Anzug, Kittel und Farbfehler

Bei mei­ner letz­ten Fotosession wäre wie­der ein Mann im bes­ten Alter bei mir zu Gast im Studio.  Ansonsten eher hob­by­mä­ßig hin­ter der Kamera zugan­ge, macht er auch vor der Kamera einen guten Eindruck.

Ich fin­de, das liegt vor allem dar­an, dass er beruf­lich oft im Anzug und im Kittel unter­wegs ist und des­we­gen weiß, wie man rich­tig eine Krawatte bin­det, dass ein Hemd gebü­gelt wer­den muss und so weiter.

Übrigens kann ich hier mal den Nutzen von einem Nachrichtendienst wie Twitter demons­trie­ren. Ich woll­te eini­ge Architektenfotos machen und wuß­te, dass es die­se wei­ßen Helme im Baumarkt zu kau­fen gibt. Jedoch hat­te ich kei­ne Ahnung, wie die­se Rollen hei­ßen, in denen die Baupläne trans­por­tiert wer­den und wo ich sie bekä­me. Nach einem Tweet an mei­ne Follower bekam ich paar Minuten spä­ter hilf­rei­che Antworten (dan­ke noch mal an @foto­lehr­gang @pao­pho­to @BitteeinBit). Die Dinger hei­ßen Köcher oder Transportrollen und ich kauf­te eine im Laden für Künstlerbedarf.

Selbst der Kittel war akku­rat gebü­gelt (sie­he Bügelfalte am lin­ken Arm) und für den Taschenrechner hat­te ich schon vor lan­ger Zeit nach­ge­fragt, ob das Design geschützt sei.

Aufmerksam wur­de ich auf den Mann in der Model-​Kartei, wo er auf sei­nen Bildern vor allem eben­falls mit Kittel und Anzug posier­te. So konn­te ich mir gleich gut vor­stel­len, dass er in die­se Rollen gut reinpasst.

Das Foto ist übri­gens eins der Lieblingsfotos der Serie des Models. Leider war das Hemd kei­ne gute Wahl, weil die Streifen wider Erwarten etwas zu dünn sind und damit eine Art Moiré-​Effekt erzeu­gen. Hier ein anschau­li­ches Beispiel:

In der klei­nen Version ist sicht­bar, wie die Linien ein neu­es, uner­wünsch­tes Muster erzeu­gen. Das pas­siert manch­mal, wenn das Bild nicht auf eine Endgröße neu berech­net wird, son­dern ein­fach pro­zen­tu­al ver­klei­nert wird. Bei den Bildagenturen wer­den die klei­nen Vorschaubilder immer neu berech­net, da ist das kein Problem, aber allein das mög­li­che Auftreten sol­cher Muster zeigt, dass das Muster immer noch zu „wild“ und für die Augen ablen­kend ist.

Wo wir gera­de bei Bildfehlern sind: Ich bin nicht per­fekt und erzeu­ge – vor allem bei dunk­len Anzügen – manch­mal Farbfehler auf dem Stoff. Das sieht dann unge­fähr so aus:


Seht ihr das Blau und Orange, wo es auf dem grau­en Anzug nicht hin­ge­hört? Woran könn­te das lie­gen? Unter Studiobedingungen soll­te sowas eigent­lich nicht vor­kom­men. Ich ten­die­re dazu, es auf her­um­schwir­ren­des Streulicht zu schie­ben, bin mir aber nicht sicher. Deswegen möch­te ich die Chance nut­zen, Euch Leser um Rat zu fra­gen. Was meint ihr? Unter wel­chen Bedingungen sind bei Euch ähn­li­che Fehler auf­ge­tre­ten und wie ver­mei­det ihr sie (also nicht nach­träg­lich in Photoshop besei­ti­gen, son­dern vor der Aufnahme)?

Details zum obi­gen Bildausschnitt, falls das wich­tig sein sollte:
Kamera: Canon 5D Mark II
Objektiv: Canon 24–105mm bei ca. 60mm genutzt
Blende: f/​10
Belichtungszeit: 1/​160s
Blitz: Studioblitz Ocotobox von vor­ne rechts, Reflektor von links, 3 Blitze im Lastolite-​Hilite von hinten
RAW-​Entwicklung mit Capture One

Vielen Dank schon mal. Vielleicht krie­gen wir das läs­ti­ge Problem ja gelöst. Ich freue mich auf Eure Tipps.

