Es gibt wieder was zum Pimpen! Joachim Opelka hat mich gebeten, in der zwölften Folge von „Pimp My Stock!“ mal seine Fotos unter die (Stockfotografie-)Lupe zu nehmen. Kein Problem.
Aber zuerst stellt Joachim sich kurz vor:
„Ich fotografiere seit ca. 15 Jahren „ernsthaft“. Habe sporadisch ca. 1 mal im Jahr ein paar Aufnahmen an den MEV-Verlag, Augsburg verkauft.
Seit Jahresbeginn beschäftige ich mich intensiv mit Stockfotografie und habe seitdem ca. 1500 Bilder online bei: Panthermedia, Chromorange, Zoonar, Pitopia und Bildmaschine. Das möchte ich intensivieren und weiter ausbauen.
Annahmequote bei diesen ca. 40–50% und die Kommentare sind breitgestreut von „Redaktioneller Tip“ bei Panthermedia bis zur Drohung der Account-Kündigung bei Chromorange (obwohl die bisher schon über 300 Bilder angenommen hatten von mir). Außerdem ca. 100 Bilder bei neuebildanstalt, Hamburg. Diese Bildsprache macht mir eigentlich am meisten Spaß, wird von den anderen Agenturen aber wohl nicht so ganz verstanden?!
Ausrüstung: Bis vor ca. einem Jahr analog: Canon EOS 10, EOS 5, EOS 3, Zenza Bronica SQ-Ai, seitdem digital: EOS 450D, 550D.
Was mir auffällt: Selbst gescannte Dias werden kaum angenommen (Canon CanoScan 8800F).“
Nun zu seinen Fotos:
Eine romantische Kirche vor einem abendroten Himmel, vermutlich mit einem Farbverlaufsfilter aufgenommen (oder in dieser Art digital bearbeitet). Das ist gut, denn ohne diesen Effekt wäre das Foto zu beliebig. Sättigung und Kontrast hätten jedoch noch verstärkt werden können und die grünen Büschel im Vordergrund hätte ich retuschiert. Insgesamt sähe das Foto dann zwar stockfototauglich aus, aber die Konkurrenz an Landschaftsaufnahmen mit Kirchen ist sehr groß und der Bedarf gering.
Das Foto sieht aus wie das Negativ der Silvester-Bestseller mit einem prickelnden vollen Sektglas und knallendem Korken vor schwarzem Hintergrund: Wir sehen den Fuß eines Sektglases und den leeren Metallverschluss vor weißem Hintergrund. Verkaufen wird sich das nicht gut, denn es ist zu schwer zu erkennen, was abgebildet werden soll. Glas auf Weiß ist oft schwierig. Als Symbolbild eignet es sich deshalb nicht.
Vier Bäumstämme liegen im Wald. Unspektakulär. In Folge 07 von „Pimp My Stock“ habe ich schon gesagt, was immer noch gilt: Dieses Motiv gibt es zu oft und die Nachfrage ist kaum vorhanden.
Eine rote Cocktailtomate, gefangen in, äh, hm, ach ja, einem Schneebesen. Das Motiv hat Potenzial, aber wie an einem ersten Satz erkennbar ist, fehlt etwas. Der Bezug könnte schneller hergestellt werden, wenn etwas „weggezoomt“ wird und die Ränder der Stäbe zu erkennen sind. Kombiniert werden könnte das Foto mit anderen Symbolen, die das „Eingesperrtsein“ rechtfertigen, zum Beispiel ein Gentechnik-Aufkleber auf oder eine Spritze in der Tomate.
Das Motiv liegt – im Wortsinn – auf der Hand und ist auch in vielen Varianten umgesetzt worden: Der Schriftzug „Euro“ aus Euro-Cent-Stücken gelegt. Das Foto hier unterscheidet sich durch die veränderte Brennweite, welche zu einem Geschwindigkeitseffekt führt und dem Bild Dynamik verleiht. Dadurch hat das Foto Symbolcharakter (Flüchtige Stärke/Schwäche des Euro), Kaufkraft, etc.). Bei so einem inszenierten Foto wundert es aber, dass die unteren Enden des U und O aus der Reihe tanzen. Auch könnte das Bild mehr Schärfe vertragen und Kontrast vertragen. Es wirkt wie ein Dia-Scan und das wäre auch der Grund, warum diese ungern genommen werden: Selbst mit guten Scannern gibt es trotzdem viele Abbildungschwächen durch die Übertragung in die „zweite Generation“, die bei guten Digitalsensoren heute nicht mehr auftreten.
