Fotografen bei der Microstock-Bildagentur Fotolia* haben unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, den Startpreis ihrer Bilder zu ändern. Standardmäßig werden Fotos für 1 Credit in kleinster Größe verkauft. Wer Bilder exklusiv oder teilexklusiv dort anbietet, kann ab dem Ranking-Level „Bronze“ den Startpreis auf zwei Credits erhöhen, nicht-exklusive Anbieter können das am dem Ranking-Status „Smaragd“. Ab dem Ranking „Silber“ (bzw. „Saphir für nicht-exklusive Fotografen) kann der Startpreis auch bis drei Credits erhöht werden.
Wer dazu die Möglichkeit hat, fragt sich oft: Ist das sinnvoll? Ist es lukrativ, den Preis zu erhöhen? Einerseits bekommt man dann mehr Geld pro Verkauf, andererseits kaufen die Leute stattdessen vielleicht andere, günstigere Bilder und man erhält gar nichts.
Ich habe das letzten Monat mal mit zwei Fotos getestet: Am 01. März habe ich zwei relativ neue Fotos, die sich gut verkaufen, von 1 Credit auf 2 Credits gesetzt. Damit wurden sie schlagartig doppelt so „teuer“ (sofern man das bei Microstock-Bildern so nennen kann). Ich wollte sehen, wie sich die Verkäufe in diesem Monat mit dem neuen Preis entwickeln. Hier die Ergebnisse:
Die blauen Balken zeigen die Umsätze des Fotos pro Monat bei Fotolia. Die rote Linie zeigt den Verlauf der Verkäufe selbst an. Der letzte Balken ganz rechts ist für den Monat März, wo ich den Preis erhöht habe. Wie sehr deutlich zu sehen ist, konnte ich in diesem Monat die Einnahmen mit dem Foto im Vergleich zum Vormonat mehr als verdoppeln (genauer: 115% mehr Credits). Mehr noch: Im März hat das Foto mehr Einnahmen erzielt als die gesamten fünf Monate zuvor! Auch die Verkaufszahlen stiegen weiterhin an, wenn auch nicht mehr so stark wie in den drei Monaten zuvor (26% mehr Verkäufe).
Bei diesem zweiten Bild ist ein ähnliches Schema zu erkennen. Die Umsätze hier „nur“ fast verdoppelt (73% mehr Credits), die Downloads nahmen ebenfalls zu, auch wieder eine geringere Zunahme als die Monate zuvor (7% mehr Verkäufe).
Was sagt uns das? Unter dem Strich war es ein gelungenes Experiment. Ich konnte meine Umsätze mit den Bildern deutlich steigern und auch die Verkäufe selbst waren weniger davon betroffen als gedacht. Selbst wenn die Verkäufe auf dem Vormonatsniveau stagniert wären, wäre der Umsatz gestiegen, weil der Preis pro Download höher ist. Diese Zahlen sind auch relativ aussagekräftig, weil hier Verkäufe im dreistelligen Bereich ausgewertet wurden, wo zufällige Schwankungen weniger ins Gewicht fallen.
Die statistische Auswertung der Verkäufe übernahm wieder das hilfreiche Analysetool Stock Performer für mich.
Zusätzlich habe ich eine andere interessante Beobachtung gemacht: Ich hatte wie andere Fotografen die Vermutung, dass viele Bildkäufer wegen des höheren Preises lieber die nächstkleinere Bildgröße kaufen, also XS statt S, S statt M und so weiter. Selbst wenn das alle Käufer machen würden, würde ich mit der Preissteigerung trotzdem mehr verdienen, weil die Käufer bei jedem „Downgrade“ (außer von XS auf S) trotzdem mehr als vorher bezahlen würden, siehe hier: Grün bedeutet eine Preisersparnis, rot eine Preissteigerung.
Luis Alvarez von Stock Performer war so freundlich, extra für mich tiefer in seiner Datenbank zu wühlen und mir rauszusuchen, wie sich die prozentuale Verteilung der gekauften Bildgrößen geändert hat (das geht noch nicht automatisch, aber ist in Arbeit). Schauen wir uns das zuerst grafisch an:
Die obere Grafik ist für das „Daumen hoch“-Bild*, die untere für das „Studenten beim Lernen“-Bild*. Die blauen Balken zeigen die prozentuale Verteilung der gekauften Bildgrößen für Februar, die lila Balken die Verteilung für März.