20 Gedanken zu „Anzug, Kittel und Farbfehler“

  1. Ich hal­te die „Farbfehler“ für Moirés.
    Vermutlich hat­te der Anzug ein sehr fei­nes Muster. Manchmal reicht dafür sogar die Struktur des Stoffes.
    Diese Farbfehler soll­ten sich daher aus­schließ­lich in der Schärfeebene fin­den lassen.
    Eine groß­zü­gi­ge Weichzeichnung des Chrominanz-​Kanals in den betrof­fe­nen Bereichen(z.B. mit Neatimage oder dem „Wavelet Denoise“ in Gimp) soll­te das Problem lösen.

  2. Solche Farbmuster im dunk­len kenn ich nur als Farbrauschen der Kamera (selbst bei nied­ri­ger ISO), das hat bei mir mit der D700 gewal­tig abge­nom­men, bei den vor­he­ri­gen Kameras war das oft sichtbar.
    Bin gespannt, ob jemand dazu mehr weiß.

  3. Diese Farbmuster sind m.E. auch ein Moiré-​Effekt. Die fei­ne Struktur des Stoffes inter­fe­riert hier mit dem Schachbrett des Aufnahmechips. Da das Moiré abhän­gig von der Schärfe und dem Winkel ist, sieht man es an eini­gen Stellen, an ande­ren dafür nicht. Wäre es ein Beleuchtungsproblem, dann müss­te es über­all sicht­bar sein, bzw. auch auf jedem Bild vor­han­den sein. 

    Verstärkt wird das Problem, weil dunk­le Bereich eher zum Rauschen tendieren.

  4. Schöne Streifen!
    Und ein guter Test für jeden Monitor 😀

    Um die Sache ein­zu­krei­sen, müß­te man die Aufnahme-​Situation nach­stel­len, und Stück für Stück untersuchen.
    Ich tip­pe mal auf 2 mög­li­che Ursachen.
    A: Der Anzug zeigt unter Einsatz dei­nes Blitzes sei­ne wah­re, strei­fi­ge Oberfläche. Und es liegt am Material und/​oder sei­ner Verarbeitung(?).
    B: Taucht der Fehler auch bei ande­rem Material auf ist es eher eine Schwäche des Kamera-​Sensors und/​oder in der RAW-Konvertierung(?).

  5. Ich hal­te es eben­falls für einen Moiré-​Effekt, der durch die Struktur des Stoffes und eine ungüns­ti­ge Kombination von Stoffstruktur und Abbildung auf den Pixeln des Sensors ver­stärkt wird. LG

  6. Sieht für mich nach einer Kombination von Farbrauschen und Moiré aus. In dun­kelen Bereichen fällt Rauschen eher auf und das ver­stärkt man noch, wenn die dunk­len Bereiche nach­träg­lich auf­ge­hellt wer­den. Abhilfe? Etwas reich­li­cher belichten/​ausleuchten. In der aktu­el­len c’t Digitale Fotografie 03/​10 ist ein aus­führ­li­cher Bericht zum Thema Bildrauschen.

  7. Klar ist das eine Art Moiré-​Muster, aber das sieht nicht wie nor­ma­les Farbrauschen aus, und im Stoff ist das Muster ganz sicher nicht.
    Ich tip­pe in die­sem Fall auf Streueinwirkungen von Senderantennen in der Umgebung, z.B. von draht­lo­sen Blitzsystemen. Die Canon 5D eines Bekannten hat­te unter Einsatz bestimm­ter Blitz-​Trigger genau sol­che Muster ins Bild gebracht. Insbesondere Canon-​Kameras schei­nen fuer sol­che Fehler sehr anfael­lig zu sein (konn­te es mit Nikon und Sony-​Kameras nicht rekonstruieren).

  8. Das feh­ler­haf­te Muster ist sehr wahr­schein­lich nicht durch fal­sche RAW-​Belichtung ent­stan­den, wie in einem der obe­ren Kommentare bemerkt. Das Belichtungsproblem wür­de sich durch deut­lich sicht­ba­re Tonwertabbrüche bemerk­bar machen und die sehe ich hier nicht. Eine Überbelichtung its bei RAWs zwar ange­bracht, aber ich den­ke nicht, daß es hier dar­an liegt. 

    Ein Moiré wäre mög­lich, ich wür­de aber erst­mal rein software-​technische Probleme aus­schlie­ßen. Das heißt in die­sem Fall: schmeiß das Bild mal in eine ande­re RAW-Software.

    Zweites und viel ekla­tan­te­res Problem (da nicht schnell in Photoshop kor­ri­gier­bar) stel­len jedoch die farb­lich kom­plett ver­fälsch­ten Kanten dar. Deine Schattierungen an den Kanten sind rötlich-​gelb ver­färbt. Das führt zu einer kom­plet­ten Verfärbung der Haare und die Reflexion des Hintergrundlichts auf den Stoff des Anzugs ver­färbt die­sen eben­falls. Gleiches gilt für die Reflexe des Hintergrundlichts auf den Wangen.

