MicrostockExpo – Was ich dort gelernt habe

Letztes Wochenende fand die ers­te MicrostockExpo statt, eine Konferenz rund um das Thema Microstock in Berlin. Mit dabei waren vie­le Bildagenturen, sowohl Microstock als auch eini­ge Macrostock-​Agenturen, Fotografen, Service-​Dienstleister und Mitarbeiter von Verbänden und Veranstaltungen wie der CEPIC oder dem BVPA.

Die bequems­te Form des Kontakteknüpfens: Der Austausch von Visitenkarten

Ich hat­te die Ehre, die ers­te Diskussionsrunde zum Thema „Distributionswege“ zu mode­rie­ren und auch den ande­ren Vorträgen zuhö­ren zu kön­nen. Die Teilnahme an der Expo hat sich für mich gleich aus meh­re­ren Gründen gelohnt.

Zum einen inhalt­lich: Die Vorträge und Diskussionen der aus­ge­wähl­ten Sprecher waren durch­weg infor­ma­tiv und ich bekam einen guten Einblick in deren Denk- und Arbeitsweise. So habe ich gemerkt, dass ich einer der weni­gen teil­neh­men­den Fotografen war, die als „One-​Man-​Show“ die Stockfotografie allei­ne betrei­ben, wäh­rend Fotografen wie Josh Hodge, der erst 24 Jahre alt ist und vor fünf Jahren begon­nen hat, schon klei­ne Teams haben und die rus­si­sche Produktionsfirma Pressmaster ins­ge­samt 23 Leute beschäf­tigt inklu­si­ve Fahrer und eige­nen Casting-​Direktoren, weil sie ca. 80 Models im Monat foto­gra­fie­ren. Selbst ande­re Fotografen, die allei­ne arbei­ten, lagern einen Teil ihrer Arbeit aus, vor allem an indi­sche Retusche- und Keyword-​Firmen, die eben­falls auf der Expo ver­tre­ten waren und mich über­zeugt haben, ihren Service eben­falls auszuprobieren.

Dazu kom­men vie­le klei­ne Details, die lehr­reich waren. Andres Rodriguez ver­öf­fent­lich­te zum Beispiel die Ergebnisse eines klei­nen Upload-​Tests, um die Geschwindigkeit zu mes­sen, mit der sei­ne Mitarbeiter Fotos bei Agenturen ein­stel­len kön­nen und ver­riet eini­ge Verhandlungsmöglichkeiten gegen­über Bildagenturen. Mark Butler von MonkeyBusiness Images erklär­te sein eige­nes Distributionsnetwerk mit über 100 Vertriebspartnern und erzähl­te dann in der Pause pri­vat, wie viel er sei­nen Models durch­schnitt­lich zah­le. Bob Davis von PicNiche ergänz­te die gän­gi­gen Analyse-​Möglichkeiten RPI und RPD um sei­nen RPK, Return per Keyword.

Ein ande­rer posi­ti­ver Effekt der Expo war die per­so­nel­le Zusammensetzung. Angemeldete Teilnehmer erhiel­ten schon lan­ge vor der Konferenz eine Teilnehmerliste mit Kontaktdaten, um Termine im Rahmen der MicrostockExpo ver­ein­ba­ren zu kön­nen. Das wur­de – auch von mir – rege genutzt. So konn­te ich einer­seits end­lich vie­len mei­ner Email- oder Telefonkontakten end­lich ein Gesicht zuord­nen und lern­te eini­ge viel­ver­spre­chen­de Geschäftspartner ken­nen. Während der Gespräche in den Pausen oder abends bei den Partys wur­den noch mal vie­le Informationen aus­ge­tauscht, die ansons­ten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.

