besser gewesen. Die Klebestreifen unten an den Ecken sind unsauber angebracht und rechts sind Knicke im Papier sichtbar. Das Licht ist für das Motiv ein bißchen zu hart und die Tannenzweige wirken alt und ausgetrocknet, die müssten grüner sein. Als Suchbegriffe fehlen zum Beispiel noch „Verpackung, Box, Dekoration“.
Was meint ihr? Teilt ihr meine Einschätzung? Oder was seht ihr anders?
Zum Bild des Esels
Nicht nur das ich für dieses Foto einen anderen Aufnahmestandort gewählt und die Fliege aus dem Bild retuschiert hätte, wirkt auch der im Vordergrund quer durchs Bild laufende Grashalm sehr störend.
Ich persönlich gebe dem Bild kaum eine Verkaufschance.
Vielen Dank für den tollen Beitrag Robert!
Mit seinen 16 Jahren hat der Felix auf jeden Fall schon ein gutes Auge.
Nur bei dem Geschenkpapier und dem darauf abgebildeten Muster würde ich mir um Patentrechte Gedanken machen. Oder ist mein Gedankengang falsch?
Ich stimme Hans-Georg zu: der durch den Kopf laufende Grashalm wird sehr störend. Den hätte ich eher entfernt, als die Fliege – die sehe ich eigentlich so gar nicht auf dem ersten Blick.
@Damato: Stimmt, beim Geschenkpapier könnte das Muster Probleme machen, das wäre bei einem Standardmuster oder einfarbigem Papier, wie mein Vorschlag war, nicht der Fall.
Das mit dem Grashalm hab ich probiert, meine Ergebnisse waren aber grottenschlecht. am schwierigsten zu retuschieren war das ende des Halms wo die gelben Sprenkler sind, geschafft hab ichs auf jeden Fall nicht 😉
Alle Achtung, Felix! Ich finde das super, mit welcher Zielstrebigkeit du in deinem Alter an die Sache gehst.
Zu den Bildern:
Globus: Ich habe beim Ansehen nicht gesehen, dass es sich um einen Globus handelt, weil der sich viel zu schnell dreht. Meiner Ansicht nach müssten zumindest schemenhaft die Kontinente sichtbar sein ODER wenn er sich so schnell dreht, ein anderer Ausschnitt des ganzen Globus gewählt werden, dass man ihn als Betrachter gleich zuordnen kann. Auf den ersten Blick dachte ich, es wäre ein Schlagzeugbecken, was vibriert und war dann über die Halterung verwundert, weil diese ja anders aussieht ;). Also von daher fällt das Bild bei mir von Motivseite her gesehen ganz durch.
Die Idee mit dem Bleistift ist gut, aber du hast da entweder einen völlig billigen Stift erwischt, der sich nicht gut spitzen lässt oder der Spitzer ist total stumpf. Man sieht das an der rauen Holzoberfläche des gespitzten Kegels und an den vielen Krümeln, dem gespitzten Abfall.
Richtig gut zu spitzende Bleistifte mit scharfem Spitzer ergeben als Spitzerabfall einen sauberen Kringel, der dann schon fast dekorativ und ästhetisch wirken kann. So wirkt das Bild auf mich eher wie sinnbildlich ein chaotisches Büro, schlechtes Material – hattest du diese Wirkung tatsächlich im Kopf?
Über den Esel ist schon alles gesagt worden.
Das Feuerwerk ist zu unspektakulär. Da gibt es auch wie beim Sonnenuntergang und dem Gras soviel Konkurrenz. Ich denke es ist sicher strategisch besser, sich ein bestimmtes Thema ganz intensiv zu Gemüte zu führen und da dann durch Übung die besseren, oder gleich guten Motive wie die anderen anbieten zu können. Mit jeder Einstellung wird das eigene Auge dann geschulter und das musst du dir zu eigen machen, denn ein Vorsprung in einem Thema muss sich ein anderer erst einmal erarbeiten, aber z.B. einen Sonnenuntergang kann jeder mal bei entsprechendem Wetter fotografieren.
Beim Geschenk bist du mit einem unifarbenenem Papier auch viel flexibler: Wunderschön verpackt (da muss dann alles stimmen) kann man dann mit variabler Deko drauf gleich das ganze Jahr abdecken: Weihnachten, Ostern, Muttertag, neutrales Geschenk. Die Deko muss aber dann viel mehr knallen, das kleine Zweiglein z.B. ist zu dürftig.
Oder spiel doch mal mit Fantasiedekos auf dem Päckchen rum: Kleines Spielzeug, Material aus Küche und Büro … da kann man dann vielleicht Motive schaffen, die für einen Gutschein einsetzbar sind. Ich denke, je individueller deine Ideen ausfallen, desto mehr Chancen hast du in so einer Thematik wie Geschenke.
