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Die Bestseller-​Kategorien in Microstock-​Bildagenturen: Das Spiel mit den Zahlen

Vor eini­gen Tagen gab es im Blog der Microstock-​Upload-​App Xpiks den Blogartikel mit dem Titel „Best-​selling micros­tock cate­go­ries: let the num­bers talk“.

Darin ana­ly­siert Taras Kushnir die Microstock-​Verkäufe des Fotografen und Bloggers Steve Heap vom Blog Backyard Silver, den eini­ge viel­leicht schon aus mei­nem Buch „Stockfotografie. Geld ver­die­nen mit eige­nen Fotos“ ken­nen.

Steve hat Taras vom Xpiks-​Blog sei­ne Verkaufszahlen von über 15 Jahren zur Verfügung gestellt und der Blog woll­te her­aus­fin­den, aus wel­chen Kategorien sich am bes­ten Bilder ver­kau­fen bei Shutterstock und Adobe Stock.

Industrie oder Natur: Was ver­kauft sich bes­ser? (KI-​Montage)

Dazu haben sie die Bildkategorien, wel­che beim Hochladen ange­ben wer­den müs­sen (zum Beispiel „Landschaft, Menschen, Technik, Transport, Tiere, …) gezählt und geschaut, wie viel Bilder Steve in jeder Kategorie hat und wie viel er davon ver­kauft hat.

Als über­ra­schen­de Erkenntnis stand dann fest:

Es ist leicht zu erken­nen, dass Parks/​Outdoor, Transportmittel, Gebäude/​Landmarken und Natur die abso­lu­ten Top-​Seller-​Kategorien sind. Der letz­te Punkt mag vie­le über­ra­schen: Jeder Microstock-​Leitfaden „Wie man Geld ver­dient“ beginnt mit der Empfehlung, KEINE Naturaufnahmen zu machen, weil die Agenturen so voll davon sind. Doch die Daten lügen nicht, und Steve ver­dient auch im Jahr 2023 noch mit Naturaufnahmen.“

Diese Aussage über­rasch­te mich tat­säch­lich und des­halb schau­te ich mir die Datenbasis und Analyse genau­er an. Schnell fand ich den Fehler.

Steve hat ca. 35% sei­nes Portfolios von ins­ge­samt ca. 12.000 Bildern vol­ler Naturbilder, da über­rascht es nicht, dass er davon – im Verhältnis gese­hen – viel ver­kauft. Ich selbst habe über­wie­gend Menschenbilder im Portfolio, wes­halb es wenig über­rascht, dass sich aus mei­nem Portfolio vor allem Menschenbilder verkaufen.

Sinnvoller wäre die Analyse gewe­sen, wenn die Prozentzahlen der Kategorien im Portfolio ver­gli­chen wor­den wären mit denen der Einnahmen der glei­chen Kategorie.

Für die Bildagentur Adobe Stock habe ich das mal gemacht, basie­rend auf den Zahlen des ver­link­ten Blogartikels.

Das Ergebnis sah dann so aus:

Wichtig ist hier die letz­te far­bi­ge Spalte: Hier wird gezeigt, um wie vie­le Prozentpunkte die Verkäufe abwei­chen von der Anzahl der Bilder in der glei­chen Kategorie.

Hier könnt ihr sehen, dass sich Bilder aus den Kategorien Wissenschaft, Tiere, Gebäude und Industrie bes­ser als erwar­tet ver­kauft haben, wäh­rend sich Kategorien wie Natur, Technologie oder Lebensmittel weni­ger gut ver­kauft haben.

(Kurzer Disclaimer: Für die vier unters­ten Kategorien wur­den im Blogartikel kei­ne abso­lu­ten Zahlen genannt, daher habe ich die­se geschätzt, glei­ches gilt für die Kategorien, wel­che in der Spalte „Portfolio %“ 1,2 ste­hen haben. Außerdem zeigt die Spalte „Sales abso­lut“ kei­ne Verkäufe, son­dern die Umsätze.)

Meine Analyse besagt qua­si das genaue Gegenteil von Taras‘ Analyse, obwohl wir die glei­chen Daten ver­wen­det haben.

Eine wei­te­re Mögliche Herangehensweise wäre der RPI-​Vergleich pro Kategorie gewe­sen. Dafür müs­sen wir wis­sen, wie vie­le Bilder Steve pro Kategorie abso­lut im Portfolio hat. Das kön­nen wir extra­hie­ren aus den Prozentzahlen sowie der Gesamtsumme von ca. 12.000 Bildern bei Adobe Stock.

