In meinem Postfach gab es wieder eine Frage:
„Bevor ich wirklich anfange, meine Bilder ins Internet zu stellen (zaghafte Versuche gab es bereits), habe ich mir überlegt eine ABC-Analyse zu machen. Da kommt wohl der Wirtschaftswissenschaftler in mir durch. Das bedeutet, dass ich meine Bilder in exzellente (A), gute (B) und mittelmäßige © Fotos bei der Auswahl klassifizieren möchte. Meine Strategie soll so aussehen, dass ich natürlich mit den wenigen sehr guten Aufnahmen, hohe Preise erzielen möchte. Also würde ich die gerne Makrostockagenturen anbieten, wo der Preis höher ist. Welche Agenturen kannst du empfehlen? Welche Erfahrungen hast du mit (herkömmlichen) Makrostockagenturen sammeln können? Die B‑Fotos würde ich dann bei Mikrostockagenturen hochladen. Die mittelmäßigen Fotos hingegen würde ich einer Agentur anbieten, die fast alle Fotos akzeptiert. Welche Agentur könntest du mir da empfehlen? Oder findest du diese Vorgehensweise nicht geeignet? Wenn ja, warum nicht? Meine Bedenken sind nämlich, dass ich sehr hochwertige Fotos mache, die in Makroagenturen ggf. mehr Geld abwerfen könnten. Was meinst du?“
Grundsätzlich finde ich die Entscheidung richtig, zu überlegen, welche Fotos am besten zu welcher Agentur passen würden. Schwierig ist nur die Überlegung, welche Fotos genau das sein sollten. Denn oft sind „exzellente“ Fotos nicht unbedingt die, welche sich bei Makrostock-Agenturen am besten verkaufen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Aspekte, zu berücksichtigt werden müssen. Für mich sind das Fotosession, Aufwand, Motiv und Ertrag.
Fotosession
Wenn ich mit einem Model arbeite und eine Serie von Bildern mache, erübrigt sich die Frage meist, ob sich die Fotos für verschiedene Preisklassen eignen würden, da es vor allem die teureren Agenturen nicht gerne sehen, wenn ähnliche Bilder bei billigeren Agenturen zu sehen sind. Dann bleibt noch die Überlegung, welches Model insgesamt für welche Bildagentur geeignet wäre. Hier neige ich dazu, „sensible“ Themen oder Kinder- und Familienfotos eher den Makrostock-Agenturen zu geben, da die Kontrolle über die Bildnutzung in der Regel größer ist.
Aufwand und Motiv
Man könnte meinen, je größer der Aufwand, desto eher sollten die Fotos zu den teureren Agenturen. Aber so einfach ist es leider nicht. Denn wichtiger ist das Motiv, welches durch den Aufwand entstanden ist. Eine glückliche Familie mit zwei Kindern am Strand oder eine große Gruppe Menschen verschiedenen Geschlechts, Alters und Berufs sind zwei Motive, die sehr aufwändig in der Produktion sind, aber sich wegen ihres generischen Charakters besser bei Microstock-Agenturen verkaufen lassen. Ein eher simples Motiv wie Schimmel im Bad oder eine seltene Obstsorte können bei Macrostock-Agenturen größere Chancen haben, weil die Nachfrage zwar geringer ist, aber dafür der Kunde auch mehr zahlen würde und solche Bilder bei Microstock-Agenturen schwieriger findet.
Ertrag
Kommen wir zu einem ernüchternden Punkt: Die Annahme, dass man bei einer Agentur, die Fotos teurer verkauft, automatisch mehr verdiene, stimmt nicht immer. Klar, der Verdienst pro Verkauf ist immer höher und dreistellige Verkaufssummen habe ich bisher nur bei Macrostock-Agenturen erlebt. Aber: Diese hohen Verkäufe sind viel seltener. Für den Fotograf ist letztendlich entscheidend, was er unter dem Strich pro Bild verdient. Und da gab es vor drei Monaten eine sehr aufschlussreiche Statistik des Fotografen Luis Alvarez, der zeigte, dass sein RPI (Gewinn pro Bild) bei der Microstock-Agentur istockphoto mittlerweile genauso hoch ist wie bei der führenden Macrostock-Agentur Getty Images. Meine eigenen Zahlen sehen ähnlich aus. Die Umsätze bei Macrostock-Agenturen sinken, nicht zuletzt deshalb, weil viele ihre Preise der Microstock-Konkurrenz angepasst haben.
Im Endeffekt ist meine Antwort leider schwammig, aber ich hoffe, dass die Aspekte hilfreich für die eigene Entscheidung sind, die ich keinem abnehmen kann.
Aber vielleicht teilen ja einige Fotografen in den Kommentaren ebenfalls ihre Gründe, wann sie ein Foto als Microstock- oder als Macrostock-Bild verkaufen?
Die unteschiedliche Akzeptanz der Bilder bei den Agenturen sollte man auch noch einbringen.Es kann sein, das bei den Makros nur 40% der Bilder angenommen wird, bei den Micros hingegen bis zu über 80%. Hingegen verkaufen sich die Bilder bei den Makros über einen längeren Zeitraum. Bei den Micros sieht man recht schnell, wenn sich was gut verkauft. Das wird dann geleich mal kopiert. Bei den Makros kommt nicht so flink inflationärer Nachschub daher.
@Robert
Kennst Du Tradebit.de? Hast Du dort auch Bilder eingestellt? Wenn ja, hast Du dort auch schon einmal ein Bild verkauft?
@Trophy: Ich kenne Tradebit, bin da aber nur indirekt, da diese Agentur Partner einer Agentur ist, die ich direkt beliefere. Ich kann aber nicht sagen, ob Verkäufe darüber erfolgt sind oder nicht.
Just my 50 cent:
man kann nicht hundertprozentig sagen, was wo läuft…
Witzig ist allerdings, dass sich meine banalsten Motive bei den Makros am besten verkaufen! (Wie Robert schon sagte…)
Und das nicht nur in kleiner Webauflösung, sondern auch durchaus mal einen A4 oder A3 Print.
Bestätigt sehe ich das auch, wenn ich Zeitschriften durchblättere: „einfache“ Freisteller oder „Schnappschüsse“ stammen sehr häufig von den Makros.
Ich hatte mal eine recht aufwendige Bildserie von Nachtaufnahmen bei sehr günstigen Agenturen (allerdings keine Micros…) – wo sie über ein Jahr Staub ansetzten, häufig angesehen wurden, aber nie verkauft. Frustriert habe ich diese Serie später dann einem Makro-Anbieter angeboten – und sie läuft nach drei Jahren immer noch gut bis sehr gut. (Einmal sogar ein Titel.)
Ich sehe mir bei meiner Bildauswahl immer an, was in den jeweiligen Agenturen schon vorhanden ist bzw. was ganz gut in das Portfolio passen würde. Ob ich da immer richtig liege, weiß ich nicht.
Aber ein A4 Print von einem Kiefernzapfen am Baum für 80 Euro kann ja nicht ganz falsch sein, oder?! 😉