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Stockfotografie: Sich reinknien oder Zurücktreten?

Kürzlich sah ich einen Artikel in der Washington Post von Michele Norris, in dem das Konzept des „Zurücktretens“ (Step Back) dis­ku­tiert wur­de, das von Prinz Harry und sei­ner Frau Meghan benutzt wur­de, um ihren Rückzug von ihren vol­len könig­li­chen Pflichten anzukündigen.

Wir haben alle vom „Reinknien“ (Lean In) gehört, das sug­ge­riert, dass sich jemand auf einem idea­li­sier­ten Weg vor­wärts bewegt. Brust raus. Kinn hoch. Finde es auf dem Weg her­aus. Aufgepasst, Welt – ich kom­me. Wie Norris es beschrie­ben hat, ist „Step Back“: „Ich wer­de die Landschaft beur­tei­len und her­aus­fin­den, wie ich mich auf mei­nem eige­nen Weg vor­wärts bewe­gen kann – oder her­aus­fin­den, ob der vor­ge­schrie­be­ne Weg über­haupt am bes­ten passt.“ In der heu­ti­gen Welt ist der bes­te Rat, den ich jedem in der Fotobranche – ins­be­son­de­re der Stockfotografie – geben kann, zurück­zu­tre­ten und die aktu­el­le Situation rea­lis­tisch einzuschätzen.

Sie mögen die Fotografie lie­ben und groß­ar­ti­ge, krea­ti­ve Bilder pro­du­zie­ren, aber wenn die­se Tätigkeit ein wich­ti­ger Teil Ihres Lebensunterhalts ist, ist es an der Zeit, „Step Back“ zu machen und das lang­fris­ti­ge Potential die­ses Geschäfts rea­lis­tisch einzuschätzen.

Es ist natür­lich, dass sich unab­hän­gi­ge, selbst­stän­di­ge Geschäftsleute (was die meis­ten Fotografen sind), in das Geschäft ein­glie­dern wol­len. Fotografen nei­gen dazu, zu glau­ben, dass ihr Geschäft flo­rie­ren wird, wenn sie nur ein wenig här­ter arbei­ten, ihre Kosten sen­ken und noch bes­se­re, mehr Bilder mit immer höhe­ren krea­ti­ven Werten pro­du­zie­ren. Es gab eine Zeit – vor eini­gen Jahren – in der das funk­tio­nier­te, aber das Geschäft hat sich verändert.

Nicht nur das Geschäft hat sich ver­än­dert, son­dern es ist auch kein vor­über­ge­hen­der Rückgang. Wenn Sie ein­fach nur da rein­hän­gen und hart durch­grei­fen, wird nicht alles irgend­wann bes­ser wer­den. Wenn das Geld, das Sie mit Ihrer Fotografie ver­die­nen, wich­tig für Ihren Lebensunterhalt ist, und wenn Sie einen Rückgang der Einnahmen fest­stel­len, kön­nen Sie ziem­lich sicher sein, dass die Dinge schlech­ter wer­den. Es ist an der Zeit, sich zurück­zu­zie­hen und ande­re Möglichkeiten zu erkun­den, um die Einnahmen zu erzie­len, die Sie für Ihr täg­li­ches Leben benötigen.

Es gibt ein­fach zu vie­le gute Bilder, und die Zahl wächst astro­no­misch schnell. Was das Lager betrifft, so wird alles, was Sie pro­du­zie­ren, eine sehr kur­ze Lebensdauer haben, weil es bald in einer Flut von ähn­li­chen Bildern ver­lo­ren gehen wird. Viele die­ser neu­en Bilder sind viel­leicht nicht so gut wie Ihre, aber sie wer­den leich­ter zu fin­den sein.

Wir müs­sen auch die Tatsache akzep­tie­ren, dass die Leute, die unse­re Bilder kau­fen, an einem ein­zi­gen Tag an viel mehr Projekten arbei­ten müs­sen als noch vor eini­gen Jahren. Einige Art Directors sagen, dass sie bis zu zehn­mal mehr Projekte bear­bei­ten und pro­du­zie­ren müs­sen als noch vor einem Jahrzehnt. Dadurch haben sie immer weni­ger Zeit, um genau das rich­ti­ge Bild zu suchen.

Ein wei­te­rer Trend ist der zuneh­men­de Einsatz von Illustration statt Fotografie. Viele Illustratoren und Grafikdesigner wen­den sich mehr der Illustration als der Fotografie zu, um ihre Probleme zu lösen. Es ist für sie oft ein­fa­cher, etwas zu zeich­nen, das das Konzept, an dem sie arbei­ten, illus­triert, als ein Foto zu fin­den. Wenn sie Elemente benö­ti­gen, kön­nen sie zu Canva oder Freepik gehen und schnell und fast ohne Geld etwas bekom­men, das für ihr Projekt funk­tio­niert. Oder sie kön­nen sich ein­fach etwas aus dem Internet holen.

