Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 15

Sind mei­ne Fotos gut genug zum Verkaufen? Wer sich die­se Frage stellt, ist bei mei­ner Serie „Pimp My Stock!“ gut auf­ge­ho­ben, denn hier gebe ich Tipps, ob Leserfotos den Ansprüchen und Erwartungen von Bildagenturen genü­gen würden.

Dieses Mal hat mich Martin F. aus Düsseldorf kon­tak­tiert. Er schrieb unter anderem:

Hallo Robert, auch ich möch­te Dir hier­mit erst mal für Deinen tol­len Blog, Deine Offenheit zu Deiner Arbeit und für Dein Buch dan­ken! Als ich mich das ers­te Mal so rich­tig mit dem Thema Stockfotografie beschäf­tig­te, war ich über­rascht, wie offen alle guten Fotografen mit ihrem Job und auch ihrem Verdienstes umge­hen. Erstaunlich!
[…]
Stockfotografie ist mir schon seit Ewigkeiten bekannt und nun wäre es für mich eine Überlegung, ob sich eine Doppelgleisigkeit loh­nen wür­de, also „nor­ma­le“ Fotojobs und die Stockfotografie. […]

Für mich wäre die Stockfotografie eine Art Brot-​und-​Butter Einnahme, denn ich den­ke, gera­de wenn am Anfang das Portfolio noch nicht so dick ist, soll­ten die Fotojobs das rich­ti­ge Geld rein­brin­gen und die Stockfotos eher „on top“ sein. Wie siehst Du das? Macht das Sinn oder ist das ein Denkfehler? […]
Am letz­ten Wochenende haben mei­ne Frau und ich mal einen ers­ten Test bzgl. Stockfotos gemacht. Sie hat die Büroangestellte gespielt und wir haben ver­schie­de­ne Büro-​Szenarien durch­ge­ar­bei­tet. Dabei kamen rund 10 Fotos glei­cher Qualität, glei­chen Looks, aber unter­schied­li­cher Aussagen heraus. […]
Würde die Qualität aus­rei­chen? Freisteller, Auflösung, Bearbeitung, etc? Hast Du noch Tipps? […] Bis bald, Martin“

Wollen wir mal schau­en, wie sei­ne Fotos aussehen:


Beginnen wir mit dem Foto eines Stromkabels auf dem Boden. Ein unspek­ta­ku­lä­res Foto, was tech­nisch jedoch gut umge­setzt wur­de und – viel wich­ti­ger – eine kla­re Aussage hat: Strom, Elektrizität, Renovierung, Gefahr, Stromschlag. In der obe­ren Hälfte ist Platz für Text, wo bei­spiels­wei­se eine Versicherung oder ein Elektriker für sei­ne Dienste wer­ben könn­te. Verbessert wer­den könn­te viel­leicht noch das Kabelende, wo sich eini­ge der Enden hin­ter dem roten Kabel ver­ste­cken. Die hät­ten vor dem Fotografieren etwas auf­ge­bo­gen wer­den kön­nen, um bes­ser sicht­bar zu sein. Insgesamt jedoch ein gutes Stockmotiv.


Treppen sind ein gern gese­he­nes sym­bo­li­sches Motiv in Bildagenturen, weil sie Aufstieg, Karriere oder Zukunft ver­sinn­bild­li­chen kön­nen. Das Motiv ist auch sym­me­trisch foto­gra­fiert. Der Vorteil die­ses Bildes ist jedoch auch sein Nachteil: Der über­strahl­te Himmel bringt das Bild zum Leuchten, was für die Bildwirkung gut und wich­tig ist. Jedoch sehe ich schon die über­ar­bei­te­ten Bildredakteure vor mei­nem inne­ren Auge, die nur kurz regis­trie­ren „Himmel und Leuchtstoffröhre über­strahlt, Magentastich am Ausgang“ und auf „Ablehnen“ kli­cken. Der Farbstich könn­te mit einer Entsättigung des Bildes kor­ri­giert wer­den, gegen die Überstrahlung wür­de nur ein HDR helfen.


Fotos wie von die­ser Steinwand wer­den von Designern ger­ne als Hintergrund oder als Material für Fotomontagen genutzt. Jedoch sind die­se Fotos auch sehr ein­fach zu machen und ent­spre­chend häu­fig sind sie schon in Bildagenturen vor­han­den. Für das eige­ne Bildarchiv als Layout-​Material sicher hilf­reich, reich wird man mit sol­chen Motiven jedoch nicht.