Ein schlichtes, aber wirkungsvolles Foto. Drei einfache Lorbeerblätter nebeneinander, als Freisteller vor Weiß. Ist gut verkäuflich, könnte aber trotzdem verbessert werden. Zum einen könnte das rechte Blatt mit dem mittleren vertauscht werden, da es kleiner ist und so mehr Symmetrie ins Bild käme. Das Blatt in der Mitte hat am unteren Ende auch einen Fleck, der retuschiert werden sollte. Dann würde das Foto noch besser wirken. Diese Änderungen lassen sich digital auch nachträglich noch gut umsetzen. Zwei weitere empfehlenswerte Varianten wären: Noch mehr Lorbeerblätter, z.B. 4 Reihen x 5 Blätter. Blätter vieler verschiedener Kräuter-/Baumarten nebeneinander. Wichtig ist auch, dass das Foto gut verschlagwortet und die Bedeutung von Lorbeer als Gewürz und Küchenkräuter erwähnt wird.
Eine Peperoni wird von einer Schere zerschnitten. Das soll die symbolische Umsetzung für, na?, richtig: „scharf“ sein. Aber erstens ist die Idee nicht neu und zweitens gibt es viel heißere Aufnahmen dieses Themas. Für die Illustration der schärfsten Peperoni oder Chili-Gerichte der Welt wäre es zu fade und eine andere Verwendung fällt mir bei diesem Motiv nicht ein.
Ein voller Mond strahlt über einem See. Photoshop-Experten könnten aus diesem Foto viel Material für beeindruckende Montagen holen, aber so „roh“ wirkt das Foto leider zu blass. Das liegt einerseits am kippenden Horizont, durch den der See nach rechts auszulaufen scheint und durch das kahle Gestrüpp im Vordergrund, was leider nicht zu der mysteriösen Vollmondstimmung passen will. Je nach Lage vor Ort hätte vielleicht ein Perspektiv- oder Objektivwechsel stimmigere Ergebnisse gebracht.
Drei Würfel auf einem grünen Untergrund. Schlicht, aber technisch gut umgesetzt. Nicht spektakulär, aber für solche einfachen Motive gibt es immer mal Abnehmer. Einzig links am Würfel hätte etwas mehr Platz sein dürfen.
Die professionellen Food-Fotografen sehe ich bei diesem Foto schon heftig mit ihren Köpfen schütteln. Während sie in stundenlanger Arbeit die Zucchinischeiben mit der Pinzette in die richtige Position bringen würden, wirkt hier das Sammelsurium aus Zucchini, Peperoni und saure Gurken (?) beliebig und dahingewürfelt. So wird sich das Foto nicht verkaufen, zumal ich auch kein beliebtes Rezept wüsste, bei der die Hauptzutaten aus dieser Kombination bestünden.
Was sagt ihr? Stimmt ihr der Einschätzung zu?
Wer von mir auch kostenlos Tipps haben will, ob seine Fotos „stocktauglich“ sind, kann gerne ebenfalls mitmachen.
Und so läuft’s:
– Schickt mir eine kurze Mail, in der ihr Euch vorstellt, z. B. wie lange ihr Fotos macht, mit welcher Ausrüstung, ob und wo ihr schon Fotos verkauft und was ihr in Zukunft in der Stockfotografie-Branche vorhabt.
– Wenn ich ausreichend Zeit habe für Bildbesprechungen, bitte ich Euch, mir 5–10 Bilder in kleiner Auflösung zu schicken.
– Diese werde ich dann in einem Blogbeitrag wie diesem veröffentlichen (auf Wunsch auch anonym) und meine Kommentare abgeben aus Business-Sicht. Also eher nicht, ob eine Blume schön ist oder nicht, sondern wie verkäuflich das Foto sein könnte oder wie es verkäuflicher gemacht werden könnte.
– Mit Wartezeit von einigen Wochen ist bis zur Veröffentlichung leider zu rechnen.
Kritisch, ehrlich, subjektiv.
Ich glaub das auslaufende O beim EURO-Bild soll darauf hinweisen das der EURO bröckelt? Zumindest hab ich das so gedeutet.
Habe bei dem Artikel doch sehr geschmunzelt. Ich kann alle deine Kommentare nachvollziehen, insbesondere auch was die „Beliebigkeit“ von Objekten angeht. Denn Aussage haben die Bilder nicht…
Hallo! Zunächst vielen Dank, Robert, für die Besprechung. Ich finde es toll, daß Du Dir die Mühe machst und die Zeit nimmst „unsere“ Bilder zu besprechen. Vielen Dank für die Hinweise und Tips!
Danke auch für Euro Kommentare! Das „abgefallene“ O soll wirklich den Zerfall des Euros symbolisieren. Das Bild ist Teil einer ganzen Serie (zu sehen u.a. bei Zoonar, Bildmaschine, Pitopia, Chromorange,…)
Der Vollmond ist übrigens eine Doppelbelichtung auf Dia-Material aus Analog-Zeiten.
Würde mich über weitere Kommentare freuen!
Joachim