Wie kann ich mein Hobby zum Beruf machen? Diese Frage stellen sich viele Leute, die gerne fotografieren. Antworten darauf versucht darauf der Fotograf Jens Brüggemann in seinem Buch „Beruf Fotograf“* (mitp Verlag; 29,95 Euro) zu geben.
Der Autor Jens Brüggemann ist seit 1998 als Werbefotograf selbständig, er weiß also, wovon er schreibt.
In insgesamt 13 Kapiteln räumt Brüggemann zuerst mit den vorhanden Klischees auf und stellt die eher rauere Wirklichkeit dagegen. Danach geht es mit harten Ansagen weiter, damit der Leser erkennt, ob er für den Beruf geeignet wäre. Wen das noch nicht abgeschreckt hat, nimmt er dann an die Hand und zeigt einige Wege in die berufliche Fotografie wie Ausbildung, Studium oder Quereinstieg auf. Er gibt nützliche Tipps zur Wahl eines Studios, einer Blitzanlage und der Datensicherung und erklärt, bei welchen Behörden und Organisationen der werdene Fotograf sich melden muss oder sollte. Er geht auf Werbemaßnahmen, rechtliche Fallstricke und die Auftragsabwicklung ein.
Zum Schluss kommen neun Erfahrungsberichte von Fotografen aus verschiedenen Bereichen und einige Anhänge mit Adressen, Links und Literaturempfehlungen runden das Buch ab.
Da ich selbst seit über fünf Jahren als Fotograf selbständig bin, kann ich ganz gut beurteilen, wie fundiert Brüggemann schreibt. Man merkt an vielen Stellen, dass seine Ratschläge auf eigenen Fehlern und Erfahrungen beruhen, zum Beispiel, wenn er auf die Details eingeht, worauf man bei der Suche nach einem guten Studio achten sollte. Lehrreich ist auch der Anhang mit einer praktischen Übung, um zu testen, ob man die Tücken der Umsatzsteuer und Buchhaltung verstanden hat. Interessanterweise widmet er der Stockfotografie ein eigenes Kapitel, weil dieser Bereich mittlerweile an Bedeutung zugenommen habe. Darin berichtet er jedoch nur von Macrostock-Agenturen, die gerade für Anfänger schwieriger zu meistern sind.
Fotografische Hilfestellungen finden sich in dem Buch ausdrücklich nicht, was ich insofern berechtigt finde, da Brüggemann davon ausgeht, dass jemand das qualitative Können mitbringt, wenn er sich entscheidet, Berufsfotograf zu werden. Wer diesen Bereich vermisst, dem empfehle ich das Buch mit dem irreführenden Titel „Digitale People- und Porträtfotografie“*, weil es darin hauptsächlich darum geht, wie man die Motive umsetzt, welche sich Kunden im „Fotostudio an der Ecke“ wünschen.
An einigen Stellen bleibt das Buch für meinen Geschmack zu sehr an der Oberfläche, zum Beispiel was aktuelle und moderne Marketing-Methoden für Fotografen angeht. Da ist Brüggemann noch auf dem Stand, dass die eigene Internet-Seite das Marketingmittel der Zukunft sei. Von Social Media oder Engagements in digitalen Communities schreibt er nichts.
Der Teil mit Erfahrungsberichten anderer Fotografen ist je nach Autor qualitativ stark schwankend. Sehr informativ fand ich den Bericht des Porträtfotografen Andreas Kröner, der seinen konkreten Arbeitsalltag schildert, enttäuscht hat mich beispielsweise Julian Stratenschulte, der in seinem Text als Fotojournalist nur Allgemeinplätze formuliert.
Das Buch eignet sich deshalb vor allem für Menschen, die ernsthaft mit dem Gedanken spielen, sich als Fotograf selbständig zu machen und in dem Buch eine Orientierung finden, an was sie alles denken müssen. Das Denken und die Entscheidungen selbst kann einem auch dieses Buch nicht abnehmen.
Disclaimer: Mein Buch „Stockfotografie“* ist im selben Verlag erschienen wie das hier rezensierte Buch.
* Affiliate-Link
Ich habe da mal eine dumme Frage,
ich sehe das doch richtig, wenn ich das fotografiern zu meinem Beruf machen möchte, ist es nicht nötig eine abgeschlossene Ausbildung zum Fotografen zu haben, oder?
Ich habe mal gehört, ohne Ausbildung darf ich mich nicht offiziel Fotograf nennen, ist das richtig?
Wie würde ich mich denn dann bezeichnen? Berufs Hobbyfotograf?
Gruß,
Altenhoff, Andreas
@Andreas: Dieses „Hörensagen“ bezeiht sich noch auf eine veraltete Rechtssprechung. Bis 2004 durfte nur diejenigen Fotograf werden und sich so nennen, die einen Meistertitel hatten. Das ist heute nicht mehr so, jetzt darf jeder Fotograf werden. Wer sich so nennen will (und nicht „Bildjournalist, Fotodesigner, o.ä.) muss jedoch eine vergleichbare Ausbildung haben, das kann auch ein passendes (Fach-)Hochschulstudium o.ä. sein. Nur „Fotografenmeister“ darf man sich nur mit Meistertitel nennen. Wie immer bei Rechtsfragen ohne Gewähr.
@Robert: Deine Aussage stimmt nicht ganz. Der Meistertitel ist und war keine Voraussetzung um sich als Fotograf zu bezeichnen. Ein Gesellenbrief reichte.
mfg
Birgit
@Kneschke: Nichts ganz richtig – jetzt darf sich jeder Fotograf nennen, der ein Fotografengewerbe angemeldet hat.…..sonst kann die Abmahnung kommen!
Ganz ehrlich ich bin der Auffassung das jeder Fotograf der nicht Meister oder einen Gesellenbrief bzw. Hochschulabschluss oder eine mind. dreijährige Fotoasssitenz aufweisen kann sich nicht Fotograf nennen sollte .
Ich Danke Euch allen, die versuchen etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Ich habe gerade noch einen schönen Beitrag gefunden der im Juni 2010 von Ingomar Leitner als Gastbeitrag bei KWERFELDEIN geschrieben wurde.
http://kwerfeldein.de/index.php/2010/06/16/fotograf-sein-wollen-und-auch-duerfen/
Gruß,
Altenhoff, Andreas
Hallo reka, das sehe ich nicht so. Wer fotografiert, ist ein Fotograf (da es das Wort Fotografierer wohl nicht gibt). Wer Meister ist, kann sich ja Fotografenmeister nennen, und wer studiert hat, gibt sein Dipl., B.A. oder M.A. dazu. Es darf sich ja auch jeder Übersetzer nennen, der übersetzt und nicht nur, wer wie ich sein Diplom darin errungen hat.
Wow@ ich verneige mich vor Euren „Zetteln“, die Ihr als Fotograf bezeichnet. Wahrscheinlich bin ich sehr altmodisch. Klassische Ausbildung! Bei einem Fotografenmeister! Passbild, Hochzeit, Portrait etc. Entwicklung der Bilder im eigenen Fotolabor, Handretusche etc.
Alles hat mit allem zu tun, bitte kein Stress! Berufe wandeln sich.
mfg Birgit