Wie viel ver­die­nen die ande­ren Fotografen bei ihren Bildagenturen? Mit wel­chen recht­li­chen Problemen kämp­fen sie? Wo bekom­men sie ihre Models her? Mit wel­chem Objektiv foto­gra­fiert Andres Rodriguez am liebs­ten im Studio? Welche Veränderungen pla­nen die Microstock-​Agenturen intern? Eine geplan­te Veränderung darf ich schon ver­ra­ten: Shutterstock plant eine Erhöhung der Kommissionen für Video-​Verkäufe. Ein net­ter Nebeneffekt für Euch Blog-​Leser ist, dass ich durch die vie­len Gespräche und Diskussionsrunden auch eini­ge span­nen­de neue Themen für den Blog gefun­den habe, die ich in nächs­ter Zeit und und zu ein­streu­en werde.

Gelernt habe ich auch, dass die erfolg­reichs­ten Stockfotografen immer auch die dis­zi­pli­nier­tes­ten und orga­ni­sier­tes­ten Personen sind. Jeder konn­te aus dem Stehgreif sagen, wie teu­er unge­fähr ein Bild in der Produktion sein darf, um lukra­tiv zu sein, wie viel Arbeit jeder Mitarbeiter gera­de hat und wie vie­le Stunden er für bestimm­te Aufgaben braucht. Auch die Wichtigkeit von guter Planung und Vorbereitung eines Fotoshootings wur­de von allen betont. Für mich ist es bei­spiels­wei­se selbst­ver­ständ­lich, vor jeder Fotosession eine Shootingliste als Text und ein visu­el­les Moodboard zu erstel­len, aber ich weiß, dass Hobby-​Stockfotografen die­sen Schritt ger­ne überspringen.

Unter dem Strich bin ich sehr moti­viert und infor­miert von der MicrostockExpo heim­ge­kehrt. Deshalb vie­len Dank an Amos Struck und Lee Torrens für ihre Mühen, die Expo zu orga­ni­sie­ren und das Risiko über­haupt erst ein­zu­ge­hen. Bis zum nächs­ten Mal!

15 Gedanken zu „MicrostockExpo – Was ich dort gelernt habe“

  1. Lieber Robert,

    vie­len Dank für dei­nen Beitrag und auch für die Moderation des ers­ten Panels. Schön das sich die gan­ze Arbeit gelohnt hat und wir sehen kön­nen das unse­re­re Teilnehmer mit neu­en Informationen, Kontakten und auch neu­em Élan in den „Shooting-​Alltag“ zurück­keh­ren. Es auf jeden Fall eine wei­te­re Microstock Expo geben – wer die­se nicht ver­pas­sen möch­te soll­te sich unbe­dingt auf unse­rer Webseite in den Newsletterverteiler eintragen.

    Vielen Dank für dei­nen Beitrag
    Amos

  2. Beim ver­glei­chen darf man aller­dings nicht ver­ges­sen, dass ande­re Länder auch ande­re Kosten haben. Es macht sicher­lich einen gro­ßen Unterschied aus, ob ich 23 Personen in Russland oder hier beschäf­ti­ge. Fahrer zB sind in Russland nichts beson­de­res son­dern in der kleins­ten Firma zu fin­den, eben, weil die Personalkosten so nied­rig sind. Das macht das Ergebnis kei­nes­wegs schlech­ter, es zeigt aller­dings, genau­so wie die Auslagerung der Postproduction, dass aus­län­di­sche Firmen in die­sem welt­wei­tem Business gewinn­brin­gen­der arbei­ten können.

  3. @Carsten

    Und Probleme sind eben nicht adap­tier­bar, son­dern jedes Land hat eige­ne Probleme, die es zu bewäl­ti­gen gilt. Elnur Amikishiyev kämpft z.B. mit der Tatsache, dass es in Aserbaidschan kaum Models gibt. Giorgio Fochesato mit der Tatsache, dass es unter­schied­li­che Rechtesituationen in sei­nen Reiseländern gibt. Joshua Hodge mit sei­nem selbst auf­er­leg­ten Ziel, Produktionskosten zu sen­ken und kaum ent­ste­hen zu las­sen und und und!
    Was ich damit sagen möchte? 