Die Bilder pro Kategorie wer­den dann durch die Umsätze der glei­chen Kategorie geteilt. Je höher der Wert, des­to mehr Geld bringt ein Bild.

Hier das Ergebnis gra­fisch aufbereitet:

Wie ihr seht, ist das Ergebnis ähn­lich, aber nicht iden­tisch. Industriebilder erziel­ten den meis­ten Umsatz, gefolgt Wissenschaft und Tieren. (Drinks habe ich mal außen vor gelas­sen, weil da schon die nied­ri­ge geschätz­te Portfoliogröße das Ergebnis zu stark ver­fäl­schen kann). Am schlech­tes­ten schnit­ten hier wie­der Lebensmittel, Technologie, Sport und Landschaften ab.

Ich habe die­sen Artikel geschrie­ben, um zu zei­gen, dass es wich­tig ist, sich die Datenbasis genau anzu­se­hen, bevor basie­rend auf viel­leicht unge­nau­en Daten Geschäftsentscheidungen getrof­fen werden.

Wer an die­sem Thema inter­es­siert ist, dem emp­feh­le ich die­se bei­den Bücher, wel­che ich mehr­mals mit Gewinn gele­sen habe:

Microstock-​Analysedienst Stock Performer führt Bilderkennung ein

Ach, ich hin­ke schon wie­der hin­ter­her, obwohl ich als Beta-​Tester schon seit eini­gen Wochen die neu­en Features nut­zen darf.

Die Rede ist von Stock Performer, dem Analysedienst für Bildagenturen, wel­cher Ende Juli eine bahn­bre­chen­de Funktion ein­ge­führt hat.

Am lau­tes­ten und längs­ten wur­de von den Fotografen die Bilderkennung gewünscht. Stock Performer ist jetzt end­lich in der Lage, ein Bild über meh­re­re Agenturen hin­weg zu erken­nen und somit auch die Umsätze, Verkäufe und so wei­ter agen­tur­über­grei­fend anzu­zei­gen. Falls in eini­gen Fällen die Bilderkennung falsch sein soll­te oder kein pas­sen­des Bild fin­det, kön­nen Fotografen die Ergebnisse auch per Hand im „File Manager“ über­prü­fen und korrigieren.

SP 08-08-2015 17-01-01Damit wur­den auch ande­re Funktionen mög­lich, die vor­her nicht umsetz­bar waren. „Collections“ müs­sen jetzt nur ein­mal (und nicht wie bis­her pro Agentur) ange­legt wer­den. Dank  der Bilderkennung weiß Stock Performer, wel­che Bilder davon in wel­chen Agenturen zu fin­den sind und bün­delt die Daten. Auch das Kopieren, Verschieben oder Verschmelzen von Collections ist möglich.

Übersichtsseite mit verschiedenen Collections
Übersicht mit ver­schie­de­nen Collections

Darüber hin­aus wir­den die Auswertungen über­sicht­li­cher und infor­ma­ti­ver gestal­tet. Zum Beispiel las­sen sich jetzt die Verkäufe von bestimm­ten Tagen oder Monaten ein­fa­cher sehen und es gibt mehr Informationen über die Performance im Vergleich zum Vormonat oder Vorjahr.

Viele kleine Details wie diese Prognosen für die Monatsauswertung wurden ergänzt.
Viele klei­ne Details wie die­se Prognosen (anony­mi­siert) für die Monatsauswertung wur­den ergänzt.

Insgesamt ist Stock Performer um so vie­le Längen bes­ser als die Umsatzstatistiken der Bildagenturen selbst, dass nicht ohne Grund vie­le Microstock-​Größen wie Monkey Business, Andres Rodriguez, Wavebreakmedia, Pixdeluxe oder Uberstock die­sen Dienst nutzen.

Probleme und Chancen der Selbstkannibalisierung in der Stockfotografie

Apple muss ver­rückt sein: Da bau­en die ein Mobiltelefon, das iPhone, wel­ches die Verkaufszahlen ihres best­ver­kau­fends­ten Musikspielers, dem iPod, nach unten drückt. Ähnlich ist es beim Macbook Air gewe­sen, wel­cher das Macbook Pro kan­ni­ba­li­siert. Auch der Medienkonzern Time Warner nutzt die Selbstkannibalisierung zur Umsatzsteigerung. Im Grunde ist es eine gute Entscheidung: Lieber sich selbst kan­ni­ba­li­sie­ren als das Mitbewerbern überlassen.