Es ist klar zu sehen, dass meine Vermutung vollkommen falsch war: Die Bildkäufer kaufen keine kleineren Größen, wenn das Bild teurer ist, im Gegenteil. Sie kaufen stattdessen vermehrt größere Lizenzen. Warum das so ist, ist mir noch unklar. Es könnte sein, dass die „Schnäppchenjäger“, die vor allem für Blogs und Internetseiten billiges Fotomaterial brauchen, durch die höheren Preise abgeschreckt sind und deshalb vermehrt die Leute kaufen, welche die Fotos drucken wollen. Das würde zwar die Verschiebung hin zu den größeren Lizenzen erklären, aber nicht die absolute Steigerung der Downloads. Vielleicht rankt Fotolia die Bilder besser, wenn vermehrt mehr Geld dafür ausgegeben wird?
All diese Erkenntnisse bedeuten, dass es kurzfristig finanziell betrachtet oft sinnvoll sein kann, die Preise von Bildern zu erhöhen.
Trotzdem gibt es vor allem zwei Faktoren zu berücksichtigen, welche diese optimistische Annahme etwas relativieren.
Erstens ist das der Ranking-Status: Bei Fotolia verdienen die Fotografen umso mehr Kommissionen, je höher sie im Ranking aufsteigen. Das ist in der Tabelle obven gut sichtbar. Es fängt bei 20% an und geht bis 46%. Für das Ranking werden jedoch nur die reinen Verkaufszahlen berücksichtigt, aber nicht die Umsätze. Wie ganz oben ersichtlich ist, nehmen die Verkäufe nicht so schnell zu, wenn der Preis erhöht wird. Das bedeutet, dass es länger dauert, bis ein Fotograf den nächsten Rang und damit eine generelle Kommissionserhöhung erhält. In der Praxis deshalb mein Tipp: Die Erhöhung der Startpreise ist vor allem für nicht-exklusive Fotografen ab Smaragd-Status und für exklusive-Fotografen ab Gold-Status empfehlenswert, weil ab dann die Prozentpunkte bei den Kommissionen nur wenig erhöht werden und die Verweildauer auf der gleichen Rankingstufe deutlich länger ist.
Zweitens spielt der Suchalgorithmus eine Rolle: Neben enigen anderen Faktoren ist vor allem die Anzahl der Verkäufe eines Bildes ein wichtiger Punkt bei der Entscheidung, wie weit oben es bei Suchanfragen angezeigt wird. Je öfter und je höher ein Foto den Käufern bei den Suchtreffern gezeigt wird, desto öfter verkauft es sich. Das kann gerade am Anfang des Lebenszyklus‘ eines Bildes entscheidend sein, ob das Bild ein Bestseller oder ein Ladenhüter wird. Außerdem gibt es bei Fotolia einen Preisfilter, mit dem Leute sich nur Bilder für 1 Credit Startpreis anzeigen lassen können. Da wären 2 Credit-Bilder dann nicht dabei. Deswegen erhöhe ich die Preise meiner Bilder nur, wenn sie sich „bewiesen“ haben, das heißt, schon häufig verkauft wurden. Außerdem kann es sein, dass sich das Verhältnis von Bildansichten und Verkäufen bei einer Preiserhöhung verschlechtert, was wiederum ebenfalls zu einer Benachteilung der Bilder im Suchalgorithmus führen kann. Das müsste ich etwas beobachten.
Welche Erfahrungen habt ihr mit Veränderungen eurer Bildpreise gemacht?
* Affiliate
Sehr schöne Analyse. Ob das mit zwei Bildern einem statistischen Relevanztest überstehen würde ist zwar fraglich aber es gibt definitiv eine Tendenz an.
Seit ich exklusiver Fotolia Fotograf bin hatte ich mir genau diese Frage auch gestellt und habe meine Entscheidung aus einem anderen Grund getroffen. Die Preise im Microstockbereich sind eh schon am Boden und ich wollte mich nicht weiter am Preisverfall von guten Bildern beteiligen. Nur einigen wenige 08/15 Bilder (z.B. Buntstifte) verkaufe ich noch für einen Credit anfangspreis. Alles andere wird so teuer gemacht wie es Fotolia zulässt. Ich baue darauf, dass sich Qualität irgendwann doch durchsetzt, egal wie teuer sie ist.
Vielleicht noch überprüfenswert: Wie haben sich Deine anderen Bilder in dem Zeitraum entwickelt, wo Du nicht den Preis hochgesetzt hast?