Ein Steg am spä­ten Nachmittag? Es klingt hart, aber das Foto ist weder tech­nisch beson­ders gut noch als Stockfoto zu gebrau­chen. Die Schatten sind abge­sof­fen, eine Aussage schwer zu erken­nen und ins­ge­samt zu düster.

Eine kaput­te Glühbirne gäbe an sich ein gutes Konteptfoto ab. Hier jedoch nimmt der stei­ni­ge Untergrund und gra­si­ge Hintergrund fast mehr Aufmerksamkeit in Anspruch als die Glühbirne, wes­halb es sich kaum ver­kau­fen wird. Als Freisteller hät­te es Chancen, so lei­der nicht.


Machen wir eine klei­ne Übung: Was für eine Aussage könn­te die­ses Bild haben und wel­che Hinweise gäbe es dafür auf dem Foto? Ich sehe ein Paar, was sich gegen­über steht, der Mann mit ver­schränk­ten Armen, aber zumin­dest einem leich­ten Lächeln im Gesicht. Die Distanz ist zu groß, um Nähe oder Geborgenheit zu zei­gen, aber nicht groß genug, um Kommunikationsprobleme anzu­deu­ten. Für Ärger oder Streit schaut der Mann zu zufrie­den, für Liebe wie­der zu weit aus­ein­an­der. Ihr seht, es ist schwer, das Foto klar ein­zu­ord­nen, des­halb wird es auch kaum Käufer fin­den. Dazu kommt als stö­ren­des Detail, dass die Schleife am Rücken der Frau zu sehr die Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Zwei Bungee-​Jumper vor einem Wolkenhimmel als Silhouette. Der Himmel ist sehr foto­gen und Silhouetten von Personen sind bei Bildkäufern gern gese­hen, weil sie anonym sind und sich der Kunde so bes­ser in die gezeig­te Person rein­ver­set­zen kann. Grundsätzlich also ein gutes Stockfoto, was jedoch wie­der in den Details abfällt. Zum einen ver­schmel­zen die bei­den Personen, was ungüns­tig ist. Hier hät­te viel­leicht eine ande­re Position Abhilfe schaf­fen kön­nen oder der Fotograf hät­te war­ten kön­nen, bis nur eine Person springt, falls das mög­lich gewe­sen wäre. Störender noch ist aber der dunk­le Bildrand oben, denn wer mit so einem Foto Freizeit-​Spaß und Amüsement illus­trie­ren will, möch­te kei­ne düs­te­ren Wolken oben haben. Ganz unten links schaut auch noch ein Kabel o.ä. ins Bild, was sich immer­hin schell retu­schie­ren ließe.


Die Rheinkniebrücke und der Rheinturm in Düsseldorf bei Nacht. Insgesamt ein soli­des Stockmotiv für Reiseführer oder Tourismus-​Webseiten. Voraussetzung ist – was ich in der Größe nicht erken­nen kann -, dass das Bild in der 100%-Ansicht nicht zu ver­rauscht ist und kei­ne Markennamen (zum Beispiel auf dem Hochaus rechts neben dem Brückenpfeiler) zu erken­nen sind.

Das ist eins der Fotos, die oben in der Mail erwähnt wur­den: Wütende Geschäftsfrau am Schreibtisch. Insgesamt sicher ein brauch­ba­res Motiv. Was jedoch etwas stö­rend ist, sind die Tischkanten an bei­den Seiten. Ich habe den glei­chen Tisch als Requiste, da er als Tapeziertisch klapp­bar und trans­por­ta­bel ist, aber des­we­gen muss bei der Komposition sorg­fäl­tig auf die Ecken geach­tet wer­den. Ich dra­pie­re ent­we­der ande­re Requisiten dar­auf oder erwei­te­re den Tisch mit Photoshop.

Bei die­sem Foto der gestress­ten Geschäftsfrau ist das gut zu sehen: Beide Schreibtischecken sind dezent ver­deckt. Die Handhaltung fin­de ich die die Mimik der gestress­ten Frau etwas unpas­send, aber es gibt sicher genug Käufer, denen das egal ist. Störend wirkt etwas der rechts abge­schnit­te­ne Aktenordner.

Was sagt ihr zu den Fotos? Teilt ihr mei­ne Meinung oder habt ihr ande­re Favoriten?

Wer von mir auch kos­ten­los Tipps haben will, ob sei­ne Fotos “stock­taug­lich” sind, kann ger­ne eben­falls mitmachen.

Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kur­ze Mail, in der ihr Euch vor­stellt, z. B. wie lan­ge ihr Fotos macht, mit wel­cher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos ver­kauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-​Branche vorhabt.
– Wenn ich aus­rei­chend Zeit habe für Bildbesprechungen, bit­te ich Euch, mir 5–10 Bilder in klei­ner Auflösung (ca. 600×800 Pixel) zu schicken.
– Diese wer­de ich dann in einem Blogbeitrag wie die­sem ver­öf­fent­li­chen (auf Wunsch auch anonym) und mei­ne Kommentare abge­ben aus Business-​Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, son­dern wie ver­käuf­lich das Foto sein könn­te oder wie es ver­käuf­li­cher gemacht wer­den könnte.

7 Gedanken zu „Pimp My Stock! Bildbesprechungen von Stockfotos 15“

  1. Interessant und gut nach­voll­zieh­ba­re Bildkritiken.

    Das Treppenfoto dürf­te auch unver­käuf­lich sein, weil die Symmetrie nicht sau­ber umge­setzt wur­de. Das Treppengeländer endet links etwas tie­fer. Die Einfassung der Treppenstufen ist in der rech­ten unte­ren Bildecke fast dop­pelt so hoch wie links und das Fugenbild an den Wänden ist auch nicht sym­me­trisch. Vermutlich wur­de das Foto nicht exakt von der Mitte der Treppe, son­dern von einem Standort rechts neben der Mitte aufgenommen.

    Die Fotos wur­den mit Kameras geschos­sen, die Profis eher sel­ten ver­wen­den (Sony Cybershot R1, Sony A100). Einige behaup­ten, das via EXIF-​Daten erkenn­ba­res Amateur-​Equipment zu erhöh­ten Ablehnungsraten bei Stock-​Agenturen führt. Sollte man dann die EXIF-​Daten bes­ser mani­pu­lie­ren (Leica S2 😉 oder löschen ?

  2. @Guido
    Das ein Foto unver­käuf­lich ist, kann man nicht pau­scha­li­sie­ren. Sicherlich sind eini­ge tech­ni­sche Punkte bes­ser rea­li­sier­bar. Dennoch kann es bei Agenturen Verkaufschancen haben, sofern kei­ne bes­se­ren oder gar kei­ne Alternativfotos vor­han­den sind.

    Ich gebe dir inso­fern recht, daß die Verkaufschancen gerin­ger sind, wenn man es bes­ser machen könnte.
    Aber des­we­gen ist ein Foto nicht unverkäuflich.

    Das Fotos mit den von dir genann­ten Fotoapparaten gerin­ge­re Annahmequoten haben liegt nicht an der EXIF oder an den mut­mass­li­chen Nicht-​Profifotografen. Dies liegt wohl meist am man­geln­den RAW-​Dateiformat. Wer Bilder in JPG macht, ver­liert bereits durch die Komprimierung an Qualität. Korrekturen sind im Vergleich zum RAW nur im gerin­gen Umfang mög­lich und eben­falls mit sicht­ba­ren Qualitätsverlusten verbunden.

    Kleiner Tipp wer nur in JPG foto­gra­fie­ren kann. Das JPG in maxi­ma­ler Qualität und danach mit Photoshop oder ähn­li­chem Programm erst ein­mal in TIFF umwan­deln und in TIFF ohne Qualitätsverluste bear­bei­ten. Nach der Optimierung kann man es für Stockagenturen wie­der in JPG umwan­deln. So ist der Qualitätsverlust am gerings­ten und die Aufnahmechancen wer­den erhöht.
    MFG
    Bernd

  3. @Bernd

    Zu dei­nem Tipp mit dem TIFF umwandeln:

    Es macht natür­lich Sinn, sei­ne bear­bei­te­ten Bilder in TIFF (oder PSD) zu archi­vie­ren, damit man die spä­ter wie­der mal öff­nen und ohne Qualitätsverlust neu bear­bei­ten kann. Aber wenn du ein JPEG im Photoshop öff­nest, ent­steht kein Qualitätsverlust mehr, bis zur erneu­ten Speicherung als JEPG, also die Bilder VOR der Bearbeitung in TIFF umzu­wan­deln oder ähn­li­ches bringt über­haupt nix.

  4. @Bernd:
    Getty hat zum Stichwort „Treppe“ über 6.000 Fotos, Fotolia noch mehr. Es ist unrea­lis­tisch anzu­neh­men, dass es bei so einem Motiv an Alternativen mangelt. 

    Beide Kameras bie­ten RAW-​Format, das ist nicht der Punkt. Wenn anhand der EXIF-​Daten Amateur-​Equipment erkenn­bar ist, dann könn­te das beim einen oder ande­ren Bildredakteur zu Voreingenommenheit füh­ren: Amateur-​Equipment = Amateur = beson­ders feh­ler­be­haf­te­te Fotos.