Es gibt weni­ger Bedarf an Standfotos als frü­her. Einer der Vorteile, die Fotografien frü­her boten, war, dass sie eine „ech­te“ Darstellung von etwas waren, das tat­säch­lich exis­tier­te oder tat­säch­lich geschah. Jetzt ist es so ein­fach gewor­den, ein visu­el­les Bild zu mani­pu­lie­ren und zu fäl­schen, dass der Betrachter nicht mehr erken­nen kann, ob das ihm prä­sen­tier­te visu­el­le Bild eine ech­te Fotografie oder eine Illustration ist.

Es gibt eine stei­gen­de Nachfrage nach Filmmaterial im Vergleich zu Standbildern und es gibt ein viel klei­ne­res Angebot an Filmmaterial-​Clips im Vergleich zu Fotos. Es scheint jedoch wahr­schein­lich, dass in sehr naher Zukunft auch das Angebot an Footage-​Clips die Nachfrage bei wei­tem über­stei­gen wird und die Preise für die Nutzung eben­so wie für Standbilder sin­ken werden.

Es gab eine Zeit in den 1980er und frü­hen 1990er Jahren, als ich Fotografen riet, Stockbilder zu pro­du­zie­ren. Viele nah­men die­sen Rat an und eini­ge bau­ten gro­ße, sehr erfolg­rei­che Sammlungen auf, die erheb­li­che Einnahmen gene­rier­ten. Das war zu einer Zeit, als die Nachfrage im Verhältnis zum Angebot stieg. Darüber hin­aus fand es eine zuneh­men­de Anzahl von Käufern akzep­ta­bel, Stock-​Bilder zu ver­wen­den, anstatt einen Fotografen mit der Aufnahme der benö­tig­ten Bilder zu beauf­tra­gen. Jetzt ist die Angebots-​/​Nachfragesituation völ­lig umge­kehrt.

Das war auch der Zeitpunkt, an dem wir Fotografen rie­ten, ihre Stockfoto-​Archive auf­zu­bau­en, weil es eine anhal­ten­de Nachfrage nach den Bestsellern geben wür­de. Sie wür­den sich immer wie­der ver­kau­fen und eine wich­ti­ge Altersversorgung für den Fotografen dar­stel­len. Das stell­te sich aus meh­re­ren Gründen als sehr schlech­ter Ratschlag heraus.

  1. Wir hat­ten kei­ne Vorstellung davon, wie die digi­ta­le Technologie und die Verfügbarkeit des Internets den Markt ver­än­dern würde.
  2. Wir hat­ten kei­ne Ahnung oder Erwartung, dass letzt­end­lich jeder Amateur auf der Welt in der Lage sein wür­de, am Markt teilzunehmen.
  3. Wir wuss­ten nicht, dass unend­lich vie­le Fotografen die erfolg­reichs­ten Konzepte und visu­el­len Ideen kopie­ren wür­den und dass die neue­re Illustration eines Konzepts am ehes­ten zum Einsatz kom­men wür­de, auch wenn sie den Punkt nicht so gut ver­an­schau­licht, weil das älte­re Bild nun schwie­ri­ger zu fin­den ist.
  4. Dass die Nutzungshonorare so dra­ma­tisch sin­ken wür­den, obwohl die tat­säch­li­chen Kosten für die Fotografen bei der Herstellung der Bilder, wenn über­haupt, nur sehr gering sind.

Infolgedessen erzie­len heu­te nur noch sehr weni­ge der vor 10, 20 oder 30 Jahren pro­du­zier­ten Bildsammlungen ein nen­nens­wer­tes Einkommen für ihre Schöpfer.

Es gibt eini­ge weni­ge pro­fes­sio­nel­le Fotografen, die schon seit eini­gen Jahren im Geschäft sind und deren Jahreseinkommen nach Ausgaben sta­bil ist oder noch wächst. Oftmals sind die­se Fotografen ver­sucht, einen gro­ßen Teil ihrer Gewinne wie­der in das Geschäft zu ste­cken, um es zu ver­grö­ßern. Dies ist ein natür­li­cher Instinkt von Geschäftsleuten.