Nicht, dass jetzt ohnehin grad die Käufe anziehen und die vermehrten Verkäufe gar nichts mit dem Preis zu tun hat.
Und es bleibt natürlich das Restrisiko, dass vielleicht einfach diese beiden Bilder „glück“ hatten. Aber ich bin mir sicher, Du wirst ein paar mehr Fotos hochsetzen um das zu überprüfen 🙂
Ich verfolge den Verkauf meiner wenigen Bilder die ich auf 2 Euro gesetzt habe schon ein paar Monate länger. Bei mir gingen die Verkaufszahlen der 2 Euro Bilder erst nach 1–2 Monate etwas zurück. Der Umsatz wird jedoch immer noch mehr als ausgeglichen.
Meine Vermutung: Viele Kunden die das Bild schon als 1 Euro Bild unter Beobachtung hatten, verzichten nicht darauf weil es etwas teurer geworden ist!?
Robert bitte informiere uns wie es sich bei dir entwickelt.
Bevor ich ein Foto auf 2 Euro setze schaue ich mir auch meine Konkurrenz bei Fotolia mit den gleichen Hauptkeywords an. Wieviele Fotos zu diesem Thema gibt es? Was kosten sie? Ist mein Foto besser/anders?
Marco
P.S. : Ich habe mir einen neuen Nutzernamen zugelegt, da seit kurzem noch ein Marco mit Nutzername „Marco“ kommentiert. Komisch das ein Name mehrmals vergeben wird.
@Marco: Das mit der Beobachtung könnte natürlich ein Faktor sein.
@Sam: Nein, eine generelle Verkaufsteigerung aller Bilder ließ sich im Monat März nicht erkennen (auch wenn der März generell mit zu den besten Monaten gehört, liegt die Steigerung eher bei 5–10%, nicht bei über 100% wie bei den untersuchten Bildern.
@alle: Natürlich sind zwei Bilder eine relativ geringe Datenbasis, aber da es hier um bares Geld und nicht um theoretische Experimente geht, muss ich vorsichtig sein, wie viel ich auf einmal ändere.
Mal aus der Sicht eines (hauptberuflichen) Käufers: Profane Motive (z.B. die Buntstifte oder freigestellte Personen mit nem weißen Schild in der Hand) kaufen wir nur für 1 EUR Startpreis. Motive die Spezieller sind und/ oder eine bestimmte Qualität erfordern kaufen wir auch für 2 EUR Startpreis (z.B. Einzelpersonen bei bestimmten Handlungen). Fast nie kaufen wir für 3 EUR Startpreis. In solchen Fällen muss das Bild schon genau das zeigen was wir wollen und in Fotolia einmalig sein. Meist also z.B. nur Bilder von Personengruppen in ganz bestimmten Handlungen.
Da ich als (nebenberuflicher) Fotograf aber auch Bilder selbst einstelle, bepreise ich meine Bilder so, wie unser Kaufverhalten ist. dabei verfahre ich so wie auch Robert schon schrieb, dass nur sich bereits gut verkaufende Bilder preislich hochgesetzt werden.
Gruß
Light Impression
http://www.facebook.com/LightImpression
Bei Dreamstime hatte ich ähnliche Erfahrungen gemacht. Als dort eines meiner Bilder das höhste (und damit teuerste) Level 5 erreicht hatte, bin ich eigentlich davon ausgegangen, einen deutlichen Rückgang der Downloadzahlen zu sehen. Das Bild verkauft sich aber nach wie vor ca. 1,5 mal pro Monat und bringt mir durch den höheren Verkaufspreis deutlich mehr ein als je zuvor.
Ich schätze, wenn ein Käufer ein Bild haben will, dann will er es einfach haben. Und der Preis scheint daran weniger zu ändern, als ich es erwartet hatte.
Hm – die Beobachtung ist natürlich interessant.
Aber ob es so klug war die Statistik genau im März zu machen, oder besser gesagt genau im März abzuschließen – da bin ich mir nicht so sicher denn:
Der März ist (zumindest bei mir) schon IMMER einer der umsatzstärksten Monate gewesen.
Ich verdiene jedes Jahr im März (u. auch im Nov.) fast doppelt so viel wie in anderen Monaten.
Deshalb bin ich mir jetzt nicht so sicher ob diese Statistik wirklich passt.
Das Prinzip sollte man vielleicht in den „normalen“ Monaten nocheinmal beobachten.