    Wie cmon schon schriebt ist der Tipp mit der TIFF-​Umwandlung sinnlos.

  5. Hallo Zusammen,
    ich, als der Fotograf der oben zu sehen­den Bilder, mel­de mich hier­mit auch mal zu Wort. Erst mal vie­len Dank an Robert für sei­ne aus­führ­li­che Bildbesprechung. Ich freue mich, dass ich nicht ganz dane­ben lie­ge 😉 Aber natür­lich ist noch Luft nach oben. Die Fotos stam­men auch aus mei­nem Fundus und sind, bis auf die bei­den „gestell­ten“ Fotos mit dem Modell, rei­ne „so mach ich halt Fotos“-Fotos. Bei einer Durchsicht eben die­ser Fotos mein­te ich aber erkannt zu haben, dass Stock-​Verkaufs-​Potential drin steckt. So ganz falsch lag ich wohl nicht.

    Nun zu den Kommentaren: Also wenn ein Mitarbeiter eines StockMarketAnbieters ein Fotos ablehnt, nur weil es nicht mit einer 5.000 Euro Kamera geschos­sen wur­de .. dann will ich mit denen auch nix zu tun haben 😉 Meiner Meinung nach muss das Motiv gut sein und etwas aus­sa­gen und halt grund­sätz­lich die tech­ni­schen Voraussetzungen erfül­len. Dann soll­te es eigent­lich völ­lig Pumpe sein, wel­cher Apparat oder wel­ches Objektiv genutzt wur­de. Wenn das den­noch tat­säch­lich ein Problem sein soll­te, dann fänd ich das ziem­lich … arm?! Nicht der Apparat macht das Foto, son­dern der Fotograf. Da soll­ten eher die Motive zäh­len, nicht die Technik. Aber das ist nur mei­ne Meinung.

    Natürlich bear­bei­te ich nur die RAW-​Fotos (bei Sony total schlau: ARW statt RAW) und spei­che­re als PSDs zwi­schen. Erst zum Schluss wird ein JPG draus, wenn zwin­gend nötig. Aber Robert woll­te (logi­scher­wei­se) JPGs haben. Die RAWs oder PSDs sind ja viel zu fett.

    Den Hinweis mit den Tischkanten von Robert neh­me ich dan­kend an (und hat­te es mir schon gedacht). Ich werd auch in Zukunft nicht mehr mit so Gitter-​Objekten (Ablagefächer und Stifthalter) arbei­ten. Das sind dann so Dinge, die einem erst auf­fal­len, wenn man Photoshop auf­macht und dann gern in die Speicherkarte beißt („Neeein. Warum hab ich das nur gemacht?“) 😉 Man lernt halt dazu und es war mein ers­tes Mal 🙂

    Also, Danke noch­mal an alle und bes­te Grüße,
    Martin

  6. Wir haben vor etwa 1 Jahr eini­ge Bilder bei Fotolia ein­ge­stellt. Die Fotos, wo wir erwar­tet hät­ten, dass sie ganz bestimmt Abnehmer fin­den wür­den sind unter 10 Downloads geblie­ben und eini­ge der Motive, die wir für qua­li­ta­tiv schlecht hiel­ten, eigent­lich über­haupt nicht anbie­ten woll­ten, sind zum klei­nen Renner gewor­den. Sicherlich auch aus den bereits genann­ten Gründen. In der Zwischenzeit haben wir uns nicht mehr mit dem Thema befasst, sind aber am Ende des Jahres wie­der mit neu­er Kraft dabei, da wir einen wei­te­ren Mitarbeiter haben, der sich ganz der Stockfotografie ver­schrei­ben wird. Vielen Dank für die­se vie­len Informationen zu die­sem Thema. Ein lie­ber Gruß aus Köln, dirk baumbach

  7. Ich woll­te kurz auf die Mimik der „Geschäftsfrau“ ein­ge­hen. Diese ist für mich – anders als Robert das sieht – beim ers­ten Bild nicht ein­deu­tig als wütend zu inter­pre­tie­ren. Ich habe eine Freundin, die genau­so aus­sieht, wenn sie anfängt zu lachen und auto­ma­tisch habe ich gedacht, dass die Person eine freu­di­ge Nachricht auf ihrem Telefon vor­ge­fun­den hat. Bei bei­den Fotos sperrt sie für mein Empfinden auch den Mund etwas zu weit auf – so ist es bei­de Male nicht ein­deu­tig einer Emotion zuzu­ord­nen. Kleider und Frisur dage­gen sind gelungen.

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