Das gilt für vie­le Branchen, beson­ders auch für die Stockfotografie. Denn wenn wir ehr­lich sind, ver­kau­fen sich ori­gi­nel­le Konzepte vor allem im Microstock-​Bereich nicht so gut wie die Klischees. Und Klischees haben es nun mal in sich, dass sie über­an­sprucht, abge­dro­schen und  alt­her­ge­bracht sind. Je uni­ver­sel­ler und je weni­ger ein­präg­sam ein Stockfoto ist, des­to höher sind des­sen Verkaufschancen (sie­he dazu auch Kapitel 2.3 die­ser Seminararbeit).

Es ist des­halb ein­fach, im Internet Spott über kli­schee­haf­te Stockfotos zu fin­den, wie Seiten wie die­se, die­se, die­se, die­se, die­se oder die­se bewei­sen. Okay, ich höre schon auf, nach­dem ich noch den Klassiker „Frau lacht allein mit Salat“ erwähnt habe.

Anhand eines Beispiels las­sen sich gut die Probleme und Chancen der Selbstkannibalisierung in der Stockfotografie aufzeigen.

Im November 2010 hat­te ich eine Fotosession in einem Fitnesscenter gemacht. Die monat­li­chen Einnahmen des rela­tiv teu­ren Shootings waren sehr lan­ge sta­bil. Bis ich im April 2012 einen deut­li­chen Umsatzeinbruch hat­te. Daran war ich selbst schuld, denn ich hat­te im März 2011 eine ande­re Fotosession aus einem ande­ren Fitnesscenter hoch­ge­la­den, bei dem sich die Motive stark an den erprob­ten Bestsellern des ers­ten Shootings orientierten.

Die Balken zei­gen die Umsätze pro Monat an, die rote Linie die Verkaufszahlen. Solche über­sicht­li­chen Statistiken erstellt übri­gens Stockperformer.

Im Dezember 2012 ist für die Serie ein erneu­ter Einbruch zu erken­nen, der nicht nur den Weihnachtsfeiertagen geschul­det ist, son­dern auch der Tatsache, dass ich ein wei­te­res Shooting im glei­chen Fitnesscenter wie beim ers­ten Bestseller-​Shooting gemacht habe. Ich habe zwar ande­re Models genom­men, damit etwas Unterschiede zum ers­ten Shooting vor­han­den sind, mich aber wie­der bewusst an den gut lau­fen­den Motiven der vori­gen Fitness-​Serien ori­en­tiert habe.

Und es hat sich gelohnt: Das aktu­el­le Shooting hat inner­halb von sechs Wochen eine Sell-​Through-​Rate von 70% bei Fotolia und 92% bei Shutterstock, das heißt, soviel Prozent der Fotos des gesam­ten Shootings wur­den min­des­tens ein Mal ver­kauft. Sonst brau­che ich dafür bei ande­ren Shootings ca. drei bis vier Monate.

Trotz der Umsatzeinbrüche lohnt sich die Kannibalisierung auch finan­zi­ell: Wenn ich auf die gesun­ke­nen Einnahmen des ers­ten Shootings die monat­li­chen Umsätze das zwei­ten und drit­ten Fitness-​Shootings addie­re, zeigt die Umsatzkurve wie­der nach oben, auch in Berücksichtung der  zusätz­li­chen Kosten für die neu­en Shootings.

Ein wei­te­rer Punkt, den ich bald noch genau­er erläu­tern wer­de, ist die durch­schnitt­li­che Lebensdauer eines Microstock-​Fotos. Egal, ob ich jetzt neue Motive nach­schie­be oder nicht, sin­ken die Umsätze eines Fotoshootings irgend­wann. Das hängt damit zusam­men, dass Alter und bis­he­ri­ge Verkäufe ein Faktor im Suchalgorithmus der Bildagenturen sind und mit der zuneh­men­den Konkurrenz durch ande­re Bilder. Da bie­tet es sich an, erfolg­rei­che Shootings nach zwei Jahren noch mal nachzustellen.

Klar, es wäre loh­nen­der für mich, immer kom­plett ande­re Themen-​Shootings zu orga­ni­sie­ren. Aber ers­tens pro­fi­tie­re ich bei der Wiederholung von Bestseller-​Shootings von mei­nen bis­he­ri­gen Erfahrungen, sei es durch vor­han­de­ne Kontakte, Models oder die pas­sen­de Verschlagwortung. Außerdem wer­den häu­fig ver­kauf­te Motive – wie auch bei mei­nen Fitness-​Fotos gesche­hen – schnell von ande­ren Microstock-​Fotografen kopiert. Da kopie­re ich mich lie­ber selbst und ver­die­ne an den Kopien mit als dass ich die Einnahmen den ande­ren Fotografen überlasse.

Wie seht ihr das? Wiederholt ihr eure Bestseller-​Bilder und warum?