    Weiterhin könn­te es sein, daß die Kamera bei 1/​160 evtl. nicht mehr kor­rekt syn­chro­ni­siert. Die Erfahrung habe ich bei meh­re­ren Canon-​Kameras und Verbindung mit unter­schiel­di­chen Blitzanlagen gemacht, selbst über Synchro-​Kabel. Teste das mal aus, bei 1/​160 hat­te ich meis­tens eine mini­ma­le Schattierung im unte­ren Bildbereich (beim Querformat), bei 1/​125 war die dann nicht der da. Ob’s bei der 5DMKII eben­falls so ist, weiß ich jedoch nicht.

    Weiterhin soll­test du an den Hauttönen arbei­ten, die sind nicht schön anzusehen.

    P.S.: viel­leicht könn­te mir ja jetzt einer mal erklä­ren, wor­in bei Robert’s Lichtaufbau (Softbox vor­ne, 3 Lampen durch­leuch­ten Stofftuch hin­ten) die Komplexität besteht? Schließlich wur­de es ja im letz­ten Posting als „belei­di­gend“ emp­fun­den, als ich anmerk­te, daß ein Assi dabei nichts lernt und ger­ne einen Tag umsonst arbei­tet… Ich sehe hin­ge­gen eini­ge Probleme in den Bildern, die ich oben auch teil­wei­se ange­spro­chen habe (Farbränder, Hauttöne). Mal davon age­se­hen, daß Männer mit Cremetupfer auf der Nase mehr als selt­sam aussehen…

  9. @alle: Danke für Eure ers­ten Tipps. Ich wer­de hof­fent­lich in den nächs­ten Wochen mal dazu kom­men, eine Versuchsreihe zu machen.
    Um den Fehler etwas ein­zu­gren­zen: Das Problem taucht nicht auf jeder Aufnahme auf, auch nicht bei jeden Anzug-​Fotos. Es stimmt, meist ist es nur bei den Bildern, bei denen der Anzug rich­tig scharf ist.

    @tomtomtom: Ist es mal gut? Wer behaup­tet denn, dass man bei einem Fotoshooting nur etwas über Beleuchtung ler­nen könn­te? Es gibt genug High-​Class-​Fashion-​Fotografen, die von vor­ne oben ein Beauty-​Dish zün­den und fer­tig. Auch die berühm­ten Promi-​Portraits von Platon sind meist nur mit einer Softbox direkt von vor­ne und Weitwinkel-​Objektiv (plus ggf. ein Hintergrund-​Licht) entstanden.

  10. Ich wei­se dich auf die Probleme hin, die in mei­nen Augen durch dei­nen Lichtaufbau, dei­ne „Studio„umgebung und evtl. durch unter­schied­li­che Blitzköpfe ent­ste­hen (drei Gründe für die Farbverschiebungen und die mie­sen Hauttöne – was jeweils zutrifft, ist ohne genaue­re Beschreibung der Aufnahmesituation nur schwer festzustellen).

    Aber du kannst offen­sicht­lich mit den far­bi­gen Reflexionen leben. Dann habe ich nichts gesagt.

  11. ok, dann gibt’s noch einen kos­ten­lo­sen Tip oben­drauf: wenn du C1 benut­zen möch­test, soll­test du dir mal ein eige­nes Profil für dei­ne 5DMKII erstel­len, denn die Hauttoninterpretation in C1 ist, was Canon RAWs angeht, noch immer sub­op­ti­mal. Wenn du auf Anhieb bes­se­re Hauttöne haben willst, lad‘ dir die 30-​Tage-​Testversion von Lightroom run­ter. Erstens sind da von Haus aus bes­se­re Profile für Canon dabei und zwei­tens ist eine eige­ne Profilierung bei Bedarf deut­lich schnel­ler und ein­fa­cher durch­zu­füh­ren. Neben dem deut­lich ver­bes­ser­tem Workflow war das der zwei­te Grund, war­um ich C1 nicht mehr nutze.

  12. Der gesuch­te Effekt ist ein Moirepattern. Das hier gezeig­te ent­steht aus der Überlagerung des Anzugmusters und des Musters des Bayer-​Filters, daher die hüb­schen 🙂 und regel­mäs­si­gen Farbmuster.(*)
    Mir ist kei­ne qua­li­ta­tiv akt­zep­ta­ble Methode zur nach­träg­li­chen Entfernung bekannt. Falls es gross­flä­chig stört hilft wahr­schein­lich nur eine Veränderung des Aufnahmemasstabs (oder den Stoff etwas abseits der Schärfeebene zu legen).