Beim Weinbergfoto möchte ich noch anmerken, dass mir die Stimmung auf deinem Bild besser gefällt als bei Robert, die Sonne macht es warm – und Wärme brauchen die Weintrauben. Jedoch ist das Motiv bei Robert ohne Frage besser ins Bild gesetzt. Wenn du wieder einmal im Weinberg bist und die Chance hast, zu fotografieren, dann suche dir bitte auch eine Traube aus, deren Beeren schöner sind. Die im Vordergrund haben Schorf und sind teilweise auch faul, das will keiner ;). Also bei der Motivsuche auch außer dem Gesamtmotiv auch die Details checken.
Grundsätzlich sind die Bilder technisch für mich in Ordnung (außer Weinberg mit dem Himmel) so dass du dich mit deinen Kenntnissen wirklich nun inhaltlich auf die Thematik Motivauswahl und deren Gestaltung konzentrieren kannst. Dazu ist ein Feedback von außen sicher immer hilfreich, denn man wird während der Arbeit auch immer ein Stück betriebsblind und kann gar nicht an alles denken.
Hallo Felix
Bei Stockfotos gelten etwas andere Gesetze als in normalen Fotografie. Während du in der normalen Fotografie ein Fotos nach ästetischen Gesichtspunkten beschneidest ist dieses in der Stockfotografie kontraproduktiv.
Nehmen wir mal das Bild vom Globus. Ich habe auf den ersten Blick den Globus nicht erkannt. Hauptfehler ausser, der zu schnellen Drehung ist hier der Anschnitt. Man kann das Bild jetzt eigentlich garnicht mehr verwenden. Hier wäre eine klassischer Freisteller des gesamten Objektes angebracht gewesen. Der Ausschnitt kann später vom Layouter fest gelegt werden. Daselbe gilt für das Geschenk, auch dieses Bild ist für die Weiterverwendung im Druck. unbrauchbar.
Die Grashalme an sich sind kein schlechtes Motiv, wären oben 2 Drittel Himmel könnte man später etwas reinschreiben und hätte einen schönen Hintergrund.
Vergleichen wir mal dein Weinbergfoto mit Roberts, im Bezug auf die Weiterverwendung in der grafischen Industrie (andere Dinge wurden ja schon geschrieben): Durch den Starken hell dunkel Kontrast kan man dort nicht mehr schreiben, weder schwarz noch weiss. Bei Roberts Bild könnte man den rechten Bereich gleichmässig mit einer transparenten weissen Maske belegen und prima schreiben.
Stockfotos sollen möglichst vielseitig einsetzbar sein und was ganz wichtig ist, du weisst vorher nicht für was sie eingesetzt werden. Deshalb nicht soviel abschneiden je mehr du abschneidest, desto geringer werden die Verwendungsmöglichkeiten eines Fotos.
Das soll natürlich nicht heissen, dass man nun garnicht mehr anschneiden darf. Mann sollte aber nie die armen Grafiker aus den Augen lassen für die die Bilder nur ein Teil ihrer Arbeit sind, wenn auch ein wichtiger. Vor jedem Bild steht aber immer das grafische Konzept in das dieses passen muss. Kein ernshafter Designer wird ein grafisches Konzept wegen eines Fotos ändern.
Guck dir mal bei Shutterstock banale Tomatenbilder, unter dem von mir beschrieben Gesichtspunkt, an
Suche auf Englisch tomatoe ordnen nach popular. Ich kann hier nicht leider nicht verlinken
LG
Andreas
Immer wenn ich Kommentare von erfahrenen Stock-Fotografen und Fotografinnen lese bemerk ich das alles erst. Ich glaub ich sollte eine „Stockfoto-Checkliste“ erstellen 😉
Technisch hat mich iStock ziemlich auf Vordermann gebracht, ist ja angeblich die strikteste Agentur bei der Inspektion (?).
Zu Ausschnitten: Ich hab leider nicht die Auflösung anzubieten die ein Designer bräuchte um sich den Ausschnitt zu holen der gebraucht wird. 40d=10 MP…
Nische finden.. daran arbeite ich noch 😛
Das kein Designer das Konzept ändern wird stimmt sicher, vorallem weil er sich sicher sein kann unter den anderen zich-millionen ein passenderes zu finden 🙂
Hallo Robert,
ich teile Deine Einschätzung. Bei dem Weintrauben-Bild von Dir möchte ich jedoch ergänzen, dass dieses ein wenig „matt“ wirkt und die Beeren am linken Rand aufgrund des Objektivs (Weitwinkel) die Verzerrung mitmachen – so wirkt es zumindest auf mich.
Gruß,
eccolo
» Technisch hat mich iStock ziemlich auf Vordermann gebracht, ist ja angeblich die strikteste Agentur bei der Inspektion (?).
Natürlich müssen die Bilder technisch ok sein, doch als nächstes würde ich (massiv) an der Bildaussage arbeiten.
Bei einigen Bildern musste ich mich doch wundern, das istock sowas heute überhaupt noch annimmt, doch spätestens bei den Buyouts wird klar, wie hoch die Nachfrage ist…