    Jedes Land hat sei­ne Schwierigkeiten und Probleme die Kosten beinflussen.
    Deshalb soll­ten wir uns nicht hin­stel­len und ande­ren sug­ge­rie­ren, dass unser Geschäft in Ländern wie Russland ein­fa­cher als hier­zu­lan­de ist, ist es näm­lich nicht. Anderes Land ande­re Probleme und somit auch immer ein Kostenfaktor!

    Wir sind die­je­ni­gen, die für die Lösungen ver­ant­wort­lich sind und der Wettbewerb ist gar­nicht so ungleich, wie es auf den ers­ten Blick aussieht.

  4. Achja hat­te ich ver­ge­seen um die Sache mit Joshua Hodge und sei­ne Kostengeschichte zu verstehen!

    Wenn wir uns hier Dinge als Beiwerk zum Shooting leis­ten ist das wesentl­cih güns­ti­ger als in Dänemark, wo Josh zuhau­se ist.

    Hier mal ein Warenkobbeispiel:

    Warenkorb 2011

    41,91 € (= 100% Discounter Deutschland) – 55,17 € (= 132% Discounter Dänemark)

    59,08 € (= 141% Vollversorger Deutschland) – 76,83 € (= 183% Vollversorger Dänemark)

    Das soll­te das Problem, wel­ches Josh hat verdeutlichen!

  5. @Carsten: Nein, natür­lich darf man das bei einem Vergleich nicht ver­ges­sen. Abends bei der Expo hat­te ich auch ein Gespräch mit der Leiterin einer rus­si­schen Bildagentur, die mein­te, dass der Großteil der erfolg­reichs­ten Stockfotografen aus Russland käme. Bei den nied­ri­gen Produktionskosten kann ich mir das gut vorstellen.

  6. mich wür­den die Keyword-​Firmen in Indien interessieren.Ich hoffe,dass du hier von dei­nen Erfahrungen und Empfehlungen damit berich­ten wirst.

  7. Das Return per Keyword klingt inter­es­sant. Würde mich freu­en wenn du in einem zukünf­ti­gen Blogpost die Nutzungsmöglichkeiten die­ser Auswertungsmethode beschrei­ben könntest!

  8. Grundsätzlich muss man ein­fach Lösungen suchen um Erfolg zu haben, mit weh­kla­gen kommt man nicht wei­ter, kei­ne Frage 🙂 Mein Kommentar war auch nur als Hinweis gemeint, dass es eben in Russland kei­ne Kunst ist, einen gros­sen Personalstamm zu haben. Mir per­sön­lich ist es dort aller­dings zu kalt 😉 (und ja, ich habe schon in Russland gear­bei­tet und ken­ne mich dort etwas aus).

    @Manfred: Was jemand für sich von den Informationen für wich­tig hält, die er hier und woan­ders fin­det muss jeder für sich entscheiden.

    Was glau­be ich aber sehr gut in dem Artikel raus­kommt, ist, dass man als One-​man-​show durch­aus Erfolg haben kann, das aber heu­te die Ausnahmen sind. Alle wirk­lich erfolg­rei­chen in die­sem Business sind Teams, egal, ob als Team gestar­tet oder durch Erfolg angestellt. 

    Und da liegt m.E. auch der Weg in die Zukunft. Mit einem gewis­sen Personalstamm kannst Du Aufgaben bes­ser ver­tei­len und schnel­ler, bes­ser und güns­ti­ger pro­du­zie­ren. Was aber auch ent­spre­chen­de Organisation und Führungsvermögen ver­langt, nicht unbe­dingt die Stärken von den meis­ten Kreativen. Wer schon fünf Jahre im Business ist, kann sicher­lich auf­grund eines grö­ße­ren Portfolios auch allei­ne über­le­ben, wer heu­te noch als One-​man-​show ein­steigt, hat es da wohl deut­lich schwe­rer. Und der Erfolg in die­sem Business oder zumin­dest die Möglichkeit, wel­chen zu haben, das ist schließ­lich doch, wor­um es hier im gro­ßen und gan­zen geht. Der eine nimmt Informationen auf und opti­miert sei­ne Arbeit, der ande­re jam­mert auf alle Umstände um ihn her­um. Wer wird wohl mehr Erfolg haben?

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