    Sehr lesens­wer­ter Blog übri­gens. Danke!

  13. Was die Hauttöne angeht, kann ich 3*Tom nur zustim­men. Da ist irgend­was ver­murkst. Das trifft aber auf die meis­ten Deiner wei­ßen Freisteller zu. Bei den „nor­ma­len“ Hintergründen (inkl. Grau) sehen die Hauttöne gut aus. Bei den wei­ßen Freistellern sind auch die Übergänge an den Haarspitzen mit Fehlfarben versehen.

    Für das Farbproblem auf dem Anzug: Wenn Du die o.g. wahr­schein­li­che­ren Ursachen aus­ge­schlos­sen hast, kannst Du ja mal Vergleichsfotos mit /​ ohne UV-​Filter machen. Du bist ja beken­nen­der UV-​Filter-​Fan. Ich nut­ze die Dinger inzwi­schen über­haupt nicht mehr, weil sie immer wie­der schwer eru­ier­ba­re Probleme verursachen.

    Viele Grüsse vom Wannsee,

    Sebastian

  14. Robert hast du die Fotos auch direkt in JPG par­al­lel dazu gemacht, wenn ja tritt der Blau Orange Effekt auch da auf?
    Es wäre gut wenn du Vergleichsfotos hät­test die du mit einem ande­ren Objektiv gemacht hast.
    Zu Bedenken gebe ich auch das gera­de in Anzugsstoffen ger­ne Garne ver­wen­det wer­den, die ein Farbspektrum auf­wei­sen wel­ches für das blos­se Auge nicht sicht­bar sind, für die Kamera sehr wohl.
    Gerade die­se mit oti­schen Aufhellern ver­se­he­nen Fasern reagie­ren auf Blitzlicht mit teil­wei­se selt­sa­men Farben.
    Bestes Beispiel war die erhöh­te Rotempfindlichkeit von Sony CCD Sensoren die z.B. auch in der D‑70 /​ D‑70 S ver­baut wur­den und Schwarze Herren Sakkos in einem röt­li­chen Schwarz erzeugten.
    Skurril fin­de ich das man­cher Blogleser meint er kön­ne in sei­nem Web Browser den Hautton so beur­tei­len als hät­te er das Foto im Original in Photoshop geöffnet .….… 😉

    Gruß Frank

  15. @Frank:

    Die JPGs spei­che­re ich nur als 5MP-​Version, aber auch da lässt sich leicht der Farbfehler sehen. Demnach scheint es wohl kein RAW-​Umwandlungsproblem zu sein.

  16. @Frank: skur­ril? Was ist skur­ril dar­an, einen Browser, der Farbprofile lesen und inter­pre­tie­ren kann, zu benut­zen und sich dann an einem kali­brier­tem Eizo ein Urteil über die Farben zu erlau­ben? Nur weil der IE und/​oder Windoof das nicht kann, heißt es ja nicht, daß es nicht geht. Und wenn Fehler auf­tre­ten soll­ten, liegt’s dann defi­ni­tiv an der JPG-​Umwandlung und nicht an der feh­ler­haf­ten Darstellung durch den Browser.

    Aber, ich bin ja Kreativer, mei­net­we­gen – dann bin ich eben skur­ril. Gehört ja auch ein wenig zum Geschäft.

  17. @ 3tom:
    du regst dich echt schlimm auf mit que­ren Argumenten.
    Das Web kann man nicht kali­brie­ren, egal wel­chen Browser du benutzt oder wie teu­er dein MAC und Monitor waren! Farbmanagement fin­det immer nur inner­halb eines Systems statt, z. B. Zwischen einem Rechner und den ange­schlos­se­nen Geräten wie Kamera, Scanner und Drucker, manch­mal auch zwi­schen Betrieben (z.B. Agentur, Litho, Verlag, Druckerei). Die Anwendung von Farbprofilen wie Adobe-​RGB sind nur für den Austausch bestimmt. In der Praxis heißt das, eine Druckerei könn­te damit ja wenig anfan­gen bzw. für nichts garan­tie­ren, da immer­noch „RGB“. usw.

  18. @ ane­mo Thx !! 😉
    @ 3tom .… ich habe auch einen Hardwarekalibrierten Eizo, den­noch wür­de ich einen Teufel tun eine ver­bind­li­che Aussage bezüg­lich der Farben zu machen, indem ich sie mir im Mozilla/​Firefox /​ Safari oder was auch immer anschaue.
    Ansonsten emp­feh­le ich dir dei­nen Ton etwas zu dämp­fen, sach­li­che Kritik ist OK, aber bei dir kommt nur Frust rüber.

    BTT Frank

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