Aber es ist sehr wich­tig für die­se Fotografen, einen bedeu­ten­den Prozentsatz die­ser Gewinne in IRA’s (Pensionsrücklagen) oder ande­re Arten von Unternehmen zu inves­tie­ren, um ihre Risiken zu streu­en, wenn sie erwar­ten, etwas übrig zu haben, wenn sie ihre Produktion ver­lang­sa­men wol­len oder sich voll­stän­dig aus dem Geschäft zurück­zie­hen wollen.

Persönlich gab es Zeiten in mei­ner Karriere, in denen ich jeden zusätz­li­chen Dollar zurück in das Geschäft gesteckt habe, um bes­se­re Ausrüstung zu bekom­men und mei­ne Produktion zu stei­gern. Ich ken­ne eine Reihe von ande­ren Fotografen und Bildagenturen, die das Gleiche getan haben und am Ende nur wenig oder gar nichts in ande­re Bereiche inves­tiert haben.

Glücklicherweise habe ich in mei­nem Fall schon ange­fan­gen, Geld in ande­re Dinge zu inves­tie­ren, wäh­rend mein Geschäft noch wuchs, und habe jetzt ein Polster für den Ruhestand.

Dieser Geschäftslebenszyklus pas­siert bei jeder Art von Unternehmen, nicht nur bei der Fotografie. Laut Professor Richard Foster von der Universität Yale ist die durch­schnitt­li­che Lebensdauer eines Unternehmens, das im S&P 500-​Index der füh­ren­den US-​Unternehmen gelis­tet ist, im letz­ten Jahrhundert um mehr als 50 Jahre gesun­ken, von 67 Jahren in den 1920er Jahren auf nur noch 15 Jahre heu­te. Und es ist wahr­schein­lich, dass sich in Zukunft ein Unternehmenstyp noch schnel­ler her­aus­bil­den und wie­der zurück­ge­hen wird.

Jeder soll­te sich regel­mä­ßig von sei­nem Geschäft zurück­zie­hen und eine rea­lis­ti­sche Einschätzung dar­über abge­ben, was die Zukunft für sei­ne Branche bereit­hält. Nichts ist von Dauer. Diversifizieren.

Über den Autor:
Jim Pickerell ist seit über 50 Jahren als Stockfotograf und Macrostock-​Agentur-​Betreiber aktiv und betreibt seit über 20 Jahren den Stockfotografie-​Newsletter selling-stock.com.
Dieser Artikel ist eine Übersetzung die­ses Artikels mit freund­li­cher Genehmigung des Autors.

Bildagentur Fotolia erhöht Preise

Nachdem ich vor eini­gen Tagen hier im Blog gefragt habe, ob es in Zeiten der Rezession auch Bildagenturen gibt, die das Fotografenhonorar erhö­hen, gibt es nun eine erfreu­li­che Antwort. Die Microstock-​Agentur Fotolia erhöht in Europa den Wert ihrer Credits von 0,83 Euro auf 1 Euro. Das ent­spricht einer Preiserhöhung von ca. 20%.Kuss von Sparschweinen

In Großbritannien erhöh­te sich der Wert eines Fotolia-​Credits von 0,57 £ auf 0,60 £. Das ist eine Erhöhung von ca. 5%.

Im deut­schen Fotolia-​Forum wird ver­mu­tet, dass die­se Erhöhung den Euroverlust gegen­über dem US-​Dollar aus­glei­chen soll.

Wie die letz­ten Änderungen auf der Fotolia-​Webseite geschah auch die Credit-​Erhöhung still und lei­se. Zuletzt hat­te Fotolia eben­so lei­se die Ranking-Stufen ver­schärft, die für Fotografen mit einem bes­se­ren Ranking mehr Bildverkäufe bedeuten.

bis Ende November 2008 /​ ab Ende November 2008
Weiß: unter 100 Verkäufe /​ unter 100 Verkäufe
Bronze: 100 – 999 Verkäufe /​ 100–999 Verkäufe
Silber: 1.000 – 4.999 Verkäufe /​ 1.000 – 9.999 Verkäufe
Gold: 5.000 – 9.999 Verkäufe /​ 10.000 – 24.999 Verkäufe
Smaragd: 10.000 – 49.999 Verkäufe /​ 25.000 – 99.999 Verkäufe
Saphir: 50.000 – 99.999 Verkäufe /​ 100.000 – 249.999 Verkäufe
Rubin: 100.000 – 499.999 Verkäufe /​ 250.000 – 999.999 Verkäufe
Diamant: 500.000 und mehr Verkäufe /​ 1.000.000 und mehr Verkäufe

Mit die­ser Informationspolitik zog sich Fotolia schon mehr­mals den Unmut ihrer Fotografen zu, auch wenn das im Fall der Honorarerhöhung sicher